Uli
Mod Emeritus
Als 60s Coverband hat man nicht nur bei Led Zeppelin Gelegenheit eine Doubleneck zu spielen, auch etliche Flower Power Songs sowie einiges von Beatles, Byrds oder etlichen anderen wurde seinerzeit 12saitig eingespielt. Da mich lange Zeit außer dem Preis nur das erhebliche Gewicht abgehalten hatte, wurde ich auf eine Doubleneck aufmerksam, die unter der Hausmarke eines bekannten Musikversenders als Halbresonanz-Version angeboten wurde. Üblicherweise sind Hollowbodies ja leichter als die meisten Vollholz-Gitarren, so erhoffte ich mir, mit dem Teil bestenfalls in etwa auf das Gewicht einer ausgewachsenen Solidbody zu kommen und bestellte mir Mitte 2007 ein Exemplar. Gleich vorab: Die Produktion der Gitarre wurde mittlerweile eingestellt, insofern ist dieses Review nur ein Orientierungshilfe für jemanden, der sich aus dem Gebrauchtmarkt bedienen will, denn dort taucht die Harley Benton HBDN1200 schon hin und wieder auf.
Zeitschriftentests sind ja immer etwas mit Vorsicht zu genießen, kaum eine Redaktion hat die Freiheit, es sich durch Negativberichte mit den Herstellern zu verscherzen, schließlich wird die Zeitschrift nicht durch die paar tausend Käufer bezahlt, sondern durch die Werbeeinnahmen der Inserenten. Insofern war ich schon etwas skeptisch, als ich die Lobeshymnen gleich mehrerer Zeitschriften auf die HBDN1200 las, die allesamt in höchsten Tönen schwärmten. Jetzt, nach gut eineinhalb Jahren weiß ich, was diese Gitarre kann und was sie nicht kann, bzw. habe ihr einiges zusätzlich beigebracht, so daß sie inzwischen etwas mehr kann als am Anfang.
Material und Verarbeitung
Von der Optik wirkt die Gitarre zumindest äußerlich sehr gut verarbeitet. Als Holz hat der Hersteller für Hälse und Bodies Mahagoni angegeben, die Decke ist Ahorn. Die Hälse sind eingeleimt, auch hier wirkt die Verabeitung duchaus hochwertig.
Ein Blick in eine der Pickup-Fräsungen bestätigt dan Farbeindruck von gesperrtem Mahagoni, die Decke ist ein ca. 1mm starkes Furnier und kein Fotodruck.
Die Hardware wirkt nicht billig und für den stabilen Ton hat man sogar 18 Grover-Tuner spendiert, die sehr elegant laufen und nicht unbedingt zu den billigsten gehören.
Die Humbucker erinnern optisch tatsächlich etwas an Gretsch Filtertronic, ihr Widerstand liegt etwa im gleichen Bereich wie der der Gibson Bustbucker (technische Daten am Ende dieses Posts). Die verwendeten Brücken sind bis auf die Reiter identische Tune-o-matic clones, natürlich sind die Reiter der 12-saitigen doppelt gekerbt, allerdings nicht getrennt einstellbar. Ich persönlich halte das nicht wirklich für einen Nachteil, da ich bei der Einstellung der Oktavreinheit gelegentlich bereits schon Mühe habe, die minimalen Unterschiede zu hören, die durch die wenigen Millimeter Einstellweg möglich sind.
Bindings und Lackierung sind unspektakulär aber ohne Makel, der Lack dabei, wie heute üblich, in Polyurethan ausgeführt, was schön glänzt, dei Dongs aber schnell splittert. Einige Verarbeitungs-Highlights werde ich später noch erwähnen, wenn es um die Innereien geht.
Als ich die Gitarre erstmals anschließe, bin ich zwar zunächst vom Klang der 12saitigen begeistert, allerdings stellt sich bald eine gewisse Ernüchterung heraus:
Um den Preis wahrscheinlich nicht endlos hochzutreiben, hat man dem Zwilling eine Minimalst-Elektronik verpaßt, die die elektrischen Möglichkeiten doch sehr einschränkt. Über den oberen Toggle switch lassen sich zwar wie bei der Les Paul die Pickups mit den Stellungen neck-both-bridge anwählen - aber nur für beide Hälse gemeinsam! Ich habe nur einen Volume- und nur einen Tone-Regler für beide Gitarren, so daß z.B. eine Stellung '12-Saiter ganz auf treble und 6-Saiter auf eine andere Klangfarbe' nicht machbar ist. Beide Gitarren haben immer die gleiche Tonabnehmer-Schaltung und die gleiche Lautstärken/Klang-Einstellung! Dieses Sparprogramm macht es daher auch elektrisch unmöglich, daß man beide Gitarren gleichzeitig auf den Ausgang schalten kann, denn die einpolige Pickupwahl und Klangregelung läßt sich ja nur jeweils einer einzelnen Gitarre zuweisen! Deshalb hat man auch zur Umschaltung der Gitarre keinen der bekannten Toggle-Switches eingebaut, sondern einen zweipoligen Umschalter mit Mittelstellung, wie er in der Industrie-Elektronik häufig verwendet wird. Nicht nur, daß er einen recht kleinen Schaltknebel hat, der während des Spielens kaum zu bedienen ist, er hat auch noch diese überflüssige Mittelstellung, bei der am Ausgang - gar kein Signal liegt! Kommt man versehentlich dagegen oder verschaltet sich bei dem Gefummel dergestalt, daß der Schalter in Mittelstellung bleibt, ist die Gitarre stumm, was mitten im Song super rüberkommt, vor allem, wenn man der einzige Gitarrist ist!
Durch diesen m.E. ziemlich eklatanten Mangel in der Elektrik, der nebenbei in keinem der euphorischen Zeitschriften-Tests erwähnt wird, ist die Gitarre für mich nur sehr begrenzt einsetzbar, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, sie umzubauen, auch wenn das bei einer Halbresonanz-Gitarre ohne rückwärtige Elektronikfächer ziemlich viel Arbeit ist. Die Änderungen beziehen sich daher auch nur auf das Abstellen dieser Mängel, sodaß ich hinterher eine Doubleneck habe, bei der die Pickups getrennt anwählbar sind und auch jede der Gitarren ihre eigene Regelung hat. Deshalb wurde auch der Einbau eines Umschalters möglich, bei dem es eine Mittelstellung gibt, in der beide Gitarren am Verstärker anliegen! Den Umbau habe ich in einem eigenen Thread beschrieben, da er nicht ursächlich mit diesem Review hier zu tun hat, das sich ja auf die Gitarre beziehen sollte, die man auch kaufen kann, wenn auch nur noch gebraucht.
Alles in allem wirkt die Gitarre auch innen sauber verarbeitet, wie ich bei meiner Umbauaktion feststellen konnte, allerdings gab es bei der Elektrik schon ein paar Dinge, die mich stutzig machten. Da ich im Zuge des erwähnten Umbaus die gesamte Elektrik ausbauen mußte, stellte ich unter anderem fest, daß die Tonabnehmer nicht an der jeweiligen Position entsprechend ihres Aufdrucks eingebaut waren, sondern in der 12-saitigen zwei Neck-Pickups und in der 6-saitigen zwei Bridge-Pickups eingebaut waren. Weiterhin blieb die Frage unbeantwortet, weshalb drei der Tonabnehmer mit abgeschirmtem Kabel ausgestattet waren, während einer der Bridge-Pickups zwei nicht abgeschirmte Einzeldrähte hatte (oben rechts zu sehen). Einer der Drähte am Tone-Regler war außerdem ab (wodurch er ohne Funktion gewesen wäre), ob das allerdings erst beim Ausbau passiert ist oder schon vorher so war, kann ich nicht sagen, weil ich ihn eh nicht benutze. Ansonsten ist nichts weiter zu beanstanden, die Qualität der Hardware ist wie gesagt gut, die meiner Gibson wirkt auch nicht wirklich wertiger.
