hack_meck
Lounge .&. Backstage
Vorwort:
Eigentlich kennt man sich im Hause Ibanez mit Strats recht gut aus. Durch die enge Verknüpfung mit FGN und die eigenen Modelle aus 75/76, also vor den großen Gerichtsverfahren in Japan, sowie ihren diversen Post-Lawsuite Superstratmodellen auf RG Basis, besitzen man definitiv die Kompetenz. Allerdings - und dies ist positiv hervorzuheben - haben sie sich durch ihre Aktivitäten im amerikanischen Markt und ihrer Nähe zum amerikanischen Artist durch den LA Custom Shop, auch ihr komplett eigenes Image geschaffen. Und so gibt es Musikrichtungen, bei denen man als Kunde tatsächlich erst Ibanez denkt - Chapeaux, das gelingt nur wenigen Herstellern.
Die AN2204N ist der neuste Wurf in der AZ Serie und es hat einen Moment gedauert, um diese von Modern auf Klassisch zu trimmen. Eigentlich ist die AZ konsequent auf Player ausgerichtet und hebt sich mit vielen Merkmalen von der klassischen Basis ab. Die Player der AZ Serie sind nun mal die Martin Miller's, Tim Henson's und Tom Quayle's der Welt - alle miteinander in modernen Spielformen zuhause. Letztes Jahr gab es aber für den klassischen Spieler bereits den ersten Lichtblick im Sortiment. Die Andy Timmons ATZ mit (endlich) aufliegendem Tremolo, 5 Federn, einem C Shape Hals und nicht nur für Gain geeigneten PickUps. Dieses Jahr gibt es nun die AZ2204N in drei Farben. Ich hatte die "Alt-Weiße" hier, um meine und eure Neugierde zu befriedigen.
P.S. Dieses Review enthält im unteren Teil 3 Video Parts mit Blues Sounds ... aufgenommen zusammen mit Gerd Vogel.
Back to the Roots?
Primär im Spielgefühl ein klares JA. Zumindest für mich als Blues orientierten Spieler habe ich alle Zutaten gefunden. Aufliegendes Tremolo, einen Hals bei dem ich bequem im Hendrix Style den Daumen oben rüber legen kann und eine Soundauswahl die Hendrix, Rory und Clapton - sofern ich sie denn perfekt spielen könnte - abdecken kann.
Keine Angst, es bleiben genug moderne Features übrig. Wie alle Modelle der AZ Serie besitzt sie Edelstahlbünde. Diese sind in einem Ahorn Hals mit Palisander Griffbrett verbaut. Das Ahorn ist hitzebehandelt und verändert daher seine Eigenschaft bei wechselnder Luftfeuchte nicht. Nebenbei fühlt es sich sensationell samtig an. Der Hals besitzt ein Format, wie ich es von meiner 60er Stratocaster kenne. Ein recht flaches C, ohne dabei zum D zu werden. Das Griffbrett hat einen Compound Radius erhalten (9-12). Für die PickUps wurden Seymour Duncan Fortuna gewählt/entwickelt/gewickelt. Die Fortuna haben deutlich weniger Dampf als das normale Set der AZ Serie. Durch den Humbucker in der Steg Position und die Option der zweiten Schaltungsebene (ALT Switch) hat man aber jederzeit genug Positionen mit "Druck" zur Verfügung.
Hier vielleicht noch mal die Specs am Stück:
Schauen wir genau hin:
Als Japan Modell kommt sie im sagenhaften Ibanez Case. Im Gegensatz zu vielen anderen Koffern, verrutscht da wirklich nix. Alles ist passgenau auf die Gitarre abgestimmt und der Hals liegt fast über die komplette Fläche auf. Zwei weitere Details finde ich am Koffer erwähnenswert, erledigen wir diesen Teil also gleich!
Man kann sie sicher stapeln. Die beiden Flächen verzahnen sich perfekt.
Zuerst war ich etwas verwirrt, warum ich keinen Schlüssel im Koffer gefunden habe. Für Reisen mit aufgegebenen Gepäck ist dies aber suboptimal, denn man bräuchte ein TSA Schloß (also ohne Schaden von den Sicherheitskräften zu öffnen). Am Koffer habe ich das bisher nur bei Fender am Kunststoffkoffer gesehen. Allerdings gibt es jede Menge kleine TSA taugliche Bügelschlösser. Und genau dafür ist der Koffer vorbereitet.
Im Koffer befindet sich die Bedienungsanleitung und das typische Werkzeug ...
Ok, zurück zur Gitarre ...
Der Halsspannstab wird vom Kopfende eingestellt. Zwar die bessere Lösung, aber optisch immer so eine Sache. (Bei den 70er Strats habe ich immer das Gefühl jemand will auf mich schießen) Hier ist es aber dezent gehalten. Auf dem Weg zum Sattel - der aus Knochen ist - werden zwei Saiten mit einem zusätzlich Winkel geführt um den Druck zu erhöhen. Bei den anderen Saiten reichen die in der Höhe abfallenden Tuner. Diese sind von Gothoh in der Locking Version.
Das Griffbrett hat eine sehr schöne Maserung - die Side Dots leuchten im Dunklen. Die Bünde und die Griffbrettkanten sind ordentlich verrundet und sehr angenehm zu greifen. Deadspots habe ich keine gefunden, Bendings gehen ohne FrettOut leicht von der Hand - da hilft der Compound Radius.
Kommen wir am Korpus aus Erle (Alder) an, so sieht die Vorderseite noch unspektakulär aus.
Drehen wir die Sache um, wird allerdings der viele Platz sichtbar, den man geschaffen hat, um die hohen Bünde (22 Stück) besser zu erreichen. Grade hohe Lagen spielen sich toll an der Gitarre und es hat mich da mehrfach hingezogen, obwohl ich sonst die letzten 5 Bünde meinen Mitspielern überlasse.
Mit der AZ Serie wurde ja auch der Stecker für das Gitarrenkabel an einen neuen Ort verschoben. Spielt man mit Gurt, gibt es keinen besseren Platz, denn das Kabel kann sofort zur Zugentlastung eingehängt werden. Ohne Gurt irritiert es mich optisch etwas. Abgesehen davon ist irgendwie auf der Gitarre so viel nicht "ausgefüllter Raum". Will man in Spielpausen die Gitarre in den Ständer stellen, oder an den Amp lehnen, so sollte das Kabel raus (es sei denn man hat einen Ständer, bei dem die Gitarre an der Kopfplatte gehalten wird).
Hier im Bild erkennt man deutlich, wie "sanft" das weiß der Gitarre ist. Durch den Lack kann man die Holzstruktur durchscheinen sehen. Der Lack ist Poly, fühlt sich aber sehr angenehm an. Lacknasen oder ähnliche "Schwächen" habe ich keine gefunden. Im Gegenteil, die Gitarre ist - fast schon unnatürlich - fehlerlos. Im Tremolofach befinden sich ab Werk bereits 5 Federn. Das Tremolo liegt auf dem Deck auf. Im Tremolofach sind die Federn gegen "klappern" geschützt.
Auf der anderen Seite wird das Tremolo an 2 Punkten gehalten. (Die ATZ hat da ganz klassisch 6 Schrauben - sind aber nicht alle Plätze belegt) Die Reiter haben eine sehr "handschonende" Form und die Einstellschrauben sind für den Handballen beim Abdämpfen kein Thema. Der Tremolohebel rastet sauber ein und die (Dreh-)Beweglichkeit kann easy eingestellt werden. Schön wenn man mal keinen Imbus suchen muss, um an die versteckte Schraube ranzukommen, während man den Hebel des Tremolos mit der anderen Hand hochdrückt.
Kommen wir zu den Möglichkeiten der PickUps und den sich ergebenden Sounds ...
