InEar-Monitoring für Einsteiger

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Harry
Harry
HCA PA/Mikrofone
Ex-Moderator
HCA
Zuletzt hier
19.10.21
Registriert
25.05.04
Beiträge
16.777
Kekse
51.434
Ort
Heilbronn
In letzter Zeit kommen häufig die ähnlichen Fragen zum Thema:
Was brauche ich fürs InEar-Monitoring und worauf muss ich achten?

Ich fasse mal die wichtigen Punkte zusammen und beziehe mich hier ausschließlich auf Funksysteme. Bei Bedarf kann ich auch gerne etwas zu drahtgebundenen Systemen schreiben. Da jedoch die Funksysteme bereits sehr günstig zu haben sind, so kommt eigentlich nur noch in Ausnahmefällen (z.B. für Drummer) ein Drahtsystem in Betracht.
Nehmt dies als Grundlage für eure weiterführenden Fragen.

Grundsätzliches
Im Idealfall soll das InEar-Monitorsystem die üblichen Monitorboxen ersetzen.
Jeder Musiker bekommt (hochwertige) Stöpsel ins Ohr und sollte somit in der Lage sein, den Sound und auch die Intonation exzellent zu kontrollieren.
Wenn die lauten Bühnenmonitore verschwinden hat das noch den angenehmen Nebeneffekt, dass der Bühnensound leiser und somit besser kontrollierbar wird.
Feedbacks (Rückkoppelungen) von den Gesangs- oder sonstigen Mikrofonen werden somit auf ein Minimum reduziert. Der Sound wird für den Tontechniker besser kontrollierbar und somit transparenter und professioneller.

Wie wird angeschlossen/verkabelt?
Zunächst im Prinzip ganz genau so wie ein konventionelles Monitor-System.
d.h. aus dem AUX-Weg des Mischpultes rein in das InEar-Grundsystem: den Sender. Der Sender steuert einen oder mehrere Bodypacks (Taschen-Empfänger) an, welchen die Musiker am Gürtel befestigen. Dort steckt der Ohrstöpsel drin. Die Lautstärke des Stöpsels ist an jedem Bodypack individuell regelbar.

Dual-Mono- bzw. MixMode-Betrieb
Haben wir eine Band bestehend aus 5 Musikern so wäre theoretisch ein Funk InEar-System bestehend aus dem Grundsystem und 4 weiteren Bodypacks möglich. Ihr solltet jedoch darauf achten, dass der InEar-Sender hinten 2 Eingänge besitzt, so dass 2 AUX-Wege angeschlossen werden können.
Der Dual-Mono-Betrieb erlaubt den individuellen Mix von 2 AUX-Wegen, wobei nicht jeder Hersteller dieselbe Bedienung zulässt:
beim "korrekten" Dual-Mono- oder MixMode-Betrieb ist darauf zu achten, dass der individuelle Mix zwischen AUX1 und AUX2 am Bodypack direkt zu regeln ist. Nur so ist gewährleistet, dass jeder Musiker individuell zwischen AUX1 und AUX2 seine Lautstärke einstellen kann.
Beispiel für ein günstiges Dual-Mono-System wäre das

hier ein Beispiel für ein Profisystem - das Shure PSM 300

Dazu gibt es natürlich auch weitere Bodypacks
Dual-Mono-Bodypacks von Herstellern wie AKG, Sennheiser, Shure etc. liegen in der Preisklasse von ca. 300-400 Euro.

Mit so einem System lässt sich z.B. folgender Wunsch realisieren: die Musiker hören den Frontmix, der Sänger hört den Frontmix und kann seine Stimme an seinem Bodypack etwas lauter drehen.
Sollte jetzt z.B. der Gitarrist den Wunsch äussern sich lauter hören zu wollen, so ist ein weiterer Sender/ein weiteres Grundsystem und ein weiterer AUX-Weg am Mischpult erforderlich.
Desweiteren sollten diese AUX-Wege Pre-Fader sein (nicht: Post-Fader, ansonsten verändert sich der Lautstärke-Mix im InEar-System bei jedem Hoch- oder Runterschieben des Kanal-Faders).