Handling
Die Gitarre ist mit über 5 Kilo nicht leicht, die Hoffnung, die der Hollowbody geweckt hatte, hat sich eigentlich nicht erfüllt. Sie ist mit dem ungefähren Gewicht einer alten Les Paul Custom sicher deutlich leichter, als so manche andere Doubleneck, aber letztlich ist sie auch nur im Bereich unter den F-Löchern wirklich hohl, der Mittelteil ist weitgehend massiv, wie man auch auf den Bildern der Pickup-Fräsungen sehen kann. Die meisten meiner Gurte erschienen mir mir der Aufgabe überfordert, weshalb ich mir speziell für diese Gitarre einen eigenen Gurt selbst hergestellt habe, was ich hier in einem Workshop beschrieben habe. Besonders kopflastig ist sie nicht, allerdings bin ich da durch diverse andere Instrumente auch nicht sehr verwöhnt. Durch den rauhen Spezialgurt und das hohe Eigengewicht hängt sie jedenfalls so bombenfest, daß sie nicht rutschen kann, auch wenn ein gewisse Kopflastigkeit wahrscheinlich vorhanden ist. Trotz der guten Gewichtsverteilung spiele ich sie meist nur für ein Set von 2-4 Liedern und bin dann immer froh, wenn ich wieder eine der anderen Gitarren umhängen kann, die mir dann richtig leicht vorkommen.
Der ober 12saitige Hals ist sehr angenehm zu bespielen, auch die Lage ist für mich sehr komfortabel. Man darf allerdings nicht die Tatsache unterschätzen, daß das Herunterdrücken von 12 Saiten mehr Kraft kostet als bei 6 Saiten, was sich besonders in längeren Barré-Passagen bemerkbar macht. Der 6saitige Hals ist für mich von der tiefen Position her relativ unbequem zu bespielen, zumal man sich ziemlich vorbeugen muß, wenn man das Griffbrett noch sehen will. Allerdings ist das ziemlich Spieler-abhängig und wer die Gitarre ohnehin immer ziemlich tief hängen hat, kommt damit sicher besser zurecht. Für Akkorde in den unteren Bünden ist es auch für mich noch ok, da man die ja meistens blind spielen kann, bei Solopassagen muß ich allerdings schon hinschauen und da ist es halt etwas mühsam. Die Saitenlage ist bei beiden Gitarren gut, bei der 12er war sie von Anfang an etwas besser, bei der 6er mußte ich etwas nachjustieren. Die Brücken sind etwas scharf für die Hände, obwohl man bei dem großen Body eher weniger in diesem Bereich hantiert. Die Grover-Tuner sind butterweich und sehr stimmstabil, was mich besonders freut, 18 neue Locking-Tuner wären mir dann doch zu teuer gewesen.
Klang
Hier kommt für mein Empfinden auch wieder die 12-saitige etwas besser weg, vielleicht ist das aber auch nur der ungewohnte Eindruck. Ein silberner Klang, gegen dessen Fülle die 6-saitige nach dem Umschalten immer etwas ärmlich aussieht. Für kurze Zeit hatte ich mal mit dem Gedanken gespielt, eine Stereo-Ausgangsbuchse einzubauen und darüber beide Gitarren getrennt herauszuführen, Platz ist am Mischpult genug. Das würde die Möglichkeit einräumen, beide Gitarren mit unterschiedlichen Effekten zu beaufschlagen, aber das wird vielleicht ein anderes Projekt.
Mehr als bei anderen Gitarren ist mir hier aufgefallen, welchen klanglichen Unterschied man doch durch die Wahl der Besaitung hervorrufen kann. Der 6er Hals war standardmäßig 9-42 bestückt, nach der Elektronik-Änderung habe ich dort einen 10-46er Satz aufgezogen und mußte die Pickups ein gutes Stück runterdrehen. Trotzdem gefällt mir der Klang damit etwas besser, zumal ich diesen Hals für kleine Solopassagen nutze, die durchaus etwas hervortreten können.
