Intervalle mit drei Kreuzen

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Hallo.

Ich habe mal versucht, als Übung alle Intervalle zwischen allen Tonpaaren komplett aufzuschreiben und mir sind da ein paar Dinge aufgefallen, bei denen ich nicht sicher bin, ob das korrekt ist, oder wie das in der Musiktheorie üblich bezeichnet wird.

Vorweg zur Absicherung meines Grundverständnisses:

Bei der Bezeichnung der Intervalle schaut man zunächst nur auf die Abstände der Buchstaben ohne Vorzeichen. Beispielsweise sind f-a, und fis-a und fis-as jeweils Terzen, weil es von f bis a drei Buchstaben sind.

Für die genauere Bestimmung (klein, groß, vermindert, übermäßig) nimmt man dann die Halbtonschritte dazu, also

f-a --> 4 Halbtonschritte: große Terz
fis-a --> 3 Halbtonschritte: kleine Terz
fis-as --> 2 Halbtonschritte: verminderte Terz

Soweit so gut. Nachdem ich das für alle Töne durchprobiert habe, kamen bei einigen Intervallen Doppelkreuze vor, wie etwa hier:

dis + große Terz = fisis

Dass das vorkommen kann, hatte ich schonmal irgendwo gelesen, bin mir aber unsicher, ob das tatsächlich im täglichen Gebrauch auch so verwendet wird.
Dann müsste ja eigentlich der D#-Dur-Akkord so genannt werden: dis-fisis-ais. Ist das korrekt und wird das wirklich so gesprochen?
Oder behilft man sich da der Einfachheit im täglichen Sprachgebrauch und sagt einfach dis-g-ais?

Jetzt geht es aber noch einen Schritt weiter:

Mir ist aufgefallen, dass es auch Intervalle gibt, die man mit drei Kreuzen schreiben müsste, zum Beispiel das hier:

ais + übermäßige Terz = cisisis

Kann sowas wirklich vorkommen, oder wird die augmentierte Terz normalerweise gar nicht verwendet? Das ist vom Abstand her ja eigentlich das gleiche wie eine Quarte, oder?

Der Vollständigkeit halber sind hier noch die anderen Intervalle mit drei Kreuzen oder drei Bs, die ich gefunden habe:

ais + übermäßige Terz = cisisis
dis + übermäßige Terz = fisisis
ais + übermäßige Sexte = fisisis
ais + übermäßige Septime = gisisis
dis + übermäßige Septime = cisisis
gis + übermäßige Septime = fisisis

as + verminderte Sekunde = beses
des + verminderte Sekunde = eseses
ges + verminderte Sekunde = aseses
ges + verminderte Terz = beses
des + verminderte Sexte = beses
ges + verminderte Sexte = eseses

Die übermäßige Septime = Oktave und die verminderte Sekunde = Prim kann man vermutlich unterschlagen. Bei der augmentierten Terz = Quarte kann ich mir das auch vorstellen. Diese Beispiele haben ja denselben Abstand wie entsprechende reine Intervalle.

Aber wenn die übermäßige Sekunde = kleine Terz ihre Berechtigung hat, dann sollte die übermäßige Sexte = kleine Septime doch auch möglich sein, oder? Gibt es ein fisisis?
 
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Hallo Cerno,

willkommen im Forum!

Bei der Bezeichnung der Intervalle schaut man zunächst nur auf die Abstände der Buchstaben ohne Vorzeichen. Beispielsweise sind f-a, und fis-a und fis-as jeweils Terzen, weil es von f bis a drei Buchstaben sind.

Genau.
Die "Buchstaben" nennt man Stammtöne: das entspricht den weißen Tasten auf dem Klavier bzw. den Notenköpfen auf/zwischen den Linien ohne Vorzeichen.
Der Abstand der Stammtöne bestimmt das Intervall, das hast Du richtig erkannt.

Soweit so gut. Nachdem ich das für alle Töne durchprobiert habe, kamen bei einigen Intervallen Doppelkreuze vor, wie etwa hier:

dis + große Terz = fisis

Dass das vorkommen kann, hatte ich schonmal irgendwo gelesen, bin mir aber unsicher, ob das tatsächlich im täglichen Gebrauch auch so verwendet wird.

So ist es.
Der Abstand von Stammton D zum Stammton F bestimmt das Grundintervall - eine Terz.
Wenn das D zum Dis erhöht wird, muss das F entsprechend zum Fisis werden, um eine große Terz zu erhalten.

Das ist völlig korrekt, wobei man in der Praxis meist enharmonisch auf Tonarten achtet, die mit möglichst wenigen Vorzeichen auskommen.
Statt Dis-Dur mit 7 Vorzeichen, davon zwei Doppelkreuze, könnte man mit Es-Dur und lediglich 3 Bes auskommen.