Stereo-Betrieb
Bislang war es nur großen Bands mit entsprechenden Equipment vorbehalten, die InEar-Systeme Stereo zu betreiben. Dies liegt darin begründet, dass pro InEar Stereo-System zwei AUX-Ausgänge am Mischpult notwendig sind. Kleinere und vor allem analoge Mischpulte verfügen meist nicht über die notwendige Anzahl an AUX-Wegen, um mehreren Musikern unterschiedliche Stereo-Systeme anzubieten.
In Zeiten der Digitalmischpulte ist das jetzt anders :)
Digitalmischpulte verfügen meist über die notwendige Anzahl an AUX-Wegen um das zu ermöglichen.
Warum Stereo InEar?
- niemand würde freiwillig seinen Kopfhörer auf Mono umschalten
- Stereo klingt nicht nur besser, sondern man hört auch differenzierter und kann sogar leiser besser hören

Das wichtigste: der Ohrstöpsel
Günstige Systeme liefern leider nur billige Ohrstöpsel mit. Und das ist auch der erste Eindruck den man von so einem System bekommt: ES KLINGT NICHT !
Dabei ist (fast) "nur" der Ohrstöpsel schuld.
Einerseits ist dies aus Sicht der Hersteller verständlich, um das ganze System günstig zu halten. Andererseits gibt es einem unbedarften Musiker den Eindruck, dass das ganze System nichts taugt. Diese Stöpsel haben meist nur den Anspruch, ein besserer Ohrhörer für MP3-Player zu sein und sind für uns Musiker meist ungeeignet.
Daher ist dem Ohrstöpsel besondere Aufmerksamkeit zu schenken:
- er muss gut am Ohr sitzen
- er muss gut klingen


Der gute Sitz am Ohr wird meist unterschätzt. Insbesondere sehr agile Musiker werden mit einem Standard-Ohrstöpsel, auch wenn er ein paar Euro mehr kostet, nicht zufrieden sein. Bessere Stöpsel haben am Kabel-Ende (kurz vor dem Stöpsel) eine Versteifung im Kabel, so dass sich das Kabel fest um die Ohrmuschel herumlegt. Das Kabel wird also hinter die Ohrmuschel gelegt und bildet im oberen Ohrmuschel-Bereich eine Art Bügel. Die Stöpsel selber werden dann sozusagen von vorne in das Ohr geführt und somit ist gewährleistet dass auch bei heftigen Kopfbewegungen der Stöpsel nicht herausrutschen kann.
Desweiteren kommt es öfter vor, dass das Kabel aus Unachtsamkeit abreisst. Und daher ist es vorteilhaft darauf zu achten, dass das Kabel austauschbar ist.
Der Begriff des "guten Klangs" ist auch hier weit gefächert und wird - wie so oft - vom Preis bestimmt.
Die günstigste Möglichkeit, einen akzeptablen Klang und einen guten Sitz zu erhalten sind z.B. die Ohrstöpsel von Shure
Mit so einem Ohrstöpsel lassen sich auch günstige Systeme deutlich aufwerten.

Für Drummer, Basser und sensible Sänger empfehlen sich 2-Wege-Systeme, die eine deutlich gesteigerte Auflösung und Transparenz garantieren wie z.B. mit dem Ultimate Ears

Es gibt noch deutlich teurere und noch bessere Systeme. Aber wir reden hier von InEar-Systemen für Einsteiger und belassen es damit als Beispiel.
Hersteller wie z.B. Sennheiser, Shure oder AKG liefern mit ihren Systemen bereits ganz brauchbare Ohrstöpsel mit. Meist jedoch auch leider mit ungenügendem Tragekomfort.

Der perfekte Sitz
Einen perfekten Sitz im Ohr und beste Abschirmung gegen Aussengeräusche bieten sog. Otoplastiken
Die besseren InEar-Stöpsel lassen sich in individuell angefertigte Otoplastiken integrieren. Welche Stöpsel dafür geeignet sind bitte beim Musik-Fachgeschäft erfragen. Der Hörgeräte-Akustiker macht dann einen Ohrabdruck und fertigt diese Otoplastik, welche bombenfest sitzt und darüberhinaus auch noch sehr angenehm zu tragen ist. Die Mehrkosten für so eine Otoplastik liegt bei ca. 150-200 Euro (ohne Ohrhörer).

