exoslime
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Liebe Leser,
Nun wieder ein Review einer Gitarre aus meiner Sammlung, einem recht aktuellem Neuzugang.
Eine Gitarre, die nicht nur optisch außergewöhnlich ist, sondern auch klanglich allerhöchste Ansprüche erfüllt und sich damit schnurstracks in meine Top 3 Player gespielt hat.
Warum ich gerade über dieses Instrument und nicht ein Anderes aus meiner Sammlung ein Review verfasse ist schnell erklärt, es gibt einfach eine Menge zu erzählen.
Beginnen wir mit der Vorgeschichte:
Von Nick Page Guitars habe ich das erste mal 2008 gehört und die Webseite besucht, als ich mich auf der Suche nach einer europäischen Alternative zu James Trussart Guitars befand.
James Trussart, der bekannt dafür ist, dass die kompletten Bodys, bzw. auch nur die Decken seiner Gitarren aus nachbehandeltem Metall sind, die graviert, geaged, verrostet und anderweitig behandelt werden, um einen ganz speziellen Look zu erzeugen der inzwischen sein Markenzeichen ist.
Dabei bin ich neben Oliver von Helliver Guitars, der u. a. mit seinen Pilot Gitarren, mit Aluminium Decken und Rücken sein eigenes Ding durchzieht, auch auf Nick Page geestoßen, der seit 1995 Gitarren baut und mehr extravagante und außergewöhnliche Geschmäcker bedient.
Auch wenn die Formen teilweise sehr klassisch und traditionell anmuten und dabei Anleihen und Inspirationen von Rickenbacker und Fender zulassen, so strahlen doch viele Modelle aus seiner Werkstatt einen Hauch von Verrücktheit aus, lassen aber zweifelsohne erkennen, dass es sich hier um eine "Nick Page" handelt.
Damals ist mir neben ein paar Teles mit Metallapplikationen speziell diese "Acid Rain" ganz besonders aufgefallen und im Gedächtnis geblieben.
Ich habe mich allerdings damals dazu entschlossen doch eine James Trussart Steelcaster Deluxe in den USA zu bestellen und das Projekt "Nick Page" damit beiseitegelegt. Einige Jahre zogen ins Land und die Acid Rain verschwand von Nicks Homepage und damit vergaß ich sie dann auch komplett.
Ende Dezember 2012 passierte es dann, als mir mein guter Freund Armin H., der auch in Berlin und nur ein paar Straßen von Nick Pages Werkstatt entfernt wohnt, mir plötzlich Fotos von dieser Acid Rain schickte. Er ist mit Nick recht gut befreundet und lässt sich gerade ein T-Custom-Order-Modell von ihm bauen. Dabei sind Armins Gedanken schon wieder viel weiter und er plant eifrig und aktuell über eine limitierte T- und S-Modell Serie bei Nick Page Guitars.
Mir blieb zuerst einmal die Spucke weg und ich fragte ihn, wo er den diese wunderschöne Gitarre ausgegraben hat?
Es ist schon ein witziger Zufall, dass er mir Fotos von genau der Gitarre geschickt hat, in die ich mich Jahre zuvor schon verguckt hatte, aber wer glaubt schon an Zufälle, und so viele Zufälle wie wir sie schon gemeinsam erlebt haben, kann es auch wirklich nicht geben, sodass man es wohl einfach nur Schicksal nennen kann.
Lange Rede kurzer Sinn, nun liegt sie bei mir! Auch wenn ich mir vorgenommen hatte absolut keine weitere Gitarre mehr zu kaufen, diese Gelegenheit wollte und konnte ich einfach nicht sausen lassen.
Lady and Gentlemen, proudly presents, the Nick Page - Acid Rain:
Wie kann man so ein Finish nicht lieben? Nun ja, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, mir gefällt diese einzigartig schöne, blausilbrige Struktur einfach wunderbar... ich könnte mit dem Schwärmen nicht aufhören, aber das wäre sicher langweilig zu lesen, deshalb weiter zur Beschreibung des guten Stücks.
