Hilfe bei Bläserklassen-Voicing

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Hi!

Ich habe zum ersten Mal eine Gruppe Schüler, für die ich ein paar Standards setzen will. Aber ich brauche da ein paar Anfänger Tipps. Wie setzte ich bspw. einen G/. Die Töne sind klar, aber wir teile ich die auf? Gibt es da allgemeine Regeln, so dass der Akkord gut klingt?

Ich habe folgende Besetzung: Tuba, Tenorhorn, Posaune, Trompete, Alt-Sax, Klarinette, Flöte.

G in die Tuba, soweit klar. Quinte kann ich weglassen, was doppel ich? Was ist, wenn ich den Akkord nur im Holz oder im Blech haben will?

Elmar
 
Eigenschaft
 
Wieviele Posaunen, Trompete, Sax, Klarinetten, Flöten hast Du?
Wo sind die "guten"? - oder eher umgekehrt, wo sind die unsicheren = die von anderem Instrument gedoppelt werden sollten?
Hast Du variable Besetzungen - d.h., kann es sein, dass die Flöten zu Hause bleiben/krank sind und trotzdem alles funktionieren soll?

"Reine Lehre": Es gibt drei Chöre - Holz, Sax, Blech. Jeder der drei Chöre setzt jeden Akkord voll aus (oder nicht).

Bei Dir ist der Sax-"Chor" offenbar nicht so richtig da - daher wohl Saxe in den Holzchor nehmen, und Tenorhorn kann man klanglich zum Holzchor nehmen: Dann hast Du z.B. (bei doppelt besetzem ASax, Klar, Pos, Trompete)

3stimmiges Holz = Tenorhorn + 2.Klarinette parallel 2.ASax + 1. Klarinette parallel 1.ASax parallel Flöte
oder vielleicht
4stimmiges Holz = Tenorhorn + 2.ASax + 2.Klarinette parallel 1.ASax + 1. Klarinette parallel Flöte

Blech = Tuba + 2. Posaune + 1.Posaune + 2. Trompete + 1.Trompete

Akkorde sollen nach unten immer weiter werden - ich sage einmal: Unterhalb von (klingend) kleinem c keine Quarten, unterhalb von kleinem g keine Terz. Ich scanne Dir heute Abend noch zwei Seiten aus dem Thomas Doss ein, an denen man sieht, wie man Akkorde legt.

... aber: Wenn man nicht "Choralsätze" (dazu gehören i.d.R. auch Jazz-Standards) instrumentiert, dann muss man sich mehr Kopf über die Logik machen, wer Bass, wer "Nachschlag", wer Melodie, wer Gegenmelodie spielt ...

Letzter Edit: Für die Aufteilung der Töne kannst Du der Einfachheit halber schematische Drop-X-Sätze schreiben = Melodie in enger Lage durchharmonisieren, dann mit Drop-2 zweite Stimme eine Oktav runter. Wird auf Dauer vielleicht etwas langweilig; und man man kann wegen der Tonumfangsgrenzen nicht ganz so weit rauf und runter kann wie wenn man die Stimmen freier führt. Macht andererseits einen "typischen Sound", der vielleicht genau der Richtige ist ...

Soviel in extremer Kürze als Vorschläge.

H.M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, es gibt Satztechniken ... aber man kann es nicht aus dem Zusammenhang reißen. Man braucht die Akkordfolge und die Melodie um aus dem Kontext zu sehen wie man den Satz schreibt.

Du sagst du willst Standards aussetzen. Da macht es Sinn sich mit dem vierstimmigen Satz auseinanderzusetzen wie er in diesem Stil verwendet wird, denn wenn du versuchst klassische Satzregeln anzuwenden, klingt's eben nicht nach Jazz.

Es gibt ein tolles Buch/Heft:

Bill Dobbins - Jazz Arranging and Composing - A linear Approach

Man lernt anhand von Beispielen wie man eine Melodie zwei- bis fünfstimmig aussetzt. Gleich am Anfang lernt man den typisch 4-stimmigen Satz.

Aber du hast natürlich noch mehr Möglichkeiten für's Arrangement.

Es ist sinnvoll die Instrumente in Satzgruppen zu unterteilen. Du kannst eine Gruppe Akkorde spielen lassen während eine andere eine Melodie unisono spielt. Oder beide Gruppen spielen jeweils unisono gegeneinander, oder alle Sätze spielen Akkorde ... dann muss man sich aber mit Tutti-Voicings auseinandersetzen damit sich nichts in die Quere kommt.

Wenn deine Spieler noch nicht so fit sind, würde ich es bei vier stimmigen Sätzen und unisono Passagen belassen und in Tutti-Passagen einfach doppeln, also mehrere Satzgruppen den selben Satz selbe spielen lassen. Vom Sound her ist man dann etwa bei Sammy Nestico/Count Basie.

Wenn du keine Rythmuskruppe hast, dann musst du extra jemanden für den Bass abstellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
(Teils) gekürzte, aber bis dorthin mitlesbare Noten-Play-Alongs von Hal Leonard-Sätzen gibt es bei Youtube für Grade 1, Grade 2, Grade3 usw.


H.M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke schon mal für die schnellen Antworten.
Die regeln für den klassischen Satz kenne ich, aber die helfen ja nur bedingt weiter.

Die "guten" sind aktuell im Holz. 3 Flöten, 3 Klar, 2 Sax, 2 Tp, 2 Tb, 1 Eu und 1 Tuba.

Ich habe die Idee, für einen Auftritt noch Schlagzeug und Sänger dazu zuholen und "Georgia" zu spielen. Die Bläserklasse soll dann überwiegend ganze Noten spielen und keine Melodie.
Die Drop-X-Geschichte kenn ich auch, aber ich will ja die Melodie in den Gesang nehmen. Wie gehe ich denn dann vor, wenn ich die Stimmen ohne Melodie verteilen will?
Ganz simpel G in Bass und Euphonium, H in Tb, D in Tp und Klar, F in Flöte und Sax und entsprechend dann mit den Stimmführungsregeln weiter?
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Es gibt ein tolles Buch/Heft:

Bill Dobbins - Jazz Arranging and Composing - A linear Approach

Guter Tipp! Danke

Wenn deine Spieler noch nicht so fit sind, würde ich es bei vier stimmigen Sätzen und unisono Passagen belassen und in Tutti-Passagen einfach doppeln, also mehrere Satzgruppen den selben Satz selbe spielen lassen. Vom Sound her ist man dann etwa bei Sammy Nestico/Count Basie.

Das klingt gut! Finde ich das auch im Dobbins?
 
Wenn du eine(n) Sänger(in) hast um die Melodie mit Text vor zu tragen, dann kannst du ja frei mit dem Ensemble umgehen.

Für einen breiten Bläserteppich dahinter kannst du dir einfach eine eigene Melodie schreiben. Passe nur auf dass sie sich nicht mit der Gesangsmelodie beißt, also keine kleinen Sekunden zum Gesang, denn das ist schwer zu intonieren. An den Stellen wo die Melodie weniger so bewegt ist, kann die Begleitung kommentieren. Du könntest dort die begleitende Melodie etwas rhythmisch bewegter gestalten, oder einen anderen Satz einen unisono Einwurf spielen lassen.
 
Wenn deine Spieler noch nicht so fit sind, würde ich es bei vier stimmigen Sätzen und unisono Passagen belassen und in Tutti-Passagen einfach doppeln, also mehrere Satzgruppen den selben Satz selbe spielen lassen. Vom Sound her ist man dann etwa bei Sammy Nestico/Count Basie.


Heißt das im Bsp. Georgia für die ersten 4 Takte:

G7B7Em7Em7/D
FlöteFD#DE
KlarHAGG
SaxGHED
TrompeteFD#DE
PosauneHAGG
Eu/TubaGHED
[TBODY] [/TBODY]
 
Ich will mich da gar nicht groß einmischen ... aber im ersten Akkord die Septime nach ganz oben zu legen ist für mein Empfinden klanglich nicht sehr ... elegant.

LG
Thomas
 
@Thomas: Das sind genau die Infos, die ich haben will! Was wäre denn eleganter?
 
@Thomas: Das sind genau die Infos, die ich haben will! Was wäre denn eleganter?

Jedes Voicing, das die Septime irgendwo in der Mitte "versteckt" hat.
Aber alles hängt auch mit der Melodieführung der Akkord-Progression zusammen, die Du haben willst ...

Thomas
 
Tja, du hast halt verschiedenste Möglichkeiten.

Was du da beschreibst sind "Spread Voicings". Von Unten nach oben setzt du 1 3 7 oder 1 7 3. Darüber den Melodieton und zur Würze vielleicht noch eine Tension. Spread voicings eignen sich für flächige Sätze und für Kicks. Für schnelle linien sind sie zu klobig.

Akkordtöne sind für einen Vierklang immer die untersten vier Töne in Terzschichtung, 1, 3, 5, 7. Für B7 zB. B D# F# A.
Tensions sind Erweiterungstöne die dem Akkord mehr Farbe geben, zB eine 9, #11 oder 13. Welche Tensions genau funktionieren hängt vom Akkordtyp und vom harmonischen Kontext ab.

Terzen und Septimen sind immer schwierig als Topnote. Sie lösen sich zu zielstrebig auf. Sie bilden eher das Fundament. Man kann eine Tension zwischen Terz und Septime legen, aber darunter geht schonmal (fast) nicht.
 