In den nächsten Tagen werde ich versuchen, ein paar Soundsamples mit meinem Boss BR600 anzufertigen, die ich dann noch hier einstelle.
Der 12er Hals war werksseitig folgendermaßen besaitet (vorderer Wert=Oktavsaite):
..9 - - .9
11 - - 11
..9 - - 15
11 - - 24
15 - - 32
24 - - 42
Als neuen Satz habe ich Ernie Ball 12-string Slinky aufgezogen mit den Werten
..8 - - .8
10 - - 10
..8 - - 14
11 - - 24
17 - - 32
22 - - 40
insgesamt jetzt also etwas dünner, weshalb der 12er Hals jetzt zwar nicht mehr so laut aber etwas perliger klingt. Die unterschiedliche Charakterisik der beiden Hälse kommt jetzt deutlicher zum Vorschein, wobei ich den 6er Hals vorwiegend über den Bridge Pickup spiele, damit er nicht zu dominant wirkt.
Laut Firmenangaben sollte die Gitarre ein Auftaktmodell für eine selbst entwickelte Modellserie sein, weshalb man den Preis extrem knapp kalkuliert hat, um in den Markt zu kommen. Letzteres ist sicher auch der Grund, weshalb die Produktion nach ein paar Jahren eingestellt wurde, denn für den Preis von unter 400 Euro war koreanische Qualität mit dieser Hardware sicher nicht mehr herstellbar!
Mit der von mir beschriebenen Änderung der Elektronik ist die Gitarre jetzt für meine Zwecke optimal und nicht nur ein Hingucker, sondern endlich auch elektrisch so einsetzbar, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Technische Daten
Korpus: Mahagoni
Decke: Ahorn geflammt
Hälse: Mahagoni, geleimt
Griffbretter: Palisander
Bünde: je 22
Mensur: je 62,8cm
Halsbreiten:
Sattel: 42,5 (6) - 47,5 (12)
12.Bund: 52 (6) - 53,5 (12)
Steg: tune-o-matic ähnlich, Stoptail
Pickups: Gretsch-Style,
Neck: 7,8kΩ
Bridge: 8,93kΩ
Regler original: 1 Volume, 1 Tone
Schalter original Pickup: 1 treble-both-bridge für beide Hälse
Schalter original Gitarre: 1 6string-off-12string
Nach Änderung:
Schalter Pickup: Je 1 für jeden Hals treble-both-bridge
Schalter Gitarre: 6string-both-12string
Gewicht: 5,4kg
Zeitschriftentests sind ja immer etwas mit Vorsicht zu genießen, kaum eine Redaktion hat die Freiheit, es sich durch Negativberichte mit den Herstellern zu verscherzen, schließlich wird die Zeitschrift nicht durch die paar tausend Käufer bezahlt, sondern durch die Werbeeinnahmen der Inserenten. Insofern war ich schon etwas skeptisch, als ich die Lobeshymnen gleich mehrerer Zeitschriften auf die HBDN1200 las, die allesamt in höchsten Tönen schwärmten. Jetzt, nach gut eineinhalb Jahren weiß ich, was diese Gitarre kann und was sie nicht kann, bzw. habe ihr einiges zusätzlich beigebracht, so daß sie inzwischen etwas mehr kann als am Anfang.
Material und Verarbeitung
Von der Optik wirkt die Gitarre zumindest äußerlich sehr gut verarbeitet. Als Holz hat der Hersteller für Hälse und Bodies Mahagoni angegeben, die Decke ist Ahorn. Die Hälse sind eingeleimt, auch hier wirkt die Verabeitung duchaus hochwertig.
Ein Blick in eine der Pickup-Fräsungen bestätigt dan Farbeindruck von gesperrtem Mahagoni, die Decke ist ein ca. 1mm starkes Furnier und kein Fotodruck.
Die Hardware wirkt nicht billig und für den stabilen Ton hat man sogar 18 Grover-Tuner spendiert, die sehr elegant laufen und nicht unbedingt zu den billigsten gehören.
