Gesucht: leicht bedienbare App für motorisch schwerst eingeschränkten Menschen

micharockz
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Hallo liebe Gemeinde,

heute wende ich mich mit einem relativ speziellen Anliegen an euch und hoffe auf eure Ideen.

Ich leite eine inklusive Schülerband, bei der ein Schüler mit schwerster Körperbehinderung mitspielt. Er kann nur den Kopf bewegen und ein bisschen seine Hände. Bei der letzten Probe haben wir festgestellt, dass er hoch motiviert mit einem Finger unter großer Anstrengung über das Display eines Smartphones wischen kann (wir hatten eine App mit Klaviatur).
Bestimmte Töne gezielt zu spielen wird nicht möglich sein, daher muss die App von vornherein ein passendes Layout haben oder entsprechend zu konfigurieren sein.

Nun fasse die Anforderungen zusammen und arbeite mich von technischen Rahmenbedingungen zu Ideen kreativer Umsetzungsmöglichkeiten vor. Vielleicht habt ihr ja noch weitere Ideen oder wisst eine App, eventuell auch aus dem Kinderbereich.
  • App für Android oder IPad
  • Freeware wäre schön, kostenpflichtig ginge aber auch
  • Smartphone oder Tablet - bei komplexeren Apps wo nur ein Teil des Displays zum Bespielen benötigt wird würden wir ein Tablet organisieren. Der Aktionsradius des Fingers deckt etwa ein Smartphone-Display ab.
Ideen zur musikalischen Umsetzung
  • Flächensounds in vorwählbaren Tonarten oder mit einzelnen vorwahlbaren Tönen. Weiches Attack, da rhythmisch genaues Spiel nicht möglich ist
  • Am besten ein bis zwei vorwählbare Töne/Mehrklänge, ansonsten vorwählbare Skalen (Pentatoniken etc)
  • Evtl. zwei bis mehrere Spielflächen für verschiedene Sounds
  • Eine einzige große Touchzone für einen Sound, der je nach Position des Fingers Parameter ändert
  • Etwas in Richtung Korg KaossPad?
  • sanfte rhythmische Texturen wären auch okay
  • Ein Sampleplayer mit wenigen Pads, der mit passendem Material gefüttert wird

Die App QiBird geht etwa in die richtige Richtung, da kann man eine pentatonische Skala einstellen und hat gute Chancen, dass die Töne passen :D. Insgesamt ist sie aber etwas komplexer als erwünscht.

Mehr brauchbare Apps habe ich nicht gefunden - aber ihr wisst da bestimmt mehr... Für weitere Ideen die zum Thema passen bin ich ebenfalls offen :great:

Jetzt warte ich gespannt auf eure Einfälle und wünsche schöne Feiertage!
 
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Was wäre denn mit einem kleinen Hardwarecontroller, der bestimmte Dinge auf Tastendruck abfeuert???

z.Bsp. so etwas
 
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Danke für deinen Beitrag!
Der Schüler kann leider nicht gezielt drücken. Der Krankenpfleger hält ihm das Tablet hin, so dass er es berühren und mit dem Finger wischen kann.
Man könnte zwar Tasten an seinen Finger halten und dann das Gerät gegen den Finger drücken (dabei seine Hand festhalten, damit der nötige Gegendruck da ist). Mit einem Touchpad könnte er aber eine wesentlich aktivere Rolle einnehmen. Er und das Team sind völlig aus dem Häuschen, weil niemand gedacht hätte, dass er so auf ein Touchdisplay reagiert.

Damit man sich es besser vorstellen kann - der Schüler kann auch nicht sprechen und kommuniziert ausschließlich durch Zwinkern und Mimik.
 
Freut mich, dass das Team so mit geht. Habe auch eine behinderte Tochter und bin im Vorstand der Lebenshilfe Limburg, kann mir also vorstellen was ihr so benötigen würdet, habe aber aus dem Stegreif auch keine Lösung.
Da wäre also wirklich wohl nur eine Fläche auf einem berührungsempfindlichen Display denkbar. Vielleicht gibt es ja im Forum Leute, die so ein "Pad" als Touchfläche programmieren können, sozusagen nur als Auslöser für was auch immer, also Start einer Percussionfolge, Start eines Tones/Akkordes oder eines längeren Samples.
Es wäre nur der Startknopf für schon etwas existierendes aus einem normalen Programm oder so.
 