Ich habe hier auch etwas dazu geschrieben:
https://www.musiker-board.de/inear-...lanpassung-so-funktionierts-ein-beispiel.html

Hilfe - ich bin isoliert!
Es ist auf jeden Fall eine Umstellung, wenn man plötzlich keine Monitorboxen mehr vor sich stehen hat und man den Sound nur noch direkt in das Ohr bekommt.
Der deutliche, persönliche Vorteil ist die individuelle Regelbarkeit der Lautstärke dieses Monitormixes. Insbesondere sensible Sänger/innen und bereits hörgeschädigte (auch ältere) Musiker werden ein InEar-System zu schätzen wissen. Und das funktioniert auch schon bei den günstigen Systemen in Verbindung mit einem einigermaßen gescheiten Ohrstöpsel. Es ist wesentlich angenehmer als eine Monitorbox.
Das Gefühl der "Isolation" des Musikers lässt sich etwas mindern, indem man sog. "Atmo-Mikrofone" installiert. Es werden ein oder zwei Mikrofone aufs Publikum gerichtet und diese Signale werden dem InEar-System beigemixt. Das gibt dem Musiker ein besseres räumliches Gefühl und das Gefühl, wieder beim Publikum zu sein.

Das "Rauschen"
Ich ergänze noch um das Thema "Rauschen" weil dies bei einigen Postings zur Sprache gekommen ist.
Die InEar-Funksysteme rauschen. Das ist so. Günstige Systeme mehr als teurere, ich hoffe auch das ist jedem klar.
Inwieweit dies für einen Live-Betrieb relevant ist, muss jeder für sich nach einem Test entscheiden.
Bitte nicht unter HiFi-Bedingungen testen, das entspricht nicht der Praxis und wäre unfair. Aber es muss/sollte jedem klar sein, dass solche Systeme nicht für HiFi-Bedingungen geschaffen sind und insofern die Rauschfreiheit nicht oberste Priorität hat.
Desweiteren bitte bedenken, dass man mit so einem InEar-System und dem Ohrstöpsel wirklich "ganz nah" am Equipment dran ist und die rauschigen Störquellen sehr viel deutlicher zu hören sind als über die bisher gewohnten PA-Boxen.
Bevor man anfängt auf das Rauschen eines vermeintlich günstigen Systems zu schimpfen, bitte vorher sicherstellen, dass alle Rauschquellen welche nicht vom InEar-System kommen können weitestgehend eliminiert sind (z.B. aufgerissener Mischpult-Gain, übertriebene Treble-Einstellung, billige Keyboard-Tischupe, billiges Effektgerät, eingeschalteter Chorus, Verzerrer etc.pp.)


Auf der Shure-Seite gibt es zum Thema auch einiges zum Lesen:
https://www.shure.com/de-DE/performance-production/louder/in-ear-monitoring-grundlagen
 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 17 Benutzer
Tipp wie man ev. mit wenigen Auxwegen und nem Dual-Mono-System klarkommen kann:

auf einem Aux den Front-Mix, den bekommen alle
dann bekommt jeder nen splitt von sich selbst auf den anderen kanal (funktioniert natürlich nur bei Musikern die nur einen kanal brauchen, also z.B. Sänger oder Gitarristen, Drummer oder Keyboarder mit mehreren Keyboards brauchen dann nen zweiten AUxweg).


wenn übrigens nur einer/Wenige nen Inear benutzen, und normale Wedges trotzdem noch im einsatz sind kann es auch ne Lösung sein nur sich selbst auf dem inear zu haben (direkt aus nem Splitt), und den rest so zu hören.

habe ich bei ner Band so im Einsatz, da haben 2 Bläser ihre Signale Gesplittet und nur sich selbst (und den anderen Bläser) auf nem Dual-Mono-System (dass jeder individuell das signal zwischen sich und dem anderen einstellen kann), den Rest hören sie über die sowieso vorhandenen Wedges
 
was zum Beispiel für Keyboarder ne Lösung sein kann: Submixer mit Kopfhörer Out, aus dem Link out der DIs der Keyboards in den submixer, dazu noch die FOH-Summe
 
TremontiAddicted
  • Gelöscht von Harry
  • Grund: Die Frage wurde in einen neuen Thread überführt
Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben