Theo Retisch
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ESP Horizon FR-II
Hintergrundstory
Ich spiele mittlerweile seit über elf Jahren Gitarre und habe damals mit einer Yamaha Pacifica angefangen, die für den Beginn auch ein sehr gutes Instrument war. Über die Jahre stiegen allerdings meine Ansprüche, während sich meine Soundvorstellungen gleichermaßen veränderten. Es kam eine Hagström Super Swede, denn ich wollte mehr in die Richtung eines dicken Les-Paul-artigen Tons gehen. Wiederum einige Zeit später stellte ich dann aber fest, dass so eine dicke Paula nicht gerade das handlichste Instrument unter der Sonne war. Durch mehrere Besuche in verschiedenen Musikgeschäften wurde mir relativ schnell klar, dass eine Powerstrat meiner Idealvorstellung einer Gitarre am nähsten kam. Die von mir getesteten Modelle stellten mit ihrer Mischung aus stratähnlicher Konstruktion und damit einhergehender Ergonomie und dem fetten Sound von zwei Humbuckern ein tolles Gesamtkonzept dar. Darunter befand sich auch eine ESP Horizon, die es mir auch von der Optik her ziemlich schwer angetan hatte. Das dunkle Sunburst gepaart mit der aggressiven aber dennoch eleganten Optik war einfach ein Traum. Aber die dafür nötigen 2000 Euro hatte ich nicht mal eben so auf dem Konto liegen.
Also vergingen noch ein paar Jährchen, ehe ich mir diesen Traum endlich erfüllen konnte. Entweder kamen andere (wichtigere) Dinge dazwischen (wie z.B. der Führerschein), oder mich packte plötzlich das GAS auf andere Gitarren. Bevor die ESP endlich bei mir einzog, kamen zum Beispiel noch eine Mexiko Strat und eine Gibson Flying V.
Ende 2014 bzw. Anfang 2015 war es dann aber endlich so weit. Ein ziemlich günstiges Angebot einer sehr gut erhaltenen Horizon FR-II (Baujahr 2007) stand in den ebay-Kleinanzeigen drin. Nach kurzer Überlegung entschied ich mich dazu, zuzuschlagen. Und auch wenn die Gitarre schwarz und nicht in Sunburst lackiert war, habe ich das bis heute nicht bereut. Meine Eindrücke, die ich im vergangenen halben Jahr gesammelt habe, werde ich nun hier aufschreiben.
Vorab gibt es jedoch schon mal was fürs Auge:
PS: In echt hat die Gitarre keinen Lila-Stich. Sie ist schlicht Schwarz, aber ich habe es mit meiner Handykamera einfach nicht richtig einfangen können.
Konstruktion
Die Horizon besteht aus einem dreiteiligen durchgehenden Ahornhals, an den zwei Flügel aus Esche angeleimt wurden. Im Ebenholzgriffbrett sitzen 24 extragroße Jumbobünde, sowie kleine Perlmutteinlagen, die die Lagen markieren. Diese so genannten „Off-Set“-Markierungen wurden an den oberen Rand des Halses gesetzt, was in meinen Augen eine nette Abwechslung zu den anderen gängigen Methoden in der Mitte des Griffbretts darstellt. Das alles wird von einem schneeweißen Binding eingerahmt.
Das FR im Namen der Horizon bedeutet, dass ein Floyd-Rose System eingebaut wurde. Es handelt sich dabei – wie bei allen Gitarren aus der japanischen Standardserie – um ein originales Floyd-Rose, also keines der lizensierten Modelle, die ja manchmal zickig sein sollen. Das Tremolo wurde unterfräst, sodass auch Upbends möglich sind. Auf der anderen Seite der Gitarre – 648 mm weiter nördlich am Kopfplattenansatz – befindet sich logischerweise eine Klemmsattel, der für hohe Stimmstabilität sorgen soll. Nettes Detail am Rande: der Übergang vom Hals zur Kopfplatte wurde rückseitig verstärkt, um diese Sollbruchstelle besser zu schützen. Das ist auch dringend notwendig, da aufgrund des Klemmsattels zwei Schrauben in das dünne Holz geschraubt wurden, die dem ohnehin schon wackeligen Konstrukt noch mehr Stabilität nehmen. So hat man das Problem elegant und effizient gelöst.