Der Korpus wurde aus einem sehr leichten Stück Khaya Mahagoni gefertigt, eher ungewöhnlich für eine Gitarre diesen Typs, bei denen man ja eher gerne auf bewährte Esche oder Erle zurückgreift, aber diese Gitarre schlägt einen anderen Weg ein, wenn man von der Korpusform mal absieht und man unschwer an der Optik und dem einzelnen Tonabnehmer am Steg erkennen kann.
Nun kommt sicher gleich der Einwand, mit nur einem Tonabnehmer sei man ja sehr limitiert und ohne Halstonabnehmer fehlen unter Umständen wichtige Klangoptionen. Dieser Einwand ist ohne Zweifel richtig, eigentlich schmerzt es, wenn man es aus logischer und praxisorientierter Sicht betrachtet und sich fragt, weshalb diese Gitarre nun beispielsweise keine HSS Bestückung hat, aber HALT, hier geht ganz klar Feeling und Konzeption vor Klangoptionen und Vielseitigkeit.
Ich habe ein besonders Faible für Gitarren mit nur einem Tonabnehmer (hier, hier und hier), und auch optimaler weise mit nur einem Volume Poti. Ich arbeite sehr viel mit dem Volume Poti oder einem Volume Pedal, um damit die Verzerrung und Fatness im Verstärkerklang zu regeln, wobei ich gerne etwas zurückdrehe, um den Ton klarer und leichter zu machen, oder eben voll aufdrehe, um nochmal eine Schippe draufzulegen. Oft gehe ich soweit mit dem Regler zurück, bis ich aus dem verzerrten Kanal ein leicht angezerrtes Clean hole, das ich dann noch mit etwas Tape Delay aus dem Strymon El Capistan veredle.
Die Lackierung nennt Nick schlicht Acid Rain und das bedeutet in diesem Fall ein sehr schönes, silbrig grau-blaues Meer aus Strukturen und Verfall, in Seidenmatt mit Nitro lackiert fühlt es sich genauso gut an wie es aussieht. Es gibt von dieser Acid Rain Serie noch einige wenige andere Stücke, u.a. eine Tele die in Schwarz/Rot/Silber gehalten ist und ebenfalls umwerfend schön aussieht.
Für den Hals hat Nick ein ganz besonderes Stück American Hard Rock Maple verwendet, das er schon seit mehreren Jahre aufgehoben hatte und das er erst verwendete, als die richtige Gitarre dafür gefunden war.
Dieses Holz wurde Riffsawn geerntet, so wie es früher auch bei Leos Fender Gitarren verbaut wurde, anschließend wurde es von Nick perfekt weiterverarbeitet. Ich werfe nicht gerne mit Superlativen um mich und wer mich und meine Reviews kennt, der weiß dass ich sehr kritisch bin und das auch so schreibe, aber diese Halsform ist einfach perfekt. Ich würde ich es als ein schlankes C beschreiben. Anschließend wurde der Hals und die Kopfplatte noch mit einem hauchdünnen Special Nitro Mix lackiert, dass das Ahorn wie altes angelaufenes dunkles Gold schimmern lässt.
Für die Form der Kopfplatte stand wieder eine Fender Pate, hier wurde der Headstock Reverse angebracht und in sehr schönen Kurven ausgearbeitet, die ihm ein schwungvolles und elegantes Aussehen verleihen und noch mehr den 70/80´s Look unterstreichen. Anfangs wirkte dieser Headstock schon etwas massiv auf mich, aber im Ganzen finde ich in ihm eine sehr stimmige Ergänzung zum Rest der Gitarre, eine normale Kopfplatte würde hier einfach zu brav wirken.
Als Griffbrett kommt ein sehr dunkles Palisanderholz zum Einsatz, unauffällige Inlays aus Mother of Pearl, die ähnlich wie das Pickguard leicht vergilbt aussehen, runden das Griffbrett ab.
Die 22 Medium Size Bünde wurden vorbildlich von Hand eingesetzt, abgerichtet und abgerundet. Und auch die Gitarre wurde perfekt eingestellt, kein Schnarren und keine Dead Spot auf allen Lagen.
