Gounod Ave Maria: Passt sich zerlegte Akkorde im (Einzelton)Bass?

Akkordeonengel
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Salve Forum,

Ich möchte Sie um Seine Meinungen, Haltungen und Ratschläge bitten. Betrifft: zerlegte Akkorde im Einzeltonbass. Wie wir wissen, ist Gounods Komposition von „Ave Maria“ auf BWV846 im Wesentlichen basiert. In der katholischen Konfession wird es recht häufig gespielt.

Häufige Praxis ist so, dass z.B. Grundbass in der linken Hand gespielt wird wobei man zerlegte Akkorde im Diskant in der rechten Hand spielt und Solo-Stimme haben Violine oder menschliche Stimme. Im Fall eines Solo-Spiels des Akkordeons, häufig nur Akkordische Spielen wirklich berücksichtigt ist.

Im Jahr 2015 hat Tatsuo Kubo eine interessante Version aufgenommen, die mich auch inspiriert hat (Video 1): Seine Giulietti hat nur Stradella Bass, doch er es sehr erfinderisch gespielt hat. Etwas Ähnliches habe ich im Einzeltonbass versucht (Video 2: 00:00 - 02:21, ab 02:24 ein Akkord-Spiel zu Vergleichen). Meine „Klangprobe“ ist nur der erste provisorische Test (im Januar 2018 durchgeführt) ohne einen Ehrgeiz für tiefere künstlerische Schönheit.

Ich suche immer nach verschiedenen Möglichkeiten, ein bestimmtes Werk zu interpretieren. Das Akkordeon bietet diese Möglichkeiten in seiner polyphonen Natur an! Es wäre schade, sie nicht zu benutzen. Aber ich möchte gerne mit anderen Musikern raten. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob diese Interpretation ein bisschen kitschig ist. In Bezug auf meine Selbstreflexion und Einsicht in die Interpretation…ich würde es gerne wissen…

Video 1 Tatsuo Kubo Bach/Gounod Ave Maria


Video 2 Mein Versuch zerlegte Akkorde versus Voll-Akkorde zu spielen. 4´ im MIII+ 16´ im Diskant, dann Tutti im MII + (16´-8´-4´) im Diskant, später (16´-8-´8O-4´).


Liebe Grüße aus der Slowakei wünscht Vladimir
 
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Wunderschön - beides!

Ich find den Klang bei der Stradellaversion sogar noch interessanter. Was damit alles machbar ist ...

Ich frage mich wie sich eine Kombi aus gebrochenen und ausgehaltenen Akkorden klingen würde.
Also Video 1 linke Seite und deine 2. Variante

Gruß

(Noten haben muss :) )
 
@Akkordeonengel Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Bin jetzt voll motiviert selbst mit dem Stück loszulegen. Mein Nachbar hat sich allerdings gerade das Heft ausgeliehen, mmh, kann jetzt gar nicht sagen, was die Bearbeitung von Gottfried Hummel hergibt.
Erstaunlich finde ich die Version mit dem Stradella-Bass; da geht doch mehr, als man so gemeinhin denkt (vgl. auch https://www.musiker-board.de/threads/neulich-bei-youtube.261493/page-76).
 
Guten Tag,

kann jetzt gar nicht sagen, was die Bearbeitung von Gottfried Hummel hergibt

Im Wesentlichen (natürlich mit geringfügigen Änderungen der Akkorde-Zerlegung) habe ich eine Orgeltranskription-Version dieses Werks benutzt, die sich auch in der IMSLP-Datenbank befindet:

https://imslp.org/wiki/Special:IMSLPImageHandler/5/54/PMLP13993-Gounod-Durand_-_Ave_Maria_-_ARRorg-bdh.pdf

Es ist frei und kostenlos verfügbar, und deshalb füge ich es auch als Anhang im PDF-Format an. Ich wünsche Ihnen viel Spaß!

Liebe Grüße, Vladimir
 

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ich find den Klang bei der Stradellaversion sogar noch interessanter.

Genau! Er hat mich auch beeindruckt. Ich denke, dass es auch mit Thema "Bassregister bei Konverter..." zusammenhängt...
Tatsuo Kubo spielt eine alte gute Giulietti. Diese Instrumente wurden in den 1960er und 1970er Jahren produziert. In Anzeigen aus dieser Zeit werden sie (zusammen mit Stradavox) als "gleichwertige Äquivalente zur GOLA" dargestellt. In jedem Fall haben diese Instrumente viel mehr feinere und klanglich höhere Kombinationen von Bass-Oktaven im Vergleich zu heutigen Instrumenten (und Anforderungen für ihre heutigen Konstruktion, die tiefere Klang-Basis bevorzugen). Aus technischer Sicht ist meine Bemerkung off-Topic, aber aus der Sicht der Akko-Spiel und Interpretation ich finde es wichtig.

Gruß, Vladimir
 
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Ich suche immer nach verschiedenen Möglichkeiten, ein bestimmtes Werk zu interpretieren.

@Akkordeonengel , deine Version die du aufgenommen hast, hat mich verblüfft und überrascht - und zwar sehr angenehm.

Das Stück ist ja nun wirklich sehr bekannt, aber die Art wie du das Stück auf dem Akkordeon wiedergegeben hast, ist dann doch eine eigenständige Fassung. Und so wie du das Stück angegangen bist, regt es (zumindest mich) zu weiteren Gedanken an wie denn das Stück auf Akkordeon klingen würde, wenn es genau umgekehrt vorgetragen würde - also die Melodiestimme im MIII und die Arpeggien im Diskant.


Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob diese Interpretation ein bisschen kitschig ist

Kitschig? - nein, überhaupt nicht!

Die Gesangsstimme in relativ tiefer Lage zu spielen, hat was. Das klingt zuerst etwas ungewohnt, weil man den Gesang von Aufnahmen her meist von Frauen gesungen kennt... welche typischerweise eher eine hohe Lage singen. Und deshalb klingt die Melodie in dieser tiefen Lage erfrischend neu. - Zumindest für mich - Aber so wie der Ton der Gesangsstimme registriert ist, klingt das wie ein Holzblasinstrument ... und ich geb s zu das triffft ganz und gar meinen Geschmack, weil diese Töne am Akkordeon so liebe. Und zusammen mit der Registerierung im MIII erhält das Stück, finde ich einen kräftigen Charakter, ohne aufdringlich zu wirken.

Zumindest die Fassung am Anfang.

Die Fassung mit den vollen Akkorden im Bass und voller Registrierung im zweiten Teil verstärkt den Eindruck des ersten Teils und bringt das Stück dann zu seinem Höhepunkt. In sofern finde ich diese Kombination konsequent, weil es das Stück im Verlauf des Vortrags steigert. Und vielleicht lässt sich diese Spielweise tatsächlich auch nur auf dem Akkordeon so spielen. Denn man kann zwar Forte und voll spielen, aber dennoch den Ton weich ansetzen und auch weich enden lassen. Im Gegensatz dazu ginge das auf dem Klavier kaum, denn der Ton würde bei einem Forte Anschlag entsprechend schlagartig einsetzen.

Doch - so nach ein paar Tagen und nach öfterem Anhören fnde ich das nach wie vor eine schöne Fassung und erfrischend anders von der Wirkung, wie man viele Fassungen dieses Stücks so kennt. :great:


Im Jahr 2015 hat Tatsuo Kubo eine interessante Version aufgenommen, die mich auch inspiriert hat (Video 1): Seine Giulietti hat nur Stradella Bass, doch er es sehr erfinderisch gespielt hat.

Die Fassung ist sehr kultiviert gespielt. keine Frage!
Was mich aber hier auch nach öfterem anhören immer noch irritiert, ist, dass der Ton nicht zum Bild passt: Die Aufnahme zeigt, einen Spieler, wie er das Stück im (Arbeits-?) Zimmer spielt und die Aufnahme hat einen deutlichen Hall und leichtes Echo, was den Klang eines großen Raums mit gut reflektierenden Wänden suggeriert. Hier sieht mein Auge was ganz anderes und das Ohr hört einen Ton der nicht mit dem erwarteten Ton des Bilds zusammenpasst. Das irritiert mich nach wie vor sehr. Das erzeugt bei mir ein leichtes Unwohlsein, weshalb ich diese Aufnahme nach wie vor nciht richtig genießen kann, auch wenn sie sehr gut gespielt und eine Idee sehr schlüssig umsetzt:nix:
 


Das Spiel von Herrn Kubo ist sicher fein. Aber was mich über die von maxito genannten Dinge bei der Interpretation von Kubo am meisten stört, sind die vom Aktavumbruch des Stradella-Basses zerhackten Arpeggien. Von diesen Arpeggien lebt doch das Stück, und gerade die werden ohne musikalische Idee allein durch die Bauart des Instrumentes verstümmelt und verunstaltet. Man kann schon mal einen "falschen" Oktavumbruch beim Stradella-Bass-Akkordeon verschmerzen. Aber wenn das wie hier geschehen in jedem Takt 2x auftritt, dann sollte man das Stück in dieser Form besser sein lassen.

Viele Samstagabendgrüße

morino47
 
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Hallo maxito,

...die Melodiestimme im MIII und die Arpeggien im Diskant.

Ich habe für ein paar Tage darüber nachgedacht. Es ist eine großartige Idee! Vor ungefähr vier Jahren habe ich so etwas mit „Sicilienne“ aus dem Konzert D-Moll von Vivaldi/BWV596 versucht. Die ersten beiden Takte habe ich gespielt, wie es geschrieben ist, aus dem dritten Takt jedoch mit Solostimme im Einzeltonbass und Akkorde (volle / zerlegte) im Diskant gespielt.

(Quelle: https://www.stretta-music.com/en/bach-sicilienne-aus-konzert-d-moll-nach-vivaldi-bwv-596-nr-366413.html )
Beispiel Vivaldi-Bach.jpg

Leider gab es ein Problem. Der Diskant meines Instruments war im Vergleich zum Bass ziemlich "heller". Interpretation des Werks hat seine Sinn und Seele nur mit einer Solo-Stimme. Als ich es mit den beiden 4´+8´ MIII-Stimmen spielte, verlor das Werk vollständig seine Einzigartigkeit…

Aufgrund dieser Erfahrung denke ich, dass es im Falle von Bach / Gounod Ave Maria schön wäre, aber nur mit solchen Kisten, die Einzeltonbassmanual viel mehr "klarer" haben (z.B. alte gute Supita B) oder mit Diskantjalousie (dreimanualige Gola). Diese Interpretationsweise hätte leider keinen Reiz und Charme auf meiner Dineta.

Liebe Grüẞe, Vladimir
 
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Aufgrund dieser Erfahrung denke ich, dass es im Falle von Bach / Gounod Ave Maria schön wäre, aber nur mit solchen Kisten, die Einzeltonbassmanual viel mehr "klarer" haben... .... Diese Interpretationsweise hätte leider keinen Reiz und Charme auf meiner Dineta.

Ok, das ist dann der Punkt bei dem das jeweilige Instrument mit ins Spiel kommt. Und ich geb dir recht, nicht jede gute Idee klingt auf jedem Instrument gleich gut. Da kenne ich die Dineta leider zu schlecht, aber ich habe auch den Eindruck, das du dir schon viele Gedanken gemacht hast wie du das Stück auf deinem Instrument am wirkungsvollsten umsetzen kannst.

Interpretation des Werks hat seine Sinn und Seele nur mit einer Solo-Stimme. Als ich es mit den beiden 4´+8´ MIII-Stimmen spielte, verlor das Werk vollständig seine Einzigartigkeit…

Das ist auch ein Punkt, wenn man ein Werk neu umsetzt: Will man eher den origininal angedachten Charakter umsetzen, oder möchte man dem Stück ganz einen eigenen Stempel aufdrücken und neu aufarbeiten.

Bei mir ist s halt so, dass bei dem Ave Maria der Gesang bei mir untrennbar mit einer klar gesungenen Frauenstimme verbunden ist - auch wenn es klasse Aufnahme mit Tenören oder auch Chören gibt. Aber das ist halt auch immer so eine Sache, was sich in einem festgesetzt hat. Von daher wäre ich vermutlich auch immer versucht, die Melodiestimme zwar kräftig, aber klar und mit wenig zusätzlichen Klangfarben zu spielen. Einchörig im 8´vielleicht auch mit Jalousie oder im 16 ´oktaviert.

Deine Version, die in die mit Tutti gespielte Passage mündet, hat allerdings auch ihre eigene schlüssige Logik, in der das im Endeffekt auf das Tutti zustrebt. Die bei deiner Fassung auch , wie ich finde, gut passt und stimmig klingt.

Das ist dann auch das schöne daran, dass es bei Musik in aller Regel mehrere Lösungen gibt, die gelungen sind, je nachdem welche Idee man verfolgt. Wenn die zielstrebig und konsequent umgesetzt wird, ist das Ergebnis, wie hier meist gut.:great:



P.S:

Aber was mich... ... bei der Interpretation von Kubo am meisten stört, sind die vom Aktavumbruch des Stradella-Basses zerhackten Arpeggien

Das habe ich ebenfalls als zumindest befremdlich empfunden. Man kann es als bewusstes Stilmittel einsetzen um das Stück noch mehr in eine eigene Schublade zu bringen, aber auch nach mehrmaligem Anhören hab ich mich nicht mit den gebrochen Arpeggien anfreunden können - es war als ob man mich einfach immer wieder auf s neue gegen den Strich bürstet und hat mir auch jedesmal wieder Unbehabgen bereitet.
 
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Guten Tag,

du dir schon viele Gedanken gemacht hast wie du das Stück auf deinem Instrument am wirkungsvollsten umsetzen kannst.

Ja, das stimmt. Eine Partitur ist für mich immer wie ein Malbuch für Kinder. Konturen sollten nie überschritten werden, aber es gibt einige Freiheit und Variabilität in den Farben. Beim Vergleich meines Spiels mit angehängter Partitur ist es klar, dass es notwendig war, sowohl im Bass als auch im Diskant einige Anpassungen zu machen, um das Werk in die Klang-Konturen meiner Kiste anzupassen. Manchmal ist es schwierig, die feinen Grenzen zwischen Schönheit und Kitsch zu erkennen. Deshalb habe ich dieses Thema auch eröffnet. Ich möchte mich allen sehr für Ihre Meinung und Hilfe bedanken! Und auch für Geduld beim Anhören der Aufnahme…

...sind die vom Oktavumbruch des Stradella-Basses zerhackten Arpeggien
Man kann schon mal einen "falschen" Oktavumbruch beim Stradella-Bass-Akkordeon verschmerzen
Das habe ich ebenfalls als zumindest befremdlich empfunden

Ich stimme zu. Ich habe mich aber gefragt, mit welchem von der Instrumente, die ich kenne, auf so "dünnes Eis" wie das Stradellabass ist, würde ich wagen zu gehen. Der einzige, den ich kenne, ist HW CantusV („normale“ Version mit kontra-G, nicht mit der „deLuxe“ Version, die tiefste kontra-E hat). Die hat nämlich voller Bassverdeck ohne Schalllöcher, hat sehr kultivierter Klang des Basses wobei eine der fünf Registerkombinationen hat nur eine feine höhere Stimme. Mit meisten Instrumenten würde ich das Werk mit Stradellabass nicht einmal versuchen. Aber nehmen Sie bitte diesen Absatz nur als eine Einschätzung der Möglichkeiten einer gewöhnlicher Osteuropäer.

Herzliche Grüße, Vladimir
 
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