kypdurron
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Warum Esquire?
War es GAS, die Lust auf was "konventionelles" ... keine Ahnung. Jedenfalls fühlte ich einen inneren Drang, meine schöne Mustang zu inserieren und mich auf die Suche nach einer Telecaster zu machen. Vor rund zwei Jahren habe ich eine Squier Telecaster noch ohne Bauchschmerzen verkauft, aber da sich zwei fast identische Fender "Student guitars" in meinem Besitz befanden, hielt ich es an der Zeit für eine Veränderung. Eine zweitägige Anspieltour durch den Berliner Musikalien-Dschungel brachte die Erkenntnis, dass ich im Grunde nicht von "vintage"- Bundierung und Radius ablassen will, und von allen Teles unter 1000 €, die ich anspielte, war diese Esquire dasjenige Instrument, die das beste Resonanzverhalten zeigte UND sowohl farblich als auch vom Hals her keine Kompromisse darstellte. In der engeren Verlosung war noch eine Highway 1 Tele, eine Squier Thinline und eine gebrauchte Fret King. Die übrige Konkurrenz fiel aufgrund ihrer überwiegend nicht vorhandenen trockenen Ansprache aus. Bei den American Standards gefiel mir die modernisierte Brücke nicht, die neue American Special war vom Griffbrett und den Pickups her nicht meins. Die Option, in der Bucht angeln zu gehen, fand ich angesichts der massiv unterschiedlich ausfallenden akustischen EIgenschaften der probierten Gitarren nicht mehr so prickelnd.
Also habe ich diese Gitarre bei einem alteingesessenen Berliner Musikalienhändler nach ein bisschen Feilschen mit dem üblichen T-Argument direkt von der Wand weg erworben. Das erste Mal in meinem über 20 jährigen Gitarristenleben bekam ich alle "hang tags", ist ja auch mal was. Dazu gabs von Fender eine Tasche und allerlei Papierkram sowie vom Händler noch einen Satz Saiten.
Kurze Historie
Hier handelt es sich um eine weitgehend original getreu sein wollende Replik der ersten kommerziell erfolgreichen Solid-Body-Gitarre überhaupt. Genauer gesagt um die Budget-Version davon. Als Leo Fender und seine Angestellten Randall und Fullerton um 1949 herum die spätere Telecaster design-ten, war Leo F. felsenfest davon überzeugt, dass ein Pickup völlig ausreicht. Erst seine Marketing-Experten konnten ihn davon überzeugen, dass zwei oder noch besser drei Pickups viel besser sind, weil alle anderen (Bigsby, Gibson und was es damals noch so gab) das in ihren überwiegend semi-akustischen Modellen eben auch haben. Die Ein-Pickup-Variante schaffte es als als preiswertere Alternative dennoch in die Produktion. Der erste Katalogpreis um 1950 betrug 139,95 $, etwa 30 $ weniger als die Broad- und später Telecaster. Das aktuelle mexikanische Reissue bildet mit seinem "transparent white blonde" Finish eher eine Remineszenz an die Spätfünfziger-Farben. Die ersten hatten eher einen Gelbton.
Konstruktion
Zur Telecaster muss man nicht viel sagen; Ein Brett, ein Hals, zwei Single Coil Pickups, 2 Potis, ein Schalter. Bei der Esquire eben ein Pickup weniger. Man findet hier einen hübschen, klar und glänzend lackierten einteiligen Ahornhals, in den die Bundstäbchen gleich eingelassen sind. Der Truss Rod ist vom Halsfuß her zugänglich, dafür muss der Hals gelöst werden. Das Griffbrett hat den traditionelle 7.25'Radius mit Spaghetti-Bünden, bei einer 25.5' Mensur. Der (scheinbar ebenfalls einteilige) Esche-Body ist semitransparent weiss deckend in Polyester lackiert, die Maserung scheint also durch. Es handelt sich wohl um einen Body, der vom selben Band kommt wie der, der in den Classic 50s und Bajas verbaut wird. Jedenfalls ist er mit diesen bis hin zur bereits vorhandenen Hals-PU-Fräsung identisch. Umso erstaunlicher, dass dieser hier sehr viel leichter und klanglich offener war als alle Bajas und Classic-Teles, die ich in der Hand hatte ... Draufgeschraubt ist period-correct ein etwas billig wirkendes einlagiges Schlagbrett mit 5 Schraublöchern.
