Nun habe ich die Gretsch eine Woche hier. Dass sie bleiben wird, war schon Minuten nach dem Auspacken sicher.
Die Gitarre fiel mir schon vor zwei Jahren bei einem Besuch im Music Store auf. Da hatte ich mich schon ein wenig verschossen, mangels ausreichend großem Budget durfte sie aber noch nicht mit.
Eindruck hat sie trotzdem hinterlassen, und zwar keinen Schlechten.
Es ist zwar eine einfache Sperrholz Gitarre, aber ich besitze auch ein paar vorzügliche Sperrholzukulelen, zwei davon von Gretsch.
Sperrholz ist für mich kein Ausschlusskriterium oder Makel, sofern es gut gemacht ist.
Bei Gretsch hat man das Sperrholz wohl im Griff.
Die Gitarre ist von recht einfacher Machart. Der Steg kommt ohne Pins aus, die Saiten werden einfach durch gezogen. Das gefällt mir, so gibt es weniger Fummelei beim Saitenwechsel.
Die Mechaniken sind offen und hatten nach dem Auspacken einen Tropfen Ballistol nötig. So laufen sie einwandfrei und haben erstaunlich wenig Spiel für diese Preisklasse.
Es gibt ein schmales Binding um die Decke, die dünne Linie innen ist nur aufgemalt.
Ob die Schalllochrosette nur aufgemalt oder eingelegt ist, kann ich selbst bei genauer Betrachtung nicht feststellen.
Auf der Kopfplatte weist in der Nähe des Sattels die Aufschrift "Steel reinforced neck" auf den Halsspannstab hin, den man über das Schalloch einstellen kann.
Der Lack ist tadellos, matt und gleichmäßig. Ich weiß es nicht genau, aber er fühlt sich recht dünn an. Der farbverlauf auf der decke ist schön gleichmäßig und ich sehe keine Farbspritzer im inneren.
Aus dem Karton raus war die Gitarre gut spielbar. Ich habe den Halsspannstab noch etwas nachgezogen und jetzt ist es perfekt.
Die Saitenlage ist nicht extrem niedrig, aber gut im grünen Bereich. Mir passt das, denn mit zu niedriger Saitenlage fällt mir das Slide Spiel mit dem Bottleneck schwer.
Bei vielen anderen Gitarren musste ich am Sattel und der Stegeinlage nacharbeiten, hier aber nicht. Es passt ab Werk, zumindest bei meinem Exemplar.
Etwas schade finde ich, dass es nur einen Gurtpin gibt. Befestige ich die andere Seite des Gurts an der Kopfplatte, geht es zwar halbwegs, aber ich werde wohl noch einen zweiten am Korpus anbringen müssen.
Ab Werk ist ein .012er Phosphor Bronze Saitensatz drauf, das passt gut zu der kurzen Mensur. Vielleicht probiere ich irgendwann noch einen etwas stärkeren aus.
Die 610mm Mensur kenne ich bereits von meiner Jaguar und auch wenn der Unterschied nicht gewaltig ist, fallen weite Griffe doch etwas leichter.
Da der Korpus am 12. Bund anfängt und ein Cutaway fehlt, fällt das Spielen in den höchsten lagen schwer. Dafür ist die Gitarre einfach nicht gemacht.
Nun zum Klang:
Ich hatte ihn mir leiser vorgestellt. Tatsächlich ist die Gretsch nicht wesentlich leiser als meine Dreadnougts, ihr fehlt nur verständlicherweise das Volumen bei tiefen Frequenzen.
Durchsetzen kann sie sich aber trotzdem gut, denn der Sound ist recht mittig und direkt. In der Nähe der Brücke gezupft oder geschrammelt klingt es schön fetzig, aber nicht gleich so metalisch hart wie bei meinen Dreadnoughts.
Am Hals klingt sie nicht wärmer, aber (hmm, schwer zu beschreiben) süßer als Gitarren mit längeren Mensuren. Der Klang hebt sich schon sehr deutlich von dem der längeren Mensuren ab. Er ist deutlich weniger metallisch, aber gleichzeitig nicht weniger brillant.
Durch die kompakten Abmessungen spielt sich die Jim Dandy auch dort noch bequem, wo eine Dreadnougt (und eine Jumbo erst recht) zu sperrig wäre, zum Beispiel im Auto, wenn man während der Fahrt (nicht wenn man selbst fährt) für etwas Unterhaltung sorgen möchte, auf der Couch oder in einem Sessel mit Armlehnen.
Sie ist also auch eine wunderbare Unterwegs-Gitarre, und da ist der Sperrholzkorpus auch von Vorteil, denn Sperrholz ist wesentlich unempfindlicher gegen Schwankungen der temperatur oder Luftfeuchtigkeit. In der Strahlungshitze eines Lagerfeuers hätte ich schon etwas Angst um eine massive Decke, Sperrholz steckt sowas weg.
Ich kann die Jim Dandy nur empfehlen, wenn man den Klang nicht ganz so voluminös braucht und auf überflüssigen Zierrat verzichten kann.