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Harley Benton SC-Custom III Purple Burst
Vorbemerkung: Was ist neu?
Es ist schon erstaunlich, wie breit die Single Cut Serien von Harley Benton bereits aufgestellt sind. Scheinbar geht der Innovationswahn auch an Thomann nicht vorüber. Da erinnert man sich an die »SC Junior«, die »SC Special«, die »SC-200 Student Series«, die »SC-400 Classic Series«, die »SC-450 Classic Series«, die »SC-450Plus Vintage Series«, die »SC-500 Vintage Series«, die »SC-550 II«, die »SC-550 Plus«, die »SC-1000 Progressive Line« oder an die »Agufish STD Signature« im SC-Design. Da ist man dann schon gespannt, was die neue »SC-Custom III Serie« mit ihren Spielarten »SC-Custom Plus« und »Agufish Custom Signature« an Änderungen bzw. an Innovationen zu bieten haben. Offenbar hat nun auch Harley Benton die Zugkraft des Begriffs »Custom« für sich entdeckt, mit dem sich so manche, an Prestige orientierte Konsumenten, um den Finger wickeln lassen. Dabei hat man doch eher den Eindruck, dass das, was unter den Schlagwörtern Innovation und Upgrade angepriesen wird, simple Änderungen der Spezifikationen im Vergleich zu den Spezifikationen der Vorgängermodelle sind. Was dann jemand als Update empfindet, verliert sich im Wald der Subjektivität. Willkommen im Club, der den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr überblicken kann. Was kann man also von diesem Review erwarten?
Vorbemerkung: Worum geht es hier?
Ich schildere in diesem Review meine persönlichen Eindrücke zu den Spezifikationen der »Harley Benton SC-Custom III«, in meinem Fall der »Purple Burst«, zur Verarbeitung, zur Bespielbarkeit und im Praxisteil zum Klang. Es ist mir einmal mehr nicht gelungen, den Staub und die Spiegelungen der Umgebung sauber zu entfernen. Asche über mein Haupt. Jedoch gibt es den Praxisteil mit Gegenüberstellung:
Soundtechnisch stelle ich die »Harley Benton SC-Custom III Purple Burst« im Praxisteil der »Harley Benton SC-550 II BCF (Black Cherry Flame)« und einer »Gibson Les Paul Studio 2012« gegenüber.
Vorbemerkung: Warum die »Harley Benton SC-Custom III« in Purple Burst?
Für die »HB SC-Custom III« habe ich mich in erster Linie aus optischen Gründen entschieden. Prinzipiell finde ich das Les Paul Design sehr ansprechend, außerdem gefällt mir der Farbton violett ausgesprochen gut. Da ich Gibson Gitarren überteuert finde und Harley Benton eine herausragende Qualität zu einem sehr günstigen Preis bietet, fiel meine Wahl auf die »Harley Benton SC-Custom III« in Purple Burst. Die Coil Split Funktion fand ich zudem als nettes Add On. Nicht ausschlaggebend, nicht essentiell, aber nice to have.
Erster optischer Eindruck
Die »Harley Benton SC-Custom III« präsentiert sich als Single-Cut E-Gitarre, einerseits im klassischen Les Paul Design, andererseits weicht sie in einigen Details doch deutlich davon ab. Da sind einerseits nur drei Regler anstelle der traditionellen vier. Zum anderen weicht die Headstock Lackierung naturgemäß ab, zum anderen findet man nun ein neues Logo-Design auf der Kopfplatte. Das Griffbrett unterscheidet sich gravierend von den Produktfotos auf der Thomann Seite. Dort ist es braun, tatsächlich ist es sehr dunkel, beinahe schwarz. Eine wirklich gute Fügung, denn so fügt sich das Griffbrett harmonisch in das Farbdesign dieser Single-Cut ein. Wenn man nicht puristisch auf Gibson Details fixiert ist, dann besticht die »Harley Benton SC-Custom III« mit einem äußerst attraktiven Finish in Purple Burst sowie einer Hardware in Brushed Black, das anthrazit färbig wirkt und in Kombination mit dem dunklen Griffbrett der Gitarre etwas sehr Wertiges verleiht und sie für meinen Geschmack zu einem wahren Hingucker macht.
Erste Gedanken zur SC-Custom III
Die Absicht erscheint mir sehr klar: Bei der »SC-Custom III« orientiert sich Harley Benton optisch an Altbewährtem, das man von diesem etablierten Gitarrendesgin gewohnt ist. Bei der Verwendung der verbauten Materialien wird dann offensichtlich, dass hier kostengünstig designed wurde. Auch wenn Meranti marketingtechnisch beschönigend als philippinisches Mahagoni bezeichnet wird, hat dieses Holz nichts mit dem echten Mahagoni der Gattung Swietenia zu tun, das eine Pflanzenart aus der Gattung Shorea in der Familie der Flügelfruchtgewächse (Dipterocarpaceae) darstellt. Auch Jatoba, das zur tropisch-amerikanischen Gattung Hymenaea gehört, hat nichts mit Ebenholz zu tun. Denn dieses gehört der Gattung Diospyros aus der Familie der Ebenholzgewächse (Ebenaceae) an. Wer jedoch meint, dass hier minderwertiges Holz verbaut wurde, der irrt. Im Ringkampf um etabliertes Tonholz kann man Meranti und Jatoba ohne schlechtes Gewissen als Underdogs bezeichnen. Wer sich also nicht durch Verwendung großer Namen etablieren muss, darf sich getrost an hochwertigem Holz erfreuen. In jedem Fall kommt man gewaltig ins Staunen, wenn man einen Blick auf die Preisgestaltung wirft. Da wird schnell klar, wie die Markenartikelindustrie funktioniert. Wie gut, dass die »SC-Custom III« eine »Custom« Gitarre mit »AAAA-Decke« darstellt. Das toppt jedes Tripple-A, und Ratingagenturen wie Moody‘s oder Standard & Poor’s bekommen sicher schon weiche Knie und das große Sabbern. Da will man doch gleich hören, was die Hausmarke von Thomann, Harley Davidson, unter die Motorhaube des neuen Teslas gepackt hat. Wurde die »SC-550 II« noch mit 2 »Tesla Opus-1 AlNiCo-5« Humbucker angetrieben, so werkeln in der »SC-Custom III« bereits 2 »Tesla TM VR-Nitro Alnico-5« Humbucker. Da setzt man auf die Tesla TradeMark »VR-Nitro«, von der Tesla schreibt: »The VR-NITRO offers the player the most even tonal possibilities with a blistering output. Missing the punch in the midrange? Here it is! These are surely the pickups you are after.«
Korpus
Die »SC-Custom III Purple Burst« besitzt einen Korpus aus Maranti, der auf den Namen »Swietenia Macrophylla King« hört. Zweifelsfrei entspringt diese Linie einem Königshaus. Auf den blaublütigen Korpus ist eine gewölbte Decke aus geflammtem – und wie schon erwähnt - AAAA-Riegelahorn aufgeleimt.