Wie die Griffbretteinlagen ist das Pearl White Pickguard unaufdringlich gealtert und gibt so der Gitarre einen Look und das Gefühl, als ob sie schon viel von der Welt gesehen und gehört hätte.
Allerdings wurde hier bewusst auf ein wildes Aging mit Kratzern, Riefen und Dellen verzichtet, dafür wurden alle Kanten an der Gitarre und auch am Volume Poti fein und sauber abgerundet, sodass sie abgegriffen und vertraut wirken. Alles erfüllt hier wunderbar seinen Zweck.
Als Tonabnehmer kommt ein handgewickelter Amber ´59 CrossPoint, der ein leichtes Aging, das jahrzehntelange Spielspuren imitieren soll, zum Einsatz. Sehr charakterstark und erdig, hervorragend im Crunch und Rockbereich, macht er aber auch ganz Clean keine schlechte Figur. Von Kristallklar bis zu deftigsten Rock Zerr-Sounds meistert er alles mit Bravur, löst sehr schön auf und klingt dabei harmonisch und lebendig.
ALNICO V Magneten, 8.6 Kohm und ungewachst, mit nur 1adrig abgeschirmten Kabel, aber trotz allem resistent gegen Nebengeräusche und Feedbacks. Stichwort Overwound PAF, der hier zum Einsatz kommt. Da ich selbst keine originalen PAF besitze, gespielt oder live in Natura gehört habe, kann ich hier absolut keine Referenzen ziehen, aber der Crosspoint 59 ist auf alle Fälle ein hervorragender Tonabnehmer, der eine Empfehlung verdient.
Die Eigenschaften des Pickups erinnert zudem sehr an den Wolfetone Marshallhead, mit dem hier im Forum schon einige Leute Erfahrungen gemacht haben und der ebenfalls aus Alnico V und ungewachst ist, allerdings ist meiner persönlichen Erfahrung und Einschätzung nach der Amber Crosspoint 59 eine kleine Spur zahmer und nicht ganz so heiss wie sein Kollege aus den Staaten. Auch das Timbre ist ein wenig anders.
In Sachen Transparenz und Auflösung schenken sich beide Pickups nichts, ganz großes Tennis!!
Für modernere Sounds ist der 59 CrossPoint allerdings weniger geeignet und durch die Tatsache, dass er nicht gewachst ist, klingt er sehr direkt, manchmal schon ein wenig in die Richtung P90 oder Telecaster Stegpickup und bringt damit eine ganze Spur Rotz und Dreck mit, die gerade im verzerrten Kanal mit viel Charakter und Timbre belohnen, sich aber nur sehr schwer mit einem glatten, polierten und modernen Klangbild vereinbaren lassen.
Übrigens, alle Amber 59 CrossPoint Pickups sind handgewickelte Unikate und werden mit Serien-Nummer und Zertifikat ausgeliefert.
Als Tremolo Einheit ist ein Floyd Rose der Deutschen Firma Schaller verbaut, auch hier wurde etwas nachbearbeitet, sodass die Optik leicht angelaufen wirkt. Auch wurde ein EVH D-Tuna installiert, mit dessen Hilfe die E Saite mit nur einem Zug auf D herunter gestimmt werden kann.
Besonders praktisch, wenn man z.B. nur einen Part im Song auf Drop D braucht. Damit kann man schnell rauf und runterstimmen, ohne dass man die Befestigung an der Kopfplatte öffnen muss. Wie bei allen korrekt eingestellten Floyd Rose Systemen ist auch die Acid Rain extrem stimmstabil und selbst die heftigsten Dive Bomb Orgien bringe sie nicht aus der Verfassung. Das Tremolo ist zudem aufliegend montiert, d.h. es sind nur Downbendings möglich.
Als Stimmmechaniken verrichten Kluson Deluxe Vintage Style Tuner ihren Dienst und lassen die Saiten butterweich arretieren.
Auf eine Abdeckplatte für das Tremolofach hat Nick verzichtet, aber wie man sieht wurde auch das komplette Tremolofach im Acid Rain Design auslackiert, so fällt das nicht weiter störend auf. Bei der ganzen Gitarre wurde sehr auf Details geachtet, wie beispielsweise das schöne Paisley Muster, das auf der Halsplatte eingearbeitet wurde.