Die Stimmmechaniken von Gotoh sind sowieso die meiste Zeit ohne Funktion, da der Sattel die Saiten abklemmt. Fürs Aufziehen reichen sie jedenfalls allemal und fügen sich mit ihrer dunklen Farbe angenehm in das Gesamtbild ein. Gleiches gilt für die restliche Elektronik, die aus je einem Volume- und Tone-Poti, sowie einem Drei-Weg-Kippschalter besteht. Die Kabelbuchse ist mit einer Metallplatte sicher ins Holz geschraubt worden.
(Ja, ich sollte das FR mal putzen )
Für die Umwandlung der Saitenschwingung in elektrische Signale sind zwei Seymour Duncan Humbucker zuständig. Es handelt sich dabei um einen JB (SH-4) einen '59 (SH-1n). Über das Push-Pull-Tone-Poti sind sie zudem splittbar, was unterm Strich sechs verschiedene Sounds möglich macht.
Verarbeitung
Man liest ja häufiger in Reviews, dass die Verarbeitungsqualität des jeweiligen Instruments sehr gut oder hervorragend sei. In dieser inflationären Flut von Superlativen, fällt es schwer die Unterschiede zwischen Gitarren in Reviews zu erkennen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass diese ESP Horizon die mit Abstand (!) bestverarbeitetste Gitarre ist, die ich jemals besessen habe. Dafür sind die Japaner ja schließlich auch bekannt.
Selbst nach acht Jahren – ich nehme mal an, dass der Vorbesitzer sie nur selten gespielt hat – kann man auf den ersten Blick erkennen, wie viel Qualität in diesem Instrument steckt. Der schwarze, durchscheinende Lack ist spiegelglatt und frei von Verarbeitungsfehlern. Das Binding ist ebenfalls von herausragender Qualität. Auch das Griffbrett sieht wahnsinnig toll aus, denn es wurde so glatt geschmirgelt, dass man beinahe das Spiegelbild seiner Finger darin erkennen kann. Außerdem ist es frei von Unregelmäßigkeiten.
Lediglich die Potis sind für meinen Geschmack ein wenig zu weich. Im Großen und Ganzen ist es jedoch bemerkenswert, zu was ESP in der Lage ist. Dazu gibt es außerdem einen sehr guten Rechteck-Koffer, in dem das Instrument sicher transportiert werden kann.
Bespielbarkeit/Praxis
Wie oben schon angedeutet wurde, bekommt man schon beim Erstkontakt einen Eindruck von der Wertigkeit dieser Gitarre. Durch ihren angenehm dimensionierten Korpus, schmiegt sie sich von vorneherein an den Spieler an. In Kombination mit einem guten Ledergurt wird ihr ohnehin schon niedriges Gewicht gefühlt noch eine Schippe leichter, sodass man mit der Horizon problemlos auch längere Sessions im Stehen absolvieren kann.
Nachdem ich die Gitarre auf meine bevorzugte Saitenstärke und ein Standard-D Tuning eingestellt hatte, konnte man die Saitenlage schön flach einrichten. Die vorbildlich polierten Jumbobünde machen beim spielen wirklich Laune. Da die Horizon über einen durchgehenden Hals verfügt, war es möglich den Übergang zum Korpus fließend zu gestalten. Dadurch ist es möglich, dass man ohne Probleme bis zum 24 Bund gelangen kann, ohne großartige Verrenkungen zu machen. In Kombination mit einem leicht verbreiterten Griffbrett hat man summa summarum eine sehr gut konzipierte Spielwiese aus Ebenholz und poliertem Stahl unter den Fingerkuppen.
