..Schlagzeug normalerweise so laut ist, dass man dazu nur elektronisch verstärkte Instrumente spiele
Diese Aussage ist so halbrichtig. Wie laut ein Schlagzeug ist, hängt in vor allem vom Trommler ab. Wer einfach nur hirnlos reinlangt, der wird in keiner Konstellation adäquate Resultat erzielen. Zuerst muss man verstehen, was am Schlagzeug genau passiert:
Simpel formuliert wirken zunächst mal mechanische Kräfte. Aber schon hier wird's kompliziert.
Was genau dort passiert ist abhängig von der Kraft und Bewegung des Oberarms, Unterarms und Handgelenk sowie vom Stickgewicht. Es gibt Schlagzeuger, die aus dem Arm heraus spielen und genauso laut sind, wie jene, die übers Handgelenk spielen. Das Stickgewicht kann durch Holzart und Gewichtsverteilung (bspw. Kopflastigkeit = Mehr Gewicht = Höhere Beschleunigung) gesteuert werden. Tipform und Schaft tragen ihr Übriges dazu bei - Ein ausgeprägterer Schaft sorgt für mehr Gewicht vorne, ein kleiner runder Tip wird feiner, etwas leiser und etwas brillanter klingen - ein fass- oder olivförmiger mittiger und lauter.
Betrachtet man das Ziel des Sticks, so lassen sich auch hier Unterschiede feststellen:
Ein dünnes Becken wird schneller Ansprechen als ein dickes Becken. Kleine Becken erreichen schneller ihr Klangmaximum als große Becken.
Bei den Kessel und Becken verhält es sich ähnlich: Ein dicker Kessel wird aufgrund seiner Steifigkeit mehr nach vorne projizieren und benötigt jedoch mehr Kraft, ein dünner Kessel ist sensibler hinsichtlich seiner Ansprache. Kesseltiefen sind ebenfalls nicht zu unterschätzen: Für einen langen Kessel benötigt es mehr Energie, da die Luft im Kessel erstmal bewegt werden muss. Einen kürzeren Kessel verhält sich völlig gegensätzlich.
Ein dünnes Fell braucht weniger Input als ein dickes Fell, um den ganze Kessel-Luft-Komplex anzusprechen. Wer aber mit viel Kraft spielt, wird auch öfters Felle wechseln müssen.
Sinn und Zweck des Trommelns ist es gerade nicht, das Schlagzeug oder seine Bestandteile als "Schlaggegner" zu sehen und den Boxkampf seines Lebens zu trommeln. Wie ich spiele, ist abhängig von dem Material, welches vor mir steht. Den Kern dbildet immer der Sound. Meine Grundfrage ist, wie ich
möglichst effizient das adäquate Soundergebnis erzielen kann. Muss ich vielleicht doppel- oder sogar dreilagige Felle spielen, um die Obertöne der Trommel zu kontrollieren, jedoch aber mehr Kraft aufwenden oder kann ich mit einlagigen Fellen und richtigen Anschlag mit etwas mehr Handgelenk ein optimaleres Ergebnis erreichen. Exogene Faktoren wie bspw. die Größe der Location lasse ich mal außer Acht. Die oben genannten Faktoren sind nicht vollzählig (bspw. fehlt die Stimmung der Trommel) jedoch reicht es m. E. schon aus, die Komplexität des Instruments darzustellen.
So ein Schlagzeug ist auch ohne übertriebenes Gekloppe einfach zu laut, um unverstärkt zu singen. Man kann zwar theoretisch das Kit so streicheln, dass es ginge, aber das macht keinen Spaß und der typische Rock-Sound kommt so auch nicht zu Stande.
...spätestens auf einer Bühne führt kaum ein Weg ums Mikrophon und Monitore
Führ meine erste Frage nach der
Effizienz zu keinem sinnvollen Ergebnis, so stellt sich mir die Frage nach einem alternativen Lösungsweg: Kann ich ein adäquates Ergebnis auch mit
anderen Mitteln erreichen. Zugegeben: Das gestaltet sich schwierig. Eine Hardrockband mit Besen zu bespielen macht einfach keinen Sinn. Jedoch kann in einem Pop-Kontext die Wahl der Besen der richtige Ansatz sein.
Vor Jahren konnte ich Florian Alexandru Zorn bei einem Intensiv-Workshop kennenlernen, der im Kombo-Kontext locker unverstärkt spielen und ohne Mikrofon erklären konnte. Auch ich habe schon an Galaabenden unverstärkt mit Kombi gespielt und keinerlei Schmäh bzgl meiner Lautstärke geerntet, jedoch ist das kein Rockkontext und auch das erfordert eine konsequent hohe Selbstdisziplin.
Wie man beispielsweise ein "Stickstück" als "Besenstück" spielt, zeigt Alexandru
hier.
Natürlich verstärkt... Montreal ist ein größerer Rahmen - ohne Mics gehts da nicht.
Der Vergleich von Besen und Sticks stellt er
hier sehr gut dar. Es ist also durchaus möglich, ein Schlagzeug mit Sticks leise und mit Besen laut zu spielen.
Also akustische Instrumente mit Schlagzeug zusammen funktioniert schon, wenn der Schlagzeuger entsprechend spielt.
Bleibt noch der Rockkontext im Proberaum über: Das ist meines Erachtens einfach schwierig. Fehlt es an entsprechendem Verständnis des Instruments, dem musikalischen Rahmen und an Material, wird es kaum möglich sein, alle Beteiligten auf einen Nenner zu bekommen.
Als Sänger ist man grundsätzlich das schwächste Glied der Kette. Wäre ich Sänger, würde ich nur in wenigen Fällen ohne Monitoring singen wollen. Wenn ich recht überlege, dann würde ich immer - egal wann - mit InEar singen. Selbst ein umverstärktes Klavier oder eine Akustische Gitarre sind ggf. lauter. Wieso immer? Zunächst deshalb, da das Tragen von InEar keine natürliche Situation ist und weil zusätzlich durch die Bewegung des Kiefers sich im Gehör ziemlich viel mitbewegt. Zudem sind Gesangsmonitore meist VIEL zu laut auf der Bühne sind - gleiches gilt übrigens für Keyboardmonitore. Die Dynamikschwankungen sind in beiden Fällen so weit, dass entweder der Monitor zu leise ist oder zu laut (Input = Output). Komprimiert man das am Pult entsprechend rabiat, geht jegliche Kontrolle der Dynamik verloren. Für mich daher keine Option. Auch als Bassist würde ich nicht auf InEar verzichten wollen: In der Regel steht man im Proberaum als Bassist recht nah am Bassamp und selbst als Kontrabassist nehme ich das Instrument eher über dessen Schwingung am Körper war. Tiefe Frequenzen entwickeln sich sich aber auf ihrer Länge. 1m vor dem Amp hab ich also als Bassist keine wirkliche Chance mich im Bandkontext adäquat zu hören. Wenn ich jetzt den Amp aufreiße, höre ich mich zwar, aber der Musiker gegenüber nimmt mich viel intensiver war. Daher auch keine Option. Als Gitarrist hänge ich mich auf die Lautstärke der Snare des Schlagzeugers, da diese die prägnanteste und zumindest im Rockkontext stabilste Lautstärke am Schlagzeug ist. Als Gitarrist ist mir die InEar Geschichte noch nicht ideal gelöst. Alles was ich am Amp einstelle, klingt am Hörer gänzlich anders. Abhilfe kann man über Boxensimulationen schaffen, die dann konstanten Sound im In-Ear liefern. Aber ich will ja nicht den Simulationssound... Schwierige Geschichte also.
Als Schlagzeuger ist man wohl das lauteste Mitglied in der Band. Bis zu einem Gewissen grad kann man das sicher steuern, aber eine gewisse Grundlautstärke ist einfach gegeben. Auch als Schlagzeuger wäre mir In-Ear wichtig, da ich mit Click spiele. Zudem verschwimmt das Klangbild nicht. Die Schlagzeuger und Bassisten, die Inears spielen, werden sicher bemerkt haben, dass Timingpatzer massiv auffallen, wenn bspw. der Bass nicht auf die 1 kommt. Für mich daher ein unabdingbares Werkzeug als Schlagzeuger. Zudem arbeite ich da nicht mit Closemiking, sondern nur mit Bassdrum und Overhead. Damit bleibt mir die Kontrollmöglichkeit innerhalb meiner Lautstärke völlig erhalten. Close Miking verfälscht das massiv.
Wieso hört sich ein Sänger eigentlich nie?
Daniel Schindler zeigt das recht ausführlich:
Im Frequenzbereich der Stimme sitzen so ziemlich alle anderen Instrumente auch.
Im gezeigten Bild sind es 4 Gegenspieler. Deutlicher wird das hier:
Im Frequenzband der Stimme hast du so ziemlich alles drin. Du kämpfst unverstärkt auf verlorenen Posten. Das unverstärkt eine Stimme in der Rockband funktioniert.. Von dieser Vorstellung solltest du dich verabschieden.
aber ich mag keine elektronische Verstärkung, weder um selber zu spielen, noch um es zu hören.
Du hörst also gar keine Musik in Form von CD oder Radio über eine Audioanlage und magst auch keine Konzerte? Sicher weiß ich, dass diese Aussage nicht so von dir gemeint sein kann, jedoch unterstreicht jedoch nur die Notwendigkeit eines wirklich gut gemeinten Ratschlags:
Bleib beim Klassikfach. Alles andere hat bei Deinen Präferenzen keinen Sinn.