Durch das sehr leichte Gewicht von ca. 3.3 kg, lässt sich diese Gitarre sehr angenehm über mehrere Stunden im Stehen spielen, aber auch im Sitzen liegt sie gut und völlig ausgewogen im Schoss. Akustisch klingt die Acid Rain schon sehr leichtfüßig und resonant, die Töne sind schnell da und klingen lange und gleichmäßig nach.
Elektrisch über meinen Splawn Quickrod gespielt, gibt sie sich keine Scheu und legt die Messlatte hoch, die Fenster beben und sie läutet die Apokalypse ein. Palmmutes kommen so kräftig und tight, dass es nur so in der Magengrube flatter. Akkorde klingen perlig und klar, sodass man noch jede Saite einzeln ausmachen kann. Singlenotes kippen fast von selbst in die Obertöne und all das mit einem schier endlosen und gleichmäßigen Sustain, dass es eine Freude ist mit ihr zu spielen.
Dreht man das Volume Poti etwas zurück, nimmt die Verzerrung ab und ein paar AC/DC Riffs donnern authentisch durch die Speaker, noch etwas weiter und wir werden durch ein schönes, leicht angezerrtes Clean belohnt.
Als ich die Gitarre in die Hand nahm und die erste Note spielte, hatte ich tatsächlich das Gefühl, als sei ein alter guter Freund nach vielen Jahren wieder nach Hause heimgekehrt, mit dem man sich viel zu erzählen hat. Als wenn keine Jahre der Trennung dazwischen liegen, sondern er erst gestern fortgegangen wäre. Genau dieses Gefühl von Vertrautheit spüre ich bei dieser Gitarre, vom ersten Moment an, als ich sie in der Hand hielt, bis zur letzten Note die ich auf ihr spiele.
Ich hoffe euch hat dieses Review gefallen und soviel Spass beim Lesen bereitet, wie es mir das niederschreiben meiner Gedanken und Eindrücke gemacht hat, und ich bin schon sehr gespannt auf eure Kommentare und Anregungen.
Nun wieder ein Review einer Gitarre aus meiner Sammlung, einem recht aktuellem Neuzugang.
Eine Gitarre, die nicht nur optisch außergewöhnlich ist, sondern auch klanglich allerhöchste Ansprüche erfüllt und sich damit schnurstracks in meine Top 3 Player gespielt hat.
Warum ich gerade über dieses Instrument und nicht ein Anderes aus meiner Sammlung ein Review verfasse ist schnell erklärt, es gibt einfach eine Menge zu erzählen.
Beginnen wir mit der Vorgeschichte:
Von Nick Page Guitars habe ich das erste mal 2008 gehört und die Webseite besucht, als ich mich auf der Suche nach einer europäischen Alternative zu James Trussart Guitars befand.
James Trussart, der bekannt dafür ist, dass die kompletten Bodys, bzw. auch nur die Decken seiner Gitarren aus nachbehandeltem Metall sind, die graviert, geaged, verrostet und anderweitig behandelt werden, um einen ganz speziellen Look zu erzeugen der inzwischen sein Markenzeichen ist.
Dabei bin ich neben Oliver von Helliver Guitars, der u. a. mit seinen Pilot Gitarren, mit Aluminium Decken und Rücken sein eigenes Ding durchzieht, auch auf Nick Page geestoßen, der seit 1995 Gitarren baut und mehr extravagante und außergewöhnliche Geschmäcker bedient.
Auch wenn die Formen teilweise sehr klassisch und traditionell anmuten und dabei Anleihen und Inspirationen von Rickenbacker und Fender zulassen, so strahlen doch viele Modelle aus seiner Werkstatt einen Hauch von Verrücktheit aus, lassen aber zweifelsohne erkennen, dass es sich hier um eine "Nick Page" handelt.
Damals ist mir neben ein paar Teles mit Metallapplikationen speziell diese "Acid Rain" ganz besonders aufgefallen und im Gedächtnis geblieben.