Auch wenn die Analogie intuitiv nahe liegt, sollte Riegelahorn nicht mit Schoko- oder Müsliriegeln assoziiert werden. Riegelwuchs ist vielmehr eine Wuchsanomalie im Holz bestimmter Baumarten. Dieses Phänomen kommt vor allem bei Ahornholz vor, aber auch bei anderen Laubhölzern, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Bei Riegelwuchs ist in längsgeschnittenem Holz ein streifenförmiges Quermuster zu erkennen, welches von einem wellenförmigen Faserverlauf des Holzes hervorgerufen wird. Riegelwuchs kommt selten vor und am lebenden Baum ist eine Riegelung nicht zu erkennen. Auch beim gefällten Stamm kann es zu Schwierigkeiten bei der Erkennung kommen, da oft nicht der ganze Stamm betroffen ist, sondern nur Teile davon. Aufgrund der Seltenheit und der guten Verwertbarkeit solchen Holzes ist es teurer als Holz ohne diese Erscheinung.
Der wellenförmige Faserverlauf des Holzes der »SC-Custom III Purple Burst« stellt, stolz aus dem Hause Riegel, eine ansprechende Maserung zur Schau, die sehr edel wirkt.
Farblich präsentiert sich die Decke der »SC-Custom III« in einem violetten Hochglanz-Finish im Burst-Design, welches einen Farbverlauf zum Rand hin ins Schwarze ausweist. Eher dezent verhält es sich dagegen mit den weiteren Lackierungen auf der Rückseite und dem Hals, die mit einer Hochglanzlackierung in dunklem Violett sehr edel wirken. Die Rückseite offenbart eine eher unauffällige Maranti-Maserung. Diese wird durch die beiden schwarzen Kunststoff-Elektrikfächer hinter den Potis und dem Pickup-Schalter unterbrochen.
Als traditionelles, optisches Schmankerl dient ein cremefarbenes Binding, das den Korpus umrandet und sehr sauber eingearbeitet wurde.
Die WSC Tune-O-Matic Bridge aus dem Hause WSC Partsland der koreanischen Firma WooSung Chorus Industries samt Stop-Bar kommen ihrer Aufgabe hervorragend nach und halten die Saiten sicher in Position. Bridge und Stop-Bar sind genauso wie die drei Dreh-Regler in Brushed Black gehalten, was sich farblich, sehr stimmig zum Gesamtdesign passend, in edlem anthrazit ausdrückt.
Die Gurtpins, ebenfalls in anthrazitfärbigem Brushed Black, befinden sich an den dafür üblichen Stellen in den Zargen. Security Locks befinden sich tatsächlich im Lieferumfang mit dabei. Damit sollte auch bei ausufernder Bühnenshow Sicherheit für über die Bühne hoppelnde Gitarristen gegeben sein. Wir hüpfen indes weiter zum nächsten Bauteil:
Hals, Griffbrett und Kopfplatte
Der Hals besteht, genauso wie der Korpus, aus Maranti und ist in den Korpus eingeleimt, während das Griffbrett aus Jatoba mit 22 rostfreien Edelstahl-Medium Jumbo Bünden aus dem Hause »Black Smith«, das einigen vielleicht von den BlackSmithStrings bekannt sein dürfte, und Perloid-Trapezeinlagen aus königlichem Haus, die den klangvollen Namen »White Crown« tragen, aufwartet und dem Hals die Krone aufsetzt. Die Bundstäbchen sind gut abgerichtet. Die Verarbeitung ist angesichts des Preises bemerkenswert.
Das Griffbrett aus Jatoba wartet mit einem besonderen Aroma auf, das an Kaffee erinnert und einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Es ist geröstet und wirkt dadurch sehr dunkel, beinahe schon schwarz, was sich geschmackvoll in das farbliche Konzept der »SC-Custom III« fügt.
Das cremefarbene Binding am Korpus setzt sich am Halsrand sehr stimmig fort, rahmt das geröstete Griffbrett und verleiht dem Aroma das nötige Sahnehäubchen. Der Halsrücken ist genauso wie die Rückseite des Korpus in dunklem violett glänzend lackiert.
Die Halsform wirkt schlank, wird von Harley Benton als »Modern C« bezeichnet und fühlt sich wie ein »Slim Taper« Profil an. Die Stärke des Halses wird am 1. Bund mit 20 mm und am 12. Bund mit 22 mm ausgewiesen, wodurch der Hals schlank beginnt und zu den hohen Bünden geringfügig dicker wird. Zudem geht er nahtlos und ohne Block sehr stylisch in den Korpus über.
