Harmonisierung von alternativen Tonleitern?

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Christian_Hofmann
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Hallo zusammen,

mal eine kleine Frage am Rande. Wie ich etwas harmonisiere weiß ich natürlich, Kadenz und so weiter. Jedoch stehe ich nun vor der Frage wie ich vorgehe wenn ich eine Tonart harmonisieren will die nicht alltäglich ist. Während das ganze Prinzip in z.B Dorisch noch ganz gut funktioniert habe ich nun einmal versucht eine Ganztonleiter vom Ton C aus zu harmonisieren. Also die Töne c, d, e, fis, gis, ais, c. Das Problem bzw. die Fragestellung ist nun ob ich z.B in einer Ganztonleiter auch Tonleiterfremde Töne problemlos nutzen darf. Hierfür wird es doch bestimmt Regeln geben oder? Nur mit dem Tonvorrat aus der Ganztonleiter wird es ja recht kompliziert bzw. akustisch nicht sinnvoll umsetzbar sein.

Wie verhält es sich mit Lydisch, Phrygisch, Mixolydisch, Äolisch, Hypophrygisch und was es noch so alles gibt?
 
Eigenschaft
 
Tonleitern und Skalen sind Abstraktionen eines Tonmaterial. Das Tonmaterial ist aber i.d.R. aus einer musikalischen und historisch beschreibbaren Praxis entstanden.

Du nimmst jetzt die Abstraktion als die Realität und fragst, welche historisch beschreibbare Praxis bei einer gegebenen Skala angemessen ist...das ist eine Umkehrung von Ursache und Wirkung. Die Ursache war eine musikalische Praxis eines Tonvorrats, und darin beobachtet wurde eine Ganztonleiter... Die Umkehrung von Ursache und Wirkung kann theoretisch funktionieren, aber der Erkenntnisgewinn erschließt sich mir nicht so richtig.
 
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Bedeutet also die heutigen Erkenntnisse wären genau so auf die damaligen anzuwenden. Habe ich das so richtig verstanden?
 
Wie verhält es sich mit Lydisch, Phrygisch, Mixolydisch, Äolisch, Hypophrygisch und was es noch so alles gibt?
Bei den Modi aus dem Ionischen System schaut man sich halt einfach mal Stücke an, die in den entsprechenden Modi geschrieben sind, und überlegt, welche Harmonik sie so charakteristisch macht. Konkret: Was macht die Harmonik von Norwegian Wood mixolydisch?

Ein ganzes Stück in der Ganztonleiter zu schreiben ist aber schon sehr exotisch. Genauso exotisch wie in ein ganzes Stück lokrisch.

Viele Grüße,
McCoy
 
Was auf jeden Fall von der handwerklichen Seite her funktioniert:
  • die Skala als Melodie-Skala auffassen
  • nur Begleitakkorde wählen, deren Töne in dieser Skala auch vorkommen
  • das ist nicht unbedingt immer für das Ohr harmonisch ... ist aber auch eine Gewöhnungsfrage
  • in jedem Fall ist es "stimmig" im Sinne einer Ton-Konsistenz.
Praktisch geht das z.B. so:
Progressionen sind (meistens) auch möglich. I-IV-V läßt sich so im Beispiel nicht finden, aber als I-IV-V# bzw. I-IV-bVI aufgefasst kann das durchaus interessant klingen. Die Geschlechterteilung in Dur und Moll findet hier schnell ihre Grenze, so dass ich dazu neige, auf Groß- und Kleinschreibung der Stufen zur Dur-/Moll-Kennzeichnung zu verzichten.

Man muss ein wenig ausprobieren, ein Gehör und ein Gefühl für klingende und absonderliche Tonkombinationen entwickeln.

Und wenn man schon Dur und Moll aufgibt, weil sie nicht immer in solchen Skalen realisierbar sind, dann wird man auch bei den Stufen pragmatisch freier:
  • C-Lokrisch hat c c# d# f f# g# a# (oder ihre enharmonische Alternative)
  • der 1. Ton ist dann c, der 4. f, der 5. f# usw.
  • insofern kann man bekannte Stufen und Progressionen wiederfinden ...
  • ... als Startvorschlag ...
  • ... denn manchmal muss man die Progression leicht modifizieren, damit's klingt

Beispiel (war leicht zu spielen, weniger leicht aufzuschreiben :D )

