Ben zen Berg
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Eine elektrische Gitarre hat so viele Fassetten, dass man als Gitarrist dazu neigt, diesen Gegenstand zu vermenschlichen. Da Gitarristen mehrheitlich männlich sind, ist die Gitarre meist nicht nur linguistisch ein Femininum. Und so sprechen wir (♂ über das Handling einer Gitarre gerne wie über eine Beziehungskiste... Hier kommt mein Bericht über mein Verhältnis zu einer gewissen Paula mit einem leicht schmuddelig klingenden Namen: VGS Eruption Select Series Speed King - natürlich in Raven Black!
Wie bin ich nur zu dieser Gitarre gekommen, wo ich doch Lichtjahre vom Metall entfernt beheimatet - ja - nicht mal ein Rocker bin? Der Name sagt ja schon deutlich, wo es hin gehen soll...
Vor Zwei Jahren habe ich zur Weihnachtszeit für einen Online-Konfigurator das Jingle Bells Theme in vier verschiedenen Musikrichtungen (klassisch, Reggae, Rock und Electro) eingespielen. Beim rocken musste ich dann schmerzlich feststellen, dass in meinem Gitarrenwald kein echtes Rock-Brett gewachsen ist. Warum eigentlich? Die Form der Les Paul gehört in meinem Bewusstsein mit zu den schönsten in der Gitarrenwelt.
Nun, ich hatte fast zehn Jahre eine '78er Ibanez Musician MC 200 DS (oft als Les Paul Killer bezeichnet) - ich bin in all den Jahren nicht wirklich warm mit dieser Gitarre geworden. Irgendwann - Ende der 80er - habe ich das Teil abgestoßen und habe seit dem eigentlich nie einen ausgewachsenen Humbucker vermisst.
Auszug aus dem '78er Ibanez-Katalog
Doch dann kamen diese Verlustängste, ausgerechnet bei einem Auftrag... Das musste geändert werden! Ein Teil der Einnahmen wanderte direkt in die Investors-Lounge. Natürlich habe ich immer mal wieder mit einer Paula liebäugelt. Aber die Klassiker??? Gold Top ist für mich Prinzen Garde und ich bin kein Karnevalist. Ich mag kein Sun Burst und eigentlich auch kein quilted Maple. Paulinchen darf also durchaus lackiert sein - wenn's denn kein Goldton ist!
Die Wahl
MIA löst bei mir als Europäer kein mehr-Wert-Gefühl aus - eine Gibson muss es nicht sein. Eine Budget-Gibson wurde von vorn herein ausgeschlossen, denn in meinem Wald steht auch eine Epiphone - das schwarze Schaf in diesem Wald. Der 'Shape' darf auch gerne etwas 'sharper' sein - ich steh' schon auf Poser-Gitarren.
Am Ende haben nur zwei Gitarren ein 'optical approval' bekommen: Ibanez ART 120 WH und VGS Eruption Select Series Speed King
Edle Zurückhaltung oder fett was auf die Augen? Ibanez Art 120 WH vs. VGS Eruption Speed King
Optisch finde ich die Ibanez etwas schöner, ich mag dieses Puristische. Nur die Position des Toggle Switch hätte man sicher besser wählen können. Ich habe mich aber gegen aktive PU'S entschieden, die sind mir viel zu hochtourig. Und Ibanez mit passiven Humbuckern - da war doch was...
Ich habe mir also den König der Geschwindigkeit bestellt, mit extravaganter Optik und die PU-Bestückung passt auch.
Est nomen omen?
Eruption?? Ja, man kann mit dieser Gitarre musikalisch schon stärkere Ausbrüche lostreten - aber eigentlich ist sie nur halbwild und oftmals doch eher von der zahmen Sorte.
Und Speed King? Ein Rallyestreifen macht noch keinen Highway Star. Da wird bei mir eigentlich sofort die Assoziationskette "Speed King -> Deep Purple -> Ritchie Blackmore -> weiße Stratocaster"; abgerufen. Das passt dann vorne und hinten nicht. Und Speed King ohne Whammy Bar ist wie Boxen Stop ohne Service Team.