Die Mensur entspricht der typischen Les Paul Länge von 628 mm, wobei die Halsbreite am Sattel 42 mm beträgt. Der Griffbrettradius beträgt 350 mm.
Die Saiten führen über einen Graphit-Sattel zur angewinkelten Kopfplatte, an der die sechs Grover Stimmmechaniken in »Brushed Black« symmetrisch angebracht sind. Diese sind wie die restliche Hardware anthrazitfarben, wirken sehr solide und halten die Stimmung sehr stabil.
Hinter dem Sattel befindet sich ein kleiner Kunststoffdeckel mit den Initialen von Harley Benton. Abgeschraubt gibt er den Zugang zum Halsstab frei. Der passende Inbusschlüssel ist im Lieferumfang enthalten und wird meiner Sammlung beigefügt.
Pickups und Elektronik
Die »SC-Custom III« wird, wie eingangs bereits erwähnt, mit zwei 2 verchromten Tesla TM VR-Nitro Alnico-5 Humbuckern ausgeliefert, die passend zur Hardware mit schwarzen Kappen versehen sind. Dabei soll »AlNiCo 5« für hohen Output, starke tonale Präsenz und straffe Basswiedergabe stehen.
Tesla beschreibt die VR-Nitros wie folgt: »The VR-NITRO offers the player the most even tonal possibilities with a blistering output. Missing the punch in the midrange? Here it is! These are surely the pickups you are after. The VR-NITRO is carefully made with heavy formvar copper wire and bar type alnico 5 magnets. The coils are wax potted for stabilization to insure the complete clean reproduction of sound. Four wire leads allow for endless tonal possibilties.«
Ein Dreiwegschalter mit anthrazitfarbener Kunststoffrosette ist an der für Les Paul Modelle üblichen Stelle oberhalb des Hals-Korpusübergangs angebracht und schaltet die »SC-Custom III« zwischen Bridge-Pickup, Hals-Pickup und beiden Pickups in Kombination. Zwei Volumen- und ein kombiniertes Tone-Poti für Hals- und Stegtonabnehmer zusammen fristen ihr Dasein unterhalb der Brücke. Die Potiknöpfe sind passend zur Hardware aus anthrazitfarbenem Metall gefertigt und sitzen tadellos und fest.
Die beiden Tesla Humbucker lassen sich splitten, das Tone-Poti verfügt über die dazu notwendige Push/Pull Funktion. Alles läuft geschmeidig und rund.
Spezifikationen lt. Hersteller
Außerdem ist die »SC-Custom III« auch in folgenden Farben erhältlich: White Satin, Vintage Black Satin (auch für Linkshänder), Black, Lemon Flame, Ocean Flame, Desert Burst, Satin Paradise und Gold Top (mit P90ern).
Spielgefühl, Verarbeitung und Werkseinstellung
Der schlanke Hals, der zu den hohen Bünden etwas dicker wird, liegt gut in der Hand, das Griffbrett fühlt sich glatt und hart an, die Medium Jumbo Bünde sind gut abgerichtet, stehen nicht über und auf dem Edelstahl sind Bendings ein Kinderspiel. Die »SC-Custom III« bringt 3,8 kg auf die Waage, was gerade noch ok ist. Insgesamt kann man dieser günstigen, in Indonesien gefertigten Les Paul von Harley Benton eine sehr gute Bespielbarkeit bescheinigen. Zusammengefasst gibt es auch an der neuen »SC-Custom Line III« im Hinblick auf die Verarbeitungsqualität nichts Negatives zu entdecken und daher auch nichts zu berichten, was Anlass zu Kritik geben würde. Besonders hervorzuheben ist die sensationelle Werkseinstellung, die in dieser Preisklasse geradezu verblüffend ist. Die »SC-Custom III« war annähernd akkurat oktavrein eingestellt, die Halsneigung und Saitenlage vorbildlich und die Saiten waren mit einer Schwankungsbreite von ca, einem Viertelton beinahe gestimmt und das Spielen geht ohne Komplikationen sofort sehr bequem von der Hand.
Klang
Bemerkenswert ist, dass sich sowohl Thomann als auch Harley Benton mit der Beschreibung der Soundcharakteristik ungewöhnlich zurückhaltend geben. »Zwei splitbare Tesla-Humbucker sorgen für einen flexiblen sowie druckvollen Sound« ist so ziemlich das einzige, das man zu lesen bekommt. Man erfährt dann, dass die PUs einen ordentlichen Output liefern, wodurch dynamische Rock-Sounds gefahren werden können. Nun gut, so etwas erwartet man sich auch von einer SC-Custom-Line in der III. Generation. Moderne High-Gain-Sounds seien dann, so heißt es, passend zum Look natürlich auch kein Problem. Man findet dann noch den Hinweis, dass sich für einen drahtigeren Clean-Sound die Humbucker über die Push-/Pull-Funktion am Tone-Regler splitten lassen, womit die Gitarre noch vielseitiger wird. Eine Eigenschaft, die nicht sonderlich überrascht. Insgesamt aber auch einmal angenehm, dass auf Klangverzückungsrufe weitestgehend verzichtet wird.
Trotzdem interessiert es natürlich, wie sich die »SC-Custom III« in die lange Reihe der Les Paul Formate einordnen lässt. Wenn gleich diese Einordnung höchst subjektiv zu beurteilen ist. Darum habe ich, um einen ersten Eindruck zu vermitteln, einige Soundsamples im direkten Vergleich zu einer »HB SC-550 II« und einer »Gibson Les Paul Studio« aufgenommen.