1622236429477.png


Anmerkungen
  • hab' die Noten bewusst so schräg stehen lassen, wie sie auf obiger Seite zu finden wären

  • Melodie begann ich auf c, mit der Randbedingung "Töne nur aus c-locrian"
  • Takt 1 war "Eingebung", die in meinen Ohren klang
  • Takt 2 + 3 folgten fast zwangsläufig und für mich klingend
  • Takt 4 war zunächst offen: nur wenige Motive/Melodien klangen hier gut

  • Idee: Jazz-Progression I-VI-ii-V (aus der Dur- und Moll-Welt) nehmen
  • als Startton für die "I" bot sich für mein Ohr f an
  • damit lag die Begleitung aller 4 Takte fest: Stufen uminterpretiert als x.-ter Ton der Skala, siehe oben

  • Takt 4 ist ein halbwegs schöner Kompromiss
  • es gibt Alternativen, die bewusst schräg / blusig wären UND nicht mehr in c-locrian vollständig vorkommen
Akkorde:
  • habe ich bewusst wenig beachtet, denn die Trennung in Melodie und Begleitung, wie beschrieben, klingt ... irgendwie ... yeah
  • WEIL nur c-locrian Töne in beiden vorkommen, werden das die auf obiger Seite aufgeführten (Teil-) Akkorde sein ... passt von da her
  • an einigen wenigen Stellen spielte ich automatisch einen "bewussten" Akkord
Das ist mein Konstruktionsprinzip.

Das Ergebnis könnte man analysieren, kritisieren, verfeinern, Stellen für weitere Akkorde suchen und finden usw. Ich wäre mit diesem Ergebnis sehr zufrieden, andere mögen sich gruseln, das kann man nie wissen oder ausschließen ...

Und damit habe ich die Frage der Harmonisierung im Vorübergehen gelöst, ohne sie reflektiert beantworten zu können :evil:

Grüße

Nachtrag:
Spiele ich ein bischen weiter, drängt sich mir eine Transposition der Melodie auf den Startton f fasst von alleine auf; das legt ja auch die gewählte Progression nahe: vermutlich wäre F-locrian die stimmigere "Tonart" :cool: ... und ab da könnte man dann ja auch die #-e bereinigen :giggle:
 
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Danke euch beiden, ich werde den Links einmal folgen. Ich finde die ganzen Tonleitern sehr spannend da sie sich ungewohnt anhören und man ein Stück mit solchen Ausflüge doch sehr spannend machen kann. Ob ich ein ganzes Stück einmal so verfasse bezweifle ich ehrlich gesagt aber kurze Ausflüge sind für den Zuhörer bestimmt auch nicht unangenehm.
 
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Ein ganzes Stück in der Ganztonleiter zu schreiben ist aber schon sehr exotisch.

Das klassische Paradebeispiel dürften wohl Debussys "Voiles" aus den "Préludes, 1er Livre" sein. Bis auf den "Mittelteil" ist das recht überzeugend ein Ganzton-Stück.

"Dumm" bei Ganztonleitern ist eben, dass sie durch ihre völlig fehlende Struktur (ausschließlich Ganztonschritte) keinen klaren Grundton haben und dadurch auch keine unterschiedlichen Charakteristiken wie die Kirchentonleitern haben können.

Unser siebenstufiges Notensystem kommt bei der sechstufigen Ganztonleiter ins rein optisch ins Hoppeln und wenn man auf der Ganztonleiter aufbauende Terzschichtungen bastelt, geht es ab Vierklang schon wieder mit dem Grundton weiter (was immer das sein mag, Umkehrungen ergeben ja auch keinen Sinn).

Bei den "Voiles" sieht man deutlich an dieser (vielfach ähnlich auftauchenden Stelle):
1622237220960.png

Auch wenn durch die Sechser-statt-Siebener-Einteilung nicht zu schönen "Schneemann-Akkorden" kommt, hat man dennoch immer eine Terz als Intervall. Nur eben naturgemäß jetzt stets große Terzen. Leider wird das im auf Heptatonik ausgelegten Notenbild nicht sehr deutlich. Der vierte Ton des Vierklangs ist dann jeweils wieder die Oktave.
Also alles eigentlich nur Dreiklänge: nämlich übermäßige Akkorde.

Der Gebrauch von Kreuzen und Bes ist nicht eindeutig zu entscheiden und eher eine Geschmacksfrage. Debussy hat wohlweislich in den Ganzton-Teilen auf Generalvorzeichen verzichtet.

Bei der Orgel wäre es im Hinblick auf C- und Cis-Lade interessant, die beiden Ganztonleitern auf C- und Cis-Basis komplett separat halten zu können.

Viele Grüße
Torsten
 
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Das klassische Paradebeispiel dürften wohl Debussys "Voiles" aus den "Préludes, 1er Livre" sein.
Tatsächlich, das hatte ich gar nicht auf den Schirm. Und es ist gleichzeitig ein fantastisches Lehrstück für @Christian_Hofmann: Es kommen als tonleiterfremde Töne zwei winzige chromatische Verzierungen darin vor, und als Kontrast ein rein pentatonischer Mittelteil. Und dann die Etablierung des Bb als fast schon "virtuellen" Grundton. An solchen Stücken muß man sich abschauen, wie so etwas geht!

Viele Grüße,
McCoy
 
und als Kontrast ein rein pentatonischer Mittelteil.

Ja, deswegen "leider" nicht komplett im Ganzton-Modus.
Die Pentatonik im Mittelteil weiterhin mit Bb als Grundton, nur nicht "virtuell" und diesmal auch mit Vorzeichen.

Off-Topic (oder doch nicht): Generalvorzeichen
Wobei mich die Auflösung der Bb-Moll-Vorzeichen bei der Rückkehr zum Ganzton-Modus stutzig macht (bei "au Mouvt").
Klar, wie soll es anders gehen, aber das suggeriert C-Dur-Vorzeichen.
Ich sehe den Ganzton-Teil jedoch völlig vorzeichenlos, ähnlich, wie man traditionell bei Hörnern oder gar Glockenspielen keine Vorzeichen setzt (das Nicht-Vorhandensein von Generalvorzeichen heißt dann ja nicht C-Dur/a-Moll, sondern einfach nur, dass es keine Vorzeichen gibt.

"What you see is all you've got":
Wie ist das denn z. B. in MuseScore?
Gibt es da einen Modus "keine Vorzeichen?"
Denn wenn man "keine Vorzeichen" im Sinne von C-Dur/a-Moll setzt, dann ändern sich die Vorzeichen beim Transponieren.
In LilyPond beispielweise kann man auch tatsächlich "keine Vorzeichen" setzen, das sieht dann zwar aus wie C-Dur, ist es aber nicht: denn wenn man transponiert, hat man immer noch keine Vorzeichen...



An solchen Stücken muß man sich abschauen, wie so etwas geht!

Ja, ich versuche immer, mich bei den (mehr oder weniger alten) großen Meistern bzw. Meisterinnen zu informieren.

A propos "alte große Meisterinnen": Am nächsten Samstag, dem 5. Juni, wird die unglaubliche Martha Argerich 80 Jahre alt! :great: :hail:

Viele Grüße
Torsten
 
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In LilyPond beispielweise kann man auch tatsächlich "keine Vorzeichen" setzen, das sieht dann zwar aus wie C-Dur, ist es aber nicht: denn wenn man transponiert, hat man immer noch keine Vorzeichen...
Der letzte unten rechts neben der Auswahl:

1622242074794.png


Viele Grüße,
McCoy
 
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Wie ich etwas harmonisiere weiß ich natürlich, Kadenz und so weiter. Jedoch stehe ich nun vor der Frage wie ich vorgehe wenn ich eine Tonart harmonisieren will die nicht alltäglich ist. Während das ganze Prinzip in z.B Dorisch noch ganz gut funktioniert habe ich nun einmal versucht eine Ganztonleiter vom Ton C aus zu harmonisieren. Also die Töne c, d, e, fis, gis, ais, c.
In vielen Fällen muss bzw. sollte man sich vom Prinzip der Kadenz, bzw. des Kadenzierens wie es in der so gewohnten Dur-Moll-Tonalität ja grundlegend ist, mehr oder weniger, oder sogar ganz verabschieden, auf jeden Fall bei so einer Skala wieder Ganztonleiter.
Es gibt dann andere Strukturen, die Klangbildend wirksam sind/wirksam werden. Debussy macht das ja auf eine geradezu geniale Weise vor - tolles Beispiel im übrigen, das "Voiles"!
Aber auch aus außereuropäischer Musik kann man sich da gute Anregungen holen (wie es Debussy ja auch gemacht hat).
 
Der letzte unten rechts neben der Auswahl:

Ah, super, danke - das war mir noch nie aufgefallen (hätte ich auch selber nachschauen können, sorry...


In vielen Fällen muss bzw. sollte man sich vom Prinzip der Kadenz, bzw. des Kadenzierens wie es in der so gewohnten Dur-Moll-Tonalität ja grundlegend ist, mehr oder weniger, oder sogar ganz verabschieden, auf jeden Fall bei so einer Skala wieder Ganztonleiter.

Ja, im Grunde wird es schon bei "Kirchentonleitern" außerhalb von Dur und Moll mit Kadenzen fragwürdig.
 
Ich danke euch für die wirklich Hilfreichen Antworten. Die Beispiele schaue ich mir mal bei Tageslicht am Instrument an. Ich finde das ganze Thema einfach unheimlich interessant und bin immer auf der Suche nach Klängen die man nicht ständig hört. Es ist klanglich wie ich finde oft sehr spannend und neu. Ob es einen gefällt oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber warum soll man nicht mal über den eigenen Tellerrand schauen. Pentatonisches Moll ist auch sehr schön vom Klang her, aber auch wieder sehr speziell.
 
C-Lokrisch hat c c# d# f f# g# a# (oder ihre enharmonische Alternative) ...

Enharmonik ist hier keine Alternative, sondern die zwingend notwendige Korrektur einer völlig absurden Schreibweise!
Lokrisch ist heptatonisch, also entsprechend mit den sieben Stammtonbuchstaben zu notieren, woran bekanntlich auch Alterationen nichts ändern: c-des-es-f-ges-as-b (Vorzeichnung 5b, wie Des-Dur).

... hab' die Noten bewusst so schräg stehen lassen, wie sie auf obiger Seite zu finden wären

Sorry - aber man sollte Stuss auch als Stuss benennen und nicht auch noch übernehmen und weiter verbreiten!
 
@Christian_Hofmann , dann möchte ich zum Harmonisieren noch auf eine Hörbeobachtung hinweisen:
  • dieselben Noten, dieselbe "Musik" ...
  • ... kann auf unterschiedlichen Instrumenten ganz unterschiedlich klingen und wirken
  • das sollte beim "Harmonisieren" Eingang finden.

BEISPIELE:
  • in meiner Klavier-Einstellung auf dem Stage 3 klingen meine 4 Takte "für mich schön"
  • abgespielt in MuseScores Default (Grand Piano) fast durchweg schaurig
  • abgespielt mit Flute dagegen schon fast "wunderschön"
  • (man versuche weitere Instrumente)

  • am Upright-Klavier OHNE Dämpfer schauert's mich (klare Oberwellen)
  • MIT Dämpfer ist es fast schon wieder "schön" (mehr Richtung reiner Sinuston)

URSACHE:
  • nun, ganz offensichtlich das > Frequenzspektrum < des Instruments
  • mithin das dem Ohr angebotene Frequenzgemisch,
  • das zudem noch nichtlinear vom Anschlag (Oberwellenanteil) und der Zeit (Ausklingen) abhängt
  • die allerwenigsten Instrumente sind eben reine Sinusgeneratoren :D

Nachmessbar für nahezu Jedermann über https://www.musiker-board.de/thread...-u-a-fuer-audio-kostenlos-rwth-aachen.720708/ .

Nachhörbar hier:

(Grand Piano)


(Flute)

Die ZIP-Datei enthält MIDI und uncompressed MusicXML, für's eigene DAW oder Notationsprogram.

Viel Spaß + Erfolg
 

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Ich würde gerne noch einmal eine passende Frage in den Raum werfen.

Ich habe mir eine Melodie genommen aus dem Jahre 1430. Das Stück ich wollt das ich daheime wäre. Eine äolische Melodie. Hier der Link: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1e/Ich_wollt,_dass_ich_daheime_wär_(Paderborn,_Sursum_corda).jpg

In der Zeit als das Lied geschrieben wurde gab es ja nicht unsere Modelle zum harmonisieren eines Stückes. Wenn ich nun einmal alles über unser Musiksystem vergessen würde und versuche das Lied mit dem Wissen bzw. geflogenheiten von 1430 zu harmonisieren, wie würde ich da vorgehen ohne Kadenzen und Akkorde? Ich würde vermuten mit z.B Quinten oder Quarten könnte man das harmonisieren. Nehmen wir Beispiel Ton e der als Melodieton oben liegen soll. Die Quinte a darunter. Diese könnte ich durch eine weitere Quinte erweitern und hätte somit d-a-e. Oder vielleicht kleine Sexte-Quinte-Quinte c-a-e?

Ich finde im Internet leider nichts dazu wie Stücke frühe um diese Zeit aufgebaut wurden. Hat da jemand einen Ansatz für mich? Zweistimmig mit Quinte und einem Bordunton wäre ja auch vorstellbar. Aber wenn ich kein anderes Modell zur Hand habe bleiben mir ja nur Intervalle mit denen ich etwas machen kann.
 
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Ich würde vermuten mit z.B Quinten oder Quarten könnte man das harmonisieren.

Nicht mehr "um 1430", da wird teilweise bereits in "Kadenzen" gedacht.

Ich finde im Internet leider nichts dazu wie Stücke frühe um diese Zeit aufgebaut wurden.

Die Vorläufer der "Kadenzen" hießen lediglich anders: Bitte unter "Klauseln / Klausellehre" oder "Kantionalsatz" (+ pdf) suchen, da findet sich umfangreiches Material.

Ansonsten gehts auch mit Choralsatz, also wie Kantionalsatz, d.h. hier jede Halbe = ein Akkord, und ohne stilfremden 7-Akkorde.
Zunächst die sprachlich bedingten Einschnitte wie Choralzeilen harmonisieren. Das E ist Grundton/Finalis, also Schlusston Em oder E in Oktavlage. Damit wird auch schon klar, wie das Fis zu harmonisieren ist. Die erste Choralzeile endet auf "wär" (T2, H), hier bietet sich die Parallele an, also G in Terzlage. Auch damit ist für die davor liegenden Akkorde eine grobe Richtung vorgegeben. Im Prinzip arbeitest du dich also nach dem "back cycling-Prinzip" immer von hinten nach vorne durch.
 
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Danke da habe ich jetzt einige Dokumente gefunden. Ich danke dir.

Zusätzlich habe ich noch den von unserem Kantor den Hinweis bekommen nach "Musica enchiriades" und den "Micrologus" von Guido von Arezzo zu suchen. Da habe ich also einiges zu tun.
 
Zusätzlich habe ich noch den von unserem Kantor den Hinweis bekommen nach "Musica enchiriades" und den "Micrologus" von Guido von Arezzo zu suchen. Da habe ich also einiges zu tun.
Diese beiden Quellen stammen aber aus einer deutlich früheren Zeit (9. bzw. frühes 11. Jahrhundert), was nicht heißt, dass man daraus keine Anregungen entnehmen könnte.

Wie aber schon erwähnt, kann zu dieser Melodie aus der Zeit um 1430 besser der "Kantionalsatz" passen.
Ein (meiner Meinung nach) informatives und hilfreiches Lehrwerk dazu wäre z.B.:
"Der vierstimmige Satz" von Ulrich Kasier, Bärenreiter Studienbücher Musik
Die Klauseln werden auch darin behandelt.

Hier gibt es eine kurze Leseprobe dazu:
https://kaiser-ulrich.de/publikationen/buecher/bach

Prof. Kaiser unterhält auch eine eigene Website, auf der sich ebenfalls etwas dazu findet:
https://musikanalyse.net/tutorials/liedsatz-choralsatz-kantionalsatz/
Ganz unten auf der Seite sind noch zwei interessante Links zu Tutorien ebenfalls zu diesem Themenkomplex.
 
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Zusätzlich habe ich noch den von unserem Kantor den Hinweis bekommen nach "Musica enchiriades" und den "Micrologus" von Guido von Arezzo zu suchen.

Sorry, aber das ist ein völlig absurder Vorschlag, weil du darin nichts finden wirst, was du für dich in der Praxis umsetzen könntest.
Manchmal fragt man sich schon, was in klerikalen Köpfen so vorgeht, und an welcher himmlischen Garderobe die ihren gesunden Menschenverstand abgegeben haben ...
Aber falls du die nächsten Monate nichts vor hast, mittelalterliches Latein lesen, alte Schriftbilder entziffern und scholastische Wortschraubereien sinngemäß erfassen kannst, und dann auch noch Schlussfolgerungen aus der "sehr eigenen" Notation der Enchiriades zu ziehen vermagst - tu dir keinen Zwang an!
 

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