Die Humbucker erinnern optisch tatsächlich etwas an Gretsch Filtertronic, ihr Widerstand liegt etwa im gleichen Bereich wie der der Gibson Bustbucker (technische Daten am Ende dieses Posts). Die verwendeten Brücken sind bis auf die Reiter identische Tune-o-matic clones, natürlich sind die Reiter der 12-saitigen doppelt gekerbt, allerdings nicht getrennt einstellbar. Ich persönlich halte das nicht wirklich für einen Nachteil, da ich bei der Einstellung der Oktavreinheit gelegentlich bereits schon Mühe habe, die minimalen Unterschiede zu hören, die durch die wenigen Millimeter Einstellweg möglich sind.
Bindings und Lackierung sind unspektakulär aber ohne Makel, der Lack dabei, wie heute üblich, in Polyurethan ausgeführt, was schön glänzt, dei Dongs aber schnell splittert. Einige Verarbeitungs-Highlights werde ich später noch erwähnen, wenn es um die Innereien geht.
Als ich die Gitarre erstmals anschließe, bin ich zwar zunächst vom Klang der 12saitigen begeistert, allerdings stellt sich bald eine gewisse Ernüchterung heraus:
Um den Preis wahrscheinlich nicht endlos hochzutreiben, hat man dem Zwilling eine Minimalst-Elektronik verpaßt, die die elektrischen Möglichkeiten doch sehr einschränkt. Über den oberen Toggle switch lassen sich zwar wie bei der Les Paul die Pickups mit den Stellungen neck-both-bridge anwählen - aber nur für beide Hälse gemeinsam! Ich habe nur einen Volume- und nur einen Tone-Regler für beide Gitarren, so daß z.B. eine Stellung '12-Saiter ganz auf treble und 6-Saiter auf eine andere Klangfarbe' nicht machbar ist. Beide Gitarren haben immer die gleiche Tonabnehmer-Schaltung und die gleiche Lautstärken/Klang-Einstellung! Dieses Sparprogramm macht es daher auch elektrisch unmöglich, daß man beide Gitarren gleichzeitig auf den Ausgang schalten kann, denn die einpolige Pickupwahl und Klangregelung läßt sich ja nur jeweils einer einzelnen Gitarre zuweisen! Deshalb hat man auch zur Umschaltung der Gitarre keinen der bekannten Toggle-Switches eingebaut, sondern einen zweipoligen Umschalter mit Mittelstellung, wie er in der Industrie-Elektronik häufig verwendet wird. Nicht nur, daß er einen recht kleinen Schaltknebel hat, der während des Spielens kaum zu bedienen ist, er hat auch noch diese überflüssige Mittelstellung, bei der am Ausgang - gar kein Signal liegt! Kommt man versehentlich dagegen oder verschaltet sich bei dem Gefummel dergestalt, daß der Schalter in Mittelstellung bleibt, ist die Gitarre stumm, was mitten im Song super rüberkommt, vor allem, wenn man der einzige Gitarrist ist!
Durch diesen m.E. ziemlich eklatanten Mangel in der Elektrik, der nebenbei in keinem der euphorischen Zeitschriften-Tests erwähnt wird, ist die Gitarre für mich nur sehr begrenzt einsetzbar, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, sie umzubauen, auch wenn das bei einer Halbresonanz-Gitarre ohne rückwärtige Elektronikfächer ziemlich viel Arbeit ist. Die Änderungen beziehen sich daher auch nur auf das Abstellen dieser Mängel, sodaß ich hinterher eine Doubleneck habe, bei der die Pickups getrennt anwählbar sind und auch jede der Gitarren ihre eigene Regelung hat. Deshalb wurde auch der Einbau eines Umschalters möglich, bei dem es eine Mittelstellung gibt, in der beide Gitarren am Verstärker anliegen! Den Umbau habe ich in einem eigenen Thread beschrieben, da er nicht ursächlich mit diesem Review hier zu tun hat, das sich ja auf die Gitarre beziehen sollte, die man auch kaufen kann, wenn auch nur noch gebraucht.
