Großmembraner für Streicher, speziell Geige - richtig? falsch?

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Hi,

bin grad mit einer Produktion beschäftigt, bei der wir Geige (Fiddle) aufnehmen. Nun schwört der Ingenieur der Produktion auf ne Kombination von M149 von vorne ca. 1m entfernt und U87 von schräg oben auf die Geige und näher dran. Für ihn ist das das Nonplusultra und was anderes als Neumänner fasst er eigentlich sowieso nicht an. Der Sound der da rauskommt klingt schon nach Geige, aber ich hab immer das Gefühl, dass sie irgendwie "unecht" klingt, untransparent. Nun hat mir ein Bekannter (Hobby-Produzent) gesagt, Großmembraner für Geige bzw. generell Streicher sei der falsche Ansatz, weil Streicher Sägezahnschwingungen produzieren und die große Membran nicht schnell genug wieder auf "0" steht um auf das nächste Maximum reagieren zu können. Kleinmembraner seien da viel "schneller" und daher vorzuziehen. Mikrofonierungs-FAQs und -Tutorials empfehlen aber auch durchaus mal Großmembraner für Geige. Nur wer hat jetzt Recht?

Danke + Grüße,
shib
 
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Wir hatten die Diskussion bei der Aufnahme unserer Country-Stücke; ich habe mich damals ein wenig informiert und kann das wiedergeben was ICH für dieses Problem eruiert habe:

- Alle schwören auf Kondensator-Mikes
- Kleinmembran macht einen "klareren" Sound
- Großmembran klingt "fülliger"
- Nahe am Instrument: Die Bewegungen des Geigers schlagen sich extrem auf den Klang nieder
- Weiter weg: du brauchst ein "geeignetes" Studio mit gutem Sound

Unsere Stücke haben wir dann mit 3 Mikros auf getrennte Spuren gebannt:
- ein "Ansteckmikro" direkt an der Fiddl
- ein Mikro (AKG C1000) etwa in 40cm Entfernung
- ein Mikrotech UM92.1 in etwa 1m Abstand zum Geiger in einer Vocal-Kabine aufgenommen

Die Spuren kann man dann im Mixdown handhaben wie es beliebt - und so würde ich es immer wieder machen....
 
Erlaubt ist, was gefällt. Wenn dir der Sound nicht gefällt, dann sag das dem Toning. Er soll ja schließlich mit seinem Know-How deine Vorstellungen realisieren.
08/15 (das war schon immer so) ist auch mit teuren Mikrofonen einfach nur falsch.

Wenn es um "Fiddle" geht, dann ist das in meiner Vorstellung was GANZ anderes als der typische Geigenklang. VIEL brillianter, transparenter - vielleicht sogar "kratziger". Das heißt dann: ruhig näher ran, ein Mikrofon mit mehr Brillianz - ob Groß- oder Kleinmembran ist doch Wurscht! Brauners Großmembraner haben einen "teuren" aber auch deutlich transparenteren Sound als z.B. das U87 (ist meist eine Kapsel nach Typ des U67 drin - allerdings nach oben im Frequenzspektrum "ohne Handbremse"). Neumanns KM-184 kann auch eine gute Lösung sein. Da hast du schon mal zwei Vorschläge für den Toning.
Ein Ansteckmic kann besonders das "Kratzige" hervorholen. Aber eine Kombination der Mics muss mit Sorgfalt geschehen, sonst kommt es zu unerwünschten Phasenauslöschungen und komischen Klangveränderungen wenn du dich beim Spiel bewegst (Kammfiltereffekte).
 
Ein Ansteckmic kann besonders das "Kratzige" hervorholen. Aber eine Kombination der Mics muss mit Sorgfalt geschehen, sonst kommt es zu unerwünschten Phasenauslöschungen und komischen Klangveränderungen wenn du dich beim Spiel bewegst (Kammfiltereffekte).

Vielleicht ne blöde Frage: Wie entstehen bei einer Aufnahme auf verschiedene Spuren Kammfiltereffekte?
Die Mikros beeinflussen sich doch erst mal nicht gegenseitig?
Kammfiltereffekte kenne ich bei Live-Mix wenn ich mit verschiedenen Mikes direkt mit den Signalen auf eine Summe gehe - hier "sehen" sich die Signale doch erst mal gar nicht...
 
Die Signale sehen sich spätestens dann, wenn du die Mikrofone nicht alle nur dafür benutzt, damit es besser aussieht. ;)

Sobald zwei Mikrofone im Einsatz sind, gibt es Phasenunterschiede und diese führen unweigerlich zu Klangbeeinflussungen. Man kann aber damit auch "Sound machen" - bzw. man macht es automatisch. Daher bringt es immer sehr viel, wenn man bei zwei verwendeten Mikrofonen die Abstände verändert, bis einem der Klang gut gefällt (z.B. vor einem Gitarrenamp oder an einer BD).

Problematisch wird es dann, wenn sich die Signalquelle auch noch bewegt, denn dadurch ändern sich die Laufzeiten und die Phasenverhältnisse zwischen den beiden Mikrofonen (fest stehendes und am Instrument befestigt). Diese Effekte sind dann unter Umständen besonders gut hörbar - das klingt dann meist nicht wirklich toll und kann klanglich gern mal an einen Phaser erinnern.
 
