Ist es normal, dass sich der 4. und 5. Finger so langsam weiterentwickeln?

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In Bezug auf Geschwindigkeit, Kontrolle und Treffsicherheit. Ich mach da jetzt schon seit nem Jahr Übungen und spiel ständig schwierige Stücke, aber merke keinen Fortschritt. Voll komisch. Nen Triller mit 4 und 5 krieg ich auch immer noch nicht hin. Ist das normal?

Muß dazu allerdings anmerken, dass ich nicht jeden Tag geübt habe. Das hab ich aber früher auch nicht und bin trotzdem irgendwie weitergekommen. :confused:
 
Eigenschaft
 
Die beiden äußeren Finger werden immer schwächer und weniger beweglich als die inneren bleiben. Und einen Triller mit 4 und 5 können die wenigsten, die höhere Beweglichkeit ist bei denen wahrscheinlich angeboren. Glücklicherweise spielen solche Faktoren für die Technik nur eine Nebenrolle.
Ich würde mich an Deiner Stelle eher darauf konzentrieren, Fingersätze zu finden, die es Dir erlauben, möglichst viel zwischen den Fingern zu wechseln, wenn es dadurch besser klingt, und ansonsten versuchen, die Dynamik durch Armgewicht und Handhaltung zu kontrollieren.
Zum Thema Fingersatz ein Beispiel: Im 27. Takt der Polonaise As-Dur op. 53 von Chopin spiele ich die Praller nicht mit 4-5-4, sondern den ersten auf den g mit 5-4-3 (das tiefere f der folgenden Oktave nehme ich mit in die linke Hand, das obere mit dem 2. der rechten) und den zweiten auf dem as mit 4-5-3 (die folgende Oktave g-g wird ebenfalls zwischen den Händen aufgeteilt). So kann ich jede Note kontrollierter und deutlicher spielen, als wenn ich mir einen Praller 4-5-4 abringe, was mit dem 4. auf einer weißen und dem 5. auf einer schwarzen Taste nochmal ein bisschen schwieriger ist als auf zwei weißen Tasten.
Zum Thema Treffsicherheit würde ich die dritte Übung aus den Klavierübungen von Peter Feuchtwanger empfehlen.
 
Hmm...

Ich hab eher den gegenteiligen Eindruck: der 4. und 5. Finger sind besonders das, was die meisten Pianisten in ihrer Entwicklung bremst. Ich hatte vor über einem Jahr verschiedene Probleme in meinem Spiel bemerkt (Verkrampfen bei Fortissimo, Holprigkeit von schnellen Läufen, Probleme mit schweren Klaviaturen, Abspreizen des 5. Fingers), die ich irgendwann mit großer Wahrscheinlichkeit auf den 4. und 5. Finger zurückführen konnte.

Mal ein paar Beispiele: man spielt einen Abwärtslauf mit 5-4-3-2-1 und der 4. Finger kommt nicht zum korrekten Zeitpunkt und ist leiser als die anderen. (Bei hoher Geschwindigkeit kann es sogar passieren, dass mein Kopf den 4. Finger einfach "vergißt".) Oder gebrochene Quartakkorde aufwärts während einer Jazzimpro mit 1-2-5 oder 1-3-5 und der 5. haut ständig daneben (je lauter ich spiele, desto öfter).

Mein früherer Lehrer meinte mal, man solle so spielen, als ob alle 5 Finger gleichberechigt wären. Das versuche ich umzusetzen, aber leider wird meine Performance dadurch schlechter als wenn ich alles nur mit 1,2,3,4 spiele.

Danke auf jeden Fall schon mal für deine Tips zum Fingersatz und zur Treffsicherheit! Werd ich mal recherchieren.
 
Ich hab eher den gegenteiligen Eindruck: der 4. und 5. Finger sind besonders das, was die meisten Pianisten in ihrer Entwicklung bremst.
Erinnert mich an Robert Schumann, der seinen 4. Finger mit einer selbstkonstruierten Maschine trainieren wollte. Durch die entstehende Überlastung hat er sich die Hand ruiniert und konnte seine Pianistenlaufbahn an den Nagel hängen.
 
Der vierte und fünfte Finger ist bei jedem Klavierspieler der schwächste, besonders der vierte. Das ist anatomisch bedingt und nicht veränderbar. Mit Ring- und kleinem Finger kann niemand vernünftig einen Triller spielen, auch nicht nach zig Jahren Praxis.
CW
 
Erinnert mich an Robert Schumann, der seinen 4. Finger mit einer selbstkonstruierten Maschine trainieren wollte. Durch die entstehende Überlastung hat er sich die Hand ruiniert und konnte seine Pianistenlaufbahn an den Nagel hängen.

Das ist, wie man heute weiß, so nicht ganz richtig: Das spezielle Fingertraining war eine Reaktion Schumanns auf eine beginnende fokale Dystonie, einer Erkrankung, die fast immer zum Karriereende führt. Sein Mittelfinger (es war eben nicht der Ringfinger) begann, sich beim Spielen unkontrollierbar zu verkrampfen. Erst heute kommt man nach und nach dahinter, was die Ursache dieser Erkrankung ist.
Es ist also so, dass bei Schumann die Erkrankung zuerst auftrat, und auch durch seine Beschäftigung mit dem Fingertrainer nicht mehr beeinflusst werden konnte, unabhängig davon, ob so ein Training, wie er es betrieben hat, nun Sinn macht oder nicht.
Quelle:
http://www.immm.hmtm-hannover.de/uploads/media/Altenmueller_Schumanns_Dystonia_01.pdf
 
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@Colorido: vielen Dank für den Hinweis auf diese neuen Ergebnisse, sehr aufschlussreich!
 
Erinnert mich an Robert Schumann, der seinen 4. Finger mit einer selbstkonstruierten Maschine trainieren wollte. Durch die entstehende Überlastung hat er sich die Hand ruiniert und konnte seine Pianistenlaufbahn an den Nagel hängen.

Der vierte und fünfte Finger ist bei jedem Klavierspieler der schwächste, besonders der vierte. Das ist anatomisch bedingt und nicht veränderbar. Mit Ring- und kleinem Finger kann niemand vernünftig einen Triller spielen, auch nicht nach zig Jahren Praxis.

Und was bedeutet das jetzt für meine anfangs gestellte Frage? 4. und 5. Finger-Übungen weglassen und auf ewig ein drittklassiger Pianist bleiben?
 
Es bedeutet für Deine anfangs gestellte Frage, dass Du Deinen Ring- und kleinen Finger trainieren kannst - oder vielleicht auch sollst - bis zum Abwinken. Die beiden Finger werden besser werden. Falsch ist, zu meinen, sie müssten dann irgendwann mal so kraftvoll, beweglich, auf dem selben Niveau und so vielseitig einsetzbar sein wie die ersten drei Finger. Das wird nicht eintreten.
CW
 
Das klingt plausibel, aber es würde mir schon mal reichen, wenn ich beim Üben des 4. und 5. zumindest eine Verbesserung feststellen würde.
 
Hallo lucjesuistonpere! Ich empfehle Dir speziell zum Training der Außenfinger die Übungen von Pischna. Als Einstieg kannst Du mit dem "kleinen Pischna" beginnen. Mache viele Pausen und achte auf die Schmerzgrenzen. Nur langsam den Umfang steigern. Mein erster wichtiger Lehrer hat vor Konzerten täglich 4 Stunden Pischna geübt. (In seiner Jugend spielte er einer Schülerin von Liszt vor, die ihm bestätigte, er spiele "wie Liszt!"). Vorsicht! Gehe das Ganze bedächtig an und übertreibe nicht.
Mit freundlichen Grüßen!
Fritz
 
Nochmal ganz von vorn:
1.lasse deine hand locker über der tastatur hängen (dabei steht der 5. nicht ab!),
2.lasse sie langsam auf die tasten, dass die fingerkuppen kontakt haben,
3.drehe das handgelenk leicht nach innen, sodass das gewicht der hand auf den daumen verlagert wird und die taste anschlägt,
4.drehe das handgelenk langsam nach außen, lasse dabei die 5 töne erklingen, bis das gewicht auf dem kleinen finger ruht, dabei hebt sich das handgelenk ein wenig (immer gut während des spiels, weil es auflockert).
Oder mache ein paar tage urlaub zwischen Schwarzwald und Kaiserstuhl und lass dir das zeigen.
Auch ein triller 4/5 gelingt mit gewichtsverlagerung, obwohl 3/5 besser geht.
 
@habadawi:
Danke für den Tip! Von Pischna habe ich bisher noch nicht gehört, sondern nur von Hanon, Czerny und co. die pädagogisch relativ umstritten sind. Scheint ein Geheimtipp zu sein.

@Günter:
Danke für die Übung! Sehe ich das richtig, das Gewichtsverlagerung das ganze Geheimnis dabei ist?

Auch ein triller 4/5 gelingt mit gewichtsverlagerung
Ein solcher Triller müßte dann primär durch schnelle Drehbewegungen des Handgelenks zustande kommen, ist das richtig?

Mit Gewichtsverlagerung habe ich bereits schon mal etwas experimentiert, es fiel mir nur immer schwer, das in bereits geübte Stücke oder in Jazzimpros einzubauen.
 
Ein solcher Triller müßte dann primär durch schnelle Drehbewegungen des Handgelenks zustande kommen, ist das richtig?

Primär,ja, die besten resultate erzielt man durch flüssig kombinierte, minimale bewegungsabläufe.
Pischna setzt ebenso wie Hanon und Beringer auf muskelkraft. die schwerkraft ist effektiver. Ich kenne niemanden mit bodybuilder-fingern.
Solche übungen kann man freilich auch sinnvoll zur glättung des anschlags nutzen, d.h. zur anpassung der starken und schwachen finger.
Dreh- und angelpunkt im wahrsten sinne ist das geschmeidige, nach allen richtungen bewegliche handgelenk.
 
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