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Zorro Zork
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Wie im Telecaster Userthread schon ausgeplaudert habe ich mir vorgestern zum Sofort-Kauf Preis von 50 Euro eine "Orig. Bakers TL E-Gitarre Newline 2010" gekauft.
Bakers ist ein Handelsname, der einer Firma namens "Globe Impex" gehört, die als "Top-Sound-Seller" bei ebay billigste Musikinstrumente zu absoluten Tiefstpreisen vertickt. Anscheinend vertickt sie auch so einige davon, trotzdem konnte ich im großen, weiten, mächtigen Internet keinerlei Reviews zu diesen Telekopien finden. Deshalb fühle ich mich berufen, mal selber zu beschreiben, welchen Eindruck diese Gitarre auf mich gemacht hat, als sie heute hier eingetroffen ist. Für ein echtes Review ist es allerdings schon zu spät. Warum? Kurzer Schwenk zur...
Vorgeschichte:
Eigentlich wollte ich diese Gitarre garnicht kaufen, sondern bloß mal nach einem Body für eine Tele gucken. Mir war nämlich aufgefallen, das ich bis auf Body und Neck eigentlich alles hier habe, um mir eine Tele zusammen zu schrauben.
Die Bakers hat einen massiven Erle-Body. Das wird bei ebay als eine derartig herausragende Eigenschaft abgefeiert, das man bei der Suche nach einem (weil nur für Ersatzgitarre möglichst günstigen) Body sehr schnell über diese "Orig. Bakers TL E-Gitarre Newline 2010 Black ERLE BODY" stolpert. Die Tatsache, das an diesem ERLE BODY auch noch gleich ein Hals dranhing und ich noch nebst einem labbrigen Gigbag und einem spillerigen Kabel eine Controlplate, Potiknöpfe etc dazu bekomme hat mich überzeugt. Inklusive Versand 60 Euro? Läuft!
Ankunft und Auspacken
Heute ist also die nicht ohne Spannung erwartete Gitarre bei mir eingetroffen. Die schnelle Lieferung ist schon einmal der erste Pluspunkt, auch Karton und Verpackung waren okay.
Die Gitarre steckt nochmal in einem extra Karton, öffnet man den erblickt man das erwartet labbrige Gigbag und noch etwas, das einen leichten WTF?!-Effekt auslöst, nämlich ein Flyer: "Gib uns 5 Sterne in der Ebay-Detailbewertung und erhalte 5% Sternenrabatt für einen Einkauf auf www.topsoundseller.com"
Der Flyer gibt bei mir nen fetten Minuspunkt, weil es so mit einem kleinen fiesen Trick verhindert wird, über die ebay-Bewertungen etwas über die Produktqualität herauszufinden. Finde ich nicht fair, also Punktabzug. Zurück zu meinem Ersteindruck:
Es stinkt. Dem Karton entströmt ein merkwürdiger chemischer Gestank, nicht sehr angenehm. Als ich die Tasche aus dem Karton hebe, erlebe ich den ersten Eindruck direkt von der Gitarre und der ist: "Alter, ist das Ding schwer!" Habe leider keine Waage im Haus, Les Paul Gewicht ist das aber allemal.
Packt man die Gitarre aus dem Gigbag ist sie nochmal verpackt, Schicht 4 mittlerweile, in eine Art großen Schaumstoffbeutel, das kennt ihr sicher alle. Dieser hier stinkt allerdings irgendwie nach Lösungsmitteln.
Und da bin ich also jetzt zur Gitarre vorgedrungen.
Materialien und Verarbeitung
Wie gesagt, der Body ist sauschwer. Gut an ihm finde ich, das der schwarze Lack sehr dünn aufgetragen zu sein scheint. Er ist ziemlich ins Holz eingesunken und man erkennt noch gut die Holzstruktur dadrunter. Offenbar ist der Korpus aus 3 bis 4 Teilen zusammengesetzt.
Hals und Griffbrett sind aus etwas, das wohl Ahorn sein soll, allerdings habe ich noch nie an einer Gitarre ein Stück Ahorn von solch schlechter Qualität gesehen. Der Hals ist dünn matt lackiert, fühlt sich allerdings an wie Plastik. Er sitzt aber dafür ganz okay in der Halstasche vom Korpus, die Bünde sind gut abgerichtet (auch wenn ich denen keine lange Lebensdauer zutraue) und die Griffbrettkanten fühlen sich recht angenehm an. Die Mechaniken sehen nach gekapselten aus, klappern aber und wirken nicht recht vertrauenswürdig, wobei sie sich allerdings gut drehen lassen. Der Sattel ist schon beinahe ein Kuriosum, so fürchterlich billig und verfranst wie er aussieht.