Deep Purple / Ritchie Blackmore 1985 mit gewohnter weißer Strat (Quelle: commons.wikimedia.org)
Die Verarbeitung
Hätte der Chinese doch nur vorher das Anbringen der Bindings erlernt... Die Übergänge vom Hals zur Kopfplatte und an der Unterkante zum Korpus wurden sehr dilettantisch ausgeführt und anschließend mit einem nicht passenden Farbton verschlimmbessert. Auch blitzt zwischen Rallyestreifen und Binding der schwarze Lack durch. Auf dem Horn vom Cut Away ist das Binding zu dünn geraten, genau auf der Spitze schimmert der dunkle Untergrund durch. Der Verkäufer hat aber eingesehen, das es sich hier um B-Ware handelt, und mich mit 15% Preisnachlass überredet, diese Gitarre zu kaufen. Abgesehen von den Bindings ist die Gitarre sehr gut verarbeitet und mit wertiger Hardware bestückt.
Das Shaping der Eruption liegt genau zwischen LTD und dem Original
LTD EC-1000S | VGS Eruption Select Series Speed King | Gibson Les Paul 1957
Der Body hat keinen Ahorn-Aufleimer, besteht nur aus Mahagoni und ist an der dünnsten Stelle 51 mm stark - ein echt fettes Brett. Der zum Original minimal kleinere Korpus, ein Tummy Cut und die kleine Kopfplatte helfen nicht wirklich, das Gewicht zu reduzieren. Mit 4,03 kg ist das Teil schon ein schwerer Brocken. Der geleimte Mahagoni-Hals hat ein dünnes Profil, das Palisander-Griffbrett hat 22 Jumbo Frets (laut Specs). Die Frets wirken jedoch eher klein, definitiv viel kleiner als die Fender Medium-Jumbos. Die ölverkapselten Tuner machen einen sehr guten Job und sind sehr feinfühlig und präzise. Die Potis arbeiten mit genügend Widerstand und wirken gleichmäßig hörbar über den gesamten Regelweg. Das Switch arbeitet sauber, an der Tune-O-Matic Bridge nebst Stop-Tailpiece rappelt absolut nichts - kurzum alles wie es immer sein sollte.
Die Bespielbarkeit
Die VGS Eruption ist schwer, aber nicht nur deswegen spiele ich diese Gitarre lieber im sitzen - ich spiele generell lieber im sitzen. Trotz des Gewichtes ist es eine zierliche Gitarre, nicht so anschmiegsam und klein wie eine Strat, von den Ausmaßen aber deutlich kleiner als ein Jazzmaster, auch kleiner als eine Tele. Die Taille ist schmal, dadurch liegt die Gitarre sehr tief. Die untere Taille ist deutlich näher am Hals positioniert als bei meinen anderen E-Gitarren. Dadurch steht die Brücke, wenn ich die VGS beim spielen wie gewohnt auf das rechte Bein lege, gut 10 cm weiter rechts. So verdrehe ich beim Spielen meine ganze Haltung und das spühre ich schon nach kurzer Zeit. Eigentlich hat sie die Form einer klassischen 3/4 Gitarre und so kann ich sie im sitzen auch am besten spielen: in der klassischen Gitarrenhaltung.
Der dünne Hals lässt sich gut bespielen und der verwendete kleine Bunddraht erinnert mich auch ein wenig an klassische Gitarren.
Francisco Tarrega demonstriert die klassische Gitarrenhaltung (Quelle: imslp.org/wiki)
Der Sound
Die VGS Eruption Select Series wird als moderne Rock/Pop-Gitarre angeboten, mit der man auch ein bisschen auf Metall klopfen kann. Die verbauten VGS Ridgetop HBCOC-1 Humbucker machen Ihrem Namen alle Ehre und haben mehr Obertonanteile als ich erwartet habe. Diese Gitarre ist ein echter Rocker. Und das Rocken macht auf dem Speed King unsäglich viel Spaß. Oft vergesse ich dabei, was sie noch so alles drauf hat. Wieder einmal würde ich dem Metaller abraten, mit dieser Axt eine Schweißnaht zu ziehen und sie nur dann zu benutzen, wenn nichts härteres greifbar ist. Dafür kann sie auf dem Pop-Himmel heller strahlen als so mancher Single Coiler. Sie kann fließend Jazz, versteht auch Funk und ist bei leisen Tönen genau auf dem Punkt.
Aber!!!!!!! Diese Gitarre hat eine gespaltene Persönlichkeit. In der zwölf Uhr Stellung für Treble, Middle und Bass kann man gut zwischen den beiden PU's hin- und herschalten. Für mich klingt der Sound mit dieser Einstellung jedoch sehr gewöhnlich. Wenn ich die Sahne abschöpfen möchte, muss ich am Amp den Ton verstellen. Und die Einstellungen sind für Bridge und Neck PU gegenläufig. Ich mag z.B. den Neck PU mit 3-Uhr-Treb, 10-Uhr-Mid und 11-Uhr-Bass. Switch ich mit dieser Einstellung auf den Bridge-PU, falle ich in ein Loch - besonders bei den Fender Amp Typen. Der Bridge PU klingt in dieser Einstellung sehr dünn und fällt auch von der Lautstärke ab. Den Bridge PU mag ich mit einer 11-Uhr-Treb, 2-Uhr-Mid und 1-Uhr-Bass Einstellung, damit schiebt er eine richtige Druckwelle an. Switch ich dann auf den Neck PU, wandern die Tiefmitten deutlich schneller in die Zerre - je mehr Gain desto pfui! Für mich macht das die Eruption zu einer Studio-Axt. Wenn man mit dieser Gitarre auf der Bühne seinem Publikum Zuckerwatte in die Ohren stopfen möchte, sollte man schon einen Amp mit Preset-Range haben, dessen Sets man mit dem Bodentreter wählen kann.
Ich spiele fast nur über gemodelte Amps via Vox ToneLab ST - für mein Home Studio ist das die perfekte Umgebung. Für gemodelte Amps gibt es viele Pros und Cons, diese Diskussion will ich jetzt hier nicht starten. Klammern wir den HiGain-Bereich aus, dann kann man mit dem ToneLab aber sehr schnell feststellen, wo eine Gitarre hingehört. Eigentlich muss man die Eruption auf einem Marshall JTM-45 spielen, hier klingen die PU's super, super definiert. Hier kann man fast mit allen Einstellungen zwischen den Pick Ups hin und herschalten, ohne im Sumpf oder im Nirvana zu landen. In dieser super-definierten Umgebung hört man aber auch wirklich alles, was das dreckige Spielen (das für mich beim Rocken sehr wichtig ist) erschwert. Hier hört man jede auch nur leicht mitklingende Saite, deren Ton eigentlich nicht zur gewollten Summe gehört, sehr deutlich heraus. Und sauber dreckig Spielen? Da fällt mir dann doch auf, dass ich weder Rocker noch Vollprofi bin.
Fazit
Die Gitarre ist sehr gut verarbeitet, mit hochwertiger Hardware kam sie perfekt eingestellt und mit guten Saiten bei mir an. Umso mehr wundert es mich, dass diese Gitarre mit dem eher C- als B-Binding zum Händler gelangen konnte. Wurde da irgendwo die Qualitätskontrolle unterwandert??? Oder hat der Händler sie schon direkt als B-Ware eingekauft? Anyway, mit anderthalb, zwei Meter Abstand sieht man das Manko nicht mehr - ich habe den Kauf nie bereut und finde das die VGS Eruption Select Series Speed King jeden Cent wert ist. Diese Gitarre ist ultra vielseitig und liefert soundtechnische Sahneschnittchen in beachtlicher Bandbreite.
Und hier noch einige Hörproben. Da die Tage jetzt schon deutlich kürzer werden und meine Webcam nicht gerade nachtaktiv ist, sind die Videoaufnahmen schon sehr schlecht. Ich hab' versucht, das ganze mit einem tiefen Griff in die FX-Kiste zu vertuschen.
Eine elektrische Gitarre hat so viele Fassetten, dass man als Gitarrist dazu neigt, diesen Gegenstand zu vermenschlichen. Da Gitarristen mehrheitlich männlich sind, ist die Gitarre meist nicht nur linguistisch ein Femininum. Und so sprechen wir (♂ über das Handling einer Gitarre gerne wie über eine Beziehungskiste... Hier kommt mein Bericht über mein Verhältnis zu einer gewissen Paula mit einem leicht schmuddelig klingenden Namen: VGS Eruption Select Series Speed King - natürlich in Raven Black!
Wie bin ich nur zu dieser Gitarre gekommen, wo ich doch Lichtjahre vom Metall entfernt beheimatet - ja - nicht mal ein Rocker bin? Der Name sagt ja schon deutlich, wo es hin gehen soll...
Vor Zwei Jahren habe ich zur Weihnachtszeit für einen Online-Konfigurator das Jingle Bells Theme in vier verschiedenen Musikrichtungen (klassisch, Reggae, Rock und Electro) eingespielen. Beim rocken musste ich dann schmerzlich feststellen, dass in meinem Gitarrenwald kein echtes Rock-Brett gewachsen ist. Warum eigentlich? Die Form der Les Paul gehört in meinem Bewusstsein mit zu den schönsten in der Gitarrenwelt.
Nun, ich hatte fast zehn Jahre eine '78er Ibanez Musician MC 200 DS (oft als Les Paul Killer bezeichnet) - ich bin in all den Jahren nicht wirklich warm mit dieser Gitarre geworden. Irgendwann - Ende der 80er - habe ich das Teil abgestoßen und habe seit dem eigentlich nie einen ausgewachsenen Humbucker vermisst.
Auszug aus dem '78er Ibanez-Katalog
Doch dann kamen diese Verlustängste, ausgerechnet bei einem Auftrag... Das musste geändert werden! Ein Teil der Einnahmen wanderte direkt in die Investors-Lounge. Natürlich habe ich immer mal wieder mit einer Paula liebäugelt. Aber die Klassiker??? Gold Top ist für mich Prinzen Garde und ich bin kein Karnevalist. Ich mag kein Sun Burst und eigentlich auch kein quilted Maple. Paulinchen darf also durchaus lackiert sein - wenn's denn kein Goldton ist!
Die Wahl
MIA löst bei mir als Europäer kein mehr-Wert-Gefühl aus - eine Gibson muss es nicht sein. Eine Budget-Gibson wurde von vorn herein ausgeschlossen, denn in meinem Wald steht auch eine Epiphone - das schwarze Schaf in diesem Wald. Der 'Shape' darf auch gerne etwas 'sharper' sein - ich steh' schon auf Poser-Gitarren.
Am Ende haben nur zwei Gitarren ein 'optical approval' bekommen: Ibanez ART 120 WH und VGS Eruption Select Series Speed King
Edle Zurückhaltung oder fett was auf die Augen? Ibanez Art 120 WH vs. VGS Eruption Speed King
Optisch finde ich die Ibanez etwas schöner, ich mag dieses Puristische. Nur die Position des Toggle Switch hätte man sicher besser wählen können. Ich habe mich aber gegen aktive PU'S entschieden, die sind mir viel zu hochtourig. Und Ibanez mit passiven Humbuckern - da war doch was...
Ich habe mir also den König der Geschwindigkeit bestellt, mit extravaganter Optik und die PU-Bestückung passt auch.
Est nomen omen?
Eruption?? Ja, man kann mit dieser Gitarre musikalisch schon stärkere Ausbrüche lostreten - aber eigentlich ist sie nur halbwild und oftmals doch eher von der zahmen Sorte.
Und Speed King? Ein Rallyestreifen macht noch keinen Highway Star. Da wird bei mir eigentlich sofort die Assoziationskette "Speed King -> Deep Purple -> Ritchie Blackmore -> weiße Stratocaster"; abgerufen. Das passt dann vorne und hinten nicht. Und Speed King ohne Whammy Bar ist wie Boxen Stop ohne Service Team.
Deep Purple / Ritchie Blackmore 1985 mit gewohnter weißer Strat (Quelle: commons.wikimedia.org)
Die Verarbeitung
Hätte der Chinese doch nur vorher das Anbringen der Bindings erlernt... Die Übergänge vom Hals zur Kopfplatte und an der Unterkante zum Korpus wurden sehr dilettantisch ausgeführt und anschließend mit einem nicht passenden Farbton verschlimmbessert. Auch blitzt zwischen Rallyestreifen und Binding der schwarze Lack durch. Auf dem Horn vom Cut Away ist das Binding zu dünn geraten, genau auf der Spitze schimmert der dunkle Untergrund durch. Der Verkäufer hat aber eingesehen, das es sich hier um B-Ware handelt, und mich mit 15% Preisnachlass überredet, diese Gitarre zu kaufen. Abgesehen von den Bindings ist die Gitarre sehr gut verarbeitet und mit wertiger Hardware bestückt.
Das Shaping der Eruption liegt genau zwischen LTD und dem Original
LTD EC-1000S | VGS Eruption Select Series Speed King | Gibson Les Paul 1957
Der Body hat keinen Ahorn-Aufleimer, besteht nur aus Mahagoni und ist an der dünnsten Stelle 51 mm stark - ein echt fettes Brett. Der zum Original minimal kleinere Korpus, ein Tummy Cut und die kleine Kopfplatte helfen nicht wirklich, das Gewicht zu reduzieren. Mit 4,03 kg ist das Teil schon ein schwerer Brocken. Der geleimte Mahagoni-Hals hat ein dünnes Profil, das Palisander-Griffbrett hat 22 Jumbo Frets (laut Specs). Die Frets wirken jedoch eher klein, definitiv viel kleiner als die Fender Medium-Jumbos. Die ölverkapselten Tuner machen einen sehr guten Job und sind sehr feinfühlig und präzise. Die Potis arbeiten mit genügend Widerstand und wirken gleichmäßig hörbar über den gesamten Regelweg. Das Switch arbeitet sauber, an der Tune-O-Matic Bridge nebst Stop-Tailpiece rappelt absolut nichts - kurzum alles wie es immer sein sollte.
Die Bespielbarkeit
Die VGS Eruption ist schwer, aber nicht nur deswegen spiele ich diese Gitarre lieber im sitzen - ich spiele generell lieber im sitzen. Trotz des Gewichtes ist es eine zierliche Gitarre, nicht so anschmiegsam und klein wie eine Strat, von den Ausmaßen aber deutlich kleiner als ein Jazzmaster, auch kleiner als eine Tele. Die Taille ist schmal, dadurch liegt die Gitarre sehr tief. Die untere Taille ist deutlich näher am Hals positioniert als bei meinen anderen E-Gitarren. Dadurch steht die Brücke, wenn ich die VGS beim spielen wie gewohnt auf das rechte Bein lege, gut 10 cm weiter rechts. So verdrehe ich beim Spielen meine ganze Haltung und das spühre ich schon nach kurzer Zeit. Eigentlich hat sie die Form einer klassischen 3/4 Gitarre und so kann ich sie im sitzen auch am besten spielen: in der klassischen Gitarrenhaltung.
Der dünne Hals lässt sich gut bespielen und der verwendete kleine Bunddraht erinnert mich auch ein wenig an klassische Gitarren.
Francisco Tarrega demonstriert die klassische Gitarrenhaltung (Quelle: imslp.org/wiki)
Der Sound
Die VGS Eruption Select Series wird als moderne Rock/Pop-Gitarre angeboten, mit der man auch ein bisschen auf Metall klopfen kann. Die verbauten VGS Ridgetop HBCOC-1 Humbucker machen Ihrem Namen alle Ehre und haben mehr Obertonanteile als ich erwartet habe. Diese Gitarre ist ein echter Rocker. Und das Rocken macht auf dem Speed King unsäglich viel Spaß. Oft vergesse ich dabei, was sie noch so alles drauf hat. Wieder einmal würde ich dem Metaller abraten, mit dieser Axt eine Schweißnaht zu ziehen und sie nur dann zu benutzen, wenn nichts härteres greifbar ist. Dafür kann sie auf dem Pop-Himmel heller strahlen als so mancher Single Coiler. Sie kann fließend Jazz, versteht auch Funk und ist bei leisen Tönen genau auf dem Punkt.
Aber!!!!!!! Diese Gitarre hat eine gespaltene Persönlichkeit. In der zwölf Uhr Stellung für Treble, Middle und Bass kann man gut zwischen den beiden PU's hin- und herschalten. Für mich klingt der Sound mit dieser Einstellung jedoch sehr gewöhnlich. Wenn ich die Sahne abschöpfen möchte, muss ich am Amp den Ton verstellen. Und die Einstellungen sind für Bridge und Neck PU gegenläufig. Ich mag z.B. den Neck PU mit 3-Uhr-Treb, 10-Uhr-Mid und 11-Uhr-Bass. Switch ich mit dieser Einstellung auf den Bridge-PU, falle ich in ein Loch - besonders bei den Fender Amp Typen. Der Bridge PU klingt in dieser Einstellung sehr dünn und fällt auch von der Lautstärke ab. Den Bridge PU mag ich mit einer 11-Uhr-Treb, 2-Uhr-Mid und 1-Uhr-Bass Einstellung, damit schiebt er eine richtige Druckwelle an. Switch ich dann auf den Neck PU, wandern die Tiefmitten deutlich schneller in die Zerre - je mehr Gain desto pfui! Für mich macht das die Eruption zu einer Studio-Axt. Wenn man mit dieser Gitarre auf der Bühne seinem Publikum Zuckerwatte in die Ohren stopfen möchte, sollte man schon einen Amp mit Preset-Range haben, dessen Sets man mit dem Bodentreter wählen kann.
Ich spiele fast nur über gemodelte Amps via Vox ToneLab ST - für mein Home Studio ist das die perfekte Umgebung. Für gemodelte Amps gibt es viele Pros und Cons, diese Diskussion will ich jetzt hier nicht starten. Klammern wir den HiGain-Bereich aus, dann kann man mit dem ToneLab aber sehr schnell feststellen, wo eine Gitarre hingehört. Eigentlich muss man die Eruption auf einem Marshall JTM-45 spielen, hier klingen die PU's super, super definiert. Hier kann man fast mit allen Einstellungen zwischen den Pick Ups hin und herschalten, ohne im Sumpf oder im Nirvana zu landen. In dieser super-definierten Umgebung hört man aber auch wirklich alles, was das dreckige Spielen (das für mich beim Rocken sehr wichtig ist) erschwert. Hier hört man jede auch nur leicht mitklingende Saite, deren Ton eigentlich nicht zur gewollten Summe gehört, sehr deutlich heraus. Und sauber dreckig Spielen? Da fällt mir dann doch auf, dass ich weder Rocker noch Vollprofi bin.
Fazit
Die Gitarre ist sehr gut verarbeitet, mit hochwertiger Hardware kam sie perfekt eingestellt und mit guten Saiten bei mir an. Umso mehr wundert es mich, dass diese Gitarre mit dem eher C- als B-Binding zum Händler gelangen konnte. Wurde da irgendwo die Qualitätskontrolle unterwandert??? Oder hat der Händler sie schon direkt als B-Ware eingekauft? Anyway, mit anderthalb, zwei Meter Abstand sieht man das Manko nicht mehr - ich habe den Kauf nie bereut und finde das die VGS Eruption Select Series Speed King jeden Cent wert ist. Diese Gitarre ist ultra vielseitig und liefert soundtechnische Sahneschnittchen in beachtlicher Bandbreite.
Und hier noch einige Hörproben. Da die Tage jetzt schon deutlich kürzer werden und meine Webcam nicht gerade nachtaktiv ist, sind die Videoaufnahmen schon sehr schlecht. Ich hab' versucht, das ganze mit einem tiefen Griff in die FX-Kiste zu vertuschen.
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