Laut ESP hat die Gitarre ein „Thin-U“ Halsprofil. Ich tue mich ehrlich immer schwer damit, einen Hals in diese Kategorien einzuordnen. Ich formuliere es mal so: es handelt sich hier nicht um einen superdünnen Flitzefingerhals à la Ibanez. Gleichzeitig haben wir es natürlich auch nicht mit einem halbierten Baseballschläger zu tun. Meiner Meinung nach hat ESP hier einen gesunden Mittelweg gefunden, der sowohl schnelles Spiel ermöglicht, aber gleichzeitig genug Holz zwischen den Fingern lässt. Ich finde es jedenfalls sehr angenehm.
Das Floyd-Rose System funktioniert einwandfrei. Sobald die Saiten einmal vernünftig gedehnt und der Klemmsattel angezogen ist, muss man mit den Feinstimmern kaum noch nachhelfen. Selbst nach mehreren Tagen und diversen Divebombs, muss man selten die Stimmung korrigieren. Lediglich bei sehr starken Upbends leidet die Stimmung manchmal ein wenig, aber das liegt alles im Rahmen des erträglichen.
Sound
„'Ne ESP? Die kann doch nur Metal!“ So oder ähnlich kommentierte ein Bekannter meinen Kauf. Doch mit dieser Einschätzung liegt er gnadenlos daneben.
Ich habe mich bewusst nach einer Horizon mit Seymour Duncans umgesehen, da sie mir einfach wesentlich mehr zusagen, als die EMGs, die sonst manchmal verbaut wurden. Die Tonabnehmer sind keine reinen Hi-Gain Krawallmaschinen, sondern können ein breites Spektrum abdecken.
Der Einfachheit halber habe ich dieses Mal alle Sounds in eine Datei gepackt. Der Ablauf sieht dabei wie folgt aus:
1.) Wir hören zunächst beide Humbucker im gesplitteten Zustand, um das Potenzial der Gitarre für Clean-Sounds zu demonstrieren.
2.) Auch crunchige Sachen sind ohne Probleme machbar. Gerade durch das Standard-D Tuning hat die Gitarre einen wirklich fetten Ton.
3.) Der dritte Soundschnipsel verwendet einen Hi-Gain Sound.
4.) Und abschließend noch ein Solo mit einem crunchigen Sound.
https://soundcloud.com/rudi-mentaire/horizon-sound-sample
Fazit
Was für ein Biest! Mit der Horizon habe ich mir endlich einen Traum erfüllt. Die Gitarre ist hervorragend verarbeitet, lässt sich klasse bespielen und wartet mit einer breiten Palette von Sounds auf, die alles von Blues, über Classic- und Hard-Rock bis hin zu härtesten Metalspielarten abdeckt.
Die Sache hat jedoch einen Haken: und zwar hat ESP vor etwa zwei Jahren sein komplettes Produktprogramm umgestellt. Die Standardserie wurde eingestellt und durch die „E-II“ Serie ersetzt. ESP Gitarren Made in Japan gibt es jetzt nur noch als vereinzelte Restposten, im Custom Shop (für einen wesentlich höheren Preis) oder eben auf dem Gebrauchtmarkt. Mit etwas Glück lässt sich dort also noch so ein Instrument für einen angemessen Preis erstehen (realistisch wären wohl etwa 1200-1400 Euro).
Dennoch lohnt sich die Suche, denn ich habe mit der Horizon meinen persönlichen heiligen Gral gefunden. Selbst wenn die Gebrauchtmarktpreise aufgrund steigender Nachfrage in den kommenden Jahren in die Höhe steigen sollten, werde ich diese Gitarre definitiv nicht wieder hergeben. Wer eine vielseitige Powerstrat sucht, wird hier auf jeden Fall fündig.