Soundsamples
Um die Soundsamples der »Harley Benton SC-Custom III« etwas aussagekräftiger zu machen, habe ich sie im direkten Vergleich einer »Harley Benton SC-550 II« und einer »Gibson Les Paul Studio 2012« gegenübergestellt.
4 Soundsamples, 3 davon mit direkter Gegenüberstellung
Ich habe insgesamt drei unterschiedliche Soundsamples aufgenommen:
Im 1. Sample sind die drei Gitarren plain (Picking und Chords), also ohne Effekte, über eine Line6 Emulation des Fender Bassman zu hören.
Im 2. und 3. Sample sind die drei Gitarren mit Hals-PU verzerrt über eine Line6 Emulation eines Marshall Plexi zu hören.
Im 4. Sample ist »Harley Benton SC-Custom III« clean (Picking und Chords) mit gesplitteten PUs (Hals und Steg Kombination) über eine Line6 Emulation eines Fender Bassmans zu hören.
Sample 1: PLAIN
Die drei Gitarren sind plain, also ohne Effekte, über eine Line6 Emulation des Fender Bassman zu hören:
Harley Benton SC-550 II - Mixed PU - Picking: 00:01
Harley Benton SC-550 II - Mixed PU - Chords: 00:25
Gibson Les Paul Studio - Mixed PU - Picking: 00:46
Gibson Les Paul Studio - Mixed PU - Chords: 01:10
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU - Picking: 01:29
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU - Chords: 01: 53
Sample 2: DRIVE, DISTORTION
Die drei Gitarren sind verzerrt über eine Line6 Emulation eines Marshall Plexi zu hören:
Harley Benton SC-Custom III - Neck - Lead: 00:06
Harley Benton SC-550 II - Neck - Lead: 00:47
Gibson Les Paul Studio - Neck - Lead: 01:29
Sample 3: DRIVE, DISTORTION
Die drei Gitarren sind verzerrt über eine Line6 Emulation eines Marshall Plexi zu hören, den Backing Track habe ich ebenfalls mit der »SC-Custom III« über eine Marshall JCM800 Emulation aufgenommen, um das kraftvolle Mittenbrett zu veranschaulichen:
Harley Benton SC-Custom III - Neck - Lead: 00:02
Harley Benton SC-550 II - Neck - Lead: 00:32
Gibson Les Paul Studio - Neck - Lead: 01:02
Sample 4: COIL-SPLIT
Die »Harley Benton SC-Custom III« ist clean über eine Line6 Emulation eines Fender Bassman zu hören:
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU - Picking: 00:03
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU – Chords & Picking: 00:52
Fazit
Sowohl ergonomisch als auch verarbeitungstechnisch bewegt sich die »Harley Benton SC-Custom III« wie schon das gegenübergestellt Vorgängermodell auf hohem Niveau. Optisch finde ich diese SC außerordentlich gut gelungen. Soundtechnisch sagt mir persönlich jedoch die Vorgängerversion, die »SC-550 II«, mehr zu. Dies liegt vor allem am Neck-PU. Dieser entwickelt zwar einen ausgewogenen, warmen Ton mit definierten Bässen, schwächelt aber in den Mitten und Höhen. So ist der Ton für meinen Geschmack weniger transparent und klar als bei der »SC-550 II«, aber gerade deswegen soundtechnisch vielleicht näher an der Gibson Les Paul, ohne jedoch deren feinen und vitalen Obertöne zu liefern. Darüber kann man jetzt ausgiebig diskutieren, insbesondere auch deswegen, da die klanglichen Unterschiede gering sind und sich nur in Nuancen äußern. Bissige Höhen mit Durchschlagskraft darf man sich dagegen vom Steg-PU erwarten, ebenso wie ein kraftvolles Mittenbrett, das sich auch im High-Gain-Betrieb mühelos im Bandkontext behauptet. Mit Coil-Split erscheint mir der Hals-PU der »Harley Benton SC-Custom III« etwas zu dumpf, der Steg-PU dagegen etwas zu spitz. Mit Mixed PUs - 100% Hals und 50% Steg - machen beide Einzelspulen in Kombination einiges an Boden gut und da klingt die SC mit Coil-Split für mich akzeptabel. Das ausgedünnte Klangbild der Einzelspulen kommt aber an die glockigen Höhen einer Strat nicht heran. Nichts desto trotz ist die »Harley Benton SC-Custom III« ein tolles Instrument für kleines Geld und eine preiswerte Alternative mit akzeptablen Abstrichen zu einer hochpreisigen Les Paul von Gibson.
Weitere Reviews
Wer Wert auf eine zweite bzw. dritte Meinung legt, der findet bei Bonedo einen Testbericht der Harley Benton SC-Custom III geschrieben von Haiko Heinz am 16.08.2024, und bei Delamar einen weiteren Testbericht zur Harley Benton SC-Custom III, geschrieben von Janine Mandler am 29. Juli 2024.
Ein weiteres Review zur Harley Benton SC Custom III in Lemon Flame gibt es auch im Musiker-Board, das User »tele« erst vergangenen Donnerstag geschrieben hat.
Vorbemerkung: Was ist neu?
