Höchsten Ton wann im Song?

A
Alpha
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Ich habe folgende Frage: Wann soll man in einem Song den höchsten Ton "einführen"?

Es gab ja diese Forschung, dass Ohrwürmer im Refrain gegen Ende tendenziell nach "unten" gehen, also muss es doch für den höchsten Ton auch so eine "Merkregel" geben?
Es geht um eine Gesangsmelodie im Refrain, Achttaktig á 4/4, der Refrain wird mehrfach wiederholt, die Grundharmonien sind F#m, D, A, E.
Der höchste Ton der Gesangsmelodie ist das hohe H (das auf der hohen e Saite), und in den letzten zwei Takten wird die "Endhookline" gesungen, bevor der Chorus wiederholt wird.
Meine Frage ist: Steigert sich die "Wirkung" dieser hohen Note, also dass sie auffällt, der Part im Kopf bleibt, als Klimax fungiert etc dadurch, dass sie am Ende des Refrains zum ersten mal vorkommt, oder ist das nicht allgemein zu sagen?
 
Eigenschaft
 
Hallo Alpha,


Eine Komposition, sei sie 8-, 16- oder 32-taktig, wird für gewöhnlich ihren Höhepunkt im letzten Drittel, bzw. Viertel des Stückes haben. Das ist eigentlich logisch, da man den eigentlichen Höhepunkt immer als kompositorisches Ziel betrachtet. Somit wird eine Komposition zielstrebig klingen. Es wird auf den Höhepunkt hin gearbeitet und die Komposition dem entsprechend angelegt, dass dieser geschickt vorbereitet wird.
Das Prinzip wird beim Beobachten von Naturereignissen immer und immer wieder belegt.
Würde der eigentlichen Höhepunkt am Anfang oder in der Mitte des Stückes liegen, wären die Takte danach ziellos und ohne jede Spannung.

Außer dem eigentlichen Höhepunkt können im Anfang- und Mittelteil eines Stückes weitere, aber auf jeden Fall kleinere, Höhepunkte (secondary climax) auftreten. Es ist oft wie ein sich steigerndes wellenförmiges Auf und Ab das schlussendlich im absoluten Höhepunkt (primary climax) kulminiert.

Dieser übergeordnete Plan unterliegt natürlich zudem melodischen und harmonischen Gesetzmäßigkeiten die, geschickt eingesetzt, die Zielstrebigkeit und den Fluss des Stückes erheblich verbessern und verstärken können.
Als kleine Anregung möchte ich Dich auf meinen Beitrag #5 im Thread https://www.musiker-board.de/vb/showthread.php?t=77160&highlight=guide+tone aufmerksam machen. Dort habe ich mit Hilfe einer Guidetoneline versucht Struktur in das Stück zu bekommen. Der Höhepunkt der Guidetoneline liegt natürlich, wie der eigentliche Höhepunkt des Stückes, im letzten Teil.

Auch kann man einen secondary oder primary climax durch ein entsprechendes Voicing hervorheben. Dazu macht man sich zweierlei Dinge zunutze. Zum einen, je größer der Umfang des Voicings, desto stärker kommt der climax zur Geltung. Zum anderen benutzt man Dissonanzen um den climax Effekt zu verstärken. Dabei gelten als dissonante Intervalle ausschließlich Tension b9, bzw. b2 und die maj7.

Beispiel dazu:
Nehmen wir an der primary climax wäre der Ton C und die zugehörige Harmonie Dbmaj7/#11. Wir versuchen nun so viel wie möglich Dissonanzen in’s Voicing einzubauen.
Der Akkordaufbau wäre:

C4
G3
Db3
C2
Ab2
F2
Db2

Die im Voicing enthaltenen Dissonanzen sind:
Maj7 zwischen Db3 und C3
b2 zwischen C2 und Db3
Maj7 zwischen Ab2 und G3
Maj7 zwischen Db2 und C3

Wir hätten also 4 Dissonanzen. Das ist ungewöhnlich viel. Normal würden 2 oder auch mal 3 Dissonanzen im Voicing vom primary climax genügen.

Das nur mal als Anregung. Die Sache ist natürlich noch wesentlich komplexer, wird aber bei den meisten Komponisten schlussendlich wohl eher intuitiv geregelt. Nichts desto trotz schadet es nichts wenn man um die Hintergründe ein bisschen Bescheid weiß.