Hintergrundstory
Ich spiele mittlerweile seit über elf Jahren Gitarre und habe damals mit einer Yamaha Pacifica angefangen, die für den Beginn auch ein sehr gutes Instrument war. Über die Jahre stiegen allerdings meine Ansprüche, während sich meine Soundvorstellungen gleichermaßen veränderten. Es kam eine Hagström Super Swede, denn ich wollte mehr in die Richtung eines dicken Les-Paul-artigen Tons gehen. Wiederum einige Zeit später stellte ich dann aber fest, dass so eine dicke Paula nicht gerade das handlichste Instrument unter der Sonne war. Durch mehrere Besuche in verschiedenen Musikgeschäften wurde mir relativ schnell klar, dass eine Powerstrat meiner Idealvorstellung einer Gitarre am nähsten kam. Die von mir getesteten Modelle stellten mit ihrer Mischung aus stratähnlicher Konstruktion und damit einhergehender Ergonomie und dem fetten Sound von zwei Humbuckern ein tolles Gesamtkonzept dar. Darunter befand sich auch eine ESP Horizon, die es mir auch von der Optik her ziemlich schwer angetan hatte. Das dunkle Sunburst gepaart mit der aggressiven aber dennoch eleganten Optik war einfach ein Traum. Aber die dafür nötigen 2000 Euro hatte ich nicht mal eben so auf dem Konto liegen.
Also vergingen noch ein paar Jährchen, ehe ich mir diesen Traum endlich erfüllen konnte. Entweder kamen andere (wichtigere) Dinge dazwischen (wie z.B. der Führerschein), oder mich packte plötzlich das GAS auf andere Gitarren. Bevor die ESP endlich bei mir einzog, kamen zum Beispiel noch eine Mexiko Strat und eine Gibson Flying V.
Ende 2014 bzw. Anfang 2015 war es dann aber endlich so weit. Ein ziemlich günstiges Angebot einer sehr gut erhaltenen Horizon FR-II (Baujahr 2007) stand in den ebay-Kleinanzeigen drin. Nach kurzer Überlegung entschied ich mich dazu, zuzuschlagen. Und auch wenn die Gitarre schwarz und nicht in Sunburst lackiert war, habe ich das bis heute nicht bereut. Meine Eindrücke, die ich im vergangenen halben Jahr gesammelt habe, werde ich nun hier aufschreiben.
Vorab gibt es jedoch schon mal was fürs Auge:
PS: In echt hat die Gitarre keinen Lila-Stich. Sie ist schlicht Schwarz, aber ich habe es mit meiner Handykamera einfach nicht richtig einfangen können.
Konstruktion
Die Horizon besteht aus einem dreiteiligen durchgehenden Ahornhals, an den zwei Flügel aus Esche angeleimt wurden. Im Ebenholzgriffbrett sitzen 24 extragroße Jumbobünde, sowie kleine Perlmutteinlagen, die die Lagen markieren. Diese so genannten „Off-Set“-Markierungen wurden an den oberen Rand des Halses gesetzt, was in meinen Augen eine nette Abwechslung zu den anderen gängigen Methoden in der Mitte des Griffbretts darstellt. Das alles wird von einem schneeweißen Binding eingerahmt.
Das FR im Namen der Horizon bedeutet, dass ein Floyd-Rose System eingebaut wurde. Es handelt sich dabei – wie bei allen Gitarren aus der japanischen Standardserie – um ein originales Floyd-Rose, also keines der lizensierten Modelle, die ja manchmal zickig sein sollen. Das Tremolo wurde unterfräst, sodass auch Upbends möglich sind. Auf der anderen Seite der Gitarre – 648 mm weiter nördlich am Kopfplattenansatz – befindet sich logischerweise eine Klemmsattel, der für hohe Stimmstabilität sorgen soll. Nettes Detail am Rande: der Übergang vom Hals zur Kopfplatte wurde rückseitig verstärkt, um diese Sollbruchstelle besser zu schützen. Das ist auch dringend notwendig, da aufgrund des Klemmsattels zwei Schrauben in das dünne Holz geschraubt wurden, die dem ohnehin schon wackeligen Konstrukt noch mehr Stabilität nehmen. So hat man das Problem elegant und effizient gelöst.
