@antipasti - diesen Tip kann ich so leider nicht unterstüzten. Ich weiß genau was du meinst, aber ich war mal exakt an dem selben punkt. Der Punkt an dem man sich schon selbst einiges erarbeitet hat, aber es krankt noch an so ein paar Dingen. Und ich dachte mir "ach, ich hab schon so viel allein geschafft, ich mach da einfach weiter und versuch mich zu steigern." Die Konsequenz daraus war allerdings alles andere als positiv. Ich habe angefangen, an den völlig fralschen Stellen Druck nachzugeben, habe angefangen zu Näseln und mich permanent zu überschreien. Einfach weil ich keine Ahnung hatte, wie eine Steigerung möglich sein könnte.
Das mit den 40km ist natürlich ein Argument. Vielleicht solltest du dich einfach mal umschauen ob es Workshops oder sowas gibt, wo du dann ein Wochenende mit einem vocal Coach oder sowas arbeiten kannst. Dir würden vermutlich schon wenige STunden helfen um ein Fundament zu legen, von dem du später unheimlich stark profitieren kannst.
Ich will trotzdem versuchen, genau auf deine Fragen einzugehen.
Es ist nicht ganz einfach das allein zu machen weil du als Anfänger oft erstmal lernen musst dir selbst zuzuhören.
Plus - es gibt einfach SEHR viele Stellschrauben an denen man drehen kann - Mundhöhle, Gaumen, Gaumensegel, Kiefer bzw. Biss, Mimik ... einfach viel zu viel um mal eben von alleine drauf zu kommen wie es am besten klingt - vor allem wenn man niemanden hat der zuhört und dich im richtigen Moment anhält um dir zu sagen was gerade besser oder schlechter war.
Die Resonanzräume zu finden ist vielleicht noch etwas einfacher. Dazu solltest du mal ganz genau drauf achten, was Sänger mit ihrem Gesicht machen, wenn sie unterschiedliche Vokale singen. Beim A beispielsweise den Mund besonders weit auf, beim E eher in die Breite. etc. Einfach mal genau zugucken, es gibt viele Sänger die das sehr deutlich machen.
Bei Guy Sebastian kann man es hier ganz gut erkennen - vor allem wenn er in der zweiten Strophe etwas improvisiert:
Damit kannst du rumprobieren und genau drauf achten, wie der Ton klingt. Wenn du den richtigen Raum triffst, solltest du es merken wenn du gut zuhörst, der Ton sollte automatisch lauter und voller werden ohne dass du mehr Druck aufbauen musst. Ohne zu tief einsteigen zu wollen - Resonanz hast du, wenn du ein schwingfähiges System mit seiner Eigenschwingung anregst. Als Sänger musst du also eigentlich einen Raum mit den passenden Resonanzeigenschaften bilden. Und dieser Raum ist für jeden Ton und jeden Vokal anders. Dennoch - mit der Mundhöhle, den Augenbrauen und dem Kiefer herumzuprobieren kann dir helfen, die richtigen Räume zu finden.
Um sicherer und kraftvoller in der Höhe zu werden bedarf es einiger Sachen - der richtigen Mimik, der richtigen Atemtechnik und der richtigen Tonvorstellung.
Wichtig ist auf jeden Fall, sich den Ton nicht zu hoch vorzustellen. In deiner Vorstellung segelt der Ton zu dem du willst irgendwo über deinem Kopf herum, ein schier unerreichbares Hindernis. Diese Vorstellung ist es, die dir Angst macht, dich behindert und wohlmöglich dafür sorgt, dass du dich erst mit Luft vollpumpst und dich dann mit viel Kraft nach oben drückst.
Ein ziemlicher Standard-Tip ist, hohe Töne nicht in die Höhe zu singen, sondern in die Weite. Als ich das zum ersten Mal las dachte ich mir auch "was für ein scheiß, das ist doch eine blöde Floskel" - nach längerer Übung und Unterhaltung mit meiner Lehrerin habe ich allerdings irgendwann gelernt, das für mich anzuwenden und mir bei hohen Tönen eine große Weite vorzustellen, eine riesige Wiese und irgendwo ganz hinten will jemand mich hören. Das hat zum einen den Vorteil dass man nicht diese komische Hals-reck-Sache macht bei der man den Kopf in den Nacken legt, die ganze Muskulatur verkrampft um sich dann nach oben zu brüllen (das machen extrem viele Anfänger und du vielleicht auch, wenn du mal drauf achtest) und zum anderen dass die Töne in der Vorstellung lang nicht mehr so hoch sind wie vorher. Diese Vorstellung begleitet mich sehr oft, ich singe auch heute noch live die Töne am Ende des Raumes gegen die Wand. Ist natürlich einfacher, sich das vorzustellen wenn der Raum eine gewisse Größe hat...
Ansonsten kann ich dazu wirklich nur sagen - hab keine Angst vor den Tönen. Diejenigen die ich gehört habe, bei denen du schon ins schwitzen kommst, die sollten dich prinzipiell überhaupt nicht jucken, die sind für dich überhaupt nicht hoch. Wenn du ein wenig Locker lässt und richtig atmest dann kommst du da völlig ohne Probleme hin, darauf geb ich dir Brief und Siegel.
Ich kann dir leider keinerlei Literatur empfehlen die das für dich in den Griff kriegt.
Ich habe mir vor einigen Jahren mal ein Powervoice Buch von diesem Andre Balhorn gekauft - der übrigens eine eigene Übungs CD miserabel eingesungen hat.
Die Beschreibungen und die Übung halfen aber überhaupt nicht, ich konnte so viel lesen wie ich wollte. Viele Jahre später mit einer Gesangslehrerin haben die selben Übungen einen riesen Unterschied gemacht (meine Gesangslehrerin hat sich einige Übungen aus dem Powervoice Fundus geklaut und mit anderen verbunden). Einfach nur deshalb weil ich eine Kontrolle hatte, die mich im richtigen Moment angehalten hat. Als Anfänger weiß man leider einfach nicht, ob man Übungen richtig macht oder das ERgebnis gut ist, kein Buch der Welt hört einem zu, ebenso wenig wie ein Youtube Video. Damit hat antipasti natürlich recht.
Da bei dir wenige Stunden schon einen großen Unterschied machen würden, würde ich an deiner Stelle wirklich einfach mal nachsehen ob es Seminare, Workshops oder sonstwas irgendwo gibt. Die Strecke würde sich dafür ja vielleicht wieder lohnen.