Ich habe mich allerdings damals dazu entschlossen doch eine James Trussart Steelcaster Deluxe in den USA zu bestellen und das Projekt "Nick Page" damit beiseitegelegt. Einige Jahre zogen ins Land und die Acid Rain verschwand von Nicks Homepage und damit vergaß ich sie dann auch komplett.
Ende Dezember 2012 passierte es dann, als mir mein guter Freund Armin H., der auch in Berlin und nur ein paar Straßen von Nick Pages Werkstatt entfernt wohnt, mir plötzlich Fotos von dieser Acid Rain schickte. Er ist mit Nick recht gut befreundet und lässt sich gerade ein T-Custom-Order-Modell von ihm bauen. Dabei sind Armins Gedanken schon wieder viel weiter und er plant eifrig und aktuell über eine limitierte T- und S-Modell Serie bei Nick Page Guitars.
Mir blieb zuerst einmal die Spucke weg und ich fragte ihn, wo er den diese wunderschöne Gitarre ausgegraben hat?
Es ist schon ein witziger Zufall, dass er mir Fotos von genau der Gitarre geschickt hat, in die ich mich Jahre zuvor schon verguckt hatte, aber wer glaubt schon an Zufälle, und so viele Zufälle wie wir sie schon gemeinsam erlebt haben, kann es auch wirklich nicht geben, sodass man es wohl einfach nur Schicksal nennen kann.
Lange Rede kurzer Sinn, nun liegt sie bei mir! Auch wenn ich mir vorgenommen hatte absolut keine weitere Gitarre mehr zu kaufen, diese Gelegenheit wollte und konnte ich einfach nicht sausen lassen.
Lady and Gentlemen, proudly presents, the Nick Page - Acid Rain:
Wie kann man so ein Finish nicht lieben? Nun ja, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, mir gefällt diese einzigartig schöne, blausilbrige Struktur einfach wunderbar... ich könnte mit dem Schwärmen nicht aufhören, aber das wäre sicher langweilig zu lesen, deshalb weiter zur Beschreibung des guten Stücks.
Der Korpus wurde aus einem sehr leichten Stück Khaya Mahagoni gefertigt, eher ungewöhnlich für eine Gitarre diesen Typs, bei denen man ja eher gerne auf bewährte Esche oder Erle zurückgreift, aber diese Gitarre schlägt einen anderen Weg ein, wenn man von der Korpusform mal absieht und man unschwer an der Optik und dem einzelnen Tonabnehmer am Steg erkennen kann.
Nun kommt sicher gleich der Einwand, mit nur einem Tonabnehmer sei man ja sehr limitiert und ohne Halstonabnehmer fehlen unter Umständen wichtige Klangoptionen. Dieser Einwand ist ohne Zweifel richtig, eigentlich schmerzt es, wenn man es aus logischer und praxisorientierter Sicht betrachtet und sich fragt, weshalb diese Gitarre nun beispielsweise keine HSS Bestückung hat, aber HALT, hier geht ganz klar Feeling und Konzeption vor Klangoptionen und Vielseitigkeit.
Ich habe ein besonders Faible für Gitarren mit nur einem Tonabnehmer (hier, hier und hier), und auch optimaler weise mit nur einem Volume Poti. Ich arbeite sehr viel mit dem Volume Poti oder einem Volume Pedal, um damit die Verzerrung und Fatness im Verstärkerklang zu regeln, wobei ich gerne etwas zurückdrehe, um den Ton klarer und leichter zu machen, oder eben voll aufdrehe, um nochmal eine Schippe draufzulegen. Oft gehe ich soweit mit dem Regler zurück, bis ich aus dem verzerrten Kanal ein leicht angezerrtes Clean hole, das ich dann noch mit etwas Tape Delay aus dem Strymon El Capistan veredle.
Die Lackierung nennt Nick schlicht Acid Rain und das bedeutet in diesem Fall ein sehr schönes, silbrig grau-blaues Meer aus Strukturen und Verfall, in Seidenmatt mit Nitro lackiert fühlt es sich genauso gut an wie es aussieht. Es gibt von dieser Acid Rain Serie noch einige wenige andere Stücke, u.a. eine Tele die in Schwarz/Rot/Silber gehalten ist und ebenfalls umwerfend schön aussieht.
Für den Hals hat Nick ein ganz besonderes Stück American Hard Rock Maple verwendet, das er schon seit mehreren Jahre aufgehoben hatte und das er erst verwendete, als die richtige Gitarre dafür gefunden war.
Dieses Holz wurde Riffsawn geerntet, so wie es früher auch bei Leos Fender Gitarren verbaut wurde, anschließend wurde es von Nick perfekt weiterverarbeitet. Ich werfe nicht gerne mit Superlativen um mich und wer mich und meine Reviews kennt, der weiß dass ich sehr kritisch bin und das auch so schreibe, aber diese Halsform ist einfach perfekt. Ich würde ich es als ein schlankes C beschreiben. Anschließend wurde der Hals und die Kopfplatte noch mit einem hauchdünnen Special Nitro Mix lackiert, dass das Ahorn wie altes angelaufenes dunkles Gold schimmern lässt.
Für die Form der Kopfplatte stand wieder eine Fender Pate, hier wurde der Headstock Reverse angebracht und in sehr schönen Kurven ausgearbeitet, die ihm ein schwungvolles und elegantes Aussehen verleihen und noch mehr den 70/80´s Look unterstreichen. Anfangs wirkte dieser Headstock schon etwas massiv auf mich, aber im Ganzen finde ich in ihm eine sehr stimmige Ergänzung zum Rest der Gitarre, eine normale Kopfplatte würde hier einfach zu brav wirken.
Als Griffbrett kommt ein sehr dunkles Palisanderholz zum Einsatz, unauffällige Inlays aus Mother of Pearl, die ähnlich wie das Pickguard leicht vergilbt aussehen, runden das Griffbrett ab.
Die 22 Medium Size Bünde wurden vorbildlich von Hand eingesetzt, abgerichtet und abgerundet. Und auch die Gitarre wurde perfekt eingestellt, kein Schnarren und keine Dead Spot auf allen Lagen.
Wie die Griffbretteinlagen ist das Pearl White Pickguard unaufdringlich gealtert und gibt so der Gitarre einen Look und das Gefühl, als ob sie schon viel von der Welt gesehen und gehört hätte.
Allerdings wurde hier bewusst auf ein wildes Aging mit Kratzern, Riefen und Dellen verzichtet, dafür wurden alle Kanten an der Gitarre und auch am Volume Poti fein und sauber abgerundet, sodass sie abgegriffen und vertraut wirken. Alles erfüllt hier wunderbar seinen Zweck.
Als Tonabnehmer kommt ein handgewickelter Amber ´59 CrossPoint, der ein leichtes Aging, das jahrzehntelange Spielspuren imitieren soll, zum Einsatz. Sehr charakterstark und erdig, hervorragend im Crunch und Rockbereich, macht er aber auch ganz Clean keine schlechte Figur. Von Kristallklar bis zu deftigsten Rock Zerr-Sounds meistert er alles mit Bravur, löst sehr schön auf und klingt dabei harmonisch und lebendig.
ALNICO V Magneten, 8.6 Kohm und ungewachst, mit nur 1adrig abgeschirmten Kabel, aber trotz allem resistent gegen Nebengeräusche und Feedbacks. Stichwort Overwound PAF, der hier zum Einsatz kommt. Da ich selbst keine originalen PAF besitze, gespielt oder live in Natura gehört habe, kann ich hier absolut keine Referenzen ziehen, aber der Crosspoint 59 ist auf alle Fälle ein hervorragender Tonabnehmer, der eine Empfehlung verdient.
Die Eigenschaften des Pickups erinnert zudem sehr an den Wolfetone Marshallhead, mit dem hier im Forum schon einige Leute Erfahrungen gemacht haben und der ebenfalls aus Alnico V und ungewachst ist, allerdings ist meiner persönlichen Erfahrung und Einschätzung nach der Amber Crosspoint 59 eine kleine Spur zahmer und nicht ganz so heiss wie sein Kollege aus den Staaten. Auch das Timbre ist ein wenig anders.
In Sachen Transparenz und Auflösung schenken sich beide Pickups nichts, ganz großes Tennis!!
