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Malon
Registrierter Benutzer
Traurig aber wahr: eines der interessantesten Projekte im Bereich Klassikgitarren scheint mehr oder weniger unbeachtet an den meisten Gitarristen im deutschsprachigen Raum vorbeigezogen zu sein. Siehe www.hanika.de.
Hanika starte vor ca. einem Jahr das Projekt "Test the Best" und baute 24 "gleiche" Gitarren mit 24 verschiedenen Bodenhölzern. Das bietet die einmalige Gelegenheit, objektiv Klangeigenschaften zu testen und vorgefasste Meinungen, die man z.T. nur vom Hörensagen kennt, zu widerlegen – oder zu bestätigen. Und das unabhängig davon, ob man nun Hanika-Fan ist oder nicht, es geht hier nur ums Material. Die Modelle liegen in einer Preisklasse von ca. 2.500,-- Euro +/- je nach Holz.
Die Musiker sollten, wenn möglich, Fragebögen ausfüllen, zu Ansprache, Klang, Sustain usw.
Ein Aspekt ist sicher auch, dass Hanika vielleicht das eine oder andere ökologisch bedenkliche Holz durch weniger kritische Holzarten ersetzen möchte. Neben absoluten Nylon-Exoten (Grenadill, Wenge…) gab es Klassiker (diverse Palisanderarten, Zypresse, Koa…) und auch heimische Hölzer (Zwetschge, Apfel, Elsbeere, Ahorn…)
Es ist klar, dass die Decke den Klang am stärksten beeinflusst, aber ich fand es zutiefst erstaunlich, wie sehr der Korpus ebenfalls Anteil daran besitzt.
Die Testgitarren basieren auf dem 59 F-Modell, das heißt:
• kuppelgewölbte Fichtendecke
• runde (!) Schallochumrandung aus dem Bodenholz
• mit Bodenholz furnierte Kopfplatte
• sehr flacher Cedro-Hals mit Ebenholz-Verstärkung, Ebenholzgriffbrett. D-Form. Kein Vergleich mit dem Hals von Modell 58!
• sehr schlicht, keine aufwendigen Verzierungen wie bei der normalen 59er oder gar 60er
Ich hatte im November 2014 die Gelegenheit, die Gitarren ausgiebig mehrere Stunden lang in Ruhe zu testen und auch mit meiner bisherigen Manuel Rodríguez FF Cut Flamenca zu vergleichen. Ich spiele Bossa Nova & Swing und habe damit vermutlich andere Klangvorstellungen als jemand, der Barockmusik macht. Es gab keinerlei Holzpräferenzen und ich konnte vorher überhaupt nicht einschätzen, was mich bei welchem Holz erwarten würde.
Ich war wirklich platt, wie sehr sich manche Bodenhölzer im Verhalten und Klang voneinander unterscheiden - bei gleicher Decke, wohlgemerkt!. Ebenso erstaunlich war, wie wenig die Optik des Holzes auf das Klangverhalten schließen lässt. Irgendein wundervoll gemasertes Tropenholz (Cocobolo? - bin mir nicht mehr sicher) klang für mich z.B. grauenhaft. Ein anderes (Imbuya): super. Ebenso ist nicht automatisch eine hohe Dichte von Vorteil. Grenadill (Eisenholz) machte die Gitarre schon fast zur Solidbody, was Ansprache und Lautstärke betrifft. Die ultraleichte Zypresse hat nicht weniger Sustain als viele andere Holzarten, die erheblich schwerer sind. Es gab beim Test ca. 10 Holzarten, die ich ins Mittelfeld einordnen würde, die haben bei mir nur wenig Eindruck hinterlassen. 4-5 waren für mich indiskutabel, der Rest gut bis grandios.
Ein paar Holzeigenschaften (meine rein persönliche Empfindung!), an die ich mich noch sicher erinnere:
• die biologisch echten Palisanderarten (z.B. ostindischer P.) fielen bei mir klanglich glatt durch. Das war für mich "banaler HiFi-Sound", bei dem für meinen Geschmack schlicht die Mitten fehlen. Vielleicht gut für Klassik. Ansprache usw. war allerdings gut - würde ich der Mittelklasse zuordnen.
• Santos Palisander (= biologisch kein P.) war da schon deutlich ausgewogener. Super Ansprache, aber im Klang noch etwas zu wenig Mitten für mich.
• Zypresse erinnerte schwer an meine Flamenca, vom Charakter sehr ähnlich, Betonung in den tiefen Mitten (300-400 Hz).
• Ahorn kann bei Ansprache usw. recht gut mithalten, der Klang fällt zu den Höhen und Bässen hin leicht ab. Eigentlich gut für Jazz, aber es gibt da noch etwas dynamischere Hölzer.
• Apfel lässt sich von Ahorn klanglich kaum unterscheiden (optisch übrigens auch nur wenig), etwas weniger Dynamik.
• Grenadill und Wenge sind eine Katastrophe für einen Nylon-Korpus. Sie töten die Gitarre. Sustain, Ansprache, Lautstärke sind im Vergleich zu den anderen Hölzern schon beinahe auf Laminat-Niveau
• Koa klang für meine Ohren ähnlich der Zypresse, nur noch druckvoller, fetter, mit mehr Sustain. Auch wenn Flamenca-Gitarristen das garantiert anders sehen: das ist m.E. DIE Gitarre für den Torero in Dir!
• Imbuya hat eine tolle Ansprache und Sustain, mir gefiel aber die Betonung der oberen Mitten nicht so gut. Vielleicht gut für authentische Mittelamerika-Musik.
• Elsbeere gefiel mir bei der Testgitarre überhaupt nicht, ich empfand den Klang als deutlich unausgewogen. Andere Gitarristen finden aber gerade dieses Holz genial.
• Ziricote sieht Palisander recht ähnlich, liegt bei Ansprache, Sustain und Lautstärke gleichauf mit den Spitzenhölzern (Koa, Santos Palisander, Imbuya), aber klingt extrem ausgewogen. Keine überbetonten Bässe, gute Brillanzen und reichlich Mitten ohne Peak bei irgendeiner Frequenz. Ich hatte den Namen des Holzes vorher übrigens noch nie gehört.
Nochmal: Das alles ist mein persönliches Klangempfinden als "Jazzer" – das heißt nicht, dass jemand anders nicht zu anderen Ergebnissen kommen wird.
Ich habe mich – oh Wunder - für Ziricote entschieden und mir im Zusammenspiel mit meinem Werkstatt/Händler eine mit ein paar kleinen Custom-Optionen machen lassen:
1. Cutaway (kostet ca. 500,-- Euro mehr).
2. L.R.Baggs Pickup (ohne Preamp - kein Loch in der Zarge). Hat der Händler besorgt, da Hanika nicht beim Baggs-Vertrieb kaufen kann/will. Dazu L.R.Baggs Venue D.I. "Bodentreter".
3. Ungebleichter Knochensattel und –steg (hat Hanika nicht vorrätig, wurde vermutlich von der Werkstatt gefertigt). Finde ich einfach hübscher.
4. Natural Finish (ultradünner Mattlack) auf der ganzen Gitarre.
5. Rubner-Mechaniken nach meinen Vorstellungen als Baukasten zusammengebaut (u.a. Palisander-Knöpfe, andere Seitenblenden)-
Ende Januar war sie fertig, die Decke entwickelte sich schnell - schon nach 1/2 h spürbar lauter. Seitdem ist die Rodriguez auf der Bühne Reservegitarre. Das Cutaway nimmt praktisch nichts von der Lautstärke und vom Klang weg, ich konnte das aber nicht mehr direkt vergleichen. Rein aus dem Bauch würde ich sagen, dass die tiefsten Bässe ganz leicht abgeschwächt sind, was für die Bühne über Piezo ideal ist, das vermeidet Rückkopplungen. Das war schließlich auch der Hauptgrund für diese recht teure Option.
Noch etwas zum Elektrik-Klang: die Leute in der Gitarrenwerkstatt waren sehr überrascht, wie authentisch man mit dem Baggs-Pickup + Baggs Venue D.I. den akustischen Klang nachbilden kann. Sie kannten das Gerät vorher nicht. Auch die Dynamik kommt uneingeschränkt rüber.
Wer hat noch etwas von der "Test-the-Best"-Aktion mitbekommen, ausgiebig getestet bzw. sogar eine Gitarre gekauft?
Die Aktion ist im Juli 2015 in Lübeck und im August in Weingarten. Wer sich für Holz, unterschiedliche Klänge usw. interessiert und/oder gerade auf der Suche nach einer neuen Gitarre ist, der kann hier ganz objektiv vergleichen und viel lernen. Am besten blind testen, nur Ohr und Finger sollten entscheiden, welches Holz für Dich am besten klingt.
Laut Hanika soll die Aktion leider nicht verlängert werden, aber wenn genügend Leute Interesse bekunden...wer weiß?
Es müssen ja nicht gleich 24 Hölzer sein, 10 oder 15 tun's auch. Fraglich ist auch, was mit den Gitarren passiert, ob die dann in Baiersdorf zum Test zur Verfügung stehen etc.
Hanika orientiert sich laut meiner Fachwerkstatt sowieso gerade immer mehr in Richtung Custom Shop, da der Umsatz bei den preiswerteren Modellen rückläufig ist. Deswegen wäre so ein Testarsenal beim Hersteller sicher nicht schlecht.
Hanika starte vor ca. einem Jahr das Projekt "Test the Best" und baute 24 "gleiche" Gitarren mit 24 verschiedenen Bodenhölzern. Das bietet die einmalige Gelegenheit, objektiv Klangeigenschaften zu testen und vorgefasste Meinungen, die man z.T. nur vom Hörensagen kennt, zu widerlegen – oder zu bestätigen. Und das unabhängig davon, ob man nun Hanika-Fan ist oder nicht, es geht hier nur ums Material. Die Modelle liegen in einer Preisklasse von ca. 2.500,-- Euro +/- je nach Holz.
Die Musiker sollten, wenn möglich, Fragebögen ausfüllen, zu Ansprache, Klang, Sustain usw.
Ein Aspekt ist sicher auch, dass Hanika vielleicht das eine oder andere ökologisch bedenkliche Holz durch weniger kritische Holzarten ersetzen möchte. Neben absoluten Nylon-Exoten (Grenadill, Wenge…) gab es Klassiker (diverse Palisanderarten, Zypresse, Koa…) und auch heimische Hölzer (Zwetschge, Apfel, Elsbeere, Ahorn…)
Es ist klar, dass die Decke den Klang am stärksten beeinflusst, aber ich fand es zutiefst erstaunlich, wie sehr der Korpus ebenfalls Anteil daran besitzt.
Die Testgitarren basieren auf dem 59 F-Modell, das heißt:
• kuppelgewölbte Fichtendecke
• runde (!) Schallochumrandung aus dem Bodenholz
• mit Bodenholz furnierte Kopfplatte
• sehr flacher Cedro-Hals mit Ebenholz-Verstärkung, Ebenholzgriffbrett. D-Form. Kein Vergleich mit dem Hals von Modell 58!
• sehr schlicht, keine aufwendigen Verzierungen wie bei der normalen 59er oder gar 60er
Ich hatte im November 2014 die Gelegenheit, die Gitarren ausgiebig mehrere Stunden lang in Ruhe zu testen und auch mit meiner bisherigen Manuel Rodríguez FF Cut Flamenca zu vergleichen. Ich spiele Bossa Nova & Swing und habe damit vermutlich andere Klangvorstellungen als jemand, der Barockmusik macht. Es gab keinerlei Holzpräferenzen und ich konnte vorher überhaupt nicht einschätzen, was mich bei welchem Holz erwarten würde.
Ich war wirklich platt, wie sehr sich manche Bodenhölzer im Verhalten und Klang voneinander unterscheiden - bei gleicher Decke, wohlgemerkt!. Ebenso erstaunlich war, wie wenig die Optik des Holzes auf das Klangverhalten schließen lässt. Irgendein wundervoll gemasertes Tropenholz (Cocobolo? - bin mir nicht mehr sicher) klang für mich z.B. grauenhaft. Ein anderes (Imbuya): super. Ebenso ist nicht automatisch eine hohe Dichte von Vorteil. Grenadill (Eisenholz) machte die Gitarre schon fast zur Solidbody, was Ansprache und Lautstärke betrifft. Die ultraleichte Zypresse hat nicht weniger Sustain als viele andere Holzarten, die erheblich schwerer sind. Es gab beim Test ca. 10 Holzarten, die ich ins Mittelfeld einordnen würde, die haben bei mir nur wenig Eindruck hinterlassen. 4-5 waren für mich indiskutabel, der Rest gut bis grandios.
Ein paar Holzeigenschaften (meine rein persönliche Empfindung!), an die ich mich noch sicher erinnere:
• die biologisch echten Palisanderarten (z.B. ostindischer P.) fielen bei mir klanglich glatt durch. Das war für mich "banaler HiFi-Sound", bei dem für meinen Geschmack schlicht die Mitten fehlen. Vielleicht gut für Klassik. Ansprache usw. war allerdings gut - würde ich der Mittelklasse zuordnen.
• Santos Palisander (= biologisch kein P.) war da schon deutlich ausgewogener. Super Ansprache, aber im Klang noch etwas zu wenig Mitten für mich.
• Zypresse erinnerte schwer an meine Flamenca, vom Charakter sehr ähnlich, Betonung in den tiefen Mitten (300-400 Hz).
• Ahorn kann bei Ansprache usw. recht gut mithalten, der Klang fällt zu den Höhen und Bässen hin leicht ab. Eigentlich gut für Jazz, aber es gibt da noch etwas dynamischere Hölzer.
• Apfel lässt sich von Ahorn klanglich kaum unterscheiden (optisch übrigens auch nur wenig), etwas weniger Dynamik.
• Grenadill und Wenge sind eine Katastrophe für einen Nylon-Korpus. Sie töten die Gitarre. Sustain, Ansprache, Lautstärke sind im Vergleich zu den anderen Hölzern schon beinahe auf Laminat-Niveau
• Koa klang für meine Ohren ähnlich der Zypresse, nur noch druckvoller, fetter, mit mehr Sustain. Auch wenn Flamenca-Gitarristen das garantiert anders sehen: das ist m.E. DIE Gitarre für den Torero in Dir!
• Imbuya hat eine tolle Ansprache und Sustain, mir gefiel aber die Betonung der oberen Mitten nicht so gut. Vielleicht gut für authentische Mittelamerika-Musik.
• Elsbeere gefiel mir bei der Testgitarre überhaupt nicht, ich empfand den Klang als deutlich unausgewogen. Andere Gitarristen finden aber gerade dieses Holz genial.
• Ziricote sieht Palisander recht ähnlich, liegt bei Ansprache, Sustain und Lautstärke gleichauf mit den Spitzenhölzern (Koa, Santos Palisander, Imbuya), aber klingt extrem ausgewogen. Keine überbetonten Bässe, gute Brillanzen und reichlich Mitten ohne Peak bei irgendeiner Frequenz. Ich hatte den Namen des Holzes vorher übrigens noch nie gehört.
Nochmal: Das alles ist mein persönliches Klangempfinden als "Jazzer" – das heißt nicht, dass jemand anders nicht zu anderen Ergebnissen kommen wird.
Ich habe mich – oh Wunder - für Ziricote entschieden und mir im Zusammenspiel mit meinem Werkstatt/Händler eine mit ein paar kleinen Custom-Optionen machen lassen:
1. Cutaway (kostet ca. 500,-- Euro mehr).
2. L.R.Baggs Pickup (ohne Preamp - kein Loch in der Zarge). Hat der Händler besorgt, da Hanika nicht beim Baggs-Vertrieb kaufen kann/will. Dazu L.R.Baggs Venue D.I. "Bodentreter".
3. Ungebleichter Knochensattel und –steg (hat Hanika nicht vorrätig, wurde vermutlich von der Werkstatt gefertigt). Finde ich einfach hübscher.
4. Natural Finish (ultradünner Mattlack) auf der ganzen Gitarre.
5. Rubner-Mechaniken nach meinen Vorstellungen als Baukasten zusammengebaut (u.a. Palisander-Knöpfe, andere Seitenblenden)-
Ende Januar war sie fertig, die Decke entwickelte sich schnell - schon nach 1/2 h spürbar lauter. Seitdem ist die Rodriguez auf der Bühne Reservegitarre. Das Cutaway nimmt praktisch nichts von der Lautstärke und vom Klang weg, ich konnte das aber nicht mehr direkt vergleichen. Rein aus dem Bauch würde ich sagen, dass die tiefsten Bässe ganz leicht abgeschwächt sind, was für die Bühne über Piezo ideal ist, das vermeidet Rückkopplungen. Das war schließlich auch der Hauptgrund für diese recht teure Option.
Noch etwas zum Elektrik-Klang: die Leute in der Gitarrenwerkstatt waren sehr überrascht, wie authentisch man mit dem Baggs-Pickup + Baggs Venue D.I. den akustischen Klang nachbilden kann. Sie kannten das Gerät vorher nicht. Auch die Dynamik kommt uneingeschränkt rüber.
Wer hat noch etwas von der "Test-the-Best"-Aktion mitbekommen, ausgiebig getestet bzw. sogar eine Gitarre gekauft?
Die Aktion ist im Juli 2015 in Lübeck und im August in Weingarten. Wer sich für Holz, unterschiedliche Klänge usw. interessiert und/oder gerade auf der Suche nach einer neuen Gitarre ist, der kann hier ganz objektiv vergleichen und viel lernen. Am besten blind testen, nur Ohr und Finger sollten entscheiden, welches Holz für Dich am besten klingt.
Laut Hanika soll die Aktion leider nicht verlängert werden, aber wenn genügend Leute Interesse bekunden...wer weiß?
Es müssen ja nicht gleich 24 Hölzer sein, 10 oder 15 tun's auch. Fraglich ist auch, was mit den Gitarren passiert, ob die dann in Baiersdorf zum Test zur Verfügung stehen etc.
Hanika orientiert sich laut meiner Fachwerkstatt sowieso gerade immer mehr in Richtung Custom Shop, da der Umsatz bei den preiswerteren Modellen rückläufig ist. Deswegen wäre so ein Testarsenal beim Hersteller sicher nicht schlecht.
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