[Klassik] Konzert in der Kirche

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Hallo,

ich hatte bereits im Vorfeld im Mikrofonierungs-UF die Situation vorgestellt. Es sollte ein Konzert eines Kammerorchesters (Streicher + Cembalo) mitgeschnitten werden. Ich hatte die Möglichkeit, mir ein paar Mikrofone dafür auszuleihen. Das war dann meine erste Aufnahme klassischer Musik in so einer Größe. Davor hatte ich nur mal ein Streichquartett aufgenommen.

Als Haupt-MS habe ich 2 AKG C414 verwendet.

Außerdem bekam jede Instrumentengruppe eine eigene Stütze (AKG C451).

Jetzt habe ich mich an den Mix gesetzt, der bereits vom musikalischen Leiter abgesegnet wurde - also nix mehr dran zu rütteln. Trotzdem würde ich sehr gern eure Meinung dazu hören!

Ich könnte hier jetzt lediglich Auszüge servieren, bin aber der Meinung, dass man sich einen besten Eindruck verschaffen kann, wenn man Zugriff das gesamte Konzert (in Werke unterteilt) hat. Leider hat es mit dem Streamen (MP3-Code) nicht geklappt. Aber vielleicht öffnet sich ja der Dropbox-Player. Keine Ahnung, wie man das beeinflusst. Manchmal kann man die Dateien nur runterladen und manchmal nur anhören :nix:

Mozart


Vivaldi


Dvořák
 
Eigenschaft
 
Wenn du den Boxlink zum download willst, häng einfach "?dl=1" an.

Und die Mixe klingen gut für mich. Ich hab allerdings da exakt 0 Erfahrungswerte im Aufnehmen eines Orchesters ;)
Es klingt jedenfalls natürlich, angenehm und was die Kapelle da veranstaltet passt.
Ich hoffe du nimmst es mir nun nicht übel, dass nich mal kurz quer gehört hab. Solche Stücke sind mit ihrer Dynamik für den "Hausgebrauch" natürlich immer etwas schwierig.... wenn ich zuhause sitze und die Lautstärke entsprechend regel, dass ich von den leisen Stellen alles mitnehme, fall ich dann an anderer Stelle wieder vom Stuhl... da ist der Livegenuss von solch dynamischer Musik natürlich viel besser.

Darf man dich denn fragen, was du für Arbeitsschritte gemacht hast?
Ich hab mich mit solcher Musik wie gesagt noch nie befasst, würd aber mal denken, dass die Mikrophonierung schon das absolute A und O ist. Als nächstes würd ich mir vermutlich Gedanken über die Panoramaverteilung der Mikros (entsprechend ihrer Position) und die Lautstärken machen... dann vielleicht noch Gruppen zusammenfassen und mit seichter Kompression arbeiten, EQs noch vorsichtig benutzen (mit primären Ziel Lowcut und vll Resonanzen der Raumumgebung einzudämmen) und das Ganze dann mastern.
Hat diese Herangehensweise was mit dem zu tun, was man auch machen würde, wenn man sich mit sowas auskennt? :D

Achja:
Das einzige was mir am Mix wirklich negativ auffällt, ist, dass mir der Applaus nicht gefällt :D
 
Diese Aufnahmen klingen wirklich sehr schön. Konnte aus Zeitgründen jetzt nicht alles hören, aber das was ich gehört habe war sehr luftig und gut ausbalanciert. Hauchzarte Töne kommen sehr gut rüber und die kraftvollen Fortepassagen sind auch sehr klar und prägnant.
 
Freut mich, dass es euch gefällt (und dass es mit dem Dropbox-Player klappt)! Ich kann ja mal in kurzen Bildern schildern, wie ich vorgegangen bin. Generell wollte ich so weit wie möglich auf EQ und Kompressor verzichten, um die Dynamik und den realistischen Klang beizubehalten. An ein paar Stellen musste ich dennoch eingreifen.
Allerdings sei gesagt, dass es sich bei mir in keinster Weise um Expertenwissen handelt. Wie gesagt, es ist meine zweite Klassik-Produktion. Ich bin da auch eher intuitiv vorgegangen.

Hier mal zur Übersicht ein Screenshot des Mixers von den Vier Jahreszeiten:

Mixer_Vivaldi.png

Auf jedem Kanal liegt ein Gain- und Bandpass-Plugin (GBand) für untenrum und obenrum (Kontrabass).

Die Stützen habe ich dann individuell um ein paar Millisekunden delayed (time_adjustment).

Kanal 9 war eigentlich nur das Vla-Mikrofon. Diese haben eine leichten Mitten- und Höhenboost erhalten.

Den Kontrabass habe ich tatsächlich relativ stark mit 4:1 komprimiert.

