"Gitarre" für Menschen mit Behinderung - ein Prototyp

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Christian1992
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Wie der Titel schon sagt möchte ich gerne einen Prototyp aus eigener Hand vorstellen.

Vorgeschichte:

Wie ich im Bereich Steckbrief angegeben habe absolviere ich eine Ausbildung zum HEP (Heilerziehungspfleger), arbeite also in den Praktikumswochen in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung.
Genauer gesagt in einer Einrichtung für erwachsene Menschen mit Autismus. Dort habe ich zusammen mit meinem Chef eine wöchentliche Musikgruppe etabliert, die hauptsächlich mit Percussion musiziert, da keiner der Klienten motorisch in der Lage ist ein komplexeres Instrument zu bedienen.
Einige Klienten wünschten sich aber Gitarre zu lernen. Nach einiger Recherche bei der Suchmaschine mit den bunten Farben konnte ich allerdings keine befriedigende Lösung finden.
Da die Klienten kognitiv genauso leistungsfähig sind wie "normale" Menschen wollte ich ihnen ein vollwertiges Instrument bieten, statt eine Gitarre wie sonst üblich auf einen Akkord zu stimmen und das Ding dann zum stupiden "schrammeln" in die Hand zu drücken.
Ziemlich zur selben Zeit im Dezember gönnte ich mir von meinem Ausbildungsgehalt eine Mandoline -kleiner Traum:D:D- zum Geburtstag und ahnte noch nicht dass diese Anschaffung die Lösung meines Problems beinhaltete.
Das Instrument fesselte mich und schnell war ich über die einfachen Zwei-Finger-Akkorde hinaus. Eben diese, wurde mir später klar, waren die Art von Vereinfachung die Nötig waren.
Da es nun mal in der Natur einer sozialen Einrichtung liegt, dass man nicht eben mal drei Mandolinen anschaffen kann, der Zug auf den Saiten für meine Klienten auch zu heftig gewesen wäre und eine Mandoline ja mal eben noch zwei Saiten mehr hat als eine Gitarre (...gut, Paarsaiten, aber für den Autisten ist das rein visuell mehr...), musste ich nehmen was da war.

Die Idee:

Vorhandene Konzertgitarren mit vier Saiten G-D-A-E bespannen und die Zwei-Finger-Akkorde G, C, D, und e mit farbigen Klebepunkten für die Finger auf dem Griffbrett markieren.

Die Umsetzung:

Wie gesagt, Gitarren bespannt und beklebt. Bekannte Lieder in ein Schema übertragen bei denen auf dem Liedblatt die Akkordwechsel mit den Griffen entsprechenden Farben (die Klebepunkte!) im Text markiert sind. Und dann wird in intensiver Einzelbetreuung das neue System eingeführt.

Bisheriges Fazit:

Die besagten Klienten sind schon heiß, nach Ostern geht es los!

Jetzt braucht das Kind nur noch einen guten Namen. Wenn Interesse besteht halte ich euch gern auf dem Laufenden.
Sollte noch jemand kreative Ideen haben wäre ich sehr Dankbar!
Bilder folgen sobald ich wieder in Nürnberg bin.
Meinungen sind erwünscht!

Gruß Chris
 
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Hallo im Forum!

Als langjährigen Mandolinenspieler überzeugt mich die Idee leider nicht ganz. :gruebel:

Die Mandoline bzw. die Quintenstimmung GDAE (Geige ist auch so gestimmt!) ist sehr gut für Melodiepiel, allerdings nur auf der kurzen Mensur und ensprechendem Geigenfingersatz.
Es ist aber gerade KEINE besonders gute Stimmung für Akkordspiel.
Es gibt ein paar wenige Akkorde mit 2 Fingern, darüber hinaus wird es aber eher schwer oder ungünstig.
Es ist nicht ohne Grund, warum Instrumente mit mehr Akkordschwerpunkt, andere Stimmungen bevorzugen.