CIAO
CUDO
 
hi, ich bins wieder,

hier noch ein paar konstruktive einwürfe, über die man, wenn wir schon mal dabei sind vielleicht auch diskutieren könnte:

ich habe mal gehört, dem tiefsten ton in einer komposition kommt ebenfalls eine besondere bedeutung zu.

letztes drittel oder letztes viertel? für die, die gern rechnen: der goldene schnitt wäre 0,618 (quasi etwas weniger als zwei drittel)

cudo, wie ich sehe, schaust du akkorde nach dissonanzen durch. das ist eine vorgehensweise, zur bestimmung der klangqualität eines akkordes. ich habe auch mal eine kennengelernt, die ich hier mal vorstellen würde. ich bin gespannt, was du von ihr hälst...

man nehme einen klang, in unserem falle ein knuddeliges Des maj7 #11.

aus ideologischen gründen, da müssen wir als eingefleischte jazzer heute mal durch auch wenn es schmerzt, vergessen wir mal alles, was wir über den akkordaufbau aus einer terzschichtung wissen.

es stellt sich also zunächst einmal die frage, nach dem hauptton dieses klanges. jetzt werden die einen oder anderen empört aufschreien und sagen: hey! aber wir kennen den grundton dieses klanges doch schon, es ist ein knuddeliges des. jedoch, wie schon erwähnt sind wir da überhauptnicht dafür, da wir das modell der terzschichtung verpönen. die frage nach dem wichtigsten ton dieses klanges muss daher neu aufgeworfen werden.

um nun den hauptton unseres bestimmen zu können, suchen wir in diesem klang nach dem reinsten intervall, das soweit vorhanden immer die reine quinte ist (prime und oktave zählen nicht, basta) wie wir sehen, ist diese unsere reine quinte sogar dreimal vorhanden. nämlich zwischen des-as, f-c und c-g. zur haupttonbestimmung ziehen wir stets den grundton der tiefsten unserer quintintervalle heran.

hier kommt dann der rohrkrepierer meinerseits: der grundton bleibt natürlich des.

interessant wird es bei den umkehrungen. natürlich bleibt der ausgangston der terzschichtung immer des aber nach unserer neuen methode ergibt sich für diesen klang habe er f statt des im bass folgendes:

des-as ist nun nicht mehr das tiefste quintintervall. nun ist f-c. somit wird f klangstärkster ton. wir könnten dazu übergehen dieses Des maj7 #11 nach f moll b6 add9 umzubenennen.

zweite umkehrung: as ist im bass. über as findet leider keine quinte statt. dies ist also der erste klang, der seinen hauptton nicht im bass hat. je nachdem, welcher ton nun tiefer im akkord steht, des, f oder c, entscheidet, wie dieser klang zugeordnet wird.

dritte umkehrung: c ist im bass, wird auch sofort hauptton. wir entscheiden uns für den namen C sus4 b6 b9.

vierte umkehrung: g ist im bass. wir haben zwar eine quinte aber die ist vermindert - g-des. auch dieser klang hat seinen stärksten ton definitiv nicht im bass.

wir wollten eigentlich auf die bestimmung der klangqualität hinaus, das habe ich nicht vergessen. ob der hauptton im bass liegt ist jedoch ein kriterium für klangqualität, deshalb habe ich so ausgeholt.

weitere kriterien sind:
- gibt es ü4/v5-intervalle? antwort: ja des-g.
- ist das ü4/v5-intervall stärker als das, welches den hauptton festigt? antwort: eher nicht.
- gibt es sekunden oder septimen? antwort: wehe wenn nicht.
- ist der hauptton im bass? antwort: hoffentlich nicht immer, das wäre nämlich langweilig.

fazit: dieser klang ist hübsch gepfeffert, und jedenfalls schärfer als ein moll-septakkord, egal in welcher umkehrung. er spielt dank des ü4/v5-intervalls in der liga, in der auch ein dominantseptakkord spielen würde, ist aber nicht so unbestimmt und sphärisch wie ein verminderter oder übermäßiger akkord. wir können ihm zusätzlich instabilität geben, indem wir g oder as in den bass legen.

hilft uns diese erkenntnis? ich bin gespannt auf kommentare.