Am meisten Schwierigkeiten hat mir eigentlich das Cembalo bereitet. Da der Mix ja wirklich sehr dynamisch war, und das Cembalo nicht gerade für eine dynamische Spielweise bekannt ist, stach es immer unangenehm raus oder ging vollkommen unter. Also hab ich zuerst versucht, mit einem Expander den Dynamikbereich zu erhöhen. Da das immer noch gereicht hat, hab ich das geniale 12 Euro "teure" Plugin Hornet AutoGain hinzugefügt. Dieses arbeitet eigentlich genauso wie Waves' Vocal Rider. Den Kanal habe ich dann mit dem Bus-Kanal der Hauptmikrofonierung gefüttert und siehe da, es ging! Dann nur noch ein bisschen EQing.

Doch das wichtigste zum Schluss:

1. Die Stützen haben sich so trocken wie sie waren überhaupt nicht in das Gesamtbild eingebettet. Also kam da ein großer Hall drauf (der Aufnahmeort war schließlich eine große dunkle Kirche).
2. Besonders Geigen und Bratschen klangen extrem kratzig und da habe ich den Tipp von einem Kollegen bekommen, da am besten mit einem Multibandkompressor dran zu gehen:

Multiband_Vivaldi.png

Um die 3 KHz lag dann die entsprechende Frequenz und untenrum habe ich auch gleich noch etwas rausgenommen.

Tja, das war's dann eigentlich auch schon. Richtig professionell wäre es wahrscheinlich mit besseren Mikrofonen für die Stützen (und die Haupt eigentlich auch... am besten ein Paar echter Kugeln) und einem dynamischen Mix mit Faderfahrten geworden. Dazu reichten aber leider Zeit und (quasi nicht vorhandenes) Budget leider nicht aus.
 
Klingt nach einem guten Vorgehen. :)
Generell kann man sich mMn ruhig auch bei derartiger Musik mit Kompressoren und EQs spielen..
Nicht, dass du es zu wenig tatest, sondern weils oft so eine Hemmschwelle gibt. :D
Klar was schon genial ist, kann man nicht verbessern aber zu viel Respekt ist vermutlich auch nicht gerechtfertigt und nötig.

Stützen verzögern ist mMn mal schon ein Zeichen für professionelles Mischen (vorrausgesetzt es wurde/wird gut gemacht).
Ebenso den zusätzlichen Hall auf diesem Kanälen.. Gute Sache. :)
Man hätte noch Impulsantworten in der Kirche aufnehmen können für den Stützenhall, aber vermutlich ist das ein eher theoretischer Ansatz..

Mich hat ein wenig gestört, dass das Klaschen sehr heterogen klingt. Da hört man eindeutig, dass manache Zuseher nahe am Mik gewesen sein müssen.
Konntest du mit den Hauptmiks nicht weiter weg (nach oben) vom Publimum?
Es klingt wirklich, als wären die Miks direkt unmittelbar über der ersten Reihe.

Es klingt alles in allem räumlich ein ganz wenig unnatürlich.. ich kanns echt schlecht nur beschreiben, als würden manche Abstände nicht immer ganz zusammenpassen.
Ansonsten finde ich aufs erste schnelle Querhören nix was mir nicht gefällt. :)

LG Jakob
 
Hallo, borralbi,

...gefällt mir insgesamt auch gut! Ich schließe mich Jakobs Anmerkung zur Zuhörernähe der Hauptmikrofonierung an - wie hoch warst Du mit den Mikrofonen, das wäre mal interessant... Ansonsten hattest Du mikrofonmäßig schon gutes Material am Start, da brauchst Du Dir nicht viele Gedanken drum zu machen. Obwohl eine Horde Schoeps natürlich was Feines ist :D

Für meinen Geschmack ist allerdings der (Raum-)hall etwas zuviel des Guten, das bekommt vor allem den schnellen Streicherfiguren im Vivaldi nicht wirklich, wenn da noch die Hallfahne so richtig aufgeht. Mag jetzt natürlich der Kirche geschuldet sein, Du schreibst ja "groß"...
Insgesamt aber ein stimmiger Ensembleklang, die Stützen hast Du da sehr gut eingefügt.

Viele Grüße
Klaus
 
Hey Jakob,

Leider standen die beiden 414er tatsächlich ziemlich besch... Nämlich hinter dem Dirigenten sozusagen auf Schulterhöhe und da begann dann auch schon das Publikum. Der Schein trügt also nicht :D
Das nächste Mal heißt es definitv: mind. 1x vorher die Location aufsuchen und vor allem an Höhe gewinnen ;)

Bei den Stützen habe ich Werte zwischen 6 und 12 ms. Habe da mit 3 ms pro Meter gerechnet. Vielleicht war die Entfernung aber tatsächlich doch größer? :gruebel:
 
Hallo,

na, da ist ja gleich die Frage nach der Höhe beantwortet ;) Der Platz hinter dem Dirigenten ist eigentlich gar nicht schlecht, ich komme meist mit 2 - 4 m hinter dem Dirigenten ganz gut hin, ist aber natürlich vom Raum und ggfs. oft auch leider von der Bestuhlung abhängig. Wenn Du schon mal so auf 3,5 - 4 m Höhe kommen kannst, dann bist Du einerseits ein wenig weg vom Publikum, aber eben auch vom Dirigenten und einem möglicherweise heftigen Seitenumblättern (ich hab' da schon tolle Sachen erlebt... ;) ).

Viele Grüße
Klaus
 
Für meinen Geschmack ist allerdings der (Raum-)hall etwas zuviel des Guten, das bekommt vor allem den schnellen Streicherfiguren im Vivaldi nicht wirklich, wenn da noch die Hallfahne so richtig aufgeht. Mag jetzt natürlich der Kirche geschuldet sein, Du schreibst ja "groß"...

Ich habe versucht, den Hall so nah wie möglich an den vorhandenen Raum anzupassen. Deshalb zum Vergleich mal die reine MS-Mikrofonierung (ohne Hall):



VariVerb ist natürlich nicht das beste Plugin, aber ich denke, das solte damit schon gehen. Findest du den originalen Hall sehr anders als den wahrnehmbaren Hall im Gesamtmix?
 
Man kann die Stützen sonst auch generell in den Bereich der ersten Reflexionen verzögern (0-50ms nach dem Hauptmik).
Das ist unser Ohr gewöhnt und rechnet daher anfallende Klangveränderungen (zumindest theoretisch) besser raus als wenn sich alles um wenige ms rings um die Hauptmiks tümmelt.
Muss man aber ausprobieren.. kann auch sein, dass es mit einer möglichst exakten Delaykompensation am besten klingt.

Um die Abstände möglichst einfach rauszukriegen, kann man auch einfach nahe an den Hauptmiks Klatschen und alles aufnehmen.
Dann ergeben sich die Verzögerungen auf alle Stützen automatisch und man sieht es direkt an den Spuren in der DAW.

LG Jakob
 
Ja, für's Durchklicken war leider keine Zeit im Voraus :(

Sind 50ms noch erste Reflektionen? Und die individuellen Verzögerungen würdest du dann aber so wie vorher einstellen, oder? Also, dass z.B. die Violinen 56ms und der Kontrabass 62ms verzögert sind?
 
Hallo, borralbi,

das wirkt jetzt vom Hall her - sitze leider im Moment "nur" vor meinen kleinen PC-Böxchen - zwar auch "groß", aber der Hall ist etwas luftiger und "eleganter", wenn ich mal diese Ausdrücke benutzen darf. Die große Kirche hört man auf jeden Fall...
Ich habe bisher sehr oft mit SIR (noch der 1er-Version) in solchen Fällen ganz gute Ergebnisse erzielt - es gibt eine Menge kostenlose Impulsantworten, die sehr brauchbar sind. Interessant - aber das wird jetzt zu off-topic - fand ich den IQ Verb von Hofa, den ich mir vor kurzem mal in der Testversion 'runtergeladen habe.

Viele Grüße
Klaus
 
Ja, für's Durchklicken war leider keine Zeit im Voraus :(
durchklicken?
Ich hab meine Antwort ausgebessert (hab mich leicht verschrieben), ev. ändert das was..
Ansonsten geht 1x Klatschen eigentlich recht leicht. Muss ja nicht vor dem Konzert sein, kann ja auch danach noch schnell gemacht werden..
Muss man generell nicht, aber kann man machen.

Sind 50ms noch erste Reflektionen?
In der Literatur finden sich die verschiedensten Grenzen.. die ganz harten sprechen von 20ms.
50ms ist für Sprache typisch. Bei Musik wird teilweise sogar der Bereich bis 80ms als frühe Reflexionen bezeichnet.
Es geht aber eigentlich überhaupt nicht um die 50ms sondern vielmehr, dass du ein Fenster hast, in welchem man Stützen platzieren kann, ohne das sie 1. die Richtungsinfo des Hauptmiks ändern und 2. möglichst wenig hörbare negative Klangveränderung mit sich bringen.
D.h. du kannst die Stützen irgendwo zwischen 0 und 50ms platzieren und es passt (zumidendest in der Theorie).
Wann genau ist eigentlich auch nicht so tragisch. Da gehts dann nicht mehr um 1-2ms sondern nur dass du HINTER den Hauptmiks bist.
Also in deinem Fall hättest du mal einfach mit 20ms Verzögerung auf alle Stützen beginnen können. Natürlich kann man das tweaken,
aber dann sollte schon mal nicht mehr viel falsch laufen können.

LG Jakob
 
Hey Jakob, danke erstmal für die Erklärung!
Das mit dem Klatschen ist ja eigentlich echt viel einfacher, als von mir angenommen. Habe mal gesehen, dass man alle Stützen einzeln durchklickt/-klatscht, aber so ist es ja viel besser und geht tausend mal schneller :D

zwar auch "groß", aber der Hall ist etwas luftiger und "eleganter"
Vielleicht sollte ich mich langsam mal mit Faltungshall beschäftigen. Hab es bishe meist vermieden. Für eine solche Situation wäre es wohl aber das beste.
 

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