Warum hast du es mit den Leuten nicht einmal mit Ukulelen probiert? Die haben von vorne rein schon 4 Saiten.
Und darauf sind die Akkorde auch einfach. Da findest du ebenso 2 Finger Akkorde und für die etwas begabteren Leute ist es mit 3 Finger deutlich einfacher wie mit der Quintenstimmung.
So viele gute 2 Finger Akkorde hat GDEA nämlich auch nicht.
Und wenn es doch GDEA sein soll, dann lässt sich eine Ukulele mit dem richtigen Saitensatz auch so stimmen.
Deine Klienten dürft damit besser umgehen können.


Also ich möchte dich nicht in deinem Elan bremsen, probier es mit den umgestimmten und saitenreduzierten Konzert-Gitarren aus.
So bahnbrechend find ich die Idee aber leider nicht.

GEH
 
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Normale Gitarre auf einen offenen Akkord stimmen und dann schrammeln. Mandolinen halte ichn auch fuer eher ungeeignet, weil die Saitenabstraende und die Mensur ungemuetlich klein sind und der Saitenzug eher hoch. Oder alternativ Ukulele in offener Stimmung...
 
Mandolinen halte ichn auch fuer eher ungeeignet, weil die Saitenabstraende und die Mensur ungemuetlich klein sind und der Saitenzug eher hoch.
Er will ja die normale Konzertgitzarre mit 4 Saiten bespannen, Mandos will er nicht nehmen.
Ich halte die Stimmung GDAE dafür trotzdem nicht für optimal.

Oder alternativ Ukulele in offener Stimmung...
Das fänd ich eher zielführend.
 
Danke erstmal für das Feedback, Ukulele hatte ich dabei gar nicht auf dem Schirm...

Vlt noch ein paar Erklärungen zu meinen Überlegungen und den Rahmenbedingungen:

Entgegen der Blümchenpädagogik finde ich dass man die Dinge beim Namen nennen muss. Diese Leute werden nicht über zwei Finger hinaus kommen. Deshalb erschien mir die Quintenstimmung ideal, da die Akkorde G C D e nahe beieinander liegen, sich leicht umgreifen lassen und man damit eine Tonne von Pophits etc begleiten kann.
Für mich geht es auch eher um den Teilhabeaspekt und die "Normalisierung" für den Klienten, nebenbei sind es trotz aller Einschränkungen Erwachsene Menschen (heikles Thema)...
Die Mensur bei Ukulele und Mandoline halte ich aufgrund der feinmotorischen Anforderung für unpassend für mein Klientel, was ja nicht heißt, dass man eine offene Ukulelenstimmung nicht auf die viersaitige Konzertgitarre übertragen kann. Da muss ich noch mal etwas recherchieren, guter Denkanstoß!
Hinzu kommt, dass ich Ende August die Praxisstelle wechseln muss (Auflage der Schule...) deshalb muss ein geschlossenes System her, sonst sollte ich es bleiben lassen.
Wie gesagt man muss nehmen was man bekommt und das waren halt die Materialen die mir zur Verfügung stehen;)

Ich glaube ich muss noch etwas an dem System feilen, aber für diese Erkenntnis hab ichs ja hier eingestellt!

Unterm Strich mach ich das ja auch nicht für mich etwa um mich zu profilieren sondern weil meine Klienten sich das wünschen;)

Gruß Chris
 
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Die 4 Saiten auf der Konzertgitarre sind auch nicht optimal, du hast dann ja ein unnötig breites Griffbbrett.
Anpassungen am Satterl sind je nach Saiten auch nötig.

Bei Ukulele muss es ja nicht die schmale Soparanukulele sein! ;)
Bereits bei einer Konzertukulele sind die Saitenabständer voneinander nicht mehr viel anders als bei einer Konzertgitarre.
Noch größer wäre eine Tenorukulele.

Klar, wenn du nur Gitarren hast und keine Neuanschaffung drin ist, musst du ggf. eine Notlösung suchen.
"Prototyp" ist mir als Bezeichnung für eine Notlösung aber etwas hoch gegriffen.
Für einen Neuansatz würde ich gleich 4-saitige Instrumente nehmen.
 
Hallo,

spontanes Brainstorming:

"Gitarline" Klingt fröhlich, nach Instrument und macht ein Bild im Kopf....