ach ja, höchster ton spannendste stelle - darauf geh ich vielleicht auch noch ein, wenn ich schon so sehr abschweife: ja höchster ton ist wichtig aber es gibt ganz viele höhepunkte in einem stück, nach denen man suchen kann. schelmisch erwähnt hatte ich den tiefsten. wie cudo anmerkte ist auch ein besonders scharfer soetwas wie ein höhepunkt, den man mit dem höchsten ton zusammenfallen lassen kann, um diesen klimax zuverstärken. weitere höhepunkte kann man suchen in der dichte der harmonischen ereignisse. wenn einer zum bleistift die ganze zeit akkorde spielt die alle sehr eng verwandt sind und auf einmal wild durch die gegend moduliert oder du hast einen ostinaten ton in melodie oder bass, der plötzlich anfängt auch mal was zu machen. bedeutung kann man tönen oder klängen auch geben, indem man ihre notenwerte etwas verbreitert (rubato) oder diese plötzlich lauter respektive leiser spielt, als gewohnt. die liste lässt sich sicher ewig fortsetzen.

so ich geh jetzt was essen.
tschüss.
 
Hallo Jörgen,
schön dass Du wieder da bist und hoffentlich hattest Du was leckeres zum Abendbrot.

Dein Statement:
„letztes drittel oder letztes viertel? für die, die gern rechnen: der goldene schnitt wäre 0,618 (quasi etwas weniger als zwei drittel)“
Schöne Idee. Große Bedeutung messe ich dem aber nicht bei. Wichtig ist die Tatsache dass der P.C. (primary climax) gegen Ende des Stückes statt findet.

Was Du im Folgenden schreibst ist sehr interessant, sprengt allerdings deutlich den Rahmen des von Alpha eröffneten Threads. Trotzdem möchte ich ein bisschen kommentieren…

Ob Terz- oder Quintschichtung, in beiden Fällen handelt es sich um die Anordnung der Töne einer Lydischen Tonleiter. Im Falle der tiefste liegenden Quinte, Db Ab, besteht ja in beiden Anordnungssystemen Übereinstimmung. Der Grundton bleibt Db und der Rest der Töne kann, je nach Voicing, in beiden Fällen die gleichen Dissonanzen erzeugen.
Kommen wir nun zu Deiner so genannten 1. Umkehrung, basierend auf der zweit tiefsten Quinte, nämlich F C. F wäre nun sowohl klangstärkster als auch tiefster Ton des Voicings, wenn ich Dich richtig verstehe. Jetzt kommt meine Frage an Dich. Wieso nennst Du diesen neuen, auf F bezogenen Akkord, F6add9? Ein F6add9 hat für mich die Töne: F, A, C, D und G. Man müsste ihn vielmehr F-/b6/9 nennen. Aus dieser Bezeichnung jedoch lässt sich allerdings sehr einfach herauslesen dass ein gleichzeitiges Spielen der reinen Quinte (C) und der b6 (Db) nicht zulässig ist.
Alle weiteren Umkehrungsbezeichnungen die Du im Folgenden aufführst, beinhalten dieselbe Problematik.
Bitte berichtige mich wenn ich da prinzipiell etwas falsch verstanden haben sollte!

Weiterhin bemerkst Du treffend: „wir wollten eigentlich auf die Bestimmung der Klangqualität hinaus“. Ob der Basston nun den Grundton darstellt oder eben nicht, hatte ich in meinen allgemeinen Ausführungen aus verständlichen Gründen nicht in Betracht gezogen. Das sind Details die den Rahmen gesprengt hätten.
Natürlich ist dies durchaus auch ein Mittel, um bessere Klangqualität oder auch Dissonanzen, zu erreichen. Dazu bedarf es meines Erachtens allerdings nicht unbedingt einer Akkordstruktur, basierend auf Quintaufbau.

Deine weiteren Kriterien…

- gibt es ü4/v5-intervalle? antwort: ja des-g.
- ist das ü4/v5-intervall stärker als das, welches den hauptton festigt? antwort: eher nicht.
- gibt es sekunden oder septimen? antwort: wehe wenn nicht.
- ist der hauptton im bass? antwort: hoffentlich nicht immer, das wäre nämlich langweilig.

Kann ich alle nachvollziehen.


