Hilfe bei Notation aus dem Mittelalter

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Hallo :)

ich versuche gerade ein Stück ("Antidotum Tarantulæ") aus einem etwas älteren Buch (Athanasius Kircher, Magnes sive de arte magnetica, 1641, S. 874[1054]) nachzuspielen. Ein
Digitalisat findet sich hier:
http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/ECH...ources/WB7UX0NU/index.meta&start=1051&pn=1054

Leider kenne ich mich da kaum aus. Soweit ich das sehe, handelt es sich aber wohl um eine Variante der heutigen Schreibweise. Was mir allerdings einige Probleme bereitet, ist die mittlere Stimme. Dort findet sich kein Notenschlüssel, aber stattdessen zwei "Kästchen" vor der Taktangabe, die ein Gleichheitszeichen enthalten. Leider weiß ich nicht genau, was dies bedeutet; kann mir da evtl. jemand behilflich sein?

Ich hatte überlegt, dass es quasi einen Überlappungsbereich mit dem oberen Notensystem angeben könnte, dann wäre die erste Note der mittleren Stimme ein d - mir erschiene aber z.B. ein e plausibler. Letztendlich würde ich es aber gerne genau wissen.

Vielen Dank für jede Antwort :)
 
Eigenschaft
 
Nach reichlichem überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen. Erstes Sytem: G-Schlüssel (ich weiß sieht sehr ungewöhnlich aus). Zweites ist dann ein C-Schlüssel und das dritte natürlich ein F-Schlüssel. So kommt auch als erster Akkord ein C-Dur zustande und alle weiteren Noten ergeben somit auch ein zusammenhängedes Bild. Ich habe auch in meinen Notationskundeunterlagen nachgeschaut habe aber leider nicht wirklich etwas gefunden was meine These stützt, aber geh das Stück mal unter diesem Aspekt durch.

MfG
 
Nach reichlichem überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen. Erstes Sytem: G-Schlüssel (ich weiß sieht sehr ungewöhnlich aus). Zweites ist dann ein C-Schlüssel und das dritte natürlich ein F-Schlüssel.

Ja, zu dem Schluß bin ich auch gekommen. :)
Diese "block- oder kastenförmigen" Schlüssel sind C-Schlüssel, deren Gestalt durchaus unterschiedlich sein kann, sind eigentlich immer C-Schlüssel.

Leider kenne ich mich da kaum aus. Soweit ich das sehe, handelt es sich aber wohl um eine Variante der heutigen Schreibweise.

Suche mal nach dem Stichwort "Mensuralnotation", da wirst Du fündig.
Es ist interessant, zu beobachten, wie sich die Notenschrift im Laufe der Zeit entwickelt hat.


dann wäre die erste Note der mittleren Stimme ein d - mir erschiene aber z.B. ein e plausibler. Letztendlich würde ich es aber gerne genau wissen.

Die mittlere Stimme beginnt mit einem g. Der Schlüssel entspricht dem "heutigen" ;) Tenorschlüssel.

Der Anfang zuerst mal in einer Mensural-Notation (wie in der Vorlage)

kircher-mensural-1.PNG

Übertragung in heutige Notenschrift (aber mit Tenorschlüssel)

kircher-mensural-2.PNG

Übertragung in heutige Notenschrift (mit modernen Schlüsseln)

kircher-mensural-3.PNG

Viele Grüße
Torsten
 
Um genauer zu sein müsste man sich über weiße Mensuralnotation erkundigen ;-)
 
Vielen Dank euch beiden für die Hilfe. :)

Ich habe mal versucht, das Gesamtestück in zeitgenössische Noten zu übertragen.

Antidotum_Tarantulæ-1.png

Im zweiten Teil bin ich mir an einigen Stellen sehr unsicher, insbesondere, weil es rhythmisch etwas merwürdig klingt. An manchen Stellen war es auch schwierig zu sehen, ob die Note auf oder unter der Linie lieg. (Auf den Aufnahmen, die ich gefunden habe, klingt es anders - aber das können natürlich auch einfach Interpretationen sein).
 
Ich habe mal versucht, das Gesamtestück in zeitgenössische Noten zu übertragen.

Hallo darknezzz,

vorab: eine Kleinigkeit hast Du noch übersehen: die Oktavlage der mittleren Stimme ist bei Dir noch eine Oktave zu hoch.
Ich hatte in meinem Beispiel den Violinschlüssel mit der kleinen 8 darunter (so, wie er auch bei Gitarren-Notation eingesetzt wird). Das bedeutet, daß alles eine Oktave tiefer als im normalen Violinschlüssel klingen muß.

Lisa hat ja schon eine Lösung aufgezeigt. Dort ist Tenor- und Baßstimme gemeinsam notiert, dann schreibt man beide Stimmen im Baßschlüssel.


Im zweiten Teil bin ich mir an einigen Stellen sehr unsicher, insbesondere, weil es rhythmisch etwas merwürdig klingt.

Das kann ich gut nachvollziehen, es ist nicht immer alles klar zu erkennen.
Bei der punktierten Viertel am Anfang des zweiten Teils ist der Punkt nur noch schlecht zu erkennen, manchmal wird nicht so genau zwischen weißen und gefüllten Notenköpfen zu unterschieden und über Fähnchen kann man diskutieren.
Alles in allem hilft vor allem der musikalische Zusammenhang und der Rhythmus des ersten Teils. Du hast ja schon gemerkt, daß Deine erste Stimme rhythmisch merkwürdig klingt und sicher nicht so gedacht sein kann: sie hastet nach dem ersten Ton viel zu schnell los verliert sich in Achteln, deren Melodielinie überhaupt nicht mit den rhythmischen und harmonischen Schwerpunkten zusammenpassen, dafür wird am Ende noch gewartet:
Da paßt wirklich der alte Musikerwitz perfekt: "An der Fermate treffen wir uns wieder!" :D

Die vorletzte Note ist einerseits weiß und Du hast sie als Halbe aufgefaßt. Andererseits hat sie ein Fähnchen.
Erschwerend kommt hinzu, daß die drei Stimmen eher separat vor sich hin laufen und nicht wirklich rhythmisch exakt untereinander ausgerichtet sind.

