Gefühlsfreie Musik, mathematisch-theoretische Musik. Gibt es da was?

  • Ersteller Thistle
  • Erstellt am
Thistle
Thistle
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
19.10.19
Registriert
25.05.11
Beiträge
43
Kekse
136
Guten Morgen meine Damen und Herren,

was ich versucht habe, in der Überschrift zu benennen:

Ich suche nach Beispielen für Musik, die nicht geschrieben wurde um mit Genuss gehört zu werden sondern sozusagen nur nach bestimmten Prinzipien oder Algorithmen erdacht wurde. Natürlich gibt es für vermutlich fast alle Stilrichtungen von Musik mehr oder weniger bewusste Kompositionsprinzipien, aber ich suche Stücke die sozusagen "nicht für's Ohr" geschrieben wurden. Ich denke, auch Schönbergs 12-Ton-Musik klingt zwar gelegentlich sperrig, aber er wird das wohl nicht erfunden haben, um ein Prinzip zum Selbstzweck zu machen. Solche Musik zielt ja auch durchaus auf das Ohr und die emotionale Regung des Höhrers ab.

Ein ganz plattes Beispiel für das, was ich meine, wäre Musik, bei der die Noten auf dem Blatt in lustigen Mustern angeordnet sind und die klangliche Wirkung völlig unerheblich. Ich hoffe, es ist ungefähr klar geworden, was ich meine.

Mit herzlichen Grüßen
Thistle
 
Eigenschaft
 
Es gibt "Musik", die einfach verschiedene Abläufe vertont. Stichwort hier: Sonification. Die beruhen aber meist noch nicht mal auf den 12 Halbtönen, sondern auf "stufenlosen" Pitchänderungen.
Meinst Du sowas?

(OT:)
Ansonsten gibts viel Musik, die nicht gemacht wurde um schön zu sein oder Gefühle auszudrücken, sondern um Geld einzutreiben... Beispiele hier: DSDS, Charts ;)
 
... Musik, bei der die Noten auf dem Blatt in lustigen Mustern angeordnet sind...

Guckst Du: http://prestonparish.wordpress.com/...e-creative-notation-of-john-stump-and-others/

atushi.gif
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Ich suche nach Beispielen für Musik, die nicht geschrieben wurde um mit Genuss gehört zu werden sondern sozusagen nur nach bestimmten Prinzipien oder Algorithmen erdacht wurde.

Gefühlsfreie Musik kann es, allgemein gesehen, nicht geben. Das Gehörte wird bei verschieden Menschen emotional i.d.R. verschieden eingestuft. Was den Einen völlig kalt läßt, kann beim Anderen heftige Reaktionen hervorrufen.

Aber natürlich gibt es Musik, in der der eine Rationalisierung und Algorithmisierung der Musik angestrebt wird.

Diese Begriffe spielen z.B. für den Komponisten Gottfried Michael Koenig eine zentrale Rolle. Er ist ein Vertreter der Seriellen Musik. Hör Dir einmal das Stück Klangfiguren II an.

Ausgangspunkt dieser Musikrichtung war das Stück Mode de valeur et d'intensités von Olivier Messiaen.
Dieses Stück ist ebenfalls sehr durchrationalisiert und beeindruckte Stockhausen und Boulez auf das Tiefste, wohl auch deshalb, weil es nicht auf Emotionen abzielt.

Für Stockhausen war es eine "Sternenmusik" und er wollte später Wien, das für die Tradition stand, "mit einem einzigen elektronischen Knall die ganze Stadt in die Luft sprengen". Boulez äußerte ähnliches, indem er es als eleganteste Möglichkeit empfand, die Opernhäuser in die Luft zu sprengen. Beides wohl zum Glück nur als Bild gemeint.

Naja, bei den beiden wurden die Emotionen wohl von der Musik in andere Bereiche verlagert.
Und ihr Vorbild Olivier Messiaen beurteilte sein o.g. Stück später mit "musikalisch drei Mal nichts" und bekannte folgendes:

"Als ein Wesen von Fleisch und Blut wehre ich mich im Namen von Emotion und Empfindung gegen all das, was nichts anderes als interessant und intelligent ist. Ich habe einen Horror vor intelligenten Leuten, die interessante Sachen machen. Wenn ich ins Konzert gehe, dann will ich, daß mir die Tränen kommen; wenn ich nicht weine, bedeutet das: Es war nicht gut."
Quelle: Interview mit Rudolf Frisius: Olivier Messiaen, nach http://de.wikiquote.org/wiki/Olivier_Messiaen

Viele Grüße
Klaus
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Vielleicht interpretiere ich da zu viel in den Namen der Musikrichtung hinein, aber basiert nicht das Mathcore Genre auf solchen Überlegungen?

Wenn ich mir da so gewisse Bands hernehme wie Ion Dissonance (Play dead and I'll play along @ YouTube), dann könnte ich mir gut vorstellen, dass diese ganzen Ton- und Akkordfolgen möglicherweise nach irgendwelchen musiktheoretischen Gesichtspunkten eher berechnet als erdacht werden.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Aber allein schon, dass dazu gesungen wird, bzw. ein Text vorhanden ist, der auf die Musik abgestimmt ist, macht deutlich, dass sehr wohl etwas zum Ausdruck gebracht werden soll. Muss aber zugeben, ich hatte kurz den selben Gedanken ;)

€dit: Woran ich auch noch dachte ist das hier http://longplayer.org/ allein schon aus dem Grund, dass der "Song" von einem Computer geschrieben wurde, wenn ich mich recht entsinne.
 
Ja, vielen Dank schon einmal. Das hilft alles schon ein ganzes Stück weiter!
 
Ich werf einfach mal noch Stockhausens Studie 2 in den Raum (http://www.youtube.com/watch?v=hXqvBvOXV3U)
Bei Wikipedia findet sich auch einiges an Informationen dazu, die Frequenzen der Einzeltöne sind mathematisch "errechnet", ich denke mal das passt zu dem, was du suchst.
 
Serielle Musik ist ein Begriff dafür. Als Begriffserklärung vllt "Musik die aus einer Serie von Zahlen entspringt"? Das Prinzip ist, dass jeder musikalische Parameter peinlich genau in einer bestimmten Logik berechnet wird. Resultat daraus ist eine unmöglich zu spielende Musik, die die Mehrzahl der Professoren von Willkür nicht mehr unterscheiden kann. Einfach mal danach suchen, man wird schon fündig.

Und zum Mathcore... Das ist dort nicht immer der Fall. Im Prinzip ist das musikalisches "Malen nach Zahlen". Hauptsache, der Rhythmus geht nicht so wirklich ins Blut, sodass man nachzählen muss, um ihn nachzuvollziehen. Natürlich sind manche Bands aber auch schon auf so einen Gedanken gekommen. Ein Beispiel: Die Vertonