Kadenznummer mit 45er und 65er Mittelteil. Wie spricht man das aus?

McCoy
McCoy
HCA Jazz & Piano
Ex-Moderator
HCA
Zuletzt hier
05.11.24
Registriert
28.04.05
Beiträge
12.525
Kekse
114.690
Ort
Süd-West
In der von Carlo Bohländer in den 60er Jahren herausgegebenen Reihe "Jazz Studio - Anleitung zur Improvisation für [Instrument]" wird von von einer Songform mit dem Namen Kadenznummer mit 45er oder 65er Mittelteil gesprochen.

Der geübte Jazzmusiker weiss natürlich, daß es sich dabei um das handelt, was heute üblicherweise mit Rhythm Changes bezeichnet wird. Der 45er Mittelteil ist die Bridge, die auf dem B-Teil von Honeysuckle Rose beruht. Der 65er Mittelteil ist die heute zumeist gespielte Dominantkette, die auf der dritten Stufe beginnt.

45er Mittelteil bedeutet, daß die Bridge mit der Dominante (5 bzw. V) der Subdominante (4 bzw. IV) beginnt.

65er Mittelteil bedeutet, daß die Bridge mit der Dominante (5 bzw. V) der Moll-Parallele (6 bzw. VI) beginnt.

1713573986283.png

1713574016390.png


Meine Frage dazu ist eine völlig nebensächliche, aber sie interessiert mich eben:

Weiß zufällig jemand, wie die altvorderen Jazzer (bzw. Carlo Bohländer) das ausgesprochen haben? Haben sie gesagt "Vier-Fünfer-Mittelteil" und "Sechs-Fünfer-Mittelteil", oder haben sie gesagt "Fünfundvierziger-Mittelteil" und "Fünfunsechziger-Mittelteil"?

Aus dem Text geht das ja nicht hervor.

Viele Grüße,
McCoy
 
Hi,

habe zwar keine Ahnung wie sie es gesagt haben ;) aber sinnvoll wäre ja z.B. Vier / Fünf aufgrund der Stufenbezeichnung.

Auf der anderen Seite wäre dann das Buch falsch, was ich mir auch nicht vorstellen kann ;) Denn da wäre es dann zum Beispiel vierundfünfzig ;)
 
Trivia: Ausgaben des "Jazz Studio" von Schott gehörten zu den wenigen Noten zum Thema, die ich nach meinem Erweckungserlebnis mit der Musik von Charlie Parker und Miles Davis gegen Mitte der 70er im örtlichen Musikhaus finden konnte. Die Preise sind mit Bleistift eingetragen, es waren für Bohländer, Jazz-Geschichte und Rhythmus (1960) sowie seine Hamonielehre (1961) jeweils 10 DM, die Instrumentalausaben der Reihe von verschiedenen Autoren unter dem Titel "Anleitung zur Improvisation für [Instrumentenbezeichnung]" kostete je 8,50 DM, das Heftchen von Carlo Bohländer zur Akkordlehre (1979) kostete 6 DM.
Bohländer.jpg

Emil Mangelsdorff schreibt: "Die Bzeichnung 45er bzw. 65er Mittelteil geht auf die funktionalen Zahlen von Carlo Bohländer zurück, wonach mit 45 die Dominante der Subdominante und mit 65 die Dominante der Tonika Parallele gemeint ist, mit denen jeweils die Taktgruppe B beginnt."
Emil Mangelsdorff, Anleitung zur Improvisation für Saxophon in Bb. B. Schott's Söhne, Mainz, 1964, S.11.

Das deute ich so, dass Carlo Bohländer selbst der Schöpfer von Begriffen wie "Kadenznummer" statt "Rhythm Changes" und "...er Mittelteil statt "Bridge" war. Dass seine Bezeichnungen verbreitet waren, kann ich mir nicht vorstellen, zumindest habe ich sie buchstäblich nie gehört und auch nicht in anderer Fachliteratur von außerhalb des Berklee-Einflusses gelesen, z.B. Fred Harz, Guitar Jazz Harmony. Musikverlage Hans Gerig, Köln, 1979.

Aus Unterhaltungen erinnere ich mich jedenfalls nur an amerikanische Bezeichnungen wie Rhythm Changes, Chorus, Bridge, Turnaround, oft vermischt mit deutschsprachigen Begriffen wie Dominantketten, Tritonussubstitution oder II-V [zwei-fünf] Verbindungen.

Gruß Claus
 
Emil Mangelsdorff schreibt: "Die Bezeichnung 45er bzw. 65er Mittelteil geht auf die funktionalen Zahlen von Carlo Bohländer zurück, wonach mit 45 die Dominante der Subdominante und mit 65 die Dominante der Tonika Parallele gemeint ist, mit denen jeweils die Taktgruppe B beginnt."
Das kommt nicht von Emil Mangelsdorf, denn es steht in allen Heften der Jazz Studio Reihe genau gleich drin. Den Satz hat Bohländer wohl vorgegeben. Ich habe die Bände für Klavier, Klarinette und Bass sowie das Notenheft "Old Folks at Home" seit den 80ern. Reclams Jazzführer (auch von Bohländer) habe ich 1983 für den Zwangsumtausch bei der Klassenfahrt in Ostberlin gekauft. Die Harmonielehre hatte ich auch mal, aber dummerweise 1985 verliehen und nie zurückbekommen ...

Interessieren tut es mich trotzdem, wie das ausgesprochen wurde ...

Viele Grüße,
McCoy
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ein nettes Forumsmitglied hat mir den Kontakt zu Gustl Mayer ermöglicht, der ein Schüler von Carlo Bohländer war. Ich habe also jetzt eine ganz offizielle Antwort: Es heißt fünfundvierziger Mittelteil und fünfundsechziger Mittelteil.

Gustl Mayer schrieb:
Carlo Bohländer war mein Lehrer, und er sprach immer von "fünfundvierziger oder fünfundsechziger" Mittelteilen. Einmal beginnt er (der Mittelteil) mit der Quinte der 4. Stufe (die Tonika wird zum Septimakkord) und beim 65er mit der Quinte der 6. Stufe.
Mir hat schon damals die Bezeichnung von Carlo für diese Mittelteile nicht gefallen, aber etwas Besseres ist mir auch nicht eingefallen.
Ich habe in der Vergangenheit mit Musikern aus vielen Ländern gespielt, auch mit Schweizern, die kennen alle Carlos Bezeichnungen nicht.
(y)

Viele Grüße,
McCoy
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Wie jetzt. Callo hat das nicht auf hessisch gebabbelt? :eek2:

Gruß Claus
 
  • Haha
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Sicherlich! Carlo hat grund hessisch gebabelt. So die Aussage bei der heutigen Session vom Drummer und damaligen Betreiber des Frankfurt Jazzkellers.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben