Hass auf meine Stimme, Frust beim Gesangsunterricht

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Pogofant
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Hallo, ich bin ganz neu. Sorry, wenn es für das Thema schon ein Subforum gibt, hab ich es wohl nicht gefunden.

ich singe mein ganzes Leben immer wieder mit längeren (teils jahrelangen) Pausen. Als Kind war es mir eigentlich egal, wie es für andere Klang (ich war im Jugendchor) und ich hatte einfach nur Spaß dabei. Aber als es dann mit dem Songwriten und eigenen Bands los ging, war Singen plötzlich nur noch stressig und überfordernd. Ich war unzufrieden, zum Beispiel weil ich meine selbst erdachten Gesangslinien einfach nicht Nachsingen konnte (zu hoch), oder weil meine Stimme zwar ein hohes Timbre hat, aber relativ kraftlos ist und ich nicht schreien kann (im Publikum geht meine Stimme einfach im Geschrei der Menge unter, ich hör mich dann selbst nur ganz leise rufen). Das hat mir den Einstieg in die Rockmusik extrem schwer gemacht. Schon damals in der Schulband kam der ausgebildete Sängerkollege als "Bass" (ich bin Bariton) trotz seiner tiefen Stimmlage einfach höher und bekam die ganzen Songs, die ich gerne gesungen hätte (Coldplay, Nirvana, Foo Fighters, etc.), aber nicht konnte (kein Druck, Kopfstimme zu kraftlos, etc). Ich hab dann Duette mit ihm gesungen, wo ich aussetzen konnte, wenn es zu hoch wurde. Solo hab ich dann Nummern von AC/DC gesungen, weil es da sowieso egal war wie es klingt (O-Ton Musiklehrer). Ich hab trotzdem nicht aufgegeben und es wurde auch irgendwann etwas besser. Ich konnte Projekte finden, wo ich auch mal alleine ran durfte, aber das Hadern mit meiner Stimme blieb seitdem immer irgendwie ein Problem. Für Rock war sie nicht durchsetzungsstark genug gegenüber der Gitarre, für Punk war sie nicht rotzig genug, für Pop zu monoton und leblos. Folk hat funktioniert, das hab ich eine Zeit lang gemacht. Aber die guten Gesangslinien (Gut ist ja meistens, was einem als erstes so zufliegt) waren einfach zu hoch und ich musste wieder Workarounds basteln. Ich hab mir dann für ein Projekt ein Workaround überlegt und wirklich nur alles gehaucht, aber das war auch irgendwann frustrierend. Das letzte Bandprojekt bei dem ich sang, ging auch an der ganzen Selbstkritik zugrunde. Die Mitmusiker waren es einfach satt, ständig mein Gejammer anzuhören. Dann hab ich eine zeitlang nur noch Schlagzeug gespielt. Inzwischen hab ich keine Band mehr und möchte es deshalb wieder mit dem Singen versuchen.

Ich bin jetzt 35 und nehm seit ca. einem halben Jahr Unterricht. Ich mag meine Lehrerin und hab ambitioniert angefangen. Seitdem werden mir meine Gesangsprobleme wieder bewusster. Ich glaub, die Lehrerin ist insgeheim selbst auch schon ein wenig am verzweifeln. Wir üben Baladen von Elton John oder Billie Joel. Aktuell, Are you ready for Love, wo es im Refrain ein F#4 gibt. Und ich laufe wieder gegen die Wand. Die Stimme bricht. Ich kann sie nicht mehr kontrollieren und bekomm sie nicht zu fassen. Wenn ich denke, es wird besser, ist es am nächsten Tag gleich wieder schlechter. Es fühlt sich an, wie eine natürliche Grenze. Der Übergang soll weicher werden, gleichzeitig soll alles aber auch locker und easy sein. Es fühlt sich für mich an wie Raketentechnik. Es ist extrem anstrengend und erfordert ein hohes Maß an Konzentration, das kaum zu halten ist. An dem Ton arbeiten wir jetzt schon seit September wöchentlich. Ich hab inzwischen herausgefunden, wie ich diesen Ton, der anfangs gar nicht heraus wollte etwas besser bekomme. Aber es klingt immer noch, als würde eine Sau abgestochen werden.
Ich hab außerdem das Gefühl ich renn mit meinem Gesang schon seit dem Stimmbruch immer gegen diese Wand. Meine Lehrerin sagt, dass ich mir die Zeit nehmen muss und die Stimme dann von selbst besser wird, wenn ich regelmäßig übe. Aber es ist ja auch nicht so, als würde ich erst seit gestern Singen. Ich hab einfach das Gefühl, dass ich eine Scheiß Stimme erwischt hab. Ich fürchte, es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Level, was ich erreichen will und der realistisch betrachteten Verbesserungschance. Es ist frustrierend.

Kennt ihr das? Geht es euch auch so? Manchmal möchte ich mir selbst eine Reinhaun, weil es einfach nicht klappt. Ich frag mich, wofür ich mir eigentlich die Mühe mache, wenn der Stein den ich den Berg hinauf rolle, niemals oben ankommen kann. Die Stimmprobe im Anhang ist einer der besseren Takes.

Vielen Dank schonmal für euer Feedback.
 

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Normalerweise ist man mit 35 doch noch nicht in der Midlife-Krise!? Woher kommt dieser Erfolgsdruck? Die Stimmprobe hast du jedenfalls "prima" hinbekommen: Den Stress, den du dir machst, hört man sofort heraus.

Ich hatte noch keinen Gesangsunterricht, würde aber wetten, dass das immer auch eine Entdeckungsreise ins eigene Selbst ist - und ein Umgang mit eigenen Möglichkeiten und Limits. Aber ich habe leicht reden: Mein Hauptinstrument ist ein anderes, und da bin ich gut ausgelastet.

Ob es etwas bringt, die Übungen immer nur soweit zu machen, wie sie einem keine Mühe machen? Um ein wenig Lockerheit zu gewinnen? Gibt es einen Ort, wo es leicht fällt (z.B. wegen guter Resonanz)?
 
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Ich hab einfach das Gefühl, dass ich eine Scheiß Stimme erwischt hab. Ich fürchte, es besteht eine Diskrepanz zwischen dem Level, was ich erreichen will und der realistisch betrachteten Verbesserungschance.
Das kenne ich und man kann da nur schauen, was man so rausholen kann.

Ich hatte mir manches falsch angewöhnt beim Chor singen und hab dann per Gesangsunterricht die Stimme freier bekommen. Die hohen Lagen gehen nicht so gut, so dass ich bei vielen Pop Stücken nicht ide Originaltonart singen kann, höchstens in Kopfstimme.
Interessanterweise hat sich durch den Gesangsunterricht die Stimme nach unten erweitert, so dass ich in dem Bereich kräftiger singen kann.

Was macht man: sich auf das einstellen, was geht. Versuchen, den Spielraum etwas zu erweitern.
Wenn man versucht etwa zu errreichen, was nicht geht, wird man nur unglücklich und frustriert.

Stücke, die nicht gehen, lasse ich bleiben. Selbst wenn ich sie tonal singen könnte. Elvis z.B. Den Schmelz bekomme ich nicht hin und lasse es einfach bleiben.

Manchmal hilft es auch, wenn ich zuhause sturmfreie Bude habe und ungeniert auch laut raushauen kann.
Ich habe auch durch leises Singen (mit angezogener Handbremse) meine Stimme ungünstig beeinflusst.

Lustigerweise ist es bei Live Auftritten meist so, dass mehr geht, weil ich es da einfach raus lasse. Lautstärke passe ich dan mit Mikrofontehcnik an (weiter weg, wenn ich lauter singen muss, um die Hhöhe auch kräftig zu bekommen).

Und dann singe ich manche Stücke einfach in einer Tonart, die mir liegt. "Under the Boardwalk" in der Originaltonart der Stones wäre mir viel zu hoch, aber ich habe eine gefunden, in der meine Stimme klanglich zum Stück passt und bin zufrieden damit.
 
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