Graham Bonnet: Kurze Meinung erbeten

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Moin,

in den 80ern gab es eine Metal-Band namens Alcatrazz. An der Gitarre seinerzeit Yngwie Malmsteen und auch Steve Vai.

Sänger war Graham Bonnet. Er hat davor bei Rainbow gesungen.

Hier mal ein Clip zum Reinhören:

http://www.youtube.com/watch?v=K5lM3AzlBDY&feature=related


Was ich mich frage....

Technisch gesehen hört sich das für mich "falsch" an. Irgendwie nach reinem Halsgesang ohne Stütze und Einsatz von Resonatoren. Der singt doch voll auf Verschleiß?

Wie seht und hört Ihr das?

Gruß Otto
 
Eigenschaft
 
...singt seit '82 auf "Verschleiß". Trotzdem singt er immer noch gut. Es ist eben nicht alles eine Frage der Technik sondern auch der Physis. Aber es gibt dann keine Sicherheit, dass das so bleibt.

Ich fand Graham Bonnet immer eher so mittelgut, aber wenn er es heute noch kann, ist alles prima.

Richtig schlimm finde ich die Entwicklung von Lou Gramm (Ur-Foreigner). Und das hatte sich für mich eigentlich immer technisch gut angehört.

LG Jörg
 
Richtig schlimm finde ich die Entwicklung von Lou Gramm (Ur-Foreigner). Und das hatte sich für mich eigentlich immer technisch gut angehört.

Bei ihm war der körperliche Abbau und damit auch der Verlust seiner gesanglichen Fähigketen allerdings die Folge eines Hirntumors bzw dessen Behandlung, nicht unbedingt der falschen Technik.
 
Richtig gut finde ich das auch nicht. Vor allem in der Hoehe drueckt er brutal und schoen hoert sich das auch nicht mehr an.
Der Schreianteil sind die Taschenfalten, die koennen mit etwas Uebung recht schnell anspringen und nehmen im Idealfall sogar etwas Druck weg. Sie sind natuerlich ein Hinweis auf den ohnehin zu hoerenden Druck, aber an sich nicht so problematisch. (Fuer diese Art von Gesang, eine glasklare Opernstimme wuerde ich damit nicht riskieren. )

Halsgesang/Stuetze/Resonatoren:
Er singt zunaechst ganz sicher einmal stimmermuedend und mit Druck. Je nachdem wie lange und wie oft er das macht ist auch Verschleiss ziemlich sicher. Es ist wegen Mikro, Hall etc. nicht wirklich zu sagen, aber untenrum klingt das fuer mich ok. Eben wegen des Mikros ist so ein resonanzreiche, ich sag mal "Opernton", hier nicht der Massstab, weil die eigene Lautstaerke hier verstaerkt wird. Trotzdem wir er wohl ungesund laut und es ist in jedem Fall ein druckvoller Gesang.
Fuer mich ist die Stuetze eine variable Sache mit zwei Komponenten: Blasebalg und Ventil. Das Ziel ist, mit der Luft ökonomisch umzugehen und pro Menge Luft moeglichst viel Ton rauszuholen. Fuer die meisten und wohl auch Dich moeglichst ohne Druck von unten. Passives Atmen, Einatmungstendenz, ein Gefuehl von Weite etc.
Ein druckvoller Klang ergibt sich aus den Resonanzen, der feinen Technik, dem freien Schallweg. Gestuetzt /= koerperlicher Druck
Fuer mich gibt es aber eine Art druckvoller Gesang, der trotzdem noch gestuetzt ist. Naemlich indem ein bisschen mehr Druck von unten kommt, die Stimmbaender aber entsprechend gegenhalte, ohne es zu uebertreiben. (Ist also durchaus riskant und ein stueckweit wohl auch Veranlagung. )
Ein bisschen ist das aber wohl auch der Effekt beim Erlernen des klassischen Gesangs: Die Muskeln werden kraeftiger, schliessen besser und gezielter die Antagonisten entspannen sich mehr etc. Es scheint alles ganz locker und leichter zu sein als am Anfang, aber mit dem anfaenglichen Zustand haette man das wohl nicht hinbekommen.

Obenrum ist sein Gesang einfach jenseits von gut und boese, trotzdem wuerde ich ihm nicht jede Technik per se absprechen und untenrum klingt das fuer meine Begriffe, wie oben beschrieben, sogar bis zu einem gewissen Grad gestuetzt. Aber da hier wesentlich erfahrenere Saenger als ich unterwegs sind, lasse ich mich wie immer gerne eines besseren belehren.
 
Bei ihm war der körperliche Abbau und damit auch der Verlust seiner gesanglichen Fähigketen allerdings die Folge eines Hirntumors bzw dessen Behandlung, nicht unbedingt der falschen Technik.

..da wird mir Einiges klar. Armer Kerl. Sorry...:redface:

Leider hat er sich einmal im deutschen Fernsehen in äußerst schlechter Verfassung präsentiert (bzw. wurde dazu gedrängt/mit Geld gezwungen). Das war bei mir hängen geblieben.

Alles Gute Lou.

LG Jörg
 
Zu Graham Bonnet:
Habe ihn am Donnerstag (26.11.) in Essen in der Zeche Carl gesehen, wo er den oben verlinkten Song in ähnlicher Qualität zum Besten gab (in Anbetracht der Tatsache, dass zwischen den Videoaufnahmen und letztem Donnerstag mal so ca. 25 Jahre liegen und der gute Mann mittlerweile Mitte 60 sein dürfte). Aufgefallen ist mir dabei, dass er sich bei den hohen Passagen (die er ja förmlich "herausschreit") immer auf die Zehenspitzen stellt.
Ansonsten hatte er weniger Probleme mit der Stimme als viel mehr damit, sich an die Songs (Einsatz nach dem Solo/Zwischenteil) zu erinnern.
War aber trotz einiger "Fehler" mein Konzerthighlight dieses Jahr!

Gruss (und sorry für die fachlich nicht weiterführende Antwort)
TheMystery
 
Warum? Das ist doch mal eine konkrete Aussage, jenseits von Spekulationen. :)

Oder man nehme Bruce Dickinson, mittlerweile wohl auch in den 50ern.
Hat sich jahrelang hochgedrueckt und macht das teils immernoch. Hat frueher live manchmal aus dem letzten Loch gepfiffen und singt heute die Konzerte besser den je. (Mutet sich aber auch weniger zu und ist etwas vernuenftiger. ) Allerdings hat er auch eine Stimmbandoperation hinter sich (ich glaube Knoetchen.) und so mancher wuerde wohl die Haende ueber dem Kopf zusammenschlagen.
Ich denke da ist einfach ein gutes Stueck Veranlagung und Glueck dabei und empfehlen kann man so eine Art zu Singen eigentlich niemandem, der es nicht aus sich heraus einfach tut und vielleicht auch gar nicht anders kann/will. Wurde hier ja schon kuerzlich einmal angesprochen.
 
für's Protokoll: Bonnet ist 61, Dickinson 51 - wow, wie die Zeit vergeht....

Ich bin kein Bonnet-Spezialist, obwohl ich ihn früher oft gehört hab'. Was man aber bei solchen Gesellen häufig antrifft, ist ein Wechsel zwischen den Schrei- und den normalen Parts. Auf diese Weise bleibt das alles einigermaßen im Rahmen und sie können sich nach solchen Passagen wieder erholen bzw. vorher drauf vorbereiten. Aus dem Stegreif fallen mir da Tony Martin (war mal bei Black Sabbath, z.B. "Cross Purposes") oder Zach Stevens (früher bei Savatage) ein. Dann gibt's ja auch in dieser Musikrichtung reichlich Soli der anderen Jungs - auch da wird Energie getankt. Und dann hat jeder noch so seine eigenen Tricks, bei Dickinson ist mir z.B. immer das forcierte Vibrato aufgefallen, das quasi während des Singens wie eine Art Lockerungsübung funktioniert - schwer zu erklären.
Die angesprochene Physis ist natürlich ein wichtiger Punkt, man darf ja nicht übersehen, wie die Leute teilweise auf der Bühne noch herumtoben - von Touren, die ganze Jahre dauern mit fast täglichen Gigs und (mehr oder weniger) konstanter stimmlicher Leistung mal ganz abgesehen.
Aber das ist eben nur zum Teil auf Verschleiß gesungen, der Rest ist wohl durchdacht. Von der Reihenfolge der Songs bis hin zu ausgeklügelten Effekten, die's teilweise noch etwas krasser klingen lassen etc.
Besonders laut muß die Schreierei übrigens nicht sein, die effizientesten Schreihälse sind ohne Mikros oft erstaunlich leise. Mir ist das mal beim Manowar-Mann aufgefallen (Eric Adams heißt er, glaub' ich) - da ist mehr Technik drin als reine Kraft, auch wenn's in Interviews anders dargestellt wird (siehe den Film "Rockstar" :D ), sonst würde das auf Dauer auch nicht so funktionieren.

Fazit: Verschleiß ist schon dabei, aber reiner Verschleiß sieht anders aus. Die Buben wissen, was gut für sie ist, und haben den richtigen Kompromiß zwischen Feeling, Leistung, Effizienz und Ökonomie gefunden. Es gibt ja auch genügend Gegenbeispiele, bei denen das eben nicht funktioniert hat, die sind dann halt irgendwann verschwunden. Ich würde wagen zu behaupten, daß jeder, der so lange unterwegs ist und immer noch seine Leistung erbringt, nicht nur auf Verschleiß singen kann. Das geht eine Weile gut, aber keine 40 Jahre :eek:
 
Fazit: Verschleiß ist schon dabei, aber reiner Verschleiß sieht anders aus. Die Buben wissen, was gut für sie ist, und haben den richtigen Kompromiß zwischen Feeling, Leistung, Effizienz und Ökonomie gefunden. Es gibt ja auch genügend Gegenbeispiele, bei denen das eben nicht funktioniert hat, die sind dann halt irgendwann verschwunden. Ich würde wagen zu behaupten, daß jeder, der so lange unterwegs ist und immer noch seine Leistung erbringt, nicht nur auf Verschleiß singen kann. Das geht eine Weile gut, aber keine 40 Jahre :eek:

Da stimme ich Dir absolut zu.
 
Fazit: Verschleiß ist schon dabei, aber reiner Verschleiß sieht anders aus. Die Buben wissen, was gut für sie ist, und haben den richtigen Kompromiß zwischen Feeling, Leistung, Effizienz und Ökonomie gefunden. Es gibt ja auch genügend Gegenbeispiele, bei denen das eben nicht funktioniert hat, die sind dann halt irgendwann verschwunden. Ich würde wagen zu behaupten, daß jeder, der so lange unterwegs ist und immer noch seine Leistung erbringt, nicht nur auf Verschleiß singen kann. Das geht eine Weile gut, aber keine 40 Jahre :eek:

Das Dumme ist nur, dass der Grat zwischen ungefährlichem und gefährlichem Singen ein recht schmaler ist. Hinzu kommt bei Liveauftritten eine gute Portion Adrenalin, so dass auch effiziente "Schreiprofis" sich gerne mal übernehmen. Coverdale hat sich damit gerade aus ner laufenden Tour gekickt. Ich hab ihn Anfang des Jahres gesehen und da war er schon stellenweise extrem heiser, da er mit viel zu viel Power das ganze Konzert durch gesungen hat und konnte kaum noch intonieren. Das musste früher oder später so kommen. Ich hoffe nur, er erholt sich wieder vollständig.
 
...war nie mein Ding und ich mochte auch Coverdale's Art zu singen nie wirklich. Meiner Ansicht nach hätte er viel mehr von dem machen sollen, was man auf der "Starkers in Tokyo" hört. Relaxten, bluesigen Kram - die Platte ist hervorragend und paßt meiner Ansicht nach viel besser zu seiner Stimme als dieses Wiesel-dem-man-den-Hals-umdreht-Geheule.
Stimmt natürlich, auch die "Großen" übernehmen sich zuweilen. Man wird halt älter und irgendwann machen sich auch die Saufexzesse und die gerauchten Ketten mal bemerkbar, evtl. gibt's ja auch noch andere Drogenprobleme. Und wenn man dann oben erwähnte Belastungen einer großen Tour z.B. aushalten muß, ist einfach irgendwann Feierabend. Gilt ja auch für die Instrumentalisten, da sind etliche mit bei, bei denen der Chiropraktiker mitreist und während des Gigs hinter der Bühne Spalier steht oder diverse Eiskübel für die geschundenen Hände, Sauerstoffzelte, Blutwaschanlagen und Präventivamputationsmobile. Ist ja bei Sportlern genauso, die eine oder andere Meisterschaft geht halt in die Binsen und zwischendurch sind auch mal längere Erholungspausen angesagt. Trotzdem sind es erstaunliche Leistungen, die da erbracht werden und die ich zutiefst respektiere. Und es gibt Reichtum und Ruhm...
 

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