Alles in allem wirkt die Gitarre auch innen sauber verarbeitet, wie ich bei meiner Umbauaktion feststellen konnte, allerdings gab es bei der Elektrik schon ein paar Dinge, die mich stutzig machten. Da ich im Zuge des erwähnten Umbaus die gesamte Elektrik ausbauen mußte, stellte ich unter anderem fest, daß die Tonabnehmer nicht an der jeweiligen Position entsprechend ihres Aufdrucks eingebaut waren, sondern in der 12-saitigen zwei Neck-Pickups und in der 6-saitigen zwei Bridge-Pickups eingebaut waren. Weiterhin blieb die Frage unbeantwortet, weshalb drei der Tonabnehmer mit abgeschirmtem Kabel ausgestattet waren, während einer der Bridge-Pickups zwei nicht abgeschirmte Einzeldrähte hatte (oben rechts zu sehen). Einer der Drähte am Tone-Regler war außerdem ab (wodurch er ohne Funktion gewesen wäre), ob das allerdings erst beim Ausbau passiert ist oder schon vorher so war, kann ich nicht sagen, weil ich ihn eh nicht benutze. Ansonsten ist nichts weiter zu beanstanden, die Qualität der Hardware ist wie gesagt gut, die meiner Gibson wirkt auch nicht wirklich wertiger.
Handling
Die Gitarre ist mit über 5 Kilo nicht leicht, die Hoffnung, die der Hollowbody geweckt hatte, hat sich eigentlich nicht erfüllt. Sie ist mit dem ungefähren Gewicht einer alten Les Paul Custom sicher deutlich leichter, als so manche andere Doubleneck, aber letztlich ist sie auch nur im Bereich unter den F-Löchern wirklich hohl, der Mittelteil ist weitgehend massiv, wie man auch auf den Bildern der Pickup-Fräsungen sehen kann. Die meisten meiner Gurte erschienen mir mir der Aufgabe überfordert, weshalb ich mir speziell für diese Gitarre einen eigenen Gurt selbst hergestellt habe, was ich hier in einem Workshop beschrieben habe. Besonders kopflastig ist sie nicht, allerdings bin ich da durch diverse andere Instrumente auch nicht sehr verwöhnt. Durch den rauhen Spezialgurt und das hohe Eigengewicht hängt sie jedenfalls so bombenfest, daß sie nicht rutschen kann, auch wenn ein gewisse Kopflastigkeit wahrscheinlich vorhanden ist. Trotz der guten Gewichtsverteilung spiele ich sie meist nur für ein Set von 2-4 Liedern und bin dann immer froh, wenn ich wieder eine der anderen Gitarren umhängen kann, die mir dann richtig leicht vorkommen.
Der ober 12saitige Hals ist sehr angenehm zu bespielen, auch die Lage ist für mich sehr komfortabel. Man darf allerdings nicht die Tatsache unterschätzen, daß das Herunterdrücken von 12 Saiten mehr Kraft kostet als bei 6 Saiten, was sich besonders in längeren Barré-Passagen bemerkbar macht. Der 6saitige Hals ist für mich von der tiefen Position her relativ unbequem zu bespielen, zumal man sich ziemlich vorbeugen muß, wenn man das Griffbrett noch sehen will. Allerdings ist das ziemlich Spieler-abhängig und wer die Gitarre ohnehin immer ziemlich tief hängen hat, kommt damit sicher besser zurecht. Für Akkorde in den unteren Bünden ist es auch für mich noch ok, da man die ja meistens blind spielen kann, bei Solopassagen muß ich allerdings schon hinschauen und da ist es halt etwas mühsam. Die Saitenlage ist bei beiden Gitarren gut, bei der 12er war sie von Anfang an etwas besser, bei der 6er mußte ich etwas nachjustieren. Die Brücken sind etwas scharf für die Hände, obwohl man bei dem großen Body eher weniger in diesem Bereich hantiert. Die Grover-Tuner sind butterweich und sehr stimmstabil, was mich besonders freut, 18 neue Locking-Tuner wären mir dann doch zu teuer gewesen.