Die restliche Hardware ist nicht weiter zu beanstanden, bemerkenswert in der Preisklasse ist vielleicht noch die sehr sauber ausgeführte Strings-through-body-Saitenführung. Allgemein ist die Gitarre verblüffend gut verarbeitet und auch die Saitenlage ist ganz in Ordnung. Die Saiten an sich sind natürlich kompletter Schrott.
Klang und Dekonstruktion
Ein Akkord hat gereicht um folgendes festzustellen: Die Gitarre scheint gute Schwingungseigenschaften zu haben, der Body resoniert freudig mit. Diese Saiten sind allerdings so miserabel, das ich sie einfach direkt durchgeschnitten und weggeschmissen habe. Die Tonabnehmer habe ich auch schon abeschnitten und weggelegt, da ich ohnehin noch einen guten Steg-PU und einen Humbucker hier habe, die ich einbauen wollte. Deswegen gibt es an dieser Stelle nichts weiter von mir zu hören. Die Gitarre ward keine 10 Minuten nach ihrem eintreffen komplett auseinander geschraubt und liegt jetzt schon auf dem OP-Tisch, die Fräsung für den Hals-PU wird erweitert, damit der Humbucker reinpasst.
Ausblick und Fazit
Ich bin bis jetzt mehr als zufrieden mit dem Kauf. Die Bakers TL ist in meinen Augen auf jeden Fall eine gute Tuning-Basis. Tatsächlich notwendig erscheint mir erstmal nur der Austausch der Saiten, des Sattels und der Tuner, über die eingebauten Pickups kann ich halt nichts sagen.
Auf Dauer wird bei meinem Exemplar allerdings wohl nur noch der Body und ein paar Hardware-Teile übrigbleiben. Der Hals gefällt mir haptisch nicht so und die Bünde machen es meiner Einschätzung zufolge eh nicht lange. Die Brücke ist an sich okay, ich bevorzuge aber eine Vintage-Brücke mit Messingreitern. Der Korpus ist auf jeden Fall trotz des unerwartet hohen Gewichts sehr in Ordnung, die Form ist übrigens auch sehr, sehr nahe am Original. Die dünne Lackierung erscheint mir übrigens auch passend für Aging-Versuche, weiß ich noch nicht, ob ich das mal probiere. Alles in allem rede ich hier lang und breit über eine Gitarre für 50 Euro. Dafür hat sie meine Erwartungen eigentlich übertroffen. Kaufempfehlung mag ich trotzdem keine geben, weil ich die Pickups nicht gehört habe und ich bei dem Preis einfach eine sehr hohe Serienstreung erwarte. Ausserdem ist so eine Gitarre politisch fürchterlich unkorrekt.
Grüße
Seb
Bakers ist ein Handelsname, der einer Firma namens "Globe Impex" gehört, die als "Top-Sound-Seller" bei ebay billigste Musikinstrumente zu absoluten Tiefstpreisen vertickt. Anscheinend vertickt sie auch so einige davon, trotzdem konnte ich im großen, weiten, mächtigen Internet keinerlei Reviews zu diesen Telekopien finden. Deshalb fühle ich mich berufen, mal selber zu beschreiben, welchen Eindruck diese Gitarre auf mich gemacht hat, als sie heute hier eingetroffen ist. Für ein echtes Review ist es allerdings schon zu spät. Warum? Kurzer Schwenk zur...
Vorgeschichte:
Eigentlich wollte ich diese Gitarre garnicht kaufen, sondern bloß mal nach einem Body für eine Tele gucken. Mir war nämlich aufgefallen, das ich bis auf Body und Neck eigentlich alles hier habe, um mir eine Tele zusammen zu schrauben.
Die Bakers hat einen massiven Erle-Body. Das wird bei ebay als eine derartig herausragende Eigenschaft abgefeiert, das man bei der Suche nach einem (weil nur für Ersatzgitarre möglichst günstigen) Body sehr schnell über diese "Orig. Bakers TL E-Gitarre Newline 2010 Black ERLE BODY" stolpert. Die Tatsache, das an diesem ERLE BODY auch noch gleich ein Hals dranhing und ich noch nebst einem labbrigen Gigbag und einem spillerigen Kabel eine Controlplate, Potiknöpfe etc dazu bekomme hat mich überzeugt. Inklusive Versand 60 Euro? Läuft!
Ankunft und Auspacken
Heute ist also die nicht ohne Spannung erwartete Gitarre bei mir eingetroffen. Die schnelle Lieferung ist schon einmal der erste Pluspunkt, auch Karton und Verpackung waren okay.