Es ist schon erstaunlich, wie breit die Single Cut Serien von Harley Benton bereits aufgestellt sind. Scheinbar geht der Innovationswahn auch an Thomann nicht vorüber. Da erinnert man sich an die »SC Junior«, die »SC Special«, die »SC-200 Student Series«, die »SC-400 Classic Series«, die »SC-450 Classic Series«, die »SC-450Plus Vintage Series«, die »SC-500 Vintage Series«, die »SC-550 II«, die »SC-550 Plus«, die »SC-1000 Progressive Line« oder an die »Agufish STD Signature« im SC-Design. Da ist man dann schon gespannt, was die neue »SC-Custom III Serie« mit ihren Spielarten »SC-Custom Plus« und »Agufish Custom Signature« an Änderungen bzw. an Innovationen zu bieten haben. Offenbar hat nun auch Harley Benton die Zugkraft des Begriffs »Custom« für sich entdeckt, mit dem sich so manche, an Prestige orientierte Konsumenten, um den Finger wickeln lassen. Dabei hat man doch eher den Eindruck, dass das, was unter den Schlagwörtern Innovation und Upgrade angepriesen wird, simple Änderungen der Spezifikationen im Vergleich zu den Spezifikationen der Vorgängermodelle sind. Was dann jemand als Update empfindet, verliert sich im Wald der Subjektivität. Willkommen im Club, der den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr überblicken kann. Was kann man also von diesem Review erwarten?
Vorbemerkung: Worum geht es hier?
Ich schildere in diesem Review meine persönlichen Eindrücke zu den Spezifikationen der »Harley Benton SC-Custom III«, in meinem Fall der »Purple Burst«, zur Verarbeitung, zur Bespielbarkeit und im Praxisteil zum Klang. Es ist mir einmal mehr nicht gelungen, den Staub und die Spiegelungen der Umgebung sauber zu entfernen. Asche über mein Haupt. Jedoch gibt es den Praxisteil mit Gegenüberstellung:
Soundtechnisch stelle ich die »Harley Benton SC-Custom III Purple Burst« im Praxisteil der »Harley Benton SC-550 II BCF (Black Cherry Flame)« und einer »Gibson Les Paul Studio 2012« gegenüber.
Vorbemerkung: Warum die »Harley Benton SC-Custom III« in Purple Burst?
Für die »HB SC-Custom III« habe ich mich in erster Linie aus optischen Gründen entschieden. Prinzipiell finde ich das Les Paul Design sehr ansprechend, außerdem gefällt mir der Farbton violett ausgesprochen gut. Da ich Gibson Gitarren überteuert finde und Harley Benton eine herausragende Qualität zu einem sehr günstigen Preis bietet, fiel meine Wahl auf die »Harley Benton SC-Custom III« in Purple Burst. Die Coil Split Funktion fand ich zudem als nettes Add On. Nicht ausschlaggebend, nicht essentiell, aber nice to have.
Erster optischer Eindruck
Die »Harley Benton SC-Custom III« präsentiert sich als Single-Cut E-Gitarre, einerseits im klassischen Les Paul Design, andererseits weicht sie in einigen Details doch deutlich davon ab. Da sind einerseits nur drei Regler anstelle der traditionellen vier. Zum anderen weicht die Headstock Lackierung naturgemäß ab, zum anderen findet man nun ein neues Logo-Design auf der Kopfplatte. Das Griffbrett unterscheidet sich gravierend von den Produktfotos auf der Thomann Seite. Dort ist es braun, tatsächlich ist es sehr dunkel, beinahe schwarz. Eine wirklich gute Fügung, denn so fügt sich das Griffbrett harmonisch in das Farbdesign dieser Single-Cut ein. Wenn man nicht puristisch auf Gibson Details fixiert ist, dann besticht die »Harley Benton SC-Custom III« mit einem äußerst attraktiven Finish in Purple Burst sowie einer Hardware in Brushed Black, das anthrazit färbig wirkt und in Kombination mit dem dunklen Griffbrett der Gitarre etwas sehr Wertiges verleiht und sie für meinen Geschmack zu einem wahren Hingucker macht.
Erste Gedanken zur SC-Custom III
Die Absicht erscheint mir sehr klar: Bei der »SC-Custom III« orientiert sich Harley Benton optisch an Altbewährtem, das man von diesem etablierten Gitarrendesgin gewohnt ist. Bei der Verwendung der verbauten Materialien wird dann offensichtlich, dass hier kostengünstig designed wurde. Auch wenn Meranti marketingtechnisch beschönigend als philippinisches Mahagoni bezeichnet wird, hat dieses Holz nichts mit dem echten Mahagoni der Gattung Swietenia zu tun, das eine Pflanzenart aus der Gattung Shorea in der Familie der Flügelfruchtgewächse (Dipterocarpaceae) darstellt. Auch Jatoba, das zur tropisch-amerikanischen Gattung Hymenaea gehört, hat nichts mit Ebenholz zu tun. Denn dieses gehört der Gattung Diospyros aus der Familie der Ebenholzgewächse (Ebenaceae) an. Wer jedoch meint, dass hier minderwertiges Holz verbaut wurde, der irrt. Im Ringkampf um etabliertes Tonholz kann man Meranti und Jatoba ohne schlechtes Gewissen als Underdogs bezeichnen. Wer sich also nicht durch Verwendung großer Namen etablieren muss, darf sich getrost an hochwertigem Holz erfreuen. In jedem Fall kommt man gewaltig ins Staunen, wenn man einen Blick auf die Preisgestaltung wirft. Da wird schnell klar, wie die Markenartikelindustrie funktioniert. Wie gut, dass die »SC-Custom III« eine »Custom« Gitarre mit »AAAA-Decke« darstellt. Das toppt jedes Tripple-A, und Ratingagenturen wie Moody‘s oder Standard & Poor’s bekommen sicher schon weiche Knie und das große Sabbern. Da will man doch gleich hören, was die Hausmarke von Thomann, Harley Davidson, unter die Motorhaube des neuen Teslas gepackt hat. Wurde die »SC-550 II« noch mit 2 »Tesla Opus-1 AlNiCo-5« Humbucker angetrieben, so werkeln in der »SC-Custom III« bereits 2 »Tesla TM VR-Nitro Alnico-5« Humbucker. Da setzt man auf die Tesla TradeMark »VR-Nitro«, von der Tesla schreibt: »The VR-NITRO offers the player the most even tonal possibilities with a blistering output. Missing the punch in the midrange? Here it is! These are surely the pickups you are after.«
Korpus
Die »SC-Custom III Purple Burst« besitzt einen Korpus aus Maranti, der auf den Namen »Swietenia Macrophylla King« hört. Zweifelsfrei entspringt diese Linie einem Königshaus. Auf den blaublütigen Korpus ist eine gewölbte Decke aus geflammtem – und wie schon erwähnt - AAAA-Riegelahorn aufgeleimt.
