Kammerton

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Hallo,
folgendes Problem:
Ein Kumpel kann für seine Kultur-Cafe ein Piano umsonst bekommen, daß technisch und optisch in tollem Zustand ist, aber es ist sehr alt und laut Klavierstimmer für einen älteren Kammerton (hat sich ja in den letzten Jahrhunderten mehrfach geändert) bestimmt.
Kann es wirklich sein, daß die Mechanik die paar Hertz Unterschied auf Dauer nicht verträgt/in der Stimmung hält, wenn man es auf den aktuellen Kammerton stimmt???
Cheers
Orgelmensch
 
Eigenschaft
 
Ja. Es kann sein, daß es auf 438, oder 432 Hz gestimmt ist - oder noch tiefer. Der Rahmen wurde für eine bestimmte Spannung der Saiten gebaut, die in ihrer Gesamtheit eine Wahnsinnskraft ausüben. Ein Höherstimmen aller Saiten kann die Zugbelastung so stark erhöhen, daß der Rahmen bricht oder die Stimmkiele - falls sie noch in Holz geschraubt sind, sich verziehen. Und dann wars das mit dem Klavier.
Daher ja nicht höher stimmen als wofür das Klavier gedacht ist. Wenn andere Instrumente zusammen mit dem Klavier musizieren sollen, ist es leichter, sie um ein paar Hz tiefer zu stimmen. Und wenn sie nicht so tief können, dann hat es halt nicht sollen sein...

---Nachtrag---

Laut Wikipedia lastet auf dem Rahmen eine Zugkraft von 150000 bis 250000 Newton. Überleg Dir mal, welche Kräfte da im Spiel sind! ;)
 
Ich sehe das genauso: Vor allem, wenn es ein altes Instrument ist, würde ich auf keinen Fall durch Nachziehen der Stimmwirbel den Kammerton mit Gewalt auf 440 Hz hochschrauben.
Man sollte nicht vergessen, dass der Stimmstock eines Klaviers ja aus Holz besteht. Wir sehen zwar bei einem Blick auf die Wirbel vordergründig eine dünne Platte aus bronziertem Metall, darunter aber befindet sich der hölzerne Stimmstock: Der Stimmwirbel steckt mehrere Zentimeter tief im Holz!
Wenn Du nun die enorme Saitenzugkraft von insgesamt ca. 15- 20 Tonnen berücksichtigst, wird klar, wie riskant so ein Unterfangen ist.
In jedem Falle würde ich vorher einen vertrauenswürdigen Klavierbauer um Rat fragen.

Beste Grüße
Effjott
 
Ein Klavierbauer, der ein Meister ist. Denn ein Geselle muß nicht unbedingt über das Spezialwissen über Saitendicke etc. verfügen. Also ich rate dringend davon ab, das Klavier hochzustimmen.
 
J
Laut Wikipedia lastet auf dem Rahmen eine Zugkraft von 150000 bis 250000 Newton. Überleg Dir mal, welche Kräfte da im Spiel sind! ;)

Wie mein Händedruck!!!

Danke für die Antworten! Hat mir echt weitergeholfen...schade wegen dem Klavier...
Cheers
orgelmensch
 
Nein... tausendste von Newton würden auf das Klavier warten, die es zusätzlich aushalten müßte. Ich weiß nicht, wie Du Dich fühlen würdest, wenn Du plötzlich eine einige hundert Kilogramm mehr aushalten müßtest. Natürlich haben die Instrumente Kraftreserven und es dauert etwas, bis die Maxima ausgeschöpft sind. Aber je weiter man aus dem Optimum herausgeht, umso schlechter können die Teile (Ressonanzboden) etc. miteinander arbeiten - bis irgendwann das Maximum erreicht ist und irgendetwas nachgibt. Sei es ein gebrochener Rahmen, sei es verbogene Stimmwirbel... alles sehr kostenintensiv bis Totalschaden. Solche traurigen Instrumente habe ich schon gesehen.

Lieber ein Klavier oder Flügel suchen, der für 440 Hz geschaffen ist und den anderen stehen lassen.

Dazu auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Kammerton
 
Ich will dazu auch noch mal was sagen.
Natürlich ist die Gefahr eines Plattenbruchs groß, habe ich auch schon gesehen.
Gibt auch Leute die das wieder mit Graugußelektroden schweißen.
Es wurde aber meiner Meinung nach ein gravierender Fehler gemacht.
Man ist zu hastig an die Sache heran gegangen.
Man kann ein Klavier und ein Flügel in der Regel auf unseren heutigen Kammerton bringen, der Grußrahmen hält das durchaus aus. Deutsche Wertarbeit.
Man hat damals die Stärke des Grußrahmens eher nach pi mal Daumen berechnet, als am Computer, meistens zu großzügig.
Die Gefahr beim Hochziehen ist eher das mann zu schnell vorgheht, und dabei auch einige Saiten reißen.
Ich liebe das Geräusch einer wegknallende Basssaite.
Ich bin nach wie vor der Meinung, wenn die Stimmwirbel fest sind, der Stimmstock in Ordnung ist, die Saiten nicht zu verrostet sind, und der Resonanzboden keine große Risse hat, kann man an das hochziehen gehen.
Wie man das macht, das weiß nur ein von Gott begnadeter Klavierbaumeister, und auch nur der kennt sich mit den Saiten stärken und Mensuren aus.
Aber ich bin ja auch noch da.

Gruß Chief
 
Ich habe, wie gesagt, meine Bedenken geäußert und verweise nochmal darauf, daß sich das Instrument dann auch aus dem Klangoptimum herausbewegt. Dem einen mag das gefallen, dem anderen nicht. Und ob es dem Instrument auf langer Sicht gut tut, steht auch nicht fest. Aber es ist ja nicht mein Instrument...
 
Ich stelle nur Fakten heraus, und will hier keinen belehren.
Klangoptimum, schönes Wort. Bleiben wir mal dabei.
Der charakteristische Klang eines Klaviers oder Flügels wird bei der Konstruktion festgelegt.
Dieser hängt von vielen Faktoren ab z.b. Auswahl der Verwendeten Materialien, Resonanzboden, Hammerköpfe, usw. u.a. auch von der Mensur ab.
Die Mensur d.h. die Länge und Stärke der Saiten und die Auflagepunkte zum Resonanzbodensteg und zum Druckstab oder den Agraffen wird bei der Konstruktion festgelegt. Das ist das bestgehütete Geheimnis jeder Klavierbaufirma, den hier entscheidet sich warum ein Steinway wie ein Steinway klingt, und andere Klaviere wie eine Blechbüchse.
Die Mensur kann nachträglich nicht verändert werden, außer man ändert die Saiten stärke.
Sicherlich wurde der Kammerton im Laufe der Zeit immer höher angehoben und nach nach DIN Norm auf A4 = 440 Hz festgelegt. Die alten Klaviere waren für einen niedrigen Kammerton konstruiert, aber wie ich schon sagte; es ist nicht unmöglich die auf Kammerton zu bringen.
Ob sich natürlich der ganze Aufwand lohnt, oder man kauft sich besser ein Neues Instrument ist eine andere Sache.
Bei Spitzeninstrumenten lohnt sich der Aufwand allemal, was man ja schon daran sieht, daß mit historischen Instrumenten konzertiert wird die niemals für den heutigen Kammerton gebaut wurden
Fazit: Die Tonhöhe eines Instruments hat nur einen geringen Einfluß auf den Klang sprich Klangoptimum.

Gruß Chief
 

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