Gitarren EQ Grundlagen

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Guten Morgen,

ich möchte mich mal mit EQs beschäftigen. Darauf bin ich gekommen, da ich im Internet immer mal wieder darüber gestoßen bin, als ich nach Einstellungen für einen Rectifier in meinem Headrush Gigboard gesucht habe.

Dort war immer von einem grafischen und einem parametrischen EQ die Rede. Leider absolute bömische Dörfer für mich. Daher habe ich die Hoffnung, dass mir hier die Grundlagen der Einstellungen mal näher gebracht werden könnte.

Eventuell interessiert das ja auch viele andere Gittareros.


Wo liegt der Unterschied zwischen den beiden EQs?
Wann sollte man welchen verwenden?
An welcher Stelle der Signalkette wird er in der Regel eingesetzt?

Mein parametrischer EQ hat folgende Einstellmöglichkeiten:

Gain 1
Frequenz 1
Q 1

Gain 2
Frequenz 2
Q 2

Gain 3
Frequenz 3
Q 3

Gain 4
Frequenz 4
Q4

Type 1 SHELF
Type 4 SHELF

Q heißt wohl Quality. Was es bedeutet weiß ich aber nicht wirklich. Genauso geht es mir bei den Frequenzen.

Eventuell kennt ja auch jemand eine gute Anleitung im Inet, die ich noch nicht gefunden habe.

Schon mal vielen Dank
 
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Dein parametrischer Equalizer hat offenbar 4 Kanäle, deren Verstärkung bzw. Abschwächung (Gain x) sowie Arbeitsfrequenz (Frequenz x) und Güte (Q x) einzeln variabel einstellbar sind. Du könntest also z.B. Kanal 1 so einstellen, dass bei der Frequenz 1 KHz eine Abschwächung um 6 dB mit der Flankensteilheit (Q= Güte) von 12 dB/Oktave einstellen sowie gleichzeitig einen anderen Kanal mit einer Verstärkung von 12 dB bei 5 KHz mit einer Flankensteilheit von 6 dB/Oktave. Kanäle 3 und 4 könnten weitere individuelle Einstellungen bekommen.

Ein grafisches Filter besitzt demgegenüber eine vorgegebene Palette von Reglern für festgelegte Frequenzbänder, die sich in der Verstärkung bzw. Abschwächung regeln lassen, z.B. 10 Band-Equalizer mit 10 Reglern für jeweils 1 Oktave Abdeckung.
 
Vielleicht noch eine Ergänzung.
Q/Güte bedeutet auch in gewissem Maß die Bandbreite.

Wenn du zB als Frequenz 200 Hz einstellst und mit Gain anhebst oder absenkst, werden immer auch Frequenzen beeinflusst, die neben 200 Hz liegen. Du wirst also nie nur eine Frequenz treffen.

Stell es dir vor wie eine Sinuskurve. Verläuft diese flach und rund, ist der Q Wert niedrig, du erwischst viele andere Frequenzen neben den 200 Hz.

Stellst Q höher ein, werden die Kurven steiler / spitzer und es sind weniger Frequenzen neben 200Hz betroffen.

Daher spricht man auch von der Flankensteilheit. Je steiler desto schmalbandiger wird der Bereich der gewählten Frequenz beeinflusst. Je flacher, desto mehr.

Analoge Filter sind idR nicht so steil einstellbar wie digitale, wo man auch Werte von 96 einstellen kann.
( bei digitalen ). Bei analogen sind die Werte meist 6, 12, 18 und 24.

In der Praxis heisst das, dass flache Kurven etwas musikalischer klingen, steile Kurven aber gezielter Störgeräusche entfernen lassen oder bestimmte Frequenzen anheben lassen. Bei starken Eingriffen (Gain) kann das dann auch schnell unnatürlich klingen, eher in Richtung fest eingestelltes WahWah.

Ein vollparametrischer EQ sieht aus wie eine Glocke und der Shelf Filter ( Bass oder Treble ) ist eine Kurve. Beim Shelf ist die Frequenz bei der eingegriffen wird entweder fix ( nur mit Gain regulierbar ) oder du kannst die Frequenz und Gain einstellen. Die Flankensteilheit ist dort auch fix und relativ flach.

Angenommen du stellst die Frequenz bei 10.000 Hz ein, beginnt der Eingriff auch hier nicht exakt bei 10.000 Hz. Auch dort hast du einen Teil der Frequenzen unterhalb von 10.000 Hz die mitgenommen werden. Beim Shelf Filter fällt die Kurve nach 10.000 Hz ( Beispielwert ) aber nicht mehr ab wie beim parametrischen EQ. Die Kurve verläuft danach weiter. D.h. Alles über 10.000 Hz wird zwangsläufig mit angehoben. Das ist so gewollt.
 
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Klasse Ergänzung!!! :great:
 
Wann sollte man welchen verwenden?
An welcher Stelle der Signalkette wird er in der Regel eingesetzt?
Wann man welchen verwenden sollte hängt davon ab, wie genau du das Signal beeinflussen willst. Ich persönlich benutze lieber parametrische EQs, weil ich sie viel genauer einstellen kann. Beim graphischen EQ muss man mit dem auskommen, was er einem an fest eingestellten Frequenzbändern ermöglicht.

An welcher Stelle du ihn in der Signalkette einsetzt, hängt von deinem Ziel ab. Wenn du deinem fast fertigen Sound einen Feinschliff geben willst (und das lohnt sich! Wirklich! :), dann würde ich empfehlen, einen graphischen EQ hinter die Boxensimulation zu schalten. Kurze Anleitung dazu: Ist zwar nicht gitarrenspezifisch, funktioniert aber genau so, wie es hier gezeigt wird. Hier würde ich immer, immer, immer einen A/B-Vergleich machen (EQ an/aus), um zu sehen, ob ich 1. die Änderung hören kann und mir nur eingebildet habe und ob 2. die Änderung eine Verbesserung oder Verschlechterung ist.

Wenn Verzerrung ins Spiel kommt, hat der EQ vor der Verzerrung (egal ob Pedal oder Amp) aber eine ganz andere Wirkung. Am besten probierst du es selbst mal aus, dann weißt du sofort, was ich meine. Wenn du z.B. den Bereich bei 5kHz anhebst, wird der Sound sehr viel "sägender", ohne extrem schrill zu werden, weil die Verzerrung verhindert, dass dieser Frequenzbereich viel lauter wird - er wird nur "dichter". Der gleiche EQ hinter der Verzerrung würde ganz anders klingen. Andersherum, falls ein Bereich im Frequenzspektrum bei Verzerrung irgendwie zu matschig wird, kannst du eine leichte Absenkung probieren, die das vielleicht aufräumt. Weil du den Rectifier erwähnt hast: Viele benutzen ja einen Tubescreamer davor. Der Sinn ist nicht, die Verzerrung vom Tubescreamer zu verwenden, sondern das Signal im Bassbereich auszudünnen. Was gar nicht erst in den Amp gelangt, wird nicht verzerrt und kann nicht unsauber klingen. Das lässt sich im Prinzip auch mit einem EQ erledigen.

Angenommen, du nutzt neben deinem verzerrten Rhythmussound einen Cleansound mit nem langen Hall, dann kann es sein, dass der Hall irgendeinen Frequenzbereich für deinen Geschmack überbetont. Hier könntest du einen EQ hinter den Hall schalten, um das auszugleichen. Ich hab nicht genau genug im Kopf, welche Routingmöglichkeiten das Headrush bietet. Am coolsten wäre hier, wenn du den Hall (oder was auch immer) in einen parallelen Effektweg packst und den EQ dahinterschaltest, bevor die Signalwege wieder zusammengeführt werden. Auf die Art würdest du nur das Hallsignal, aber nicht das "trockene" bearbeiten. Powerful stuff, lohnt sich.
 
Wie der Vor-Poster schrieb:
Erlaubt ist alles wenn das Ergebnis stimmt.
Ausprobieren erwünscht.
Es gibt natürlich EQ Typen oder Punkte im Signalweg, die eher typisch sind.
Allerdings hängt es vom Ziel ab.

Was immer ein guter Tipp ist, zumindest was das Mixing betrifft: Absenken/wegnehmen ist oft effektiver als anheben.

In der Praxis hat man oft eher zu viele überlappende Frequenzen bei den verschiedenen Instrumenten.
Der Mix wird transparenter, wenn man dort etwas wegnimmt, wo andere Instrumente sich schon breit gemacht haben. Typisches Beispiel sind Bass und Gitarre und der Tiefmittenbereich. Hier solltest du klar trennen.
 
Hi,

der parametrische EQ ist nicht zuletzt ein tolles Werkzeug, um verzerrte Sounds in ihrem Charakter zu verändern, indem man ihn vorschaltet. In den Griff bekommt man ihn letztlich vor allem durch Probieren und Hinhören.

Matscht der Amp, kann man die Bässe vor dem Gain absenken. Einfach mal einen kleineren bis mittleren Q-Faktor wählen, 6 dB absenken und dann die Frequenzen so etwa zwischen 40 und 200 Hz durchgehen. Da merkt man ganz gut, wo es suppt bzw. wo man es wegbekommt. Die Bässe kann man dann in der Klangregelung des Amps oder auch mit einem nachgeschalteten EQ wieder aufholen. Gerade beim Rectifier machen das ja in der Praxis viele durch das Vorschalten eines Tube Screamers, der ziemlich viele Bässe wegnimmt. Rein vom Verzerrungsgrad her braucht man ihn aber eigentlich nicht unbedingt, und der parametrische EQ wird in der Regel weniger Rauschen und Kompression produzieren.

Auch nicht schlecht ist der umgekehrte Weg: Gain etwas runter nehmen, Mitten (500 Hz - 2 kHz kommen gut) und/oder Höhen um 4-8 kHz um ein paar dB boosten. In der Funktion können aber auch stärkere Anhebungen durchaus sinnvoll sein. Auf die Weise werden die Mitten bzw. Höhen stärker verzerrt als die Bässe, die mit weniger Gain konkreter und punchiger klingen. Eignet sich auch gut zum Zuschalten für Soli, wenn man beispielsweise einen gescoopten Rhythmussound hat und Leadsounds mit dem gleichen Sound gnadenlos untergehen. Hier kann man für markante Sounds auch mal einen etwas höheren Q-Faktor von 1-2 wählen und dann die Frequenz verschieben um zu sehen, was sich im Bandsound gut durchsetzt, wo quasi die Lücke ist.

Beim Nachschalten ist ein Absenken auch mMn unkritischer, weil Anhebungen ganz gerne mal etwas künstlich klingen. Stört im Endsound ein ganz bestimmter Bereich, kann man ihn mit hohem Q-Faktor passgenau "rausschneiden". Das ist auf jeden Fall besser, als das zu kompensieren, indem man alle möglichen anderen Frequenzen anhebt.

Will man aber insgesamt etwas mehr Schärfe oder Wucht, sind Boosts natürlich schon sinnvoll. Hier klingen aber geringere Anhebungen mit niedrigerem Q-Faktor (also einem insgesamt breiteren Frequenzbereich) meist besser als ein starke Betonung einzelner Frequenzen.

Bei einem Modeller mit vielen "Amps" wird man in aller Regel auch ohne starke EQ-Beeinflussung auskommen, einfach weil meistens dann einfach ein anderes Model den Sound schon trifft. Mag man aber einen Grundcharakter enfach sehr gerne oder spielt zB mit einem eingeschleiften Röhrenpreamp, auf den man nicht verzichten will, kann man Amps schon erstaunlich verbiegen. Das bekannteste (analoge) Beispiel sind sicher die Amps der älteren Mesa Boogie Mark-Serien. Mittiger Santana-Leadsound, und die Bässe durfte man nie richtig aufdrehen, weil sie vor der Gainstufe lagen und sonst alles zu bröseln begann. Die Lösung: Bässe weit zurück, Mitten und Höhen stark aufdrehen. Mit dem dahinter geschalteten Graphic EQ in der V-Stellung (Bässe und Höhen hoch, Mitten runter) verwandelte sich das auf einmal in einen Metal-Sound, wie ihn vorher noch kein Amp produziert hatte.

In meinem Fall habe ich einen Groove Tubes Trio ins Boss GT-Pro eingeschleift, aber auch mehrere andere Röhrenpreamps. Den (für mich) besten brachialen Metal-Sound bekomme ich tatsächlich mit dem Trio, der für sich alleine zwar einen genialen Leadsound hat, aber für Heavy Rhythm allgemein eher als untauglich angesehen wird. Mit dem parametrischen EQ kann man den super zur "Metal-Wand" verbiegen, indem man die Mitten rausnimmt.

Gruß, bagotrix
 
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