Kammermusik / Big Band und Co. oder: Pianoschüler sind Einzelkämpfer ?

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britpop
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Hallo zusammen,

mein Sohn, 9 Jahre alt, spielt seit seinem 5. Lebensjahr Klavier. Er übt täglich recht fleissig, spielt echt schon ganz ordentlich, ist aber kein kleiner Mozart. Er hat privat Unterricht bei einer wirklich sehr guten Konzertpianistin. Insofern alles gut.

Das Problem ist nur: Er sollte dringend mit anderen gemeinsam musizieren. Wir haben zwar Kontakte zur örtliche Musikschule, aber dort passt er nicht so recht in eins der Ensembles hinein. Noch dazu ist er ja "Privatschüler", und da ist das immer so eine Sache mit der Teilnahme an einem Musikschulensemble. Hat einer eine Idee, was man da auf die Beine stellen könnte? Ich würde das sogar privat organisieren. Nur braucht man ja dann wieder einen Musikpädagogen, der das Ganze in die Hand nimmt. Noch dazu ist das echt schwierig hier, weil wir etwas ländlich wohnen (Zollernalbkreis) und die meisten Eltern für so etwas keinen Sinn haben.

Wie macht ihr das, um Eure "Klavierkids" bei der Stange zu halten?

Liebe Grüße

britpop
 
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Hallo britpop,

da gibt es eigentlich jede Menge Möglichkeiten.

Nehmen wir mal Kammermusik. Du schreibst, er hat Untericht bei einer Konzertpianistin. Diese Pianistin wird sicherlich in ihrem Bekanntenkreis Musiklehrer haben, die andere Instrumente unterrichten. Über solche Kontakte kann man Kammermusikpartner suchen, also Schüler von befreundeten Musiklehrern der Klavierlehrerin. Das geht von Geige über Klarinette, Oboe, über Querflöte bis zum Gesang oder was einem noch so einfällt. Stücke für solche Besetzungen findet man überall, notfalls muß man etwas arrangieren.

Man kann auch in der Schule herumfragen, wer ein Instrument spielt, das ganze Ding selbst auf die Beine stellen und irgendwann die Musiklehrerin bitten, helfend und beratend zur Seite zu stehen. Sie wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn ab und zu 2 Menschen in ihren Unterricht kommen.

Wenn es eher in die Pop/Rock/Jazz-Richtung gehen soll, kann man auch mit einem Duo anfangen, z.B. Klavier und Gitarre. Dann könnte Dein Sohn die Akkordsymbole lernen (die ein Gitarrist zumeist schon kann). Einer spielt die Melodie eines Popsongs, der andere begleitet frei nach den Akkordsymbolen, danach wird es umgedreht. Wenn man die Pentatonik in ein paar Tonarten kann, kann man ein kleines Solo improvisieren, während der andere nach Akkordsymbolen begleitet. Die Kombination Gitarre/Klavier eignet sich da besonders gut, weil man sich mit der Akkordbegleitung und der Melodie so schön abwechseln kann. Ein Saxophon z.B. kann das Klavier nicht mit Akorden begleiten. Da läge die Begleitung dann hauptsächlich beim Klavier und die Melodie beim Sax, was aber auch Spaß macht.

Alles, was größere Besetzungen angeht, braucht mehr Organisation. Eine Band braucht einen Proberaum, in dem man Krach machen kann, in dem Alter vermutlich auch einen Leiter, der Stücke vorschlägt und alles koordiniert. Eine Bigband zu finden ist oft schwierig (Schulbigband?), da die eine Bigband nur einen Pianisten braucht, Saxophone dagegen fünf, die auch doppelt besetzt werden können. In Schulbigbands wechseln sich manchmal mehrere Pianisten ab.

Ich persönlich bin bei solchen Sachen immer ein Fan der kleinen flexiblen Besetzung: Klavier und Gitarre, wenn man einen Bassisten findet, umso besser. Evtl. spielt noch jemand Bongos dazu, das kann auch jemand machen, der einfach nur im Takt einigermaßen sicher ist, aber keinen Unterricht hat. Alle zusammen singen den Refrain des Lieblingssongs, die Strophen werden abwechselnd gesungen, ein kurzes Solo dazu und fertig ist die Mini-Wohnzimmercombo.

Kleiner Erfahrungsbericht dazu: Vor ein paar Tagen gab es eine kleine Feier bei uns, es waren befreundete Musiker anwesend und wir haben mit 2 Gitarren gejammt. Meine Tochter (6) hat sofort die Bongos aus dem Musikzimmer geholt und mitgegroovt und mitgesungen. Für mich war das so eine Art Idealzustrand ... :)

Viele Grüße,
McCoy
 
Hallo McCoy,

danke für deine Antwort.

Im Grunde hast Du vollkommen recht mit allem, was Du schreibst. Was Kammermusik angeht: Literatur gibt es genug, das stimmt. Das Problem dabei ist halt, dass man einen festen Termin und einen Leiter dafür braucht. Die Kinder brauchen einfach ein Weile zum üben und eine gewisse Regelmäßigkeit. Das sind zwei schreckliche Probleme zugleich: Verpflichtung (fester Termin!) und Geld. Beides ist für Durchschnittseltern, die z.B. der Meinung sind, ihre Kinder sollten in den Ferien nicht üben (da ist ja frei) schon echt zuviel. Doch das sind Probleme, die man hier im Forum natürlich nicht lösen kann. Kulturelle Bildung hat ganz generell einen geringen Stellenwert. Hinzu kommt, dass die Eltern oft nicht bereit sind, ihren Sprösslingen etwas abzuverlangen - üben macht eben nicht immer Spaß.

Ich werde weiter suchen und Leute ansprechen. Irgendwann werde ich etwas finden.

Besten Dank nochmals für Deine Mühe.

LG

britpop
 
Wenn einer meiner Schüler zu mir kommt und mich fragt, ob er einen befreundeten Gitarristen ein paar mal mit in den Unterricht bringen kann, würde ich das erstmal machen, ohne dafür mehr Geld zu wollen. Das kann ein paar mal bei dem einen Lehrer, ein paar Mal bei dem andern Lehrer sein. Beim nächsten Klassenvorspiel gibt es dann eben ein Duo. Einzelunterricht findet danach wieder statt und wie das Duo weitergeht, sieht man dann. Ich würde auf jeden Fall die Lehrerin fragen, die meisten Lehrer sind doch froh, wenn ihre Schüler Lust haben, in der Gruppe zu musizieren.

In den Ferien z.B. eine Art Musikwoche/Wochenende mit einer kleinen Gruppe organisieren wäre vielleicht noch eine Idee. Da reichen ja erstmal 1-2 Stunden am Tag, je nach Lust und Laune. Vielleicht findet sich ein Elternteil mit genügend musikalischer Vorbildung zur "Leitung"? Vielleicht ist die Idee mit dem festen Termin gar nicht so gut? Ein gelegentliches lockeres Treffen und Musizieren am WE reicht vielleicht erstmal, um den "Virus" ;) einzupflanzen.

Viele Grüße,
McCoy
 
Zuletzt bearbeitet:
meine Frau + ich haben erst mal das Naheliegende gemacht mit unseren Kindern, nämlich Hausmusik! Die Kinder wurden musikalisch dort abgeholt, wo sie sich nach ihrem Niveau befanden und dann gemeinsam musiziert.
Am Ende waren meine Frau und die Kinder ein gerne gebuchtes Streichquartett.

Bzw. am anderen Ende der Instrumente (neben den Streichinstrumenten haben alle unsere Kinder auch Klavier und/oder Gitarre gelernt) hat mein Sohn mit 14 - stolz wie Oscar - ohne mein Wissen bei einigen Titeln im letzten Set bei einer Matinee bei unserem Pianisten mit eingestöpselt und eine supermäßige Rhythmusgitarre bei einigen schnellen Swingstücken abgeliefert.
Oder was war er stolz, wenn er bei unseren Proben bei einer Raucherpause mal das Klavier geentert hat und auch Harmonien spielen konnte auf Zuruf von den Bläsern, die so nicht im Realbook standen...

Oder unsere Tochter hat in einem Jahreskonzert ihrer Schule bei ihrer "Band" genüßlichst die Mitmusiker vorgestellt (zugegeben, Freunde + Kollegen von mir), wie ist ihrem Musiklehrer, dem verhinderten Genie, die Kinnlade runtergefallen, als sie den Saxer angekündigt hat, der gerade frisch von einer Europatournee mit Frank Sinatra kam...

Aber den Grundstein haben wir zu hause gelegt, zuerst meine Frau + ich, dann Kollegen + Freunde von uns, und bald dadurch auch Kontakte zu anderen Musikern, das war auch schon der Beginn vom Netzwerk.


Ich möchte das noch untermauern mit einem ganz anderen Beispiel, ich habe mit allen unseren Kinder vom Anfang von der ersten Klasse an Zeitung gelesen, die Kinder die Worte, die sie schon kannten, ich den Rest. Das war eine Super-Motivation zum Lesen, fast jeden Tag konnten sie 1-2 Worte mehr, irgendwann haben sie alleine gelesen und sind bisher im Leben auch alle beim Lesen geblieben - alles Leseratten wie ihre Eltern...
 

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