Auch wenn die Analogie intuitiv nahe liegt, sollte Riegelahorn nicht mit Schoko- oder Müsliriegeln assoziiert werden. Riegelwuchs ist vielmehr eine Wuchsanomalie im Holz bestimmter Baumarten. Dieses Phänomen kommt vor allem bei Ahornholz vor, aber auch bei anderen Laubhölzern, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Bei Riegelwuchs ist in längsgeschnittenem Holz ein streifenförmiges Quermuster zu erkennen, welches von einem wellenförmigen Faserverlauf des Holzes hervorgerufen wird. Riegelwuchs kommt selten vor und am lebenden Baum ist eine Riegelung nicht zu erkennen. Auch beim gefällten Stamm kann es zu Schwierigkeiten bei der Erkennung kommen, da oft nicht der ganze Stamm betroffen ist, sondern nur Teile davon. Aufgrund der Seltenheit und der guten Verwertbarkeit solchen Holzes ist es teurer als Holz ohne diese Erscheinung.
Der wellenförmige Faserverlauf des Holzes der »SC-Custom III Purple Burst« stellt, stolz aus dem Hause Riegel, eine ansprechende Maserung zur Schau, die sehr edel wirkt.
Farblich präsentiert sich die Decke der »SC-Custom III« in einem violetten Hochglanz-Finish im Burst-Design, welches einen Farbverlauf zum Rand hin ins Schwarze ausweist. Eher dezent verhält es sich dagegen mit den weiteren Lackierungen auf der Rückseite und dem Hals, die mit einer Hochglanzlackierung in dunklem Violett sehr edel wirken. Die Rückseite offenbart eine eher unauffällige Maranti-Maserung. Diese wird durch die beiden schwarzen Kunststoff-Elektrikfächer hinter den Potis und dem Pickup-Schalter unterbrochen.
Als traditionelles, optisches Schmankerl dient ein cremefarbenes Binding, das den Korpus umrandet und sehr sauber eingearbeitet wurde.
Die WSC Tune-O-Matic Bridge aus dem Hause WSC Partsland der koreanischen Firma WooSung Chorus Industries samt Stop-Bar kommen ihrer Aufgabe hervorragend nach und halten die Saiten sicher in Position. Bridge und Stop-Bar sind genauso wie die drei Dreh-Regler in Brushed Black gehalten, was sich farblich, sehr stimmig zum Gesamtdesign passend, in edlem anthrazit ausdrückt.
Die Gurtpins, ebenfalls in anthrazitfärbigem Brushed Black, befinden sich an den dafür üblichen Stellen in den Zargen. Security Locks befinden sich tatsächlich im Lieferumfang mit dabei. Damit sollte auch bei ausufernder Bühnenshow Sicherheit für über die Bühne hoppelnde Gitarristen gegeben sein. Wir hüpfen indes weiter zum nächsten Bauteil:
Hals, Griffbrett und Kopfplatte
Der Hals besteht, genauso wie der Korpus, aus Maranti und ist in den Korpus eingeleimt, während das Griffbrett aus Jatoba mit 22 rostfreien Edelstahl-Medium Jumbo Bünden aus dem Hause »Black Smith«, das einigen vielleicht von den BlackSmithStrings bekannt sein dürfte, und Perloid-Trapezeinlagen aus königlichem Haus, die den klangvollen Namen »White Crown« tragen, aufwartet und dem Hals die Krone aufsetzt. Die Bundstäbchen sind gut abgerichtet. Die Verarbeitung ist angesichts des Preises bemerkenswert.
Das Griffbrett aus Jatoba wartet mit einem besonderen Aroma auf, das an Kaffee erinnert und einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Es ist geröstet und wirkt dadurch sehr dunkel, beinahe schon schwarz, was sich geschmackvoll in das farbliche Konzept der »SC-Custom III« fügt.
Das cremefarbene Binding am Korpus setzt sich am Halsrand sehr stimmig fort, rahmt das geröstete Griffbrett und verleiht dem Aroma das nötige Sahnehäubchen. Der Halsrücken ist genauso wie die Rückseite des Korpus in dunklem violett glänzend lackiert.
Die Halsform wirkt schlank, wird von Harley Benton als »Modern C« bezeichnet und fühlt sich wie ein »Slim Taper« Profil an. Die Stärke des Halses wird am 1. Bund mit 20 mm und am 12. Bund mit 22 mm ausgewiesen, wodurch der Hals schlank beginnt und zu den hohen Bünden geringfügig dicker wird. Zudem geht er nahtlos und ohne Block sehr stylisch in den Korpus über.
Die Mensur entspricht der typischen Les Paul Länge von 628 mm, wobei die Halsbreite am Sattel 42 mm beträgt. Der Griffbrettradius beträgt 350 mm.
Die Saiten führen über einen Graphit-Sattel zur angewinkelten Kopfplatte, an der die sechs Grover Stimmmechaniken in »Brushed Black« symmetrisch angebracht sind. Diese sind wie die restliche Hardware anthrazitfarben, wirken sehr solide und halten die Stimmung sehr stabil.