Master Volume und Master Tone regeln alle PU Stellungen. Der Regelweg ist gut und ohne dramatischen Höhenverlust. Mit dem Kippschalter kann man zwischen den beiden Ebenen umschalten. Ist der Schalter Richtung Heck gelegt, befindet man sich im "Normalzustand". (P.S. - ja, ich habe die Folie drauf gelassen - ich warte selbst auf die Version in "blau" und hatte diese hier im Vorfeld zum Test)
Die erste Ebene ist klassisch für SSH ... in der Ebene 2 ist die Neckposition hilfreich wenn man im reinen SC zu viel Einstrahlung einfängt. Sie ist zwar minimal weniger klar, aber dafür leise. In den Videos könnt ihr die Auswirkungen hören. Die jeweilige Schalterstellung ist eingeblendet.
Videos und Sounds:
Bevor ich meine Meinung zum Ton sage, lasse ich euch erst mal die Videos hören. Durch die Notwendigkeit das Umschalten irgendwie mit einzubauen vielleicht nicht mehr ganz so musikalisch, aber das Zuhören sollte trotzdem Spaß machen.
Verwendet wurde mein Fender Deluxe Reverb RI, der grade frisch von der Revision beim Tube Amp Doctor (mit denen ich im Sommer noch ne Factory Tour plane) zurück gekommen ist. Genommen als Clean Basis bei VOL ca. 3. (ab 4 bricht meiner auf). Klassisch abgenommen mit Mikro vor der Membran. Via Apollo Twin und Mikro Pre-Amp in Garageband. Das Backing wurde im Raum von meinen Focal Monitoren ausgegeben und es gibt auf der Mikrospur des Amps kein "Übersprechen" (90 Grad Winkel).
Angeschoben haben mit einem Laney TI Boost für den "Clean" Part ... der dann für den "bissigen Crunch" Hilfe vom Walrus 385 bekommen hat. Für den "Cremigen Crunch" war der Boss Waza Blues Driver in der Custom Stellung zuständig.
IBANEZ AZ2204N - Clean ...
IBANEZ AZ2204N - "bissiger Crunch" (Walrus 385)
IBANEZ AZ2204N - "cremiger Crunch" (Boss Blues Driver) ... mit Slide Part am Ende ...
Soundeinschätzung:
Sie befindet sich voll im "Ballpark" Strat. Eher auf der modernen und etwas auf Mitten ausgerichteten - oder ist das schlicht der Preis für die Noiseless in den aktuellen Stratocastern - Seite. Die Ibanez hat daher in meiner Wahrnehmung, bei guter Auflösung und Seitentrennung, eine Mittennase. Im Clean klingt sie dadurch nicht so "glockig" wie meine Fender CS oder Tom Anderson Icon (die aber noch mal ne andere Preisliga sind). Ob man es jetzt ihrem Gewicht,
... dem Poly statt Nitro oder den PU und der Schaltung zuschreiben mag . Spätestens ab Crunch, sind aber alle Töne mit an Board die es braucht. Sie bleibt dann aber trotzdem etwas weicher, als die getriebene Strat.
Ich lege hier noch mal den Track gespielt via Laney LA30 und abgenommen via Universal Audio dazu. Den habe ich im Blues Jam (User Musik), zum "warm werden" mit Gitarre und Track für das Review, verwendet. Ideen sammeln Jam Take . Am Start die gleichen Pedale wie oben + mein Sweet Honey (Low Gain OD)
Fazit:
Eine moderne aber trotzdem klassische Strat Interpretation in toller Verarbeitung und mit solidem Ton. Tonal etwas auf der mittigen Seite, wird sie ab Crunch richtig stark. Das Paket stimmt . In der Japan Variante nicht günstig, aber preiswert und wer auf die F Attribute verzichten kann, hat hier ein Werkzeug mit dem er lange und viel Spaß haben wird.
Gruß
Martin
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