Hallo
also in dem Buch-threat komm ich nicht rein. Braucht man dafür eine spezielle Zulassung?
Deshalb schreib ich mal hier, was ich über das Buch "Belt Voice Training von Christin Bonin denke.
Ich habe inzwischen ihre Übungen sowohl selber ausprobiert als auch ansatzweise mit verschiedenen Schülerinnen damit gearbeitet. Eine meiner jungen Anfängerinnen (15 Jahre alt, heller Sopran) konnte es sofort deutlich hilfreich umsetzen. Ebenfalls hilfreich stellt sich die Methode heraus für eine Schülerin mit dunkler, großer Mezzostimme und und Naturbelterin, die aber dazu neigt, den vorderen Fokus zu verlieren. Durch die Übungen in Bonins Ansatz gelingt es ihr, den Fokus zu spüren bei gleichzeitiger Beibehaltung der Weite nach unten/hinten.
Das scheint mir auch die große Stärke dieser Methode zu sein und es erklärt, warum alle Übungen mit dem Vokal i einsetzen. Das i soll ein Gespür für den vorderen Fokus schaffen. Dieser wird dann für die große ovale Öffnung auf a beibehalten. Es entsteht ein räumlicher Klang bei gleichzeitiger Schärfe, wie sie ja typisch ist für Belting. Ich stimme mit Bonin darin überein, dass die Kehle beim Belting NICHT explizit steigen soll, sowie dass Weite und Atemstärke von grundlegender Bedeutung sind. Das i ist lediglich eine Vorbereitung für den Fokus. Wenn also die Übungen richtig ausgeführt werden soll es die Kehle NICHT verengen.
Bei diesen beiden Schülerinnen sind die Übungen also gut und hilfreich. Bei den anderen Schülerinnen waren die ersten Übungen dagegen entweder nutzlos oder sogar kontraproduktiv, weshalb ich es gleich wieder gelassen habe, weiter damit zu arbeiten.
Meiner Ansicht nach ist dies eindeutig ein Buch für GesangspädagogInnen. Es ist KEIN Buch für autodidaktische AnfängerInnen. Was Bonin vorstellt ist für mich eine in sich schlüssige Methode, wie man das Belten - mit Hilfe einer erfahrenen Lehrerin, die die Übungen auch individuell abzuwandeln versteht - erlernen kann. Keine Methode funktioniert für alle. Das spricht aber noch nicht gegen das Konzept.
Die Übungen selber sind von ansteigendem Schwierigkeitsgrad. Die letzte Übung (Low Belt in Linie mit High Belt bis zur 2. Oktave) kann ich als erfahrene Sängerin und Belterin genau einmal singen, da sie über meinen gesamten nutzbaren Beltumfang f f geht. Notiert ist sie im Buch bis a, was absolut utopisch ist für Frauenstimmen. Entsprechend wird sie auf der CD von keiner der Schülerinnen gesungen, nur der männliche Proband demonstriert sie.
Die beiden Übungen davor High Belting mit Sprüngen sind meines Erachtens beide ebenfalls viel zu hoch notiert. Wenn das für Bonin die optimale Einstiegshöhe ist bin ich wirklich entsetzt, denn selbst ich als erfahrende Belterin und Sopran will die Übungen weit tiefer starten, um mich hineinzufinden. Dann komme ich damit sehr hoch, was ja aber für Schülerinnen nicht vorauszusetzen ist. Entsprechend klingen auf der CD die Aufnahmen von Bonins Probandinnen gelinde gesagt furchtbar. Meines Erachtens ist das, was da zu hören ist kein Belting mehr.
Damit komme ich zu der beiliegenden CD: Bonin hat drei ihrer Schülerinnen und einen Schüler beim singen der Übungen aufgenommen. Sie betont, dass dies echte Unterrichtsaufnahmen sind, also unbearbeitet und direkt aus der Praxis. Das ist einerseits natürlich super interessant - Für mich als Lehrerin. Wenn sie andererseits dann aber schreibt, tiefe Stimmen sollen sich an der einen Schülerin orientieren, hohe an der anderen stimmt das für mich nicht mehr. Erstens kann ich, ebenso wie Bell, bei den beiden keinen großen Unterschied erkennen in der Stimmfarbe. Zweitens - und das ist ein wesentlicher Punkt, warum dieses Buch für Autodidaktinnen ungeeignet erscheint - sind die Übungen nicht in optimaler Form vorgesungen. Vor allem die schwereren Übungen werden von den dargestellten Schülerinnen meines Erachtens noch nicht beherrscht. Wenn Bonin also eine Orientierung schaffen wollte hätte sie Profis singen lassen müssen. Wenn es aber ein Buch für GesangslehrerInnen sein soll finde ich es ok, dass sie Schülerinnen genommen hat.
In diesem Punkt wirkt ihre eigene Intention nicht durchdacht.
Was ich an der Methode wirklich super finde ist die Idee der Spartöne, die auf dem Weg in die Höhe eingebaut werden. Das kannte ich so noch nicht, obwohl ich es sicher schon immer so gemacht habe. Es ist Übungen bewusst zu machen finde ich sehr sinnvoll für Belting- SchülerInnen.
Die analysierten Songbeispiele sind nicht uninteressant, aber nicht geeignet, um sie eins zu eins nachzumachen. Das wäre einfach nur Getüftel, welches eine Autodidaktin zur Verzweiflung treiben müsste. Soll man die Analyse erst auswendig lernen, um dann so zu singen? Oder soll man beim Singen gleichzeitig lesen?? Oder ist es als reine Theorie zu verstehen?
Mein Fazit ist: Eine tolle und interessante Methode für den reflektierten Einsatz im Unterricht. Ein spannendes Buch für GesangslehrerInnen, aber nicht geeignet für unerfahrene AutodidaktInnen. Erfahrene Belterinnen können sich hier zusätzliche Anregungen holen, die sie aber wahrscheinlich kaum noch wirklich nötig haben werden. So kann ich selber zwar alle Übungen problemlos singen und ich könnte sie zum Einsingen verwenden, aber mehr Nutzen haben sie auch kaum für mich.
Auf den weiteren Einsatz der Methode im Unterricht bin ich aber gespannt.
Shana