An der Kopfplatte sind Kluson-Replikas montiert, der Sattel ist aus "Kunstknochen". Am anderen Ende der Mensur findet sich die bekannte Ashtray-Brücke mit drei (anders als bei der Baja nicht übermäßig massigen) Doppelreitern (allerdings ohne die wenig beliebte Abdeckung) und einem Tele-Bridge-Pickup. Die Reiter werden zu meiner Überraschung nicht mit einem Inbus, sondern mit einem normalen Schlitz-Schraubenzieher verstellt.
Etwas ungewöhnlich ist für heutige Empfindungen die Schaltung, da hier mit einem herkömmlichen Drei Wege Schalter nur ein Pickup bedient wird. In der Sonst-"Hals"-Position werden zwei Caps zugeschaltet, die die Höhen bedämpfen und den Output verringern. Im Ergebnis ist das Signal eher dumpf und leise. In der Mittelstellung ist die Klang- und Lautstärkeregelung wie gewohnt aktiv. In der "Steg"-Position wird dagegen nur die Lautstärkeregelung angesprochen, während die Tone-Reglung umgangen wird. Das resultiert in einem etwas offeneren und aggressiveren Sound - das Signal hat auf dem Weg durch die Gitarrenelektrik weniger Verluste zu erleiden.
Verarbeitung
Auf den ersten Blick findet man keine groben Unsportlichkeiten, alles ist prima lackiert, Sauber verschraubt, Bünde gut abgerichtet, sogar das Werks-Setup war sehr ordentlich (oder wurde im Laden nachgebessert?). Auf den zweiten Blick zeigt sich aber doch, dass sie in Mexiko nicht überall sooo genau hinschauen. Manche Bundenden sind etwas schärfer als andere, die Klinkenbuchse kam mir halb entgegen und die Ashtray-Bridge sieht an den Ecken etwas krude nach unförmigem Bleigießen aus. Ist beim Original-Fender-Produktfoto der Original-Fender-Ersatzbrücke allerdings auch so, vielleicht soll das ja so sein. Intonationsprobleme durch die 3 Doppelreiter habe ich nicht festgestellt bisher, aber auch noch nicht mit der Lupe (aka digitalem Stimmgerät) nachgemessen.
Handling
50s korrekt gehört der Hals eher zu den kräftigeren, rundlicheren Vertretern seiner Art. Nicht nur von der Figur passt das gut zu mir, es spielt sich auch in hohem Maß angenehm. Irgendwo (bestimmt hier im Board) hab ich mal gelesen, ein Palisandergriffbrett fühlt sich an wie bei der Arbeit, während ein Ahorngriffbrett im Vergleich dazu ist wie nach Hause kommen und Füße hochlegen. Passt genau zu meinem Empfinden hier. Sehr lässig. Auch die Brücke finde ich sehr angenehm, es piekst nix, es kommt einem nix in den Weg ... Prima. Manche haben ja Probleme mit dem nicht konturierten Korpus einer Tele, mich stört das nicht. Die Regler laufen etwas sehr leicht, die Regelwege sind nicht übermäßig intuitiv. Aber gut, wen es stört, Potis kosten ja nicht die Welt. Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass der Hals gerade das richtige Maß an Steifheit mitbringt: Es fühlt sich nicht wabbelig an, ist aber flexibel genug für einen leichten Schimmer im Abgang durch Biege-Tremolo.