Aber teilweise entstehen solche Akkorde trotzdem - da sind Doppelkreuze und Doppel-Bes tatsächlich üblich, teilweise sogar Dreifach-Kreuze und Dreifach-Bes. Aber das sind wirklich extrem exotische Sondererscheinungen.


Dann müsste ja eigentlich der D#-Dur-Akkord so genannt werden: dis-fisis-ais. Ist das korrekt und wird das wirklich so gesprochen?

Ja, das ist korrekt.
Oft wird "der Einfachheit halber" statt fisis auch g geschrieben, aber das ist eigentlich falsch und erschwert auch das Erkennen des Dreiklangs.


Mir ist aufgefallen, dass es auch Intervalle gibt, die man mit drei Kreuzen schreiben müsste, zum Beispiel das hier:

ais + übermäßige Terz = cisisis

Kann sowas wirklich vorkommen, oder wird die augmentierte Terz normalerweise gar nicht verwendet? Das ist vom Abstand her ja eigentlich das gleiche wie eine Quarte, oder?

Genau hier greift das Prinzip der Intervalle auf Basis der Stammtöne.
Von Stammton A zu Stammton C ist es nun einmal eine Terz. Und wenn man vom ais ausgehend eine übermäßige Terz erreichen möchte, hilft nur cisisis!
Denn ais-dis wäre ja keine Terz mehr, sondern, wie Du richtig schreibst eine Quarte.

So etwas kann, wie gesagt, in seltenen Extremfällen tatsächlich vorkommen.
Genauso wie Dreifach-Kreuze gibt es auch Dreifach-Bes.
Das ergibt sich zwangsläufig, wenn man die Intervalle korrekt bildet.

Ob man allerdings in allzu exotischen Fällen dann die Verwirrung durch Dreifach-Versetzungszeichen gegen einfach erfassbare Akkord-Terzstruktur aufwiegen kann und womöglich zum Schluss kommt, doch lieber enharmonisch verwechselt ein eigentlich "falsches" Intervall zu schreiben, steht auf einem anderen Blatt.

Alltags-Beispiel:
Einen verminderten Septakkord wie C°7 schreibt man korrekt als c-es-ges-heses (!), weil die Septime eben das H ist und man sie um zwei Halbtonschritte vermindern muss.
Man wird in der Praxis aber statt des Heses oft ein simples A finden.

Viele Grüße
Torsten


PS:

Gibt es ein fisisis?

Ja! Hier ist eines:

1625576890230.png
 
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Vielen Dank für die ausführliche Antwort, das hat mir sehr geholfen. Jetzt habe ich mal ein fisisis in Notenschrift gesehen :D

Eine Frage noch zur Klärung: Du schreibst am Ende heses, aber müsste man nach deutscher Schreibung nicht bes sagen?

Ich dachte nach der klassischen deutschen Notation gibt es ein Hes eigentlich nicht, weil das offiziell B genannt wird, oder kann man das verwenden wie man möchte?
 
Eine Frage noch zur Klärung: Du schreibst am Ende heses, aber müsste man nach deutscher Schreibung nicht bes sagen?

Nein, die einzige Ausnahme ist "B" statt "Hes".
Alle (!) anderen Formen werden mit H gebildet: Heseses, Heses, His, Hisis, Hisisis.

Und hier ist dann gleich noch ein Heseses (Jesses...!)

1625578933909.png


Viele Grüße
Torsten
 
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Cool, danke für die Aufklärung.
 
Torsten hat ja inhaltlich schon alles beantwortet…nur das noch: die Anzahl der Versetzungszeichen ist theoretisch unbegrenzt und eine einfache mathematische Größe. Für die einfache Lesbarkeit nimmt man in der Regel eine minimale Anzahl, aber wie du vollkommen richtig beobachtest, kann die minimale Anzahl
bei harmonisch korrekter Schreibweise schon mal z.B. bei zwei oder drei liegen.
 
Danke (y)

Es ist doch sehr angenehm, mal auf ein musikalisches Konzept zu stoßen, das keine 1000 Ausnahmen hat ;)
 
Es ist doch sehr angenehm, mal auf ein musikalisches Konzept zu stoßen, das keine 1000 Ausnahmen hat ;)

Dann ist es ja schön, dass Du die (auch hier) bestehenden Ausnahmen schon so verinnerlicht hast, dass sie Dir nicht mehr auffallen! ;)

Streng genommen sind ja spätestens seit Bachs "Wohltemperierten Klavier" alle Töne und Tonarten gleichberechtigt.
Da sind Gitarren auch sehr viel demokratischer als Tasteninstrumente: Jeder Bund bedeutet einen Halbtonschritt und Skalen lassen sich problemlos auf dem Griffbrett verschieben, solange man nicht Leersaiten mit einbezieht und nicht an Grenzen stößt (erster oder letzter Bund).

