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Revelation RLR – Les Paul Recording (Personal)
„Offenbarung“! Schon sehr mutig und verwegen, seine Firma, die sich mit dem Bau von Gitarren beschäftigt so zu nennen. Da liegen die Assoziationen, die man damit verbindet nicht fern. Nur das Beste, Besondere, Gehobene wird hier allem Anschein nach kredenzt. Schaut man sich jedoch die Preise, die für die Instrumente aufgerufen werden an, befindet man sich schlagartig am anderen Ende der Skala und zwar im Niedrigpreissegment, im dem auch die Ur-Herrin dieser Modellgattung zu finden ist, Epiphone. Auch das kann freilich eine Offenbarung der Gestalt sein „Schaut an, welche vorzügliche Gitarren wir für einen niedrigen Preis im Stande sind zu fertigen!“ (siehe Kapitel Verarbeitungsqualität).
Um ehrlich zu sein, bis vor ca. 3 Wochen kannte ich diese Firma noch gar nicht. Auch meine diesbezüglich Anfrage im Board brachte nur wenige Informationen hervor. Aufmerksam wurde ich auf das hier zu besprechende Modell durch eBay. Mir war/ist nicht ganz klar, für was das „RL“ steht, bei dem zweiten „R“ könnte ich mir die Abkürzung für Recording vorstellen. Immerhin wird einer der (nicht sonderlich erfolgreichen) Gibson Les Paul „Klassiker“ der 1970er-Jahre zitiert.
Etwas Historik:
Diese Recording basierte auf Les Paul´s (dem Musiker) Idee der Verwendung von Pickups mit niederohmiger Impedanz. Diese sind weit weniger anfälligen gegen Störgeräusche von außen, die Kabellänge spielte keine Rolle mehr und auch wird ein breiterer Frequenzgang übertragen. Die Recording war allerdings bereits das zweite Modell des Niederohmprinzips. 1969 wurde bereits die Personal auf den Markt gebracht. Ihr Nachteil bestand darin, dass man für den Betrieb an einem Standard-Amp ein Spezialkabel, dass das Signal von nieder- in hochohmig wandelte, verwenden musste. Ohne Kabel war Akustiktime angesagt.
Wenn man sich nun das Schalterlayout (Anzahl Schalter Personal: überschaubar, Recording: Boah, was ne Menge) und –optik anschaut, kommt man schnell zu dem Entschluss, dass bei der Revelation eher die Personal, als die Recording Pate stand. Allgemein bleibt zu sagen, dass den niederohmigen Modellen aus dem Hause Gibson kein Erfolg beschieden war. Nach mehr oder weniger kurzer Zeit waren alle aus den Katalogen verschwunden.
Nichtsdestotrotz sagt mir dieses Modell schon immer aus irgendwelchen Gründen zu. Ich weiß nicht, ob wegen seiner etwas verschrobenen Optik, der Pickupanordnung und- auswahl oder den Schaltelementen. Vielleicht auch, weil es sich um seltenes und nicht sonderlich beliebtes Instrument handelte. Zudem wäre es natürlich interessant gewesen, solche niederohmigen Pickups einmal in Natura zu hören.
Die alten Personal und Recording sind für solch ein Unterfangen einfach zu teuer und der Ausgang ungewiss. Nachbauten tauchen ebenfalls nicht an jeder Ecke auf, so dass diese Thema immer mal wieder neu aufkeimte, aber nie erblühen konnte. Aber wie beschrieben tauchte vor ca. 3 Wochen dieses Modell von Revelation auf und die Faszination brach erneut aus.
Huh, recht erschwinglich und siehe da, ein Shop in England bietet sogar ein preislich reduziertes Modell in Honey Burst an (ursprünglich kamen die P & R´s in Mahagonibraun daher). Nach zwei, drei Gedanken orderte ich die RLR und eine Woche später kam sie bei mir an.
Aufbau & Daten zur RLR
Korpus und Hals bestehen aus Mahagoni. Oftmals liest man allerdings auch Sapele (Sapeli). Das gehört ebenfalls zur Familie der Mahagonigewächse, stammt laut Wikipedia allerdings nicht vom Mahagonibaum, sondern stellt eine eigene Edelholzart dar. Botaniker eben! Das Griffbrett wurde ganz traditional aus Palisander gefertigt und zeigt sich recht dunkel und einheitlich. Zu vermuten, dass es eingefärbt wurde. Die Kopfplatte schäftete der Hersteller zwischen dem 1. Und 3. Bund an. Übliche Praxis in dieser Preisklasse und nicht zu kritisieren (Ressourcenschonung).
Verarbeitungsqualität
Die RLR wurde wohl in China gefertigt, ansonsten lässt sich ihr Preis nicht erklären. In den Anzeigen wird mit dem Statement „Revelation continue to take value for money to the next level with their highly sought after instruments. Most sub £300 will never play like these guitars and basses do and the build quality is astounding. New years Revelation?... Here's ours!“ und „100% UK designed wiht Alan Entwistle Pickups and switching“ geworben. In der Tat zeigt sie sich mit einwandfreiem Finish. Der Lackauftrag sauber, ohne Läufer oder Orangenhaut. Auch der Fretjob ist über jeden Zweifel erhaben. Hier stelle ich beim Spiel keine störenden Querschläger fest, alles läuft flüssig. Die Elektrik verrichtet ihren Job. Die Potis regeln sanft, jedoch mit einem gewissen Widerstand, der mir nicht missfällt, einen weiten Bereich. Ich bin nämlich keiner, der ständig mit ihnen arbeitet und so hat ein gewisser „Losbrechmoment“ bei der Bedienung durchaus seine Vorteile.
Der einzige Kritikpunkt in der Abteilung stellt die „Blackbox“ im E-Fach dar. Dies ist tatsächlich wörtlich zu nehmen, denn das schwarze Kästchen ist komplett vergossen, allerdings nicht mehr im E-Fach fixiert. Es poltert bei jeder Bewegung der Gitarre hin und her. Auf die Art und Weise kann natürlich schnell eines der dünnen Kabel abreißen. Die Fixierung mit zwei Kabelbindern schaffte jedoch Abhilfe.
Das Werks- oder Händlersetup folgte gängiger Spielpraxis. Die Saitenlage war gut eingestellt und die Gitarre „Out of the box“ sofort spielbar. Dies ist meiner Meinung nach ein wichtiger Hinweis für den Anfänger, der sich im ersten Moment mit der Geometrie einer Gitarre noch nicht sonderlich auskennt und/oder noch nicht weiß, was für ihn optimal ist.
Ich selbst habe natürlich erst einmal die Pickups auf meinen Sweetspot eingestellt und auch die Saitenlage für mich optimiert. Aber das sind alles Dinge des persönlichen Geschmacks und kann kein Hersteller dieser Welt entsprechend abbilden. Dafür gibt es zu viele Variationen und an einer Gitarre sind deswegen ja auch alle Teile beweglich!
Einen weiterer Kritikpunkt (jedoch ist der Preis nicht aus den Augen zu verlieren!) sehe ich in der verbauten Hardware bestehend aus Bridge und Stoptailpiece. Gerade die Bridge wirkte etwas hemdsärmelig auf mich (siehe Modifikationen). So reichen auch die Bolzen des STP nicht so tief in den Korpus, wie dies bei Epiphone der Fall ist. Somit wird wohl die Verwendung eines Faber-Kits nicht ohne weiteres möglich sein.
Die Stock-Pickups
… stammen wie bereits erwähnten von Herrn Alan Entwistle, der wohl lange Zeit in Diensten von Hohner stand und hören auf den Namen „NeoTron“. Dabei handelt es sich um hochohmige Humbucker, was eine Abkehr von der eigentlichen Personal/Recording-Philosophie bedeutet. Im Umkehrschluss kann man diese Gitarre damit ganz normal verwenden, da schon lange Industriestandard. Einzeln scheint es diese Pickups jedoch nicht zu geben und wurden anscheinend ausschließlich für die RLR-Modelle entwickelt. Auf der Page von Alan lassen sie sich jedenfalls nicht finden. Schade, hätte mich doch einmal interessiert, welche Magnete zum Einsatz kommen.
Modifikationen
Nach dem ersten Saitenwechsel und Einstellarbeiten stellte ich über mein Zoom G3X einen unschönen höhenreichen „Üüüü“-Zusatztone über die dicke E-Saite, der ihr den ganzen Bassschub raubte, fest. Im Verdacht hatte ich sofort die Bridge. Federn für die Einstellung der Saitenreiter, das sah in meinen Augen irgendwie suboptimal aus. Damit ich diesem Detail ohne großen Geldaufwand auf den Grund gehen konnte, bohrte ich einfach eine meiner eh nur rumliegenden Gibson-Nashville-Bridges auf das erforderliche Maß der Stoptailbolzen auf. Beim ersten Testhören stellte sich auch sofort eine festerer und fokussierterer Tone und das Fernbleiben des uncharmanten „Üüüü“ ein. Leider baut die die Nashville etwas niedriger, als die Originalbridge, so dass die Bolzen nun ein wenig aus ihr herausragen. Da sie jedoch abgerundet sind, stört es nicht weiter beim Spiel.
In absehbarer Zeit werde ich ihr auch einen Knochensattel spendieren.
Die Schaltung
Dies fand ich bei mylespauls.com über die Schaltung der RLR: Der Toggleswitch an der klassischen Position schaltet die beiden "Entwistle Neotron" Humbuckers in der bekannten Art und Weise: Hals, Hals & Steg, Steg. Der 3-Wege-Schalter bei den Potis wählt unterschiedliche Spulenkombinationen innerhalb der beiden Humbucker.
Die Schaltungsoptionen im Einzelnen:
Pos 3: volle Humbucker
Pos 2: Hals äußere Spule; Hals und innere Spule Brücke; Brücke innere Spule. (Anmerkung: dies gilt jedoch nur, wenn sich der Phasenschalter auf "IN" befindet. Wenn er auf "OUT" eingestellt ist, gilt folgende Kombination: Hals Singlecoil; Hals und Brücke äußere Spule „out of Phase“; Brücke äußere Spule)
Pos 1: Hals innere Spule; Hals innere und Brücke äußere Spule; Bridge äußere Spule. (Anmerkung: dies gilt jedoch nur, wenn sich der Phasenschalter auf „IN" befindet. Wenn er auf "OUT" eingestellt ist, gilt folgende Kombination: Hals innere Spule; Hals und Steg innere Spulen; Brücke innere Spule)
Phasenschalter: damit sind beiden Entwistle Neotron Pickups in oder out of Phase verschaltet. Dies funktioniert natürlich nur, wenn beide Pickups gleichzeitig aktiviert sind. Es ändert allerdings auch die Spulenaktivierung des Bridge-Pickups von außen- auf innenliegende Spule.
Der Smooth-Steuerung: keine normale Klangregelung, sie macht den Tone "mehr Vintage".
Density Control: dies ist eine sehr nützliche Kontrolle, da sie die Gleichstromwiderstand der Tonabnehmer ändert. Der Bridge-Humbucker mit 15 kOhm, wie eine moderner High-Gain-Pickup rollt mit dieser Steuerung bis auf 5 kOhm zurück, was ihn für Country/Rock einsetzbar macht.
Gepaart mit den Spulenauswahloptionen und reibungslose Steuerung erhält man 100 verschiedene Sounds.
Tone
Der Tone der beiden Humbucker konnte mich gleich überzeugen, bringen sie doch das, was man von einer Les Paul-artigen Gitarre erwarten zu Gehör. Hier klingt nichts blutleer oder gar hohl. Eine Balance zwischen den beiden war ebenfalls schnell gefunden. Bauartbedingt muss man jedoch das Pickguard entfernen, um an die unter Einstellschraube zu gelangen.
Der Bridge-Humbucker bietet jene aggressiv bissigen Töne, wie man sie von dort platzieren Pickups erwartet. Recht schnell in der Ansprache, beißt er sich gut durch. Der Kollege wartet mit dem wärmen Timbre, den man von einem Neck-Pickup erwartet, auf. In der Zwischenstellung wird es dann wieder bissig und je nach Balance der Volumepotis obsiegt entweder die Angriffslust oder eben das Wollige.
Die Phase-in-Schaltung bewirkt je nach verwendetem Soundwandler (Amp, POD oder sonstigem) einen kleinen Höhenschub, sodass man das Ganze ein wenig auf die vorzufindenden Gegebenheiten abstimmen kann. Die Density Control lässt den Tone weniger voll erscheinen und die Konturen treten etwas in den Hintergrund. Schließlich dünnt der zweite Toggleswitch den Tone weiter aus, was am POD und Kopfhörer etwa nagelig erscheint.
In Summe zeigt sie sich jedoch recht flexible in der Tonestruktur, aber weniger in Vielschichtigkeit. Viel mehr kann man mit ihr den Grundtone auf den Anwendungsfall abstimmen. Aber passt der Basisklang, arbeitet man mit den Schaltern effektiver, als dies mit einer einfach Klangregelung der Fall wäre. Von daher würde ich eher sagen, keine Gitarre mit 100 Sounds , sondern vielmehr ein mit etlichen Facetten, das durchaus spielfördernd sein kann.
Fazit
Eine Randgruppen-Les Paul fürwahr. Leider, Gott sei Dank (mir doch egal) nicht 100 %ig historisch korrekt, wenn es um die Ausführung der Pickups geht, aber mit dem Mojo der 1970er. Vielleicht sollte man die Personal/Recording-Reihe von Gibson als die Urahnin der später aufkommenden Gitarren mit Moog-Schaltung (RD-Serie), der Firebird X und Robot-Gitarre ansehen. Jedes Jahrzehnt brachte seine neuen Ideen. Viele davon gingen sang und klang los unter, nur die wenigstens blieben. Und dennoch zeigt dies die Innovationsfreudigkeit der Hersteller und dass noch längst nicht alle Dingen in Bezug auf die E-Gitarre erfunden wurde. Von wegen die Entwicklung war mit den 1950ern abgeschlossen!
„Offenbarung“! Schon sehr mutig und verwegen, seine Firma, die sich mit dem Bau von Gitarren beschäftigt so zu nennen. Da liegen die Assoziationen, die man damit verbindet nicht fern. Nur das Beste, Besondere, Gehobene wird hier allem Anschein nach kredenzt. Schaut man sich jedoch die Preise, die für die Instrumente aufgerufen werden an, befindet man sich schlagartig am anderen Ende der Skala und zwar im Niedrigpreissegment, im dem auch die Ur-Herrin dieser Modellgattung zu finden ist, Epiphone. Auch das kann freilich eine Offenbarung der Gestalt sein „Schaut an, welche vorzügliche Gitarren wir für einen niedrigen Preis im Stande sind zu fertigen!“ (siehe Kapitel Verarbeitungsqualität).
Um ehrlich zu sein, bis vor ca. 3 Wochen kannte ich diese Firma noch gar nicht. Auch meine diesbezüglich Anfrage im Board brachte nur wenige Informationen hervor. Aufmerksam wurde ich auf das hier zu besprechende Modell durch eBay. Mir war/ist nicht ganz klar, für was das „RL“ steht, bei dem zweiten „R“ könnte ich mir die Abkürzung für Recording vorstellen. Immerhin wird einer der (nicht sonderlich erfolgreichen) Gibson Les Paul „Klassiker“ der 1970er-Jahre zitiert.
Etwas Historik:
Diese Recording basierte auf Les Paul´s (dem Musiker) Idee der Verwendung von Pickups mit niederohmiger Impedanz. Diese sind weit weniger anfälligen gegen Störgeräusche von außen, die Kabellänge spielte keine Rolle mehr und auch wird ein breiterer Frequenzgang übertragen. Die Recording war allerdings bereits das zweite Modell des Niederohmprinzips. 1969 wurde bereits die Personal auf den Markt gebracht. Ihr Nachteil bestand darin, dass man für den Betrieb an einem Standard-Amp ein Spezialkabel, dass das Signal von nieder- in hochohmig wandelte, verwenden musste. Ohne Kabel war Akustiktime angesagt.
Wenn man sich nun das Schalterlayout (Anzahl Schalter Personal: überschaubar, Recording: Boah, was ne Menge) und –optik anschaut, kommt man schnell zu dem Entschluss, dass bei der Revelation eher die Personal, als die Recording Pate stand. Allgemein bleibt zu sagen, dass den niederohmigen Modellen aus dem Hause Gibson kein Erfolg beschieden war. Nach mehr oder weniger kurzer Zeit waren alle aus den Katalogen verschwunden.
Nichtsdestotrotz sagt mir dieses Modell schon immer aus irgendwelchen Gründen zu. Ich weiß nicht, ob wegen seiner etwas verschrobenen Optik, der Pickupanordnung und- auswahl oder den Schaltelementen. Vielleicht auch, weil es sich um seltenes und nicht sonderlich beliebtes Instrument handelte. Zudem wäre es natürlich interessant gewesen, solche niederohmigen Pickups einmal in Natura zu hören.
Die alten Personal und Recording sind für solch ein Unterfangen einfach zu teuer und der Ausgang ungewiss. Nachbauten tauchen ebenfalls nicht an jeder Ecke auf, so dass diese Thema immer mal wieder neu aufkeimte, aber nie erblühen konnte. Aber wie beschrieben tauchte vor ca. 3 Wochen dieses Modell von Revelation auf und die Faszination brach erneut aus.
Huh, recht erschwinglich und siehe da, ein Shop in England bietet sogar ein preislich reduziertes Modell in Honey Burst an (ursprünglich kamen die P & R´s in Mahagonibraun daher). Nach zwei, drei Gedanken orderte ich die RLR und eine Woche später kam sie bei mir an.
Aufbau & Daten zur RLR
Korpus und Hals bestehen aus Mahagoni. Oftmals liest man allerdings auch Sapele (Sapeli). Das gehört ebenfalls zur Familie der Mahagonigewächse, stammt laut Wikipedia allerdings nicht vom Mahagonibaum, sondern stellt eine eigene Edelholzart dar. Botaniker eben! Das Griffbrett wurde ganz traditional aus Palisander gefertigt und zeigt sich recht dunkel und einheitlich. Zu vermuten, dass es eingefärbt wurde. Die Kopfplatte schäftete der Hersteller zwischen dem 1. Und 3. Bund an. Übliche Praxis in dieser Preisklasse und nicht zu kritisieren (Ressourcenschonung).
Verarbeitungsqualität
Die RLR wurde wohl in China gefertigt, ansonsten lässt sich ihr Preis nicht erklären. In den Anzeigen wird mit dem Statement „Revelation continue to take value for money to the next level with their highly sought after instruments. Most sub £300 will never play like these guitars and basses do and the build quality is astounding. New years Revelation?... Here's ours!“ und „100% UK designed wiht Alan Entwistle Pickups and switching“ geworben. In der Tat zeigt sie sich mit einwandfreiem Finish. Der Lackauftrag sauber, ohne Läufer oder Orangenhaut. Auch der Fretjob ist über jeden Zweifel erhaben. Hier stelle ich beim Spiel keine störenden Querschläger fest, alles läuft flüssig. Die Elektrik verrichtet ihren Job. Die Potis regeln sanft, jedoch mit einem gewissen Widerstand, der mir nicht missfällt, einen weiten Bereich. Ich bin nämlich keiner, der ständig mit ihnen arbeitet und so hat ein gewisser „Losbrechmoment“ bei der Bedienung durchaus seine Vorteile.
Der einzige Kritikpunkt in der Abteilung stellt die „Blackbox“ im E-Fach dar. Dies ist tatsächlich wörtlich zu nehmen, denn das schwarze Kästchen ist komplett vergossen, allerdings nicht mehr im E-Fach fixiert. Es poltert bei jeder Bewegung der Gitarre hin und her. Auf die Art und Weise kann natürlich schnell eines der dünnen Kabel abreißen. Die Fixierung mit zwei Kabelbindern schaffte jedoch Abhilfe.
Das Werks- oder Händlersetup folgte gängiger Spielpraxis. Die Saitenlage war gut eingestellt und die Gitarre „Out of the box“ sofort spielbar. Dies ist meiner Meinung nach ein wichtiger Hinweis für den Anfänger, der sich im ersten Moment mit der Geometrie einer Gitarre noch nicht sonderlich auskennt und/oder noch nicht weiß, was für ihn optimal ist.
Ich selbst habe natürlich erst einmal die Pickups auf meinen Sweetspot eingestellt und auch die Saitenlage für mich optimiert. Aber das sind alles Dinge des persönlichen Geschmacks und kann kein Hersteller dieser Welt entsprechend abbilden. Dafür gibt es zu viele Variationen und an einer Gitarre sind deswegen ja auch alle Teile beweglich!
Einen weiterer Kritikpunkt (jedoch ist der Preis nicht aus den Augen zu verlieren!) sehe ich in der verbauten Hardware bestehend aus Bridge und Stoptailpiece. Gerade die Bridge wirkte etwas hemdsärmelig auf mich (siehe Modifikationen). So reichen auch die Bolzen des STP nicht so tief in den Korpus, wie dies bei Epiphone der Fall ist. Somit wird wohl die Verwendung eines Faber-Kits nicht ohne weiteres möglich sein.
Die Stock-Pickups
… stammen wie bereits erwähnten von Herrn Alan Entwistle, der wohl lange Zeit in Diensten von Hohner stand und hören auf den Namen „NeoTron“. Dabei handelt es sich um hochohmige Humbucker, was eine Abkehr von der eigentlichen Personal/Recording-Philosophie bedeutet. Im Umkehrschluss kann man diese Gitarre damit ganz normal verwenden, da schon lange Industriestandard. Einzeln scheint es diese Pickups jedoch nicht zu geben und wurden anscheinend ausschließlich für die RLR-Modelle entwickelt. Auf der Page von Alan lassen sie sich jedenfalls nicht finden. Schade, hätte mich doch einmal interessiert, welche Magnete zum Einsatz kommen.
Modifikationen
Nach dem ersten Saitenwechsel und Einstellarbeiten stellte ich über mein Zoom G3X einen unschönen höhenreichen „Üüüü“-Zusatztone über die dicke E-Saite, der ihr den ganzen Bassschub raubte, fest. Im Verdacht hatte ich sofort die Bridge. Federn für die Einstellung der Saitenreiter, das sah in meinen Augen irgendwie suboptimal aus. Damit ich diesem Detail ohne großen Geldaufwand auf den Grund gehen konnte, bohrte ich einfach eine meiner eh nur rumliegenden Gibson-Nashville-Bridges auf das erforderliche Maß der Stoptailbolzen auf. Beim ersten Testhören stellte sich auch sofort eine festerer und fokussierterer Tone und das Fernbleiben des uncharmanten „Üüüü“ ein. Leider baut die die Nashville etwas niedriger, als die Originalbridge, so dass die Bolzen nun ein wenig aus ihr herausragen. Da sie jedoch abgerundet sind, stört es nicht weiter beim Spiel.
In absehbarer Zeit werde ich ihr auch einen Knochensattel spendieren.
Die Schaltung
Dies fand ich bei mylespauls.com über die Schaltung der RLR: Der Toggleswitch an der klassischen Position schaltet die beiden "Entwistle Neotron" Humbuckers in der bekannten Art und Weise: Hals, Hals & Steg, Steg. Der 3-Wege-Schalter bei den Potis wählt unterschiedliche Spulenkombinationen innerhalb der beiden Humbucker.
Die Schaltungsoptionen im Einzelnen:
Pos 3: volle Humbucker
Pos 2: Hals äußere Spule; Hals und innere Spule Brücke; Brücke innere Spule. (Anmerkung: dies gilt jedoch nur, wenn sich der Phasenschalter auf "IN" befindet. Wenn er auf "OUT" eingestellt ist, gilt folgende Kombination: Hals Singlecoil; Hals und Brücke äußere Spule „out of Phase“; Brücke äußere Spule)
Pos 1: Hals innere Spule; Hals innere und Brücke äußere Spule; Bridge äußere Spule. (Anmerkung: dies gilt jedoch nur, wenn sich der Phasenschalter auf „IN" befindet. Wenn er auf "OUT" eingestellt ist, gilt folgende Kombination: Hals innere Spule; Hals und Steg innere Spulen; Brücke innere Spule)
Phasenschalter: damit sind beiden Entwistle Neotron Pickups in oder out of Phase verschaltet. Dies funktioniert natürlich nur, wenn beide Pickups gleichzeitig aktiviert sind. Es ändert allerdings auch die Spulenaktivierung des Bridge-Pickups von außen- auf innenliegende Spule.
Der Smooth-Steuerung: keine normale Klangregelung, sie macht den Tone "mehr Vintage".
Density Control: dies ist eine sehr nützliche Kontrolle, da sie die Gleichstromwiderstand der Tonabnehmer ändert. Der Bridge-Humbucker mit 15 kOhm, wie eine moderner High-Gain-Pickup rollt mit dieser Steuerung bis auf 5 kOhm zurück, was ihn für Country/Rock einsetzbar macht.
Gepaart mit den Spulenauswahloptionen und reibungslose Steuerung erhält man 100 verschiedene Sounds.
Tone
Der Tone der beiden Humbucker konnte mich gleich überzeugen, bringen sie doch das, was man von einer Les Paul-artigen Gitarre erwarten zu Gehör. Hier klingt nichts blutleer oder gar hohl. Eine Balance zwischen den beiden war ebenfalls schnell gefunden. Bauartbedingt muss man jedoch das Pickguard entfernen, um an die unter Einstellschraube zu gelangen.
Der Bridge-Humbucker bietet jene aggressiv bissigen Töne, wie man sie von dort platzieren Pickups erwartet. Recht schnell in der Ansprache, beißt er sich gut durch. Der Kollege wartet mit dem wärmen Timbre, den man von einem Neck-Pickup erwartet, auf. In der Zwischenstellung wird es dann wieder bissig und je nach Balance der Volumepotis obsiegt entweder die Angriffslust oder eben das Wollige.
Die Phase-in-Schaltung bewirkt je nach verwendetem Soundwandler (Amp, POD oder sonstigem) einen kleinen Höhenschub, sodass man das Ganze ein wenig auf die vorzufindenden Gegebenheiten abstimmen kann. Die Density Control lässt den Tone weniger voll erscheinen und die Konturen treten etwas in den Hintergrund. Schließlich dünnt der zweite Toggleswitch den Tone weiter aus, was am POD und Kopfhörer etwa nagelig erscheint.
In Summe zeigt sie sich jedoch recht flexible in der Tonestruktur, aber weniger in Vielschichtigkeit. Viel mehr kann man mit ihr den Grundtone auf den Anwendungsfall abstimmen. Aber passt der Basisklang, arbeitet man mit den Schaltern effektiver, als dies mit einer einfach Klangregelung der Fall wäre. Von daher würde ich eher sagen, keine Gitarre mit 100 Sounds , sondern vielmehr ein mit etlichen Facetten, das durchaus spielfördernd sein kann.
Fazit
Eine Randgruppen-Les Paul fürwahr. Leider, Gott sei Dank (mir doch egal) nicht 100 %ig historisch korrekt, wenn es um die Ausführung der Pickups geht, aber mit dem Mojo der 1970er. Vielleicht sollte man die Personal/Recording-Reihe von Gibson als die Urahnin der später aufkommenden Gitarren mit Moog-Schaltung (RD-Serie), der Firebird X und Robot-Gitarre ansehen. Jedes Jahrzehnt brachte seine neuen Ideen. Viele davon gingen sang und klang los unter, nur die wenigstens blieben. Und dennoch zeigt dies die Innovationsfreudigkeit der Hersteller und dass noch längst nicht alle Dingen in Bezug auf die E-Gitarre erfunden wurde. Von wegen die Entwicklung war mit den 1950ern abgeschlossen!
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