Für modernere Sounds ist der 59 CrossPoint allerdings weniger geeignet und durch die Tatsache, dass er nicht gewachst ist, klingt er sehr direkt, manchmal schon ein wenig in die Richtung P90 oder Telecaster Stegpickup und bringt damit eine ganze Spur Rotz und Dreck mit, die gerade im verzerrten Kanal mit viel Charakter und Timbre belohnen, sich aber nur sehr schwer mit einem glatten, polierten und modernen Klangbild vereinbaren lassen.
Übrigens, alle Amber 59 CrossPoint Pickups sind handgewickelte Unikate und werden mit Serien-Nummer und Zertifikat ausgeliefert.
Als Tremolo Einheit ist ein Floyd Rose der Deutschen Firma Schaller verbaut, auch hier wurde etwas nachbearbeitet, sodass die Optik leicht angelaufen wirkt. Auch wurde ein EVH D-Tuna installiert, mit dessen Hilfe die E Saite mit nur einem Zug auf D herunter gestimmt werden kann.
Besonders praktisch, wenn man z.B. nur einen Part im Song auf Drop D braucht. Damit kann man schnell rauf und runterstimmen, ohne dass man die Befestigung an der Kopfplatte öffnen muss. Wie bei allen korrekt eingestellten Floyd Rose Systemen ist auch die Acid Rain extrem stimmstabil und selbst die heftigsten Dive Bomb Orgien bringe sie nicht aus der Verfassung. Das Tremolo ist zudem aufliegend montiert, d.h. es sind nur Downbendings möglich.
Als Stimmmechaniken verrichten Kluson Deluxe Vintage Style Tuner ihren Dienst und lassen die Saiten butterweich arretieren.
Auf eine Abdeckplatte für das Tremolofach hat Nick verzichtet, aber wie man sieht wurde auch das komplette Tremolofach im Acid Rain Design auslackiert, so fällt das nicht weiter störend auf. Bei der ganzen Gitarre wurde sehr auf Details geachtet, wie beispielsweise das schöne Paisley Muster, das auf der Halsplatte eingearbeitet wurde.
Durch das sehr leichte Gewicht von ca. 3.3 kg, lässt sich diese Gitarre sehr angenehm über mehrere Stunden im Stehen spielen, aber auch im Sitzen liegt sie gut und völlig ausgewogen im Schoss. Akustisch klingt die Acid Rain schon sehr leichtfüßig und resonant, die Töne sind schnell da und klingen lange und gleichmäßig nach.
Elektrisch über meinen Splawn Quickrod gespielt, gibt sie sich keine Scheu und legt die Messlatte hoch, die Fenster beben und sie läutet die Apokalypse ein. Palmmutes kommen so kräftig und tight, dass es nur so in der Magengrube flatter. Akkorde klingen perlig und klar, sodass man noch jede Saite einzeln ausmachen kann. Singlenotes kippen fast von selbst in die Obertöne und all das mit einem schier endlosen und gleichmäßigen Sustain, dass es eine Freude ist mit ihr zu spielen.
Dreht man das Volume Poti etwas zurück, nimmt die Verzerrung ab und ein paar AC/DC Riffs donnern authentisch durch die Speaker, noch etwas weiter und wir werden durch ein schönes, leicht angezerrtes Clean belohnt.
Als ich die Gitarre in die Hand nahm und die erste Note spielte, hatte ich tatsächlich das Gefühl, als sei ein alter guter Freund nach vielen Jahren wieder nach Hause heimgekehrt, mit dem man sich viel zu erzählen hat. Als wenn keine Jahre der Trennung dazwischen liegen, sondern er erst gestern fortgegangen wäre. Genau dieses Gefühl von Vertrautheit spüre ich bei dieser Gitarre, vom ersten Moment an, als ich sie in der Hand hielt, bis zur letzten Note die ich auf ihr spiele.
Ich hoffe euch hat dieses Review gefallen und soviel Spass beim Lesen bereitet, wie es mir das niederschreiben meiner Gedanken und Eindrücke gemacht hat, und ich bin schon sehr gespannt auf eure Kommentare und Anregungen.
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