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Auf dem iPad gibt es tatsächlich sehr viele Möglichkeiten und imho könnte sich da auch recht schnell ein Trainingseffekt entwicklen, sozusagen das Wachsen an der Aufgabe.
Als Start bietet sich Orphion an, hat einen einfachen Sound an Bord, der (einstellbar) auf variablen touch reagiert.
„Orphion“ von Bastus Trump
https://itunes.apple.com/de/app/orphion/id495465097?mt=8
Wenn es gut funktioniert, kann man damit über das interne Midi auch andere Klangerzeuger ansteuern.

„TF8 Synth“ von Pier Lim
https://itunes.apple.com/de/app/tf8-synth/id1198622286?mt=8
dürfte auch gut geeignet sein, geht auf iPhone und iPad.
 
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Danke für die Tipps - ich werde meine Schwiegermutter bitten, übermorgen ihr IPad mitzubringen. Dann werde ich deine Vorschläge testen :).
In der Schule haben wir zum Glück IPads, also werden wir die am besten passende App benutzen können.

Was ich cool fände, wäre ein Spielbereich, in dem ein frei wählbarer Ton gespielt wird, den man durch Bewegung auf der X- und Y-Achse modulieren oder filtern kann.
Die meisten Apps stellen gleich mehrere Töne zur Verfügung. Aber vielleicht kan man das bei der einen oder anderen App genau konfigurieren...
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Freut mich, dass das Team so mit geht.
Das ist unser Job. Okay, es macht auch wirklich Freude, wenn man neue Möglichkeiten findet, jemanden aktiver teilnehmen zu lassen, als man es für möglich gehalten hat :D.
 
Ich melde mich mal für einen kurzen Zwischenstand. Die OS-Apps habe ich noch nicht getestet, die Endgeräte sind doch noch von der Schule angeschafft worden.

Die App Qibrd hat sich allerdings inzwischen gut bewährt.
Screenshot_20190306-171914.png


Die Band spielt den Song “Zusammen“ von den Fanta4. Bei der App ist die pentatonische F# Moll Skala eingestellt, zwei Oktaven Tonumfang. Durch die Portamento-Einstellung gleiten die Tonwechsel etwas, dadurch fügt sich die Pentatonik besser in den Rhythmus ein :).

Der Schüler spielt jetzt solo das Intro. Der Krankenpfleger startet in der App einen F#moll Akkord, dann gehts los. Hat was leicht floydisches. Mit dem Einsatz von Drums und Bass wird der Akkord beendet, das Einfingersolo geht aber weiter und ist immer im Refrain dran. Das klingt echt nicht schlecht (falsche Töne sind abgeschaltet) und alle sind ziemlich happy - besonders der Schüler, der selten so aktiv sein kann.
 
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Hallo nochmal,
ich melde mich nochmal mit einem Klangbeispiel vom letzten Auftritt. Bitte seid nicht so streng - es ist eine Händiaufnahme und die Musiker sind alle absolute Einsteiger und haben ihr bestes gegeben ;).
Hier das Intro unserer Version:




Vielleicht inspiriert das ja den einen oder anderen Musikpädagogen...
 

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  • Zusammen Intro 2019.mp3
    1,3 MB · Aufrufe: 736
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Ich fand es mehr als super gut und die "Klientel" ist sicher begeistert abgegangen wie ein Zäpfchen. So kenne ich es aus eigener Erfahrung.
Macht weiter auf dem Weg.