Hinter dem Sattel befindet sich ein kleiner Kunststoffdeckel mit den Initialen von Harley Benton. Abgeschraubt gibt er den Zugang zum Halsstab frei. Der passende Inbusschlüssel ist im Lieferumfang enthalten und wird meiner Sammlung beigefügt.
Pickups und Elektronik
Die »SC-Custom III« wird, wie eingangs bereits erwähnt, mit zwei 2 verchromten Tesla TM VR-Nitro Alnico-5 Humbuckern ausgeliefert, die passend zur Hardware mit schwarzen Kappen versehen sind. Dabei soll »AlNiCo 5« für hohen Output, starke tonale Präsenz und straffe Basswiedergabe stehen.
Tesla beschreibt die VR-Nitros wie folgt: »The VR-NITRO offers the player the most even tonal possibilities with a blistering output. Missing the punch in the midrange? Here it is! These are surely the pickups you are after. The VR-NITRO is carefully made with heavy formvar copper wire and bar type alnico 5 magnets. The coils are wax potted for stabilization to insure the complete clean reproduction of sound. Four wire leads allow for endless tonal possibilties.«
Ein Dreiwegschalter mit anthrazitfarbener Kunststoffrosette ist an der für Les Paul Modelle üblichen Stelle oberhalb des Hals-Korpusübergangs angebracht und schaltet die »SC-Custom III« zwischen Bridge-Pickup, Hals-Pickup und beiden Pickups in Kombination. Zwei Volumen- und ein kombiniertes Tone-Poti für Hals- und Stegtonabnehmer zusammen fristen ihr Dasein unterhalb der Brücke. Die Potiknöpfe sind passend zur Hardware aus anthrazitfarbenem Metall gefertigt und sitzen tadellos und fest.
Die beiden Tesla Humbucker lassen sich splitten, das Tone-Poti verfügt über die dazu notwendige Push/Pull Funktion. Alles läuft geschmeidig und rund.
Spezifikationen lt. Hersteller
- Korpus: Meranti
- Decke: AAAA Furnier aus Riegelahorn
- Hals: Meranti, eingeleimt
- Griffbrett: geröstetes Jatoba
- Griffbretteinlagen: Pearloid White Crown
- Binding: Cream
- Halsprofil: Modern C
- Hals-Stärke am 1. Bund: 20 mm
- Hals-Stärke am 12. Bund: 22 mm
- Griffbrettradius: 350 mm
- Mensur: 628 mm
- Bünde: 22 Medium Jumbo Blacksmith Bünde aus rostfreiem Edelstahl
- Sattelbreite: 42 mm
- Sattel: Graphit
- Tonabnehmer: 2 Tesla TM VR-Nitro Alnico-5 Humbucker
- Regler: 2 Volumen, 1 Ton (mit Push/Pull Funktion für Coil Splitting)
- Schalter: 3-Wege Toggle
- Steg: WSC Tune-O-Matic
- Mechaniken: Grover
- Hardware Finish: Brushed Black
- Farbe: Purple Burst
- Lackierung: Hochglanz
- Preis: 298 Euro
Außerdem ist die »SC-Custom III« auch in folgenden Farben erhältlich: White Satin, Vintage Black Satin (auch für Linkshänder), Black, Lemon Flame, Ocean Flame, Desert Burst, Satin Paradise und Gold Top (mit P90ern).
Spielgefühl, Verarbeitung und Werkseinstellung
Der schlanke Hals, der zu den hohen Bünden etwas dicker wird, liegt gut in der Hand, das Griffbrett fühlt sich glatt und hart an, die Medium Jumbo Bünde sind gut abgerichtet, stehen nicht über und auf dem Edelstahl sind Bendings ein Kinderspiel. Die »SC-Custom III« bringt 3,8 kg auf die Waage, was gerade noch ok ist. Insgesamt kann man dieser günstigen, in Indonesien gefertigten Les Paul von Harley Benton eine sehr gute Bespielbarkeit bescheinigen. Zusammengefasst gibt es auch an der neuen »SC-Custom Line III« im Hinblick auf die Verarbeitungsqualität nichts Negatives zu entdecken und daher auch nichts zu berichten, was Anlass zu Kritik geben würde. Besonders hervorzuheben ist die sensationelle Werkseinstellung, die in dieser Preisklasse geradezu verblüffend ist. Die »SC-Custom III« war annähernd akkurat oktavrein eingestellt, die Halsneigung und Saitenlage vorbildlich und die Saiten waren mit einer Schwankungsbreite von ca, einem Viertelton beinahe gestimmt und das Spielen geht ohne Komplikationen sofort sehr bequem von der Hand.
Klang
Bemerkenswert ist, dass sich sowohl Thomann als auch Harley Benton mit der Beschreibung der Soundcharakteristik ungewöhnlich zurückhaltend geben. »Zwei splitbare Tesla-Humbucker sorgen für einen flexiblen sowie druckvollen Sound« ist so ziemlich das einzige, das man zu lesen bekommt. Man erfährt dann, dass die PUs einen ordentlichen Output liefern, wodurch dynamische Rock-Sounds gefahren werden können. Nun gut, so etwas erwartet man sich auch von einer SC-Custom-Line in der III. Generation. Moderne High-Gain-Sounds seien dann, so heißt es, passend zum Look natürlich auch kein Problem. Man findet dann noch den Hinweis, dass sich für einen drahtigeren Clean-Sound die Humbucker über die Push-/Pull-Funktion am Tone-Regler splitten lassen, womit die Gitarre noch vielseitiger wird. Eine Eigenschaft, die nicht sonderlich überrascht. Insgesamt aber auch einmal angenehm, dass auf Klangverzückungsrufe weitestgehend verzichtet wird.
Trotzdem interessiert es natürlich, wie sich die »SC-Custom III« in die lange Reihe der Les Paul Formate einordnen lässt. Wenn gleich diese Einordnung höchst subjektiv zu beurteilen ist. Darum habe ich, um einen ersten Eindruck zu vermitteln, einige Soundsamples im direkten Vergleich zu einer »HB SC-550 II« und einer »Gibson Les Paul Studio« aufgenommen.
Soundsamples
Um die Soundsamples der »Harley Benton SC-Custom III« etwas aussagekräftiger zu machen, habe ich sie im direkten Vergleich einer »Harley Benton SC-550 II« und einer »Gibson Les Paul Studio 2012« gegenübergestellt.
4 Soundsamples, 3 davon mit direkter Gegenüberstellung
Ich habe insgesamt drei unterschiedliche Soundsamples aufgenommen:
Im 1. Sample sind die drei Gitarren plain (Picking und Chords), also ohne Effekte, über eine Line6 Emulation des Fender Bassman zu hören.
Im 2. und 3. Sample sind die drei Gitarren mit Hals-PU verzerrt über eine Line6 Emulation eines Marshall Plexi zu hören.
Im 4. Sample ist »Harley Benton SC-Custom III« clean (Picking und Chords) mit gesplitteten PUs (Hals und Steg Kombination) über eine Line6 Emulation eines Fender Bassmans zu hören.
Sample 1: PLAIN
Die drei Gitarren sind plain, also ohne Effekte, über eine Line6 Emulation des Fender Bassman zu hören:
Harley Benton SC-550 II - Mixed PU - Picking: 00:01
Harley Benton SC-550 II - Mixed PU - Chords: 00:25
Gibson Les Paul Studio - Mixed PU - Picking: 00:46
Gibson Les Paul Studio - Mixed PU - Chords: 01:10
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU - Picking: 01:29
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU - Chords: 01: 53
Sample 2: DRIVE, DISTORTION
Die drei Gitarren sind verzerrt über eine Line6 Emulation eines Marshall Plexi zu hören:
Harley Benton SC-Custom III - Neck - Lead: 00:06
Harley Benton SC-550 II - Neck - Lead: 00:47
Gibson Les Paul Studio - Neck - Lead: 01:29
Sample 3: DRIVE, DISTORTION
Die drei Gitarren sind verzerrt über eine Line6 Emulation eines Marshall Plexi zu hören, den Backing Track habe ich ebenfalls mit der »SC-Custom III« über eine Marshall JCM800 Emulation aufgenommen, um das kraftvolle Mittenbrett zu veranschaulichen:
Harley Benton SC-Custom III - Neck - Lead: 00:02
Harley Benton SC-550 II - Neck - Lead: 00:32
Gibson Les Paul Studio - Neck - Lead: 01:02
Sample 4: COIL-SPLIT
Die »Harley Benton SC-Custom III« ist clean über eine Line6 Emulation eines Fender Bassman zu hören:
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU - Picking: 00:03
Harley Benton SC-Custom III - Mixed PU – Chords & Picking: 00:52
Fazit
Sowohl ergonomisch als auch verarbeitungstechnisch bewegt sich die »Harley Benton SC-Custom III« wie schon das gegenübergestellt Vorgängermodell auf hohem Niveau. Optisch finde ich diese SC außerordentlich gut gelungen. Soundtechnisch sagt mir persönlich jedoch die Vorgängerversion, die »SC-550 II«, mehr zu. Dies liegt vor allem am Neck-PU. Dieser entwickelt zwar einen ausgewogenen, warmen Ton mit definierten Bässen, schwächelt aber in den Mitten und Höhen. So ist der Ton für meinen Geschmack weniger transparent und klar als bei der »SC-550 II«, aber gerade deswegen soundtechnisch vielleicht näher an der Gibson Les Paul, ohne jedoch deren feinen und vitalen Obertöne zu liefern. Darüber kann man jetzt ausgiebig diskutieren, insbesondere auch deswegen, da die klanglichen Unterschiede gering sind und sich nur in Nuancen äußern. Bissige Höhen mit Durchschlagskraft darf man sich dagegen vom Steg-PU erwarten, ebenso wie ein kraftvolles Mittenbrett, das sich auch im High-Gain-Betrieb mühelos im Bandkontext behauptet. Mit Coil-Split erscheint mir der Hals-PU der »Harley Benton SC-Custom III« etwas zu dumpf, der Steg-PU dagegen etwas zu spitz. Mit Mixed PUs - 100% Hals und 50% Steg - machen beide Einzelspulen in Kombination einiges an Boden gut und da klingt die SC mit Coil-Split für mich akzeptabel. Das ausgedünnte Klangbild der Einzelspulen kommt aber an die glockigen Höhen einer Strat nicht heran. Nichts desto trotz ist die »Harley Benton SC-Custom III« ein tolles Instrument für kleines Geld und eine preiswerte Alternative mit akzeptablen Abstrichen zu einer hochpreisigen Les Paul von Gibson.
Weitere Reviews
Wer Wert auf eine zweite bzw. dritte Meinung legt, der findet bei Bonedo einen Testbericht der Harley Benton SC-Custom III geschrieben von Haiko Heinz am 16.08.2024, und bei Delamar einen weiteren Testbericht zur Harley Benton SC-Custom III, geschrieben von Janine Mandler am 29. Juli 2024.
Ein weiteres Review zur Harley Benton SC Custom III in Lemon Flame gibt es auch im Musiker-Board, das User »tele« erst vergangenen Donnerstag geschrieben hat.