Die Phasenunterschiede machen IMHO bei der Aufnahme keinerlei Problem - und hinterher kann ich durch geeignete Maßnahmen die Kammfiltereffekte unterdrücken; bis jetzt hatte ich bei Aufnahmen auf getrennten Spuren keinerlei Probleme.
Ich MUSS ja die jeweiligen Spuren nicht gleichzeitig in den Mixdown geben; ich kann doch jederzeit entscheiden welche Signale ich in die Stereosumme mische - oder gehe ich da fehl? Jedes der Mikros hat seine eigene Spur und ich kann - wenn ich will - die Spuren stummschalten die mir nicht gefallen - wo sind da Kammfiltereffekte?
Live hab ich ja keine Probleme mit der Aussage - aber im Studio?

Wir aber jetzt zu sehr OT....
 
Wenn du ein Instrument mit drei Mikrofonen aufnimmst, um nachher nur eines zu verwenden - dann hast du eigentlich nur die Entscheidung für die beste Alternative verschoben. Das kann ja manchmal auch sinnvoll sein (oft aber auch nicht). Wie auch immer, wie ich schon sagte - SOBALD du zwei Mikrofone gleichzeitig im Mix verwendest, können die genannten Effekte auftreten und sich mehr oder weniger störend bemerkbar machen (das hat dann ja auch wieder damit zu tun, mit welchen Anteilen beide Mikrofone miteinander gemischt werden).
 
Wir aber jetzt zu sehr OT....

Seh ich nicht so, passt schon. Das ist ein wichtiger Aspekt bei den diskutierten Ansätzen mit mehreren Mikros und wir sind ja hier im "Mikrofonierung"-Unterforum, wo es um die richtige Anwendung von Mikros geht.

Zum Thema: wie der Blaubär schon sagte, das Schlüsselwort ist "gleichzeitig", wenn du nur eine Spur nimmst, gibt es auch keine Kammfilter-Effekte. Andernfalls: wenn sich der Geiger bewegt, kann man auch schwer was mit nachträglicher Delay-Korrektur der verschiedenen zusammengemixten Mikrospuren machen.

Banjo
 
wenn sich der Geiger bewegt, kann man auch schwer was mit nachträglicher Delay-Korrektur der verschiedenen zusammengemixten Mikrospuren machen.

Genau da liegt der Hund begraben. Am Schlagzeug kann ich die Laufzeiten bei wichtigen Instrumenten korrigieren (z.B. Laufzeit der SD an die OH angleichen). Aber die Snare bewegt sich ja auch nicht - der Geiger schon.
 
Ich sehe das ein wenig entspannter - der Geiger rast ja (hoffentlich) nicht wie ein Derwisch durchs Studio - wenn man halbwegs die 3:1 Regel beachtet. der Rest kann dann beim Mixdown mit Phasenversatz erledigt werden falls es wirklich störende Effekte gibt.
 
Die 3:1-Regel greift doch garnicht wenn ich das selbe Instrument aufnehme, oder?
Sobald ich das Mikro weiter weg stelle, muss ich es im Mix ja lauter pegeln.

Sie gilt doch theoretisch nur wenn ich zwei gleichlaute Instrumente nebeneinander stehen habe und jeweils ein Mikro mit gleicher Empfindlichkeit davorstelle.
 
Das Pegeln bezieht sich ja nur auf eine Spur - ob das jetzt leiser oder lauter ist egalisiert das Normalizing.

Wieso sollte ich zwei gleichlaute Instrumente mit jeweils einem Mikro gleichzeitig im Studio aufnehmen?
Die 3:1 Regel und Kammfiltereffekt:
http://www.sengpielaudio.com/Die3zu1RegelAntworten.pdf
 
Das ist mir schon bewusst ... aber da geht es darum dass die anderen Mikros eigentlich vor anderen Instrumenten stehen.
Von Normalisierung steht bei Sengpiel nichts. Stattdessen ist unten ja auch die Pegel-Differenz ausgerechnet. Wenn das Signal auf den anderen Spuren leiser ist, dann bekomme ich natürlich weniger tiefe Notches. Die Auslöschungsfrequenz liegt bei 3:1 bei 130Hz und den entsprechenden Obertönen ... das könnte mich bei manchen Instrumenten schon stören.

Wieso sollte ich zwei gleichlaute Instrumente mit jeweils einem Mikro gleichzeitig im Studio aufnehmen?
Wieso nicht? Zwei Geigen, zwei Mikros? o_O
Wenn ich kein Stereo-System aufstellen will, muss ich die 3:1 Regel beachten.
 
Die 3:1-Regel kann ich gar nicht einhalten, wenn ich ein und dasselbe Instrument mit zwei oder mehr Mikrofonen aufnehmen will.
Allenfalls, wenn ich die verschiedenen Teile eines Instruments als eigenständig betrachte und diese in Nahmikrofonierung aufnehme, kann das klappen (beim Flügel an Diskant- und Bass-Saiten, an den verschiedenen Teilen der Drums... aber an der Geige macht das kaum einen Sinn).
 
3:1 Regel ? :gruebel:
ist damit das hier gemeint ?
Technik in Ehren, aber manchmal ist es dann noch mehr das 'wie' der Performance... :D

cheers, Tom
 
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ja, dummerweise hatten sie in dem clip 2 Mikros für die Dreier-Gruppe, gibt's auch mit einem
(aber da rücken sie nicht so schön zusammen) :D
Banjo Spieler und Gitarrist/Mandoline teilen sich auch oft eins. Der Basser hat noch einen PU am K-Bass.

Die Truppe ist imho ein wirklich gutes Beispiel, wohin man sich manchmal Konventionen stecken kann.
Kommen mit praktisch jedem Setup klar, egal welche Mikros...
GMKs live auf der Bühne, der Sänger singt obendrein meist schräg von der Seite hinein.
Klingt aber immer satt und ausgewogen, mit Variationen... und war natürlich nicht bierernst gemeint ;)

cheers, Tom
 
War ja auch nie die Rede von Live.....;)
 

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