Die Gitarre steckt nochmal in einem extra Karton, öffnet man den erblickt man das erwartet labbrige Gigbag und noch etwas, das einen leichten WTF?!-Effekt auslöst, nämlich ein Flyer: "Gib uns 5 Sterne in der Ebay-Detailbewertung und erhalte 5% Sternenrabatt für einen Einkauf auf www.topsoundseller.com"
Der Flyer gibt bei mir nen fetten Minuspunkt, weil es so mit einem kleinen fiesen Trick verhindert wird, über die ebay-Bewertungen etwas über die Produktqualität herauszufinden. Finde ich nicht fair, also Punktabzug. Zurück zu meinem Ersteindruck:
Es stinkt. Dem Karton entströmt ein merkwürdiger chemischer Gestank, nicht sehr angenehm. Als ich die Tasche aus dem Karton hebe, erlebe ich den ersten Eindruck direkt von der Gitarre und der ist: "Alter, ist das Ding schwer!" Habe leider keine Waage im Haus, Les Paul Gewicht ist das aber allemal.
Packt man die Gitarre aus dem Gigbag ist sie nochmal verpackt, Schicht 4 mittlerweile, in eine Art großen Schaumstoffbeutel, das kennt ihr sicher alle. Dieser hier stinkt allerdings irgendwie nach Lösungsmitteln.
Und da bin ich also jetzt zur Gitarre vorgedrungen.
Materialien und Verarbeitung
Wie gesagt, der Body ist sauschwer. Gut an ihm finde ich, das der schwarze Lack sehr dünn aufgetragen zu sein scheint. Er ist ziemlich ins Holz eingesunken und man erkennt noch gut die Holzstruktur dadrunter. Offenbar ist der Korpus aus 3 bis 4 Teilen zusammengesetzt.
Hals und Griffbrett sind aus etwas, das wohl Ahorn sein soll, allerdings habe ich noch nie an einer Gitarre ein Stück Ahorn von solch schlechter Qualität gesehen. Der Hals ist dünn matt lackiert, fühlt sich allerdings an wie Plastik. Er sitzt aber dafür ganz okay in der Halstasche vom Korpus, die Bünde sind gut abgerichtet (auch wenn ich denen keine lange Lebensdauer zutraue) und die Griffbrettkanten fühlen sich recht angenehm an. Die Mechaniken sehen nach gekapselten aus, klappern aber und wirken nicht recht vertrauenswürdig, wobei sie sich allerdings gut drehen lassen. Der Sattel ist schon beinahe ein Kuriosum, so fürchterlich billig und verfranst wie er aussieht.
Die restliche Hardware ist nicht weiter zu beanstanden, bemerkenswert in der Preisklasse ist vielleicht noch die sehr sauber ausgeführte Strings-through-body-Saitenführung. Allgemein ist die Gitarre verblüffend gut verarbeitet und auch die Saitenlage ist ganz in Ordnung. Die Saiten an sich sind natürlich kompletter Schrott.
Klang und Dekonstruktion
Ein Akkord hat gereicht um folgendes festzustellen: Die Gitarre scheint gute Schwingungseigenschaften zu haben, der Body resoniert freudig mit. Diese Saiten sind allerdings so miserabel, das ich sie einfach direkt durchgeschnitten und weggeschmissen habe. Die Tonabnehmer habe ich auch schon abeschnitten und weggelegt, da ich ohnehin noch einen guten Steg-PU und einen Humbucker hier habe, die ich einbauen wollte. Deswegen gibt es an dieser Stelle nichts weiter von mir zu hören. Die Gitarre ward keine 10 Minuten nach ihrem eintreffen komplett auseinander geschraubt und liegt jetzt schon auf dem OP-Tisch, die Fräsung für den Hals-PU wird erweitert, damit der Humbucker reinpasst.
Ausblick und Fazit
Ich bin bis jetzt mehr als zufrieden mit dem Kauf. Die Bakers TL ist in meinen Augen auf jeden Fall eine gute Tuning-Basis. Tatsächlich notwendig erscheint mir erstmal nur der Austausch der Saiten, des Sattels und der Tuner, über die eingebauten Pickups kann ich halt nichts sagen.
Auf Dauer wird bei meinem Exemplar allerdings wohl nur noch der Body und ein paar Hardware-Teile übrigbleiben. Der Hals gefällt mir haptisch nicht so und die Bünde machen es meiner Einschätzung zufolge eh nicht lange. Die Brücke ist an sich okay, ich bevorzuge aber eine Vintage-Brücke mit Messingreitern. Der Korpus ist auf jeden Fall trotz des unerwartet hohen Gewichts sehr in Ordnung, die Form ist übrigens auch sehr, sehr nahe am Original. Die dünne Lackierung erscheint mir übrigens auch passend für Aging-Versuche, weiß ich noch nicht, ob ich das mal probiere. Alles in allem rede ich hier lang und breit über eine Gitarre für 50 Euro. Dafür hat sie meine Erwartungen eigentlich übertroffen. Kaufempfehlung mag ich trotzdem keine geben, weil ich die Pickups nicht gehört habe und ich bei dem Preis einfach eine sehr hohe Serienstreung erwarte. Ausserdem ist so eine Gitarre politisch fürchterlich unkorrekt.
Grüße
Seb
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