Ich hab auch einen Autisten im engsten Freundeskreis, leider auch noch mit Muskeldistrophie. Ich kann Deine gedanken zur Motorik verstehen. kenne auch den "Wollen-Können-Drang", der schon enorm sein kann, wenn denn geweckt. Und was sie uns allen mit Chef und Kunden weit voraus haben: Sie haben Zeit, die innerliche Freiheit und Gesellschaft um Ihre täglichen, kleinen Erfolge zu "Feiern"!

Ich wünsche dir viel Freude beim Machen!!! Und: berichte bitte darüber.

Micha
 
Sehe ich ganz ähnlich wie Corkonian. Wenn das Kind schon beim namen genannt wird und du sagst das die Leute eh nicht über zwei Finger hinaus kommen, dann mach es iohnen doch einfach leicht. Giatrre mit sechs Saiten. Stimmung: DADADA oder DADADD oder oder oder. Ich spiele zur Zeit zum Beispiel DADACD. Ist wunderbar wohlklingend. Kann man nicht viel falsch machen.
 
Mir sind spontan ähnliche Gedanken gekommen wie GEH: Ukulele, ein Modell mit längerer Mensur. Oder tatsächlich Akkordstimmung.
Meine Frau arbeitet mit Behinderten, da sehe ich (mit viel Abstand) schon ein wenig die Problematik.
Meine Kinder fangen so mit Musik an. Da ist bei den Saiten die kleine Ukulele am besten geeignet wegen der kleinen Fingerlein. Und man braucht nicht viele Finger für einen Akkord.

Für eine Ukulele spricht auch, dass es ein Instrument "von der Stange" ist, das man leicht kaufen kann. Geld spielt ja meist auch eine Rolle. Wichtig ist bei der Ukulele nur, dass man ein Modell mit echten Stimmmechaniken hat (mit Getriebe) und keine Direktmechaniken mit ihrem viel zu fitzeligen Verhalten und schlechter Stimmstabilität. Seit ich meine Ukulele so umgerüstet habe, hält die auch die Stimmung recht lange.

Gruß
Christoph
 
Hmm, meine erste Idee war - prima Idee. Die zweite war, dass eben die Mensur nicht zur Quintenstimmung passt und die Griffbrettbreite nicht zur Reduzierung der Saiten. Dritter Gedank: An der Ukulele stört mich, dass die vierte Saite "normalerweise" oktaviert ist, damit ist das "logische Prinzip" unterbrochen. Das muss aber ja nicht so sein, hier könnte man eine tiefe Saite aufziehen. Würde helfen. (Eine eigenständige 4saitige Gitarre, wie die alte Peter-Kraus-Gitarre, würde auf dem Markt, jedenfalls am Anfang, kaum unterzubringen sein.) Letzter Gedanke: Wäre ein "Dulcimer-Stick", wie die Seagull Merlni (http://www.seagullguitars.com/seagull_merlin.html) eine Idee? - Auf jeden Fall ein prima Thema.
 
... jupp. Ich hatte gedacht, dass die im niedrigen Preissegment alle vom Markt verschwunden seien (ich kannte neben den Framus-Instrumenten nur die von Martin...), bzw. von Ukes verdrängt, sehe aber gerade, dass Blueridge noch eine im Angebot hat. Mensur ist deutlich länger als bei den Ukes (ca. 5")
 
Eine frage wäre noch, ob es ein budget gibt und für wieviele instrumente es dann reichen soll?

Gruss, Ben
 
Vielleicht geht es mit drei Saiten besser, die in "GBE" gestimmt sind?
Zufällig gefunden:
Der Uruguayer Rafael Atijas hat das Konzept für seine Kindergitarre 2011 im Rahmen seiner Masterarbeit an der New York University entwickelt. Im Jahr darauf sammelte er auf Kickstarter das Geld für die Produktion der Loog Guitar. Ende 2013 startete er wieder ein Crowdfunding, um auch eine elektrische Gitarre bauen zu können.
Die in China gefertigten Teile der Gitarre werden als Bausatz geliefert, der Zusammenbau soll nur 15 Minuten dauern und das Verständnis der Kinder für das Instrument fördern.

Loog Guitars.jpg
Es werden drei unterschiedliche akustische Modelle angeboten, aber leider gibt es noch keinen Importeur in Europa.

 
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