Ja, es ist total verblüffend was der Steg am Klang der Geige alles beeinflusst und wie die Geige auch gedämpft klingt.
Zum Thema Steg hatte ich mich ja schon mit meiner E-Geige damals ziemlich außeinander gesetzt, da ich ja eher einen wärmeren und nicht so scharfen Sound erreichen wollte.
Falls es euch interessiert, das findet ihr hier in diesem Beitrag:
Klick
Ich hatte mir dann ja extra einen Steg aus Furnieren zusammengeklebt und gestaltet. Je schwerer er ist, desto schlechter kann er mit dem Ton mit schwingen und diesen dann auf die Decke übertragen. Diese Dämpfung ist bei höheren Tönen durch deren schnellere Schwingung natürlich stärker, als bei den langsamer schwingenden tieferen Tönen, die auch ein etwas schwererer Steg noch ganz gut übertragen kann.
Zum anderen ist es aber auch so, dass abseits der reinen Masse auch noch eine gewisse Federung notwendig ist. Die Saite schwingt ja in der Richtung wie der Bogen geführt wird, da der Bogen mit den Widerhaken und dem Kolophonium die Saite festhält und spannt, bis die Kraft zu groß wird und dann entgegengesetzt auslenkt um dann dort wieder durch Haken und Haftung eingefangen und erneut gespannt zu werden. Und diese seitliche Schwingung macht der Steg mit, federt durch die Freisparungen auch etwas mit und verändert damit die Schwingung zu einer weniger eckigen (kratzigen) hin zu einer weicheren, frei schwingenden Kurve. Durch die Federung und die Steifheit und Spannkraft wird innerhalb des Stegs dann die Schwingung auf die Geigendecke übertragen. Diese Decke egalisiert und versteift und vergrößert damit auch die Schwingung auf der Seite des Bassbalkens, während die auf der Seite der hohen Saiten durch die Stimme zum einen ein Gegenlager für die Drehung und zum anderen einen Übertrager auf den Boden der Geige hat.
Dieser ganze Vorgang ist einfach sehr komplex und es kommt auf die Eigenschaften und Gestaltung des Stegs, auf die Schwingungs- und Übertragungsfreudigkeit der Decke und des Bodens, sowie die Steifheit und Übertragung des Bassbalkens und die Position der Stimme auf Decke und Boden sowie der Abstand von ihr zum Steg (und noch viele weitere Dinge) an.
Nun ist es am einfachsten und auch durchaus effizient den Klang am Entstehungs-, bzw. Übergabepunkt, also dem Steg zum einen zu beeinflussen und zum anderen auch mit einem Dämpfer zu stoppen, bzw. zu bremsen. Eine ganz leicht andere Position des Steges ändert die Position zur Stimme und damit die Schwingung der Decke. Also ist auch das ein wichtiges Kriterium, welches natürlich auch durch den Geigenbauer beeinflusst werden kann indem er die Position der Stimme ändert.
Aber zurück zum Steg:
Generell ist es schon so, dass zum einen die Masse des Stegs den Ton beeinflusst. Ähnlich wie bei einem Dämpfer.
Und je schwerer der Dämpfer ist, desto schneller spricht die Geige auch mal nicht an. Man muss dann richtig "arbeiten" und durch Druck und Bogenposition auf der Saite die Verhältnisse zu ändern.
Ursprünglich sind Dämpfer ja vorallem dafür da gewesen im Orchester einen leiseren, sanfteren Klang zu erreichen.
Ich hatte in meiner Jugend von meinem Opa einen damals üblichen Ebenholzdämpfer bekommen und fand es im Schul-Orchester immer nervig den zu greifen, schnell aufzusetzen, danach wieder runter zu nehmen und abzulegen.
Es wurden dann die "vorschiebbaren" Dämpfer modern die man auf den Saiten hinter dem Steg auch in Ruheposition montiert hatte und dann "nur" kurz vorschieben musste.
Als ich 2019 bei einem Gebetsabend in einem kleineren Raum rein akustisch zusammen mit einer Akustikgitarre spielte, verwendete ich ihn um leiser zu werden. Ich verwendete dann einfach zum Spaß mal im Vergleich den Ebenholz-Dämpfer... und war ist echt unglaublich wie viel "besser" dieser klang!
Seit dem verwende ich den "praktischen" gar nicht mehr.
Es zeigt eben, dass auch im gedämpften Fall der Steg eine große Rolle spielt und den Klang stark beeinflusst. Deshalb habe ich das jetzt erzählt.
Nochmal kurz zu den eben ausgeführten Erklärungen:
Ich bin kein Geigenbauer, nur Geiger mit etwas physikalischem Verständnis, etwas Erfahrung, etwas Ausbildung und viel Forscherdrang.
Trotzdem steckt da nur teilweise "Wissen" drin und ist einiges auch nur eine "Vermutung", oder eben das, wie ich es mir selbst erklären kann.
Ich habe auch das Buch "Der Klang" von Martin Schleske gelesen, in dem so manches angedeutet wird, aber natürlich nichts konkretes als Anleitung gegeben wird.
Ich glaube auch bei Geigenbauern ist einfach ein Großteil die Erfahrung, das Probieren, das daraus lernen und ein daraus wachsendes Gefühl, was im konkreten Fall bei einer Geige geändert werden könnte um dem gewünschten Klang näher zu kommen.
Aber auch da ist das Thema so komplex, dass man wahrscheinlich trotz viel Wissen weiß, dass man noch viel nicht weiß und entdecken darf.