Gruß Pauly
 
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Danke :).
Genau, sie sind echt über sich hinausgewachsen und haben sogar das Publikum amtlich animiert :D
 
Ich leite eine inklusive Schülerband, bei der ein Schüler mit schwerster Körperbehinderung mitspielt. Er kann nur den Kopf bewegen und ein bisschen seine Hände. Bei der letzten Probe haben wir festgestellt, dass er hoch motiviert mit einem Finger unter großer Anstrengung über das Display eines Smartphones wischen kann (wir hatten eine App mit Klaviatur).
Tolle Geschichte :great:

Mich würde noch interessieren: Welches "Instrument" oder welche Art Sound begeistert ihn musikalisch?

Eine technische Geschichte möchte ich noch loswerden. Wir sind es mittlerweile gewohnt, Programme per Fingerwischen auf einem Display zu steuern. Das ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten, wie man an den Eingabegeräten (mehr oder weniger historisch geordnet) sieht:

  • Tastatur
  • Maus
  • Display-Wischer
  • Gesten
  • Sprache
  • Sofas (gab's 'mal als MIDI-Controller)
  • und nicht zuletzt das, was der verstorbene Stephen Hawking bediente

  • warum nicht auch:
  • Mimik
  • Blinzeln
  • Kopfbewegung
  • Puls / Nervenströme / biometrische Daten
  • usw.?
Technisch heißt das, "einfach" nur das Eingabegerät zu verändern, zu erweitern, anzupassen. Denn was hier variiert, ist nur die Art und Weise, einen bestimmten Datenstrom für Eingabeaktionen bereitzustellen ... passt der Datenstrom, reagiert die App wie erwartet.

Nun kann es sein, dass es für Euren Musikfreund schon ein Eingabegerät gibt, dass genau zu seinen Möglichkeiten passt - wer sucht, findet. Es kann auch sein, dass die App nicht ohne Weiteres ein anderes Eingabegerät akzeptiert - wer mit den Entwicklern spricht, erfährt vielleicht Unglaubliches.

In diesem Sinne, weiter so auf diesem Weg, Michael
 
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  • warum nicht auch:
  • Mimik
  • Blinzeln
Gute Hinweise, danke!
Zungen- oder Atemkontrolle wäre auch noch eine theoretische Möglichkeit, funktioniert aber hier aus medizinischen Gründen nicht.
Wir haben tatsächlich über Augensteuerung nachgedacht. Der Versuch ist bislang aus technischen Gründen gescheitert - die App läuft nur unter Android und die vorhandene Augensteuerung unter Windows. Ich habe drei oder vier verschiedene virtuelle Androidsysteme getestet, aber entwieder sie ließen sich nichteinmal installieren bzw. starten oder sie waren nicht mit Qibrd kompatibel. Das wäre natürlich cool.
Dass er damit allerdings genauso gut klarkommt wie mit dem Finger und der gestützten Hand, glaube ich nicht. Das bräuchte viel Training. Im Moment trainieren wir, durch Blinzeln Schaltflächen zu aktivieren. Die müssen aber recht lange fixiert werden, damit nicht alles durcheinander geht. Er müsste einen Punkt fixieren und diesen dann sehr konzentriert mit den Augen über das Feld gleiten lassen. Wenn wir das zum Laufen bekommen kann er es ja versuchen, das würde ihm als Freizeitbeschäftigung gefallen :).

Verdammt, jetzt kommt mir, ausgelöst durch deinen Post, gerade die Idee, das Smartphone einfach auf dem Windows-Spezial-PC zu spiegeln. Das müsste mit der passenden Software möglich sein. Muss nur noch die Augenkontrolle mitspielen - da gibt es einiges auszuprobieren. Durch das USB-Kabel ginge dann auch der Akku nicht immer so schnell leer :rolleyes:.
Ich melde mich, wenn´s klappt.
 
Klasse Ideen. Ich drücke Dir/Euch die Daumen :great:
 
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Bin gerade zufällig drauf gestoßen - Visual Performer von Yamaha Corporation
https://itunes.apple.com/de/app/visual-performer/id539927146?mt=8

Sehr rudimentärer Synth. Ein Finger braucht nur im oberen Bereich hin und her bewegt werden (oder das iPad unter dem Finger) und schon klingt es. Zudem noch ein bisschen bunte Bilder dazu. Wäre das vielleicht was?
 
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