Klang
Hier kommt für mein Empfinden auch wieder die 12-saitige etwas besser weg, vielleicht ist das aber auch nur der ungewohnte Eindruck. Ein silberner Klang, gegen dessen Fülle die 6-saitige nach dem Umschalten immer etwas ärmlich aussieht. Für kurze Zeit hatte ich mal mit dem Gedanken gespielt, eine Stereo-Ausgangsbuchse einzubauen und darüber beide Gitarren getrennt herauszuführen, Platz ist am Mischpult genug. Das würde die Möglichkeit einräumen, beide Gitarren mit unterschiedlichen Effekten zu beaufschlagen, aber das wird vielleicht ein anderes Projekt.
Mehr als bei anderen Gitarren ist mir hier aufgefallen, welchen klanglichen Unterschied man doch durch die Wahl der Besaitung hervorrufen kann. Der 6er Hals war standardmäßig 9-42 bestückt, nach der Elektronik-Änderung habe ich dort einen 10-46er Satz aufgezogen und mußte die Pickups ein gutes Stück runterdrehen. Trotzdem gefällt mir der Klang damit etwas besser, zumal ich diesen Hals für kleine Solopassagen nutze, die durchaus etwas hervortreten können.
In den nächsten Tagen werde ich versuchen, ein paar Soundsamples mit meinem Boss BR600 anzufertigen, die ich dann noch hier einstelle.
Der 12er Hals war werksseitig folgendermaßen besaitet (vorderer Wert=Oktavsaite):
..9 - - .9
11 - - 11
..9 - - 15
11 - - 24
15 - - 32
24 - - 42
Als neuen Satz habe ich Ernie Ball 12-string Slinky aufgezogen mit den Werten
..8 - - .8
10 - - 10
..8 - - 14
11 - - 24
17 - - 32
22 - - 40
insgesamt jetzt also etwas dünner, weshalb der 12er Hals jetzt zwar nicht mehr so laut aber etwas perliger klingt. Die unterschiedliche Charakterisik der beiden Hälse kommt jetzt deutlicher zum Vorschein, wobei ich den 6er Hals vorwiegend über den Bridge Pickup spiele, damit er nicht zu dominant wirkt.
Laut Firmenangaben sollte die Gitarre ein Auftaktmodell für eine selbst entwickelte Modellserie sein, weshalb man den Preis extrem knapp kalkuliert hat, um in den Markt zu kommen. Letzteres ist sicher auch der Grund, weshalb die Produktion nach ein paar Jahren eingestellt wurde, denn für den Preis von unter 400 Euro war koreanische Qualität mit dieser Hardware sicher nicht mehr herstellbar!
Mit der von mir beschriebenen Änderung der Elektronik ist die Gitarre jetzt für meine Zwecke optimal und nicht nur ein Hingucker, sondern endlich auch elektrisch so einsetzbar, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Technische Daten
Korpus: Mahagoni
Decke: Ahorn geflammt
Hälse: Mahagoni, geleimt
Griffbretter: Palisander
Bünde: je 22
Mensur: je 62,8cm
Halsbreiten:
Sattel: 42,5 (6) - 47,5 (12)
12.Bund: 52 (6) - 53,5 (12)
Steg: tune-o-matic ähnlich, Stoptail
Pickups: Gretsch-Style,
Neck: 7,8kΩ
Bridge: 8,93kΩ
Regler original: 1 Volume, 1 Tone
Schalter original Pickup: 1 treble-both-bridge für beide Hälse
Schalter original Gitarre: 1 6string-off-12string
Nach Änderung:
Schalter Pickup: Je 1 für jeden Hals treble-both-bridge
Schalter Gitarre: 6string-both-12string
Gewicht: 5,4kg
- Eigenschaft