"Bläserklasse" hört sich für mich sehr nach mehr oder weniger Anfängern an. Das was ich als Bläserklasse kenne, bewegt sich jedenfalls vorwiegend auf einem recht einfachen (wenn nicht sogar oft äußerst simplen) Level.
Harmonisch komplexe Arrangements verbieten sich dort in aller Regel (´kontrapunktische Finessen erst recht), denn bis die Kids halbwegs intonationssicher spielen können, vergeht meist viel Zeit (Manche lernen´s nie :weep:). Jede "durchhängende" Flöte macht aus einem normalen Dur-Akkord schon mal gerne einen unfreiwilligen Major-7 und alle halbwegs ´amtlich´ ausgesetzten Standards verwandeln sich schnell in eine kaum definierbare Cluster-Folge - wenig ergiebig, eher frustrierend und als Lehrstoff weniger gut geeignet.

Die Idee, länger liegende Akkorde spielen zu lassen und damit mehr Fläche als Linien zu formen, finde ich sehr gut. Wenn alle rhythmisch Unisono spielen, würde ich durchaus eine gewisse rhythmische Auflockerung ausprobieren. In der Gruppe könnten auch sorgsam dosierte Synkopen und Off-Beats klappen.

Vierstimmigkeit könnte schon zu ambitioniert sein, aber die Standards kommen ohne Farbtöne nun mal nicht aus. Die 7 in die Mitte zu legen klingt schon deshalb besser, weil sie dann meist im Sekund-Abstand zur 1 liegt. Die Sekunde können die Kids nicht nur besser kontrollieren, sie ist auch ein wenig unempfindlicher gegen Intonationsschwächen und der Chord klingt mit weniger Aufwand ´plausibler´.

Doppeln würde ich so bei einer satztechnisch vierstimmigen Ausführung:
- Tuba koppeln mit den Posaunen ("Bass")
- 1 Alt-Sax mit dem Euphonium ("Tenor")
- das andere Sax mit den zwei anderen Klarinetten ("Alt")
- die Flöten mit 1 Klarinette, wobei die Flöten die Klarinette auch oktavieren können bzw. sollten, wenn es sonst für sie zu tief liegt ("Sopran")

So klingt es immer noch, wenn welche krank sind und die stärkeren können die schwächeren mitnehmen.
 
2 Versuche meinerseits: Der erste mit fast keinen Tensions; Prozess: Zuerst Particell auf 3 Zeilen - Vocals, Bassteppich, Gegenstimmen.
Sorry für die viele Fläche, die meine Notenbilder verbrauchen...

20170214-voc+bl.GeorgiaAnfang.png

MP3:


Bassteppich gelegt (vergesst die komischen Akkorde vorn - das sind Tonumfänge für verschiedene Zwecke ... Anfang ist erst beim 4/4-Takt):
20170214-voc+bl.GeorgiaAnfang.B.png

Holzbläser mit oberen (Gegen-)Stimmen:

20170214-voc+bl.GeorgiaAnfang.BA.png

Und noch das höhere Blech - spielt "verlangsamte" Version der oberen Stimmen:

20170214-voc+bl.GeorgiaAnfang.BA2.png

MP3 des Endergebnisses:

--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Der 2. Versuch, mit mehr Tensions - nur Partcell und Endergebnis:

20170214a-voc+bl.GeorgiaAnfang.png

MP3:


20170214a-voc+bl.GeorgiaAnfang.BA2.png

MP3:


Ergebnisse muss niemand mögen; ich bin da auch ca. 100km von jedem Fachmann entfernt ... aber ich denke, der Prozess vom "skizzierten Gesamtklang" zu den Einzelstimmen (die man dann noch transponieren muss, natürlich) kann schon so irgendwie gehen ...

H.M.
 
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Reaktionen: 2 Benutzer
Sehr cool, danke. Besonders der Beitrag von Klaus hilft mir weiter.

Herzlichen Dank an HM für deine Mühe. Ich schaue mir das mal an und probiere selbst was aus. Vielleicht schaffe ich das heute nachmittag noch. Wie LoboMix richtig vermutet, sind meine Schüler Anfänger, deswegen ist deine Gegenstimme für mich schon zu kompliziert, aber der Gedanke gefällt mir.
 
@hmmueller: Chapeau für die schönen Ausarbeitungen! Aus der Praxis heraus schätze ich aber, dass diese Komplexität erst halbwegs realistisch mit Schülern umgesetzt werden kann, die schon mindestens drei Jahre Unterricht hatten und dabei entsprechend fleißig und engagiert geübt haben.
Für den Einstieg sollte es deutlich weniger komplex sein. Es ist fast wie die Quadratur des Kreises, Standards für Anfänger so zu setzen, dass die Kids die Noten bewältigen und es trotzdem genremäßig adäquat klingt.
Wenn man deine erste Ausarbeitung als Grundlage nimmt, den Anfängern die Liegetöne gibt und einige Fortgeschrittene für die Melodie, die Gegenlinie und am besten noch für Schlagzeug und Bass nimmt (wenn man solche Schüler hat), könnte es aber durchaus klappen.
 

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