"Meine" Lösung (s. unten) weicht übrigens auch leicht von Lisas gefundener Gartenlauben-Version ab, und zwar in bezug auf eine weitere überbundene Halbe in der mittleren Stimme.

Da sieht man die Vorteile des "modernen" Notensatzes mit Taktstrichen und exakter vertikaler Ausrichtung. ;)


An manchen Stellen war es auch schwierig zu sehen, ob die Note auf oder unter der Linie lieg.

Das stimmt. Da muß im Zweifelsfall aber wieder der musikalische Zusammenhang und -klang als Kriterium herhalten.


(Auf den Aufnahmen, die ich gefunden habe, klingt es anders - aber das können natürlich auch einfach Interpretationen sein).

Die Aufnahmen, die ich gefunden habe, enthalten praktisch nie die mittlere Stimme, zumindest keine, die mit der hier notierten Fassung zu tun hätte.
Im Grunde hat man die Melodie, die mehr oder weniger kunstfertig mit Akkorden begleitet oder von einer Nebenstimme umsponnen wird, teils mit viel Verzierungen und allerlei Improvisation.

Hier jedenfalls meine Lesart, ich muß zugeben, bei meinem ersten Beispiel im letzten Beitrag nur kurz auf den ersten Teil geschaut zu haben, der zweite ist wesentlich schwerer lesbar, da kann ich Dir beipflichten!
kircher-mensural-4.PNG
Viele Grüße
Torsten
 
Entschuldigt bitte, dass ich mich jetzt erst zurück melde.

Sowas hatte ich gesucht, aber leider selbst nicht gefunden, besten Dank :) Soweit ich das im begleitenden Text gesehen habe, bezieht sich diese Variante auf eine etwas neurere Ausgabe von 1654; ich konnte allerdings nicht überprüfen, ob sich zwischen den Ausgaben etwas an den Noten geändert hat, oder nicht.

vorab: eine Kleinigkeit hast Du noch übersehen: die Oktavlage der mittleren Stimme ist bei Dir noch eine Oktave zu hoch.
[....]
Vielen Dank auch an dich für die Mühe, die du dir mit den beiden Antworten gegeben hast und die hilfreichen Erklärungen :)
An einigen Stellen war ich zwischenzeitlich scheinbar sogar auf dem richtigen Weg (an anderen dagen so gar nicht...), hab's aber nicht geschafft diesen richtigen zu Ende zu gehen (z.B. weil ich "die Takte einfach nicht voll" bekomme habe). Da fehlt wohl einfach die Erfahrung :)

Auf Basis deines Notationsvorschlages habe ich eine Variante in E-Moll/G-Dur für die Gitarre gebastelt, die die einzelnen Stimmen möglichst im Original belassen und einigermaßen spielbar sein sollte. (s.u.)

Noch mal vielen Dank an alle Antwortenden :)

Mod-Anmerkung: Anhang auf Userwunsch gelöscht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hi, wenns um den Tonvorrat geht: manchmal stecken Tips in den Texten. Modus beschreibt logischerweise die Tonart. Manchmal ist vom Modus Phrygium die Rede... oder vom Secundus Modus - was wiederum m.W.n. dem phygisch entspricht.
So könnte man sich das mit den Schlüsseln vielleicht auch herleiten. Wenn keine Vorzeichen sind und vom Primus Modus die Rede ist , wird die Finalis wohl D sein. Jetzt muss man mal gucken ob das zu einem C Schlüssel passen würde.

Das gilt aber wirklich nur bis in den frühen Barock in dem eigentlich außer einem Kreuz oder einem B keine Vorzeichenverwendet wurden (?).
 
Hi, wenns um den Tonvorrat geht: manchmal stecken Tips in den Texten. Modus beschreibt logischerweise die Tonart. Manchmal ist vom Modus Phrygium die Rede... oder vom Secundus Modus - was wiederum m.W.n. dem phygisch entspricht.
So könnte man sich das mit den Schlüsseln vielleicht auch herleiten. Wenn keine Vorzeichen sind und vom Primus Modus die Rede ist , wird die Finalis wohl D sein. Jetzt muss man mal gucken ob das zu einem C Schlüssel passen würde.

Das gilt aber wirklich nur bis in den frühen Barock in dem eigentlich außer einem Kreuz oder einem B keine Vorzeichenverwendet wurden (?).
Danke für den Tipp :)
Den umgebenen Text hatte ich nicht berücksichtigt, weil meine Latein Kenntnisse leider etwas eingerostet sind. Ich wollte es daher erst einmal so versuchen, bevor ich mich daran versuche. Das sporadische Querlesen auf der Suche nach den Schlüsselwörtern, die du nanntest hat so auf Anhieb aber schon einmal ein paar interessante Passagen hervor gebracht.

(mir war übrigens im aufgefallen, dass sich in der Tabulatur in meinem vorherigen Beitrag im letzten Takt ein Fehler eingeschlichen hat; leider kann ich es nicht mehr ändern, oder den Anhang zumindest entfernen)

Mod-Anmerkung: Der o.g. Anhang wurde gelöscht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Lisa2
  • Gelöscht von klaus111

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