Die Stimmmechaniken von Gotoh sind sowieso die meiste Zeit ohne Funktion, da der Sattel die Saiten abklemmt. Fürs Aufziehen reichen sie jedenfalls allemal und fügen sich mit ihrer dunklen Farbe angenehm in das Gesamtbild ein. Gleiches gilt für die restliche Elektronik, die aus je einem Volume- und Tone-Poti, sowie einem Drei-Weg-Kippschalter besteht. Die Kabelbuchse ist mit einer Metallplatte sicher ins Holz geschraubt worden.
(Ja, ich sollte das FR mal putzen )
Für die Umwandlung der Saitenschwingung in elektrische Signale sind zwei Seymour Duncan Humbucker zuständig. Es handelt sich dabei um einen JB (SH-4) einen '59 (SH-1n). Über das Push-Pull-Tone-Poti sind sie zudem splittbar, was unterm Strich sechs verschiedene Sounds möglich macht.
Verarbeitung
Man liest ja häufiger in Reviews, dass die Verarbeitungsqualität des jeweiligen Instruments sehr gut oder hervorragend sei. In dieser inflationären Flut von Superlativen, fällt es schwer die Unterschiede zwischen Gitarren in Reviews zu erkennen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass diese ESP Horizon die mit Abstand (!) bestverarbeitetste Gitarre ist, die ich jemals besessen habe. Dafür sind die Japaner ja schließlich auch bekannt.
Selbst nach acht Jahren – ich nehme mal an, dass der Vorbesitzer sie nur selten gespielt hat – kann man auf den ersten Blick erkennen, wie viel Qualität in diesem Instrument steckt. Der schwarze, durchscheinende Lack ist spiegelglatt und frei von Verarbeitungsfehlern. Das Binding ist ebenfalls von herausragender Qualität. Auch das Griffbrett sieht wahnsinnig toll aus, denn es wurde so glatt geschmirgelt, dass man beinahe das Spiegelbild seiner Finger darin erkennen kann. Außerdem ist es frei von Unregelmäßigkeiten.
Lediglich die Potis sind für meinen Geschmack ein wenig zu weich. Im Großen und Ganzen ist es jedoch bemerkenswert, zu was ESP in der Lage ist. Dazu gibt es außerdem einen sehr guten Rechteck-Koffer, in dem das Instrument sicher transportiert werden kann.
Bespielbarkeit/Praxis
Wie oben schon angedeutet wurde, bekommt man schon beim Erstkontakt einen Eindruck von der Wertigkeit dieser Gitarre. Durch ihren angenehm dimensionierten Korpus, schmiegt sie sich von vorneherein an den Spieler an. In Kombination mit einem guten Ledergurt wird ihr ohnehin schon niedriges Gewicht gefühlt noch eine Schippe leichter, sodass man mit der Horizon problemlos auch längere Sessions im Stehen absolvieren kann.
Nachdem ich die Gitarre auf meine bevorzugte Saitenstärke und ein Standard-D Tuning eingestellt hatte, konnte man die Saitenlage schön flach einrichten. Die vorbildlich polierten Jumbobünde machen beim spielen wirklich Laune. Da die Horizon über einen durchgehenden Hals verfügt, war es möglich den Übergang zum Korpus fließend zu gestalten. Dadurch ist es möglich, dass man ohne Probleme bis zum 24 Bund gelangen kann, ohne großartige Verrenkungen zu machen. In Kombination mit einem leicht verbreiterten Griffbrett hat man summa summarum eine sehr gut konzipierte Spielwiese aus Ebenholz und poliertem Stahl unter den Fingerkuppen.
Laut ESP hat die Gitarre ein „Thin-U“ Halsprofil. Ich tue mich ehrlich immer schwer damit, einen Hals in diese Kategorien einzuordnen. Ich formuliere es mal so: es handelt sich hier nicht um einen superdünnen Flitzefingerhals à la Ibanez. Gleichzeitig haben wir es natürlich auch nicht mit einem halbierten Baseballschläger zu tun. Meiner Meinung nach hat ESP hier einen gesunden Mittelweg gefunden, der sowohl schnelles Spiel ermöglicht, aber gleichzeitig genug Holz zwischen den Fingern lässt. Ich finde es jedenfalls sehr angenehm.
Das Floyd-Rose System funktioniert einwandfrei. Sobald die Saiten einmal vernünftig gedehnt und der Klemmsattel angezogen ist, muss man mit den Feinstimmern kaum noch nachhelfen. Selbst nach mehreren Tagen und diversen Divebombs, muss man selten die Stimmung korrigieren. Lediglich bei sehr starken Upbends leidet die Stimmung manchmal ein wenig, aber das liegt alles im Rahmen des erträglichen.
Sound
„'Ne ESP? Die kann doch nur Metal!“ So oder ähnlich kommentierte ein Bekannter meinen Kauf. Doch mit dieser Einschätzung liegt er gnadenlos daneben.
Ich habe mich bewusst nach einer Horizon mit Seymour Duncans umgesehen, da sie mir einfach wesentlich mehr zusagen, als die EMGs, die sonst manchmal verbaut wurden. Die Tonabnehmer sind keine reinen Hi-Gain Krawallmaschinen, sondern können ein breites Spektrum abdecken.
Der Einfachheit halber habe ich dieses Mal alle Sounds in eine Datei gepackt. Der Ablauf sieht dabei wie folgt aus:
1.) Wir hören zunächst beide Humbucker im gesplitteten Zustand, um das Potenzial der Gitarre für Clean-Sounds zu demonstrieren.
2.) Auch crunchige Sachen sind ohne Probleme machbar. Gerade durch das Standard-D Tuning hat die Gitarre einen wirklich fetten Ton.
3.) Der dritte Soundschnipsel verwendet einen Hi-Gain Sound.
4.) Und abschließend noch ein Solo mit einem crunchigen Sound.
https://soundcloud.com/rudi-mentaire/horizon-sound-sample
Fazit
Was für ein Biest! Mit der Horizon habe ich mir endlich einen Traum erfüllt. Die Gitarre ist hervorragend verarbeitet, lässt sich klasse bespielen und wartet mit einer breiten Palette von Sounds auf, die alles von Blues, über Classic- und Hard-Rock bis hin zu härtesten Metalspielarten abdeckt.
Die Sache hat jedoch einen Haken: und zwar hat ESP vor etwa zwei Jahren sein komplettes Produktprogramm umgestellt. Die Standardserie wurde eingestellt und durch die „E-II“ Serie ersetzt. ESP Gitarren Made in Japan gibt es jetzt nur noch als vereinzelte Restposten, im Custom Shop (für einen wesentlich höheren Preis) oder eben auf dem Gebrauchtmarkt. Mit etwas Glück lässt sich dort also noch so ein Instrument für einen angemessen Preis erstehen (realistisch wären wohl etwa 1200-1400 Euro).
Dennoch lohnt sich die Suche, denn ich habe mit der Horizon meinen persönlichen heiligen Gral gefunden. Selbst wenn die Gebrauchtmarktpreise aufgrund steigender Nachfrage in den kommenden Jahren in die Höhe steigen sollten, werde ich diese Gitarre definitiv nicht wieder hergeben. Wer eine vielseitige Powerstrat sucht, wird hier auf jeden Fall fündig.
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