Sound
Zum Tele-Stegsound muss man im Grunde nicht viel sagen. Den bekommt man hier ungeschönt und ungeschnitten. Erst mal zum mittleren, "standard"-Setting: Am Twin Reverb und insbesondere am Champ fehlt mir hier ein Tick Tiefmitten, da klangs doch etwas dünn. Beim Twin musste ich die Mitten von ca. 3 auf 9 drehen, um nicht in der Band total abzusaufen. Am Champ, der selber kaum basst, war es geradezu etwas blechig. Am Ampeg J-20, der insgesamt etwas mittiger und bassiger ausgelegt ist, stört das nicht mehr. Da knackt und twangt es, dass man gar nicht mehr aufhören will, allerdings nicht übermäßig brutal, sondern immer mit einem Hauch Eleganz und ... Einfachheit. Auch mit meinem Scherzartikel Marshall MS-2 gabs sehr überzeugende Ergebnisse. Mischt man einen Overdrive hinzu, kriegt man diesen typischen, offenen, knackigen, sehr dynamischen Ton à la Springsteen oder auch the Clash, den man eh schon tausendmal gehört hat. Dreht man ein bisschen mehr auf, kanns auch richtig rotzen, aber immer leicht oberhalb der Tiefmitten. Darunter macht es vor allem dääännng. In der tone-Bypass-Stellung passiert im Grunde das gleiche, man hört nicht mal, dass man umschaltet. Wenn man genau hinhört, merkt man aber, dass das gesamte Frequenzspektrum (noch) etwas weniger gebremst daherkommt. Ob man das in der Band überhaupt bemerkt, ist die Frage. Wenn man drauf achtet aber schon. Ich wollte mit der Gitarre ja vor allem Country spielen, und die typischen Läufe auf den tiefen Saiten kommen absolut präsent daher und haben kein bisschen Durchsetzungsprobleme, wie bei vielen anderen Gitarren.
Die Kondensator-Stellung ist dagegen erheblich leiser, dünner und dumpfer. Wenn man sich so einpegelt, dass das andere der Leadsound ist, geht das vielleicht für die Akkordbegleitung durch. Eigentlich weiss ich aber noch nicht was ich damit soll ...
Fazit
Mit der Classic-Serie richtet sich Fender an diejenigen, denen eine Standard zu modern ist, also zB an mich. Das Konzept ist stimmig, die Verarbeitung ok und der Preis angemessen. Darunter gibt es noch die ebenfalls sehr gute Squier Classic Vibe Serie, die das Retro-Konzept aber doch nicht ganz so konsequent umsetzt. Die Streuung, nicht bei der insgesamt guten Verarbeitung, aber bei den Hölzern, ist nicht zu leugnen. Daher eignet sich die Classic-Serie m.E. nur bedingt für Blindkäufe, die getesteten Classic- Modelle hatten zwar alle Esche-Korpus, klangen aber ganz unterschiedlich und waren sehr unterschiedlich schwer. Findet man die richtige, bekommt man ein sehr gut klingendes Instrument, das sich sehr gut bespielt und in diesen Aspekten auch keine Abstriche gegenüber den US-Modellen erfordert. Sämtliche amerikanischen Modelle, die ich in der Hand hatte, klangen aber durch die Bank so gut wie die Mexikaner nur bei ausgesuchten Exemplaren. Da werden also scheinbar die Hölzer vorsortiert. Zudem waren sie noch etwas solider verarbeitet. Hat man ein Faible für eine möglichst altmodische Tele, gibts aber keine preislich sinnvolle Alternative aus USA. Vielleicht eine gebrauchte 52 Reissue, aber die kostet immer noch ca. so viel wie eine neue Am. Standard.
Ob man sich jetzt für die bis auf die Schaltung und PU-Bestückung identischen Classic 50s Tele oder Classic 50s Esquire entscheidet? Bei mir gab die individuelle Qualität der Basis den Ausschlag, nicht das etwas andere Konzept. Vermutlich werde ich ihr über kurz oder lang einen Halspickup verpassen, zumal die Fräsung ja schon vorhanden ist.
Und hier mal ganz was neues ... Medieneinsatz ist alles: Ein Video-Demo (nicht lachen, ich spreche englisch )
War es GAS, die Lust auf was "konventionelles" ... keine Ahnung. Jedenfalls fühlte ich einen inneren Drang, meine schöne Mustang zu inserieren und mich auf die Suche nach einer Telecaster zu machen. Vor rund zwei Jahren habe ich eine Squier Telecaster noch ohne Bauchschmerzen verkauft, aber da sich zwei fast identische Fender "Student guitars" in meinem Besitz befanden, hielt ich es an der Zeit für eine Veränderung. Eine zweitägige Anspieltour durch den Berliner Musikalien-Dschungel brachte die Erkenntnis, dass ich im Grunde nicht von "vintage"- Bundierung und Radius ablassen will, und von allen Teles unter 1000 €, die ich anspielte, war diese Esquire dasjenige Instrument, die das beste Resonanzverhalten zeigte UND sowohl farblich als auch vom Hals her keine Kompromisse darstellte. In der engeren Verlosung war noch eine Highway 1 Tele, eine Squier Thinline und eine gebrauchte Fret King. Die übrige Konkurrenz fiel aufgrund ihrer überwiegend nicht vorhandenen trockenen Ansprache aus. Bei den American Standards gefiel mir die modernisierte Brücke nicht, die neue American Special war vom Griffbrett und den Pickups her nicht meins. Die Option, in der Bucht angeln zu gehen, fand ich angesichts der massiv unterschiedlich ausfallenden akustischen EIgenschaften der probierten Gitarren nicht mehr so prickelnd.
Also habe ich diese Gitarre bei einem alteingesessenen Berliner Musikalienhändler nach ein bisschen Feilschen mit dem üblichen T-Argument direkt von der Wand weg erworben. Das erste Mal in meinem über 20 jährigen Gitarristenleben bekam ich alle "hang tags", ist ja auch mal was. Dazu gabs von Fender eine Tasche und allerlei Papierkram sowie vom Händler noch einen Satz Saiten.
Kurze Historie
Hier handelt es sich um eine weitgehend original getreu sein wollende Replik der ersten kommerziell erfolgreichen Solid-Body-Gitarre überhaupt. Genauer gesagt um die Budget-Version davon. Als Leo Fender und seine Angestellten Randall und Fullerton um 1949 herum die spätere Telecaster design-ten, war Leo F. felsenfest davon überzeugt, dass ein Pickup völlig ausreicht. Erst seine Marketing-Experten konnten ihn davon überzeugen, dass zwei oder noch besser drei Pickups viel besser sind, weil alle anderen (Bigsby, Gibson und was es damals noch so gab) das in ihren überwiegend semi-akustischen Modellen eben auch haben. Die Ein-Pickup-Variante schaffte es als als preiswertere Alternative dennoch in die Produktion. Der erste Katalogpreis um 1950 betrug 139,95 $, etwa 30 $ weniger als die Broad- und später Telecaster. Das aktuelle mexikanische Reissue bildet mit seinem "transparent white blonde" Finish eher eine Remineszenz an die Spätfünfziger-Farben. Die ersten hatten eher einen Gelbton.
Konstruktion
Zur Telecaster muss man nicht viel sagen; Ein Brett, ein Hals, zwei Single Coil Pickups, 2 Potis, ein Schalter. Bei der Esquire eben ein Pickup weniger. Man findet hier einen hübschen, klar und glänzend lackierten einteiligen Ahornhals, in den die Bundstäbchen gleich eingelassen sind. Der Truss Rod ist vom Halsfuß her zugänglich, dafür muss der Hals gelöst werden. Das Griffbrett hat den traditionelle 7.25'Radius mit Spaghetti-Bünden, bei einer 25.5' Mensur. Der (scheinbar ebenfalls einteilige) Esche-Body ist semitransparent weiss deckend in Polyester lackiert, die Maserung scheint also durch. Es handelt sich wohl um einen Body, der vom selben Band kommt wie der, der in den Classic 50s und Bajas verbaut wird. Jedenfalls ist er mit diesen bis hin zur bereits vorhandenen Hals-PU-Fräsung identisch. Umso erstaunlicher, dass dieser hier sehr viel leichter und klanglich offener war als alle Bajas und Classic-Teles, die ich in der Hand hatte ... Draufgeschraubt ist period-correct ein etwas billig wirkendes einlagiges Schlagbrett mit 5 Schraublöchern.
