Das Notenbuch, dass Dir der Verkäufer angeboten hat, ist rein für Keyboardspieler.
Damit kann Du mit der Begleitautomatik von Deinem Keyboard einfach durch drücken eines C den C-Dur Akkord spielen. Wenn Du C mit H drückst, hast Du den C- Moll und C mit B ergibt C7.
Was du da beschreibst, ist die Einfingerautomatik. Damit geht vielleicht der Einstieg ins Keyboardspiel schneller. Aber wer sich zu sehr daran gewöhnt, Durakkorde mit nur einer Taste und Moll- und Septimakkorde mit zwei Tasten zu spielen, wird es später schwer haben, wenn kompliziertere Akkorde kommen, die keine Einfingerautomatik erzeugen kann, und die in Folge dessen vollgriffig gespielt werden müssen. Beispielsweise verminderte Akkorde, Maj7-Akkorde und dergleichen. Ist man einmal auf Einfingerspiel eingeschossen, wird einem der Umstieg auf wirklich gegriffene Akkorde ähnlich schwerfallen wie einem Keyboarder, der bislang zwar seine Akkorde gegriffen hat, trotzdem aber immer die Begleitautomatik benutzt hat, der Umstieg aufs komplett händische, spielhilfenlose Spiel mit beiden Händen am Klavier oder gar mit Händen und ein oder zwei Füßen an der Orgel.
Mal ganz davon abgesehen, daß das Spielen von Akkorden mit einem Finger beim Akkordeon zwar Standard ist (für den Rhythmus muß man immer noch selbst sorgen), beim Keyboard aber gelinde gesagt belächelt wird. Ähnlich wie wenn man eine elektronische Orgel wie ein Keyboard mit Begleitautomatik und ohne Baßpedal spielt.
In einem Punkt muß ich dir aber zustimmen: Bei Keyboardnoten ist es tatsächlich üblich, nur eine Notenzeile im Violinschlüssel mit der Melodie (für die rechte Hand) und darüber die Akkorde in Buchstaben (für die linke Hand) zu schreiben. Erfahrene Keyboarder können Akkorde selbst bilden und auch je nach Bedarf/Vorlieben/vorhandenem Platz auf der Tastatur umkehren. Und ein zweites Notensystem mit den Akkorden als Noten ausgeschrieben ist nicht nur verwirrend, sondern unnötig, denn der Akkord wird angeschlagen und gehalten, den Rest macht die Begleitautomatik. Selbst die Umkehrung muß nicht notiert werden, zumal wohl selbst heute noch viele Arrangerkeyboards da nicht unterscheiden.
Bei anderen Tasteninstrumenten sieht es dann anders aus. Beim Klavier gibt es je eine Notenzeile im Violin- und Baßschlüssel, die bei vielen Stücken auch ineinander übergehen, so daß eine strikte Trennung "obere Zeile = rechte Hand, untere Zeile = linke Hand" nicht immer gegeben ist. Bei der Orgel hat man nicht selten gar drei Zeilen: rechte Hand/oberes Manual (Violinschlüssel), linke Hand/unteres Manual (Violinschlüssel), Baßpedal (Baßschlüssel). Hier wird strikt getrennt, da es nicht nur jeweils separate Klaviaturen gibt und die Hände sich bei den meisten E-Orgel-Arrangements nicht in die Quere kommen, sondern üblicherweise auch noch jeweils eine andere Klangeinstellung verwendet wird sogar bei puristischen Orgeln, die nur Sinus in verschiedenen Fußlagen können.
Also, ich kann keine Baßnoten lesen und möchte diese gerne lernen. Wenn ich Keyboard spielen lernen würde, dann muß ich doch mit der linken Hand die Akkorde spielen und rechte Hand Melodie, gel? Lernt Ihr automatisch auch die Noten, so daß ihr die Akkorde anhand der Noten erkennen könnt? Bei uns Akkordeonspieler ist es nämlich so, daß wir eher darauf konditioniert sind nur nach "Buchstaben" zu spielen, was die Akkord-/Baßbegleitung angeht.
Ich möchte aber richtig die Noten lesen können. Wäre Keyboard dazu geeignet?
Nicht wirklich. Denn wie gesagt, bei Keyboardnoten sind die Akkorde auch nur mit Buchstaben angegeben. Das ist sinnvoller als drei über mehrere Takte per Haltebögen verbundene ganze Noten in einem separaten Notensystem und schneller zu lesen und flexibler ist es auch.
Martman