So, nun ist es passiert: ich habe mir mal drei Wahs zum Realtest vorgeknöpft:
Ich muss sagen, dass ich einen schwierigen Auswahlprozess erwartet hatte. Schließlich war meine Wahl aber überraschend schnell getroffen. Aber nun zu den Details:
Mooer - The Wahter
Wow, wenn man das neben den beiden anderen stehen sieht, dann wird so richtig klar, was man anhand der Abmessungen ja schon vorher eigentlich wusste: das ist wirklich ein Mini-Pedal. Ohne Ausklappen der beiden Bügel geht meiner Meinung nach gar nichts... Es klingt recht gut. Daran hätte es nicht liegen müssen. Man kann zwar nichts einstellen, was den Sound beeinflusst, aber das ist bei vielen anderen Wahs ja nicht anders und wenn der Sound passt, dann passt er.
Die Aktivierung lässt sich ja konfigurieren: entweder einfach Fuß draufstellen und es ist aktiv, oder per Doppelklick permanent einschalten. Sehr nette Sache. ABER: beim Aktivieren und Deaktivieren liegt der Hund begraben: es ist jeweils eine Umschaltpause im Spiel, die einfach nicht akzeptabel für mich ist. Ein kurzer Moment, der kaum auffällt. wäre verschmerzbar gewesen, aber mit einer leichten Verzögerung kommt diese kurze Stille, bevor dann der Ton wieder zu hören ist. True-Bypass stelle ich mir anders und direkter/schneller vor. Wie lange kann es dauern, ein Relais anzusteuern? Auch wenn ich mich mit dem Ding vielleicht sonst hätte anfreunden können - vor allem, wenn man es auf einem Board befestigt, wodurch die Bedienung sicher nochmal besser würde. Also das war nix für mich.
Morley - Mark Tremonti Wah
Die Morley-Pedale schwirrten schon länger in meinem Kopf herum. Die optische und somit verschleißfreie Funktionsweise gepaart mit dem Aktivieren des Wahs durch Fußauflegen war für mich sehr interessant. Letztlich verbinden diese Vorzüge ja alle drei Kandidaten. Das Morley-Wah geht mit Hilfe einer Feder in Anfangsposition zurück, wenn man den Fuß herunternimmt und schaltet sich in der Position automatisch ab. So weit, so gut. Ich fand es aber doch etwas ungeschickt, dass man deshalb besser nie in die absolute Ausgangsstellung gehen sollte, während man es benutzt. Sonst schaltet es dort kurz aus. Aber gut... Obwohl das Pedal natürlich deutlich größer ist als das vom Wahter, fand ich es von der Bedienung mit dem Fuß nicht ideal. Ich mag den Bewegungsablauf wie bei einer Wippe irgendwie doch lieber. Ich fand es auch etwas enttäuschend, dass das Morley irgendwie knarzt beim Betätigen des Fußpedals. Eigentlich ist es mechanisch sehr robust gebaut. Vielleicht war/ist es die Metallfeder, die das Pedal in Ausgangsstellung bringt und für einen gewissen Widerstand beim Bedienen mit dem Fuß sorgt. Machte dennoch nicht den optimalen Eindruck auf mich. Ok, zum Sound: auch nicht schlecht. Ich habe hauptsächlich mit hoher Verzerrung gespielt, da dies auch das Hauptanwendungsgebiet sein soll. Es klingt gut, aber ich würde fast sagen, dass mir die Intensität und das klangliche Verhalten des Mooer-Wahs fast noch etwas besser gefiel. Das Tremonti-Wah hat auch einen Boost-Regler, mit dem die Lautstärke bei aktivem Wah angehoben werden kann. Bei einem Zerrsound wird es hier also eher noch gesättigter klingen und nicht lauter.
Aber was ist das? Sobald ich das Wah aktiviere, indem ich es mit dem Fuß leicht durchtrete, kommt ein ungeheures Rauschen ins Signal! Wow, das ist ja ein richtiger Wasserfall!!! Man muss wissen, dass ich da sehr verwöhnt bin von meinem Engl Preamp 530 und meinem Rocktron Hush: bei meinem Setup ist wirklich absolute Stille, wenn ich nicht spiele und das liebe ich sehr. Ich kann natürlich gewisse Nebengeräusche akzeptieren, wenn ein Wah im Signalweg aktiv ist. Aber auch bei vollständig zurück gefahrenem Booster-Regler rauscht es immens, ohne dass die Gitarre was von sich gibt. Das war einfach zu viel des Rauschens. Damit hat sich das Tremonti disqualifiziert. Das Knarzen und der im Vergleich nicht unbedingt herausragendere Sound waren dann nur weitere Aspekte, die für mich gegen dieses Pedal sprechen...
G-LAB - Woweee Wah
Ein putziger Name fürwahr. Aber ich bin sehr dankbar für diesen Tipp in dieser Diskussion, denn das ist es nun geworden!
Und ich kann wirklich sagen, dass es in jeder Hinsicht die Nase ganz weit vorn hat bei den drei getesteten Modellen. Und die polnischen Entwickler haben wirklich ALLES richtig gemacht!
Aber fangen wir vorne an:
1) Es ist auch groß, schwer, standsicher - wie das Tremonti-Wah -, aber dabei ist es schlanker. Es hat meiner Meinung nach die ideale Form eines solchen Pedals. Mein Fuß fühlte sich sofort wie zu Hause.
2) Mechanisch über alle Zweifel erhaben: es knarzt nichts, alles ist ultra-stabil und macht einen unzerstörbaren Eindruck. Beim Betätigen mit dem Fuß knarzt nichts. Ich bin sehr begeistert von der Schlichtheit und dennoch Eleganz des Teils.
3) Die Aktivierung lässt sich per Schalter wählen: entweder einfach Fuß drauf stellen oder klassisch mit Schalter in durchgedrückter Position - wie beim Cry-Baby. Beides funktioniert tadellos. Vor allem aber das schnelle Aktivieren per "Fußauflegen": wow, so muss das sein! Es reagiert sofort, der Wah-Sound ist sofort da, keinerlei Schaltgeräusch, keine Pause. Einfach direkt rein und direkt raus, wenn man den Fuß wieder anhebt. Klasse! SO muss das sein. Perfekt!
4) So, nach dem starken Rauschen beim Tremonti-Wah (das Mooer Wahter rauscht übrigens auch nicht annähernd so stark wie das Tremonti, aber mehr als das Wowee Wah), war es natürlich interessant, das unter die Lupe zu nehmen. Und auch hier volle Punktzahl: mit meiner High-Gain-Zerre in "Anfangsposition" (heel down) so gut wie nichts zu hören. Minimal vielleicht, aber wirklich nicht relevant. Tritt man das Pedal weiter durch, so kommt etwas mehr Rauschen hinzu - das ist bei dem Effekt kaum zu vermeiden. Aber es ist sehr im Rahmen und wie gesagt im unteren Regelbereich quasi nicht vorhanden. Ein wahnsinniger Unterschied vor allem zum Tremonti-Wah!
5) Die verschiedenen Schiebeschalter um das Pedal herum sind wirklich sehr hilfreich, um bei verschiedenen Amp-Sounds und Kanälen sowie Spieltechniken den Sound des Wahs optimal anzupassen. Die Unterschiede mögen vielleicht nicht direkt jedem ins Ohr springen, aber ich konnte nach recht kurzer Zeit verstehen, welche Einstellungen in verschiedenen Situationen ideal sind. Diese Möglichkeit der Optimierung und Anpassung möchte ich ungern missen. Sie vereinen wohl auch so ziemlich alle Tweaks, die man für andere Wah-Pedale zum Nachrüsten findet. Hier ist einfach alles direkt zugreifbar und bei der MIDI-fähigen Ausführung des Wahs (habe ich nicht) sind diese Optionen auch per MIDI einstellbar/abrufbar. Besser geht es kaum!
6) Die Entwickler haben wirklich viel Liebe zum Detail bewiesen. Das spürt man in jeder Hinsicht. Wie beschrieben lässt sich das Pedal aktivieren durch Aufstellen des Fußes oder durch Betätigen eines Druckschalters in Toe-Down-Position wie beim Cry-Baby. Betreibt man das Pedal mit Netzteil, so leuchten die beiden gelben LEDs vorne am Gerät, wenn man es so oder so aktiviert hat. Gut soweit. Man kann das Gerät aber auch mit einer 9-Volt-Batterie betreiben. Es ist auch eine im Batteriefach versteckt. Eine gute Varta-Batterie sogar. Ist noch an den Kontakten abgeklebt und muss an die Kontakte angesteckt werden. Um nicht immer den Klinkenstecker am Eingang abziehen zu müssen, wenn man das Pedal mit Batterie oder Akku betreibt, gibt es oben am Gerät ebenfalls einen Schiebeschalter, mit dem man es ausschalten kann. Sehr clever! Da es aber eingeschaltet immer Strom verbrauchen dürfte, weil die True-Bypass-Funktion erst nach dem Einschalten das Signal durch lässt, könnte man ja vergessen, es auszuschalten, richtig? Sehr nett, was sich G-LAB hierfür ausgedacht hat: betreibt man das Pedal per Batterie und hat es eingeschaltet, so leuchten die gleichen zwei LEDs etwas schwächer in rot. So sieht man, dass es eingeschaltet ist, auch wenn es gerade nicht aktiv ist. Ein ausreichend sichtbarer und auffälliger Hinweis darauf, dass man vielleicht noch den Schiebeschalter betätigen möchte, um es auszuschalten, bevor man die Gitarre wegpackt. Mit so einem fein durchdachten Detail hatte ich nicht gerechnet.
Oh, noch etwas, was ich sehr gut finde: unten in der Bodenplatte des Pedals sind zwei Gewinde für M4-Schrauben. Damit kann man das Pedal sicher auf einem Pedal-Board befestigen, ohne Klettband aufkleben zu müssen. Sogar der exakte Abstand der Löcher ist dort nochmal aufgedruckt, damit das auch zuverlässig und einfach klappt. Die Gewinde sehen mehr als ausreichend lang aus und sind wie das ganze Pedal sicher sehr stabil. Eine Lösung, die ich echt toll finde!
Man kann wohl unschwer erkennen, wie begeistert ich von meinem neuen Wowee-Wah bin. Ich weiß nicht, ob ich ohne Hinweise und Empfehlungen überhaupt darauf aufmerksam geworden wäre, aber es ist wirklich ein in jeder Hinsicht tolles Teil! Allein die Mechanik und Elektronik zur Aktivierung per Fußaufstellen mit True-Bypass vertreibt G-LAB ja zum Nachrüsten für andere Pedale für über 100 €. Das bekommt man in diesem Pedal nun alles integriert dazu. Es kostet etwas mehr als die beiden anderen Kandidaten, aber das ist es mehr als wert wie ich finde.
Vielen Dank nochmal an alle, die sich hier beteiligt haben und mir so bei meiner Entscheidung geholfen haben.