In der Notenschrift, die aufgrund des Stammton-Prinzips stark an Tasteninstrumenten orientiert ist, hat man ja zwangsläufig die Ausnahmen, dass zwischen zwei benachbarten Stammtönen manchmal einen Ganztonschritt und manchmal einen Halbtonschritt liegt.
Man muss sich also durchaus die Ausnahmen merken, dass z. B. eine Stammton-Stammton-Terz mal groß und mal klein sein kann usw.

Die Tastatur ist auch extrem rassistisch und diskriminierend, weil die schwarzen Tasten kleiner als die weißen Tasten und zudem deutlich unterrepräsentiert sind (weiße Vorherrschaft mit 7 gegen 5 Tasten pro Oktave! :eek:).
Das war früher meist genau umgekehrt (da waren oft die weißen Tasten schwarz und die schwarzen Tasten weiß).
Vielleicht kann man sich auf einen Wechsel alle 50 Jahre einigen, ähnlich wie beim Geschlecht der Hochs und Tiefs im Wetterbericht.

Viele Grüße
Torsten
 
Aber teilweise entstehen solche Akkorde trotzdem - da sind Doppelkreuze und Doppel-Bes tatsächlich üblich, teilweise sogar Dreifach-Kreuze und Dreifach-Bes. Aber das sind wirklich extrem exotische Sondererscheinungen.
Doppelkreuze sind gar nicht sooo exotisch. Der mir geläufigste Fall, der verhältnismäßig häufig auftritt, ist die harmonische Molltonleiter.

A moll äolisch: A - H - C - D - E - F - G - A
A moll harmonisch: A - H - C - D - E - F - G# - A

Klar, hier tritt noch kein Doppelkreuz auf. Aber wenn man im Quintenzirkel in Richtung der Kreuztonarten geht, dann landet man irgendwann bei 5 Kreuzen H-Dur / gis-Moll. Das sieht dann so aus:

G# moll äolisch: G# - A# -H - C# - D# - E - F# - G#
G# moll harmonisch: G# - A# - H - C# - D# - E - F## - G#

Die Dominante wäre Dis-Dur (D# - F## - A#), also wie vom Frager oben angegeben. Hier hätte es m.E. keinen Sinn, den in Es-Dur (Eb - G - Ab) zu notieren. H-Dur / gis-Moll ist in der Rockmusik durchaus eine übliche Tonart und nicht besonders exotisch.

Der zweite Fall, der mir immer wieder mal über den Weg läuft, sind 7(#9)-Akkorde. Beispiel E7(#9):

E7/9 (=E9) = E - G# - H - D - F#
E7/(#9) = E - G# - H - D - F##

Auch hier würde es m.E. nicht viel Sinn machen, das F## als G zu notieren (auch wenn es enharmonisch der gleiche Ton ist).
 
Doppelkreuze sind gar nicht sooo exotisch.

Die meinte ich auch nicht (habe sie sogar als "üblich" bezeichnet) - obwohl man da oft auch gut gemeinte "Vereinfachungen" sieht.
Aber Dreifach-Bes und -Kreuze sind wirklich exotisch und nur sehr selten in der Literatur zu finden.


Auch hier würde es m.E. nicht viel Sinn machen, das F## als G zu notieren (auch wenn es enharmonisch der gleiche Ton ist).

Genau. Denn durch ein G würde die musikalische Funktion verschleiert und somit alles viel schlechter erfassbar.

@Cerno_b
An Toxxis Tonleiter-Beispielen sieht man einen weiteren Aspekt sehr schön:
Unsere Tonleitern sind in der Regel heptatonisch (siebentönig) und jede Tonleiterstufe hat brav ihren "eigenen" Stammton und somit ihre eigene Position im Notensystem, die pro Schritt auch optisch immer genau eine Stufe weitergeht.
Die passende Anzahl von Halbtonschritten erreicht man auch hier wieder (wie bei den Intervallen) durch Versetzungszeichen bzw. Vorzeichen.



Oder "prä-ökologisch" hell- und dunkelbraun,

Ja, das ist ein Paradebeispiel: regional und nachhaltig. (y)

Auf die Erwähnung der früher üblichen vorherrschenden Tastenfärbung (Untertasten schwarz/dunkel und Obertasten weiß/hell) bin ich vor allem durch den alten Rousseau gekommen, weil mir kürzlich aufgefallen war, dass er ebenso selbstverständlich von "touches noires" schreibt, wenn er die Untertasten meint, wie wir heute allgemein als "weiße Tasten" sprechen. Also eine genaue Umkehr ins Gegenteil.

Viele Grüße
Torsten
 
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