An der Kopfplatte sind Kluson-Replikas montiert, der Sattel ist aus "Kunstknochen". Am anderen Ende der Mensur findet sich die bekannte Ashtray-Brücke mit drei (anders als bei der Baja nicht übermäßig massigen) Doppelreitern (allerdings ohne die wenig beliebte Abdeckung) und einem Tele-Bridge-Pickup. Die Reiter werden zu meiner Überraschung nicht mit einem Inbus, sondern mit einem normalen Schlitz-Schraubenzieher verstellt.
Etwas ungewöhnlich ist für heutige Empfindungen die Schaltung, da hier mit einem herkömmlichen Drei Wege Schalter nur ein Pickup bedient wird. In der Sonst-"Hals"-Position werden zwei Caps zugeschaltet, die die Höhen bedämpfen und den Output verringern. Im Ergebnis ist das Signal eher dumpf und leise. In der Mittelstellung ist die Klang- und Lautstärkeregelung wie gewohnt aktiv. In der "Steg"-Position wird dagegen nur die Lautstärkeregelung angesprochen, während die Tone-Reglung umgangen wird. Das resultiert in einem etwas offeneren und aggressiveren Sound - das Signal hat auf dem Weg durch die Gitarrenelektrik weniger Verluste zu erleiden.
Verarbeitung
Auf den ersten Blick findet man keine groben Unsportlichkeiten, alles ist prima lackiert, Sauber verschraubt, Bünde gut abgerichtet, sogar das Werks-Setup war sehr ordentlich (oder wurde im Laden nachgebessert?). Auf den zweiten Blick zeigt sich aber doch, dass sie in Mexiko nicht überall sooo genau hinschauen. Manche Bundenden sind etwas schärfer als andere, die Klinkenbuchse kam mir halb entgegen und die Ashtray-Bridge sieht an den Ecken etwas krude nach unförmigem Bleigießen aus. Ist beim Original-Fender-Produktfoto der Original-Fender-Ersatzbrücke allerdings auch so, vielleicht soll das ja so sein. Intonationsprobleme durch die 3 Doppelreiter habe ich nicht festgestellt bisher, aber auch noch nicht mit der Lupe (aka digitalem Stimmgerät) nachgemessen.
Handling
50s korrekt gehört der Hals eher zu den kräftigeren, rundlicheren Vertretern seiner Art. Nicht nur von der Figur passt das gut zu mir, es spielt sich auch in hohem Maß angenehm. Irgendwo (bestimmt hier im Board) hab ich mal gelesen, ein Palisandergriffbrett fühlt sich an wie bei der Arbeit, während ein Ahorngriffbrett im Vergleich dazu ist wie nach Hause kommen und Füße hochlegen. Passt genau zu meinem Empfinden hier. Sehr lässig. Auch die Brücke finde ich sehr angenehm, es piekst nix, es kommt einem nix in den Weg ... Prima. Manche haben ja Probleme mit dem nicht konturierten Korpus einer Tele, mich stört das nicht. Die Regler laufen etwas sehr leicht, die Regelwege sind nicht übermäßig intuitiv. Aber gut, wen es stört, Potis kosten ja nicht die Welt. Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass der Hals gerade das richtige Maß an Steifheit mitbringt: Es fühlt sich nicht wabbelig an, ist aber flexibel genug für einen leichten Schimmer im Abgang durch Biege-Tremolo.
Sound
Zum Tele-Stegsound muss man im Grunde nicht viel sagen. Den bekommt man hier ungeschönt und ungeschnitten. Erst mal zum mittleren, "standard"-Setting: Am Twin Reverb und insbesondere am Champ fehlt mir hier ein Tick Tiefmitten, da klangs doch etwas dünn. Beim Twin musste ich die Mitten von ca. 3 auf 9 drehen, um nicht in der Band total abzusaufen. Am Champ, der selber kaum basst, war es geradezu etwas blechig. Am Ampeg J-20, der insgesamt etwas mittiger und bassiger ausgelegt ist, stört das nicht mehr. Da knackt und twangt es, dass man gar nicht mehr aufhören will, allerdings nicht übermäßig brutal, sondern immer mit einem Hauch Eleganz und ... Einfachheit. Auch mit meinem Scherzartikel Marshall MS-2 gabs sehr überzeugende Ergebnisse. Mischt man einen Overdrive hinzu, kriegt man diesen typischen, offenen, knackigen, sehr dynamischen Ton à la Springsteen oder auch the Clash, den man eh schon tausendmal gehört hat. Dreht man ein bisschen mehr auf, kanns auch richtig rotzen, aber immer leicht oberhalb der Tiefmitten. Darunter macht es vor allem dääännng. In der tone-Bypass-Stellung passiert im Grunde das gleiche, man hört nicht mal, dass man umschaltet. Wenn man genau hinhört, merkt man aber, dass das gesamte Frequenzspektrum (noch) etwas weniger gebremst daherkommt. Ob man das in der Band überhaupt bemerkt, ist die Frage. Wenn man drauf achtet aber schon. Ich wollte mit der Gitarre ja vor allem Country spielen, und die typischen Läufe auf den tiefen Saiten kommen absolut präsent daher und haben kein bisschen Durchsetzungsprobleme, wie bei vielen anderen Gitarren.
Die Kondensator-Stellung ist dagegen erheblich leiser, dünner und dumpfer. Wenn man sich so einpegelt, dass das andere der Leadsound ist, geht das vielleicht für die Akkordbegleitung durch. Eigentlich weiss ich aber noch nicht was ich damit soll ...
Fazit
Mit der Classic-Serie richtet sich Fender an diejenigen, denen eine Standard zu modern ist, also zB an mich. Das Konzept ist stimmig, die Verarbeitung ok und der Preis angemessen. Darunter gibt es noch die ebenfalls sehr gute Squier Classic Vibe Serie, die das Retro-Konzept aber doch nicht ganz so konsequent umsetzt. Die Streuung, nicht bei der insgesamt guten Verarbeitung, aber bei den Hölzern, ist nicht zu leugnen. Daher eignet sich die Classic-Serie m.E. nur bedingt für Blindkäufe, die getesteten Classic- Modelle hatten zwar alle Esche-Korpus, klangen aber ganz unterschiedlich und waren sehr unterschiedlich schwer. Findet man die richtige, bekommt man ein sehr gut klingendes Instrument, das sich sehr gut bespielt und in diesen Aspekten auch keine Abstriche gegenüber den US-Modellen erfordert. Sämtliche amerikanischen Modelle, die ich in der Hand hatte, klangen aber durch die Bank so gut wie die Mexikaner nur bei ausgesuchten Exemplaren. Da werden also scheinbar die Hölzer vorsortiert. Zudem waren sie noch etwas solider verarbeitet. Hat man ein Faible für eine möglichst altmodische Tele, gibts aber keine preislich sinnvolle Alternative aus USA. Vielleicht eine gebrauchte 52 Reissue, aber die kostet immer noch ca. so viel wie eine neue Am. Standard.
Ob man sich jetzt für die bis auf die Schaltung und PU-Bestückung identischen Classic 50s Tele oder Classic 50s Esquire entscheidet? Bei mir gab die individuelle Qualität der Basis den Ausschlag, nicht das etwas andere Konzept. Vermutlich werde ich ihr über kurz oder lang einen Halspickup verpassen, zumal die Fräsung ja schon vorhanden ist.
Und hier mal ganz was neues ... Medieneinsatz ist alles: Ein Video-Demo (nicht lachen, ich spreche englisch )
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