Deinem Fazit…
...dieser klang ist hübsch gepfeffert, und jedenfalls schärfer als ein moll-septakkord, egal in welcher umkehrung. er spielt dank des ü4/v5-intervalls in der liga, in der auch ein dominantseptakkord spielen würde, ist aber nicht so unbestimmt und sphärisch wie ein verminderter oder übermäßiger akkord. wir können ihm zusätzlich instabilität geben, indem wir g oder a in den bass legen…

…ist eigentlich auch nichts beizufügen, außer … a in den bass legen…
Das war dann aber wohl eher ein Schreibfehler und sollte Ab heißen.


CIAO
CUDO

P.S.:
Dein Statement...

...ich habe mal gehört, dem tiefsten ton in einer komposition kommt ebenfalls eine besondere bedeutung zu...

...ist allemal eine Überlegung wert. Danke für die Anregung.
 
Ich muss jetzt mal nen kleinen Einwurf machen. Vielleicht unterstelle ich auch was, aber ich glaube nicht, dass der Threadersteller nachvollziehen kann, was ihr so schreibt. Nur ne Unterstellung. Vielleicht kann man bei zukünftigen Posts eher allgemeinverständlich antworten. Gerade wo der Threadersteller von Ohrwürmern und Dreiklängen sprach. Kein Jazz, keine 'mehr als Vierklänge'. Keine Hochschule !
Aber ist nur mein Empfinden. Vielleicht versteht Alpha das auch.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es oft besser ist, Wissen zu verbergen, da man sonst eher das Gegenteil bewirkt. Verwirrung etc. .
 
hallo,

bei mir gab es gerade lachsfilet mit blattspinat und weißweinsoße. sollte mich das redseliger machen? - egal.

zu cudo:
tschuldige das mit den vorzeichen, ich bringe es gleich in ordnung.

gegenfrage: warum ist das gleichzeitige spielen von des und c über einem akkord mit hauptton f unzulässig?

quintaufbau? ich wollte eigentlich jeden aufbau fallen lassen. entschuldige meine ungenaue ausdrucksweise. der einzige aufbau der zählt ist: ich habe zwölf töne, also sollte ich sie auch benutzen.

zu stringodd:
es ist mein großer wunsch, dass alle mitreden können, die interessiert, was ich erzähle. fragen werden gerne beantwortet und dass ich ein wenig aushole liegt daran, dass ich mal ein paar neue ideen mit euch antesten wollte. ich hätte auch einen neuen thread eröffnen können, du hast recht.

bis später.
ps: bitte nehmt mir nicht übel, dass ich nicht bei der sache geblieben bin.
 
Alpha schrieb:
Ich habe folgende Frage: Wann soll man in einem Song den höchsten Ton "einführen"?

Es gab ja diese Forschung, dass Ohrwürmer im Refrain gegen Ende tendenziell nach "unten" gehen, also muss es doch für den höchsten Ton auch so eine "Merkregel" geben?

Der höchste Ton kommt häufig in der Strophe unmittelbar vor dem Refrain = höchste Spannung. Bis dahin schraubt sich die Strophe langsam in die Höhe. Der Refrain setzt dann wieder etwas tiefer an (Terz, Quart, Quinte), erlöst die Spannung damit, baut sich dann etwas auf (aber nicht so hoch wie die Strophe) um zum Schluss abzusacken, damit mit der Strophe von Neuem nach oben geklettert werden kann.

Es gibt auch viele Songs, wo es anders ist, aber mit der obigen "Regel" ist man generell erstmal auf einer sicheren Seite. Hör Dir einfach mal 2 Dutzend Ohrwürmer an und analysiere selbst. Dazu taugen gerade "billige" Schlager recht gut (Andrea Berg und solche Sachen :redface: ), deren Komponisten beherrschen solche Systematiken nämlich im Schlaf.
 
@Stringgod: Ich bemühe mich, aber die Antworten gehen dezent an meine Problem vorbei, ich hab von einem Refrain nämlich zwei Fassungen, bei der einen kommt der höchste Ton schon im dritten viertel vor, bei der anderen erst im letzten und wollte nun rausfinden was kompositorisch "logischer" ist.

@Hans 3: Super, genau sowas hatte ich mit "Merkregel" gemeint. Danke :)
 

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