Spannend dabei finde ich aber die Frage, ab wann man etwas als noch identisch, nur noch ähnlich, wann als verwandt und wann als artverschieden empfindet.
Achtung, kleiner Ausflug um meinen Punkt zu machen, ich komme unten aber wieder zum Kernthema...
Als alter Blueser - und Fan alter Blues-Songs - sehe ich den Bedarf, dass Freiheitsgrade zum "Klauen und Weiterentwickeln" von Songs durchaus spannend sein können.
Nehmt mal "Sitting On Top Of The World" von den Mississippi Sheiks (1930 veröffentlicht), "How Long, How Long" von Kokomo Arnold (1935), und "Come On In My Kitchen" von Robert Johnson (1936 aufgenommen)... oder noch davor, 1928, "How Long How Long Blues von Leroy Carr und Scrapper Blackwell...
Hier mal drei Beispiele, nur mal fix reinhören und auf die Melodie achten:
Man kann schon argumentieren, dass die Songs SEHR nahe beieinander sind, sicherlich von der Melodie/Harmonie her, auch die Struktur, aber Text sind halt angepasst.
"Damals" waren das halt jeweils "neue" Songs, weil Interpretationen neuer Künstler mit eigenem Stil und Input, und weil die Copyright-Gesetze noch nicht so weit und das Musik-Business nicht so professionell waren. Aber: Obwohl es unverkennbare gemeinsame Wurzeln dieser Songs gibt, haben sich letztlich gleich drei heutige Blues-Standards draus entwickelt. Es gibt Künstler, die alle drei Songs im Programm haben, und die kommen auch durchaus unterschiedlich rüber! Da kann man mit Arrangement und Instrumentierung und Rhythmik und Dynamik eine ganze Menge rausholen, und dementsprechend haben sich die Songs zu eigenständigen Stücken entwickelt - hatten sie ja auch fast 90 Jahre Zeit für.
HEUTE würde die Plattenfirma, die den 1928er Song rausgebracht hat, die Version von 1930 verklagen, und die Aufnahmen von 1935 und 1936 hätte es womöglich gar nicht gegeben weil "Rechteklärung zu aufwändig" und "kann ich ja nix selbst mit verdienen".
Was heißt das nun für unser BAP-Thema?
Erstmal nix, aber ich sehe das als tickende Zeitbombe. Die Rechtsanwälte der Firmen hinter Osbourne/Sabbath sind auf YouTube bekannt als große Blocker und "Demonetizer", da wird alles gemeldet was auch nur ansatzweise ein Cover sein könnte. Klar, es geht um Rechte, aber es geht eben auch um Geld. Nicht alle Firmen haben erkannt, dass es ja durchaus positiv sein kann, wenn irgendwer in seinem Schlafzimmer ein "How To Play" einer seit den 1980ern in Vergessen geratenen Rock-Combo aufnimmt... stattdessen macht man den Kreativitäts-Deckel drauf - "Wir haben's erfunden, du plagiierst, also zahl uns dafür".
Verbunden mit einem unheimlich riesigen Output von Songs heutzutage, zum Teil simpel strukturiert und mit einfachen Melodien und Harmonien, die Dank Streaming etc. nicht nur weltweit sofort auffindbar sondern auch mit KI analysierbar sind - da ist halt irgendwann mal (fast) alles schon dagewesen, die Unterschiede sind dann im Wesentlichen Stimme und Rhythmus und Instrumente... da da auch viel aus der Konserve kommt, klingt auch das immer gleicher. Ergo: Wenn ich Plattenfirma wäre, würde ich mir mit einem KI-Programm alle Kombinationen von Melodien über alle I-IV-V-iv Kombinationen bauen lassen, als Noten veröffentlichen und archivieren - und dann alle erstmal verklagen, die es wagen einen Song mit denselben Akkorden rauszubringen. Weit davon weg sind wir nicht.
In Deutschland wird das alles etwas besonnender gesehen bzw. kann auch so gesehen werden - in unserem Rechtssystem entscheiden Richter. Aber in den USA - wo immer noch viel mehr Geld im Music Business steckt als bei uns - entscheidet im Zweifel eine fachlich total unbedarfte Jury nach dem Motto "jo, klingt schon irgendwie gleich".
Kurzum - naja, lang war's eher, aber trotzdem - für mich ist der BAP-Teil schon sehr ähnlich, kann also durchaus ein unbewusstes Plagiat sein... kann halt irgendwo im Unterbewussten noch "im Ohr" gewesen sein. Wie damals bei George Harrison "My Sweet Lord" und dem Original "He's So Fine" von Ronnie Mack... oder wie Harrison damals sagte: "99% of the popular music that can be heard is reminiscent of something or other". Aber - letztlich sind die SONGS meiner Meinung nach so unterschiedlich, dass diese eine entweder "geklaute" oder "zufällig so entstandene" Linie meiner Meinung nach
kein Grund sind, hier irgendwelche Ansprüche geltend zu machen.
Aber ... erklärt das mal einer Plattenfirma die denkt "an naja, Geld ist Geld, und auch wenn's nur ne deutsche Band mit echtem Erfolg in den 1980ern ist, das war ihr grosser Mega-Hit, wird bis heute gespielt, da kommt auch nur bei ein paar Prozent Beteiligung sicher was 'rum", oder erklärt das mal einer US-Jury, denen über 27 Verhandlungstage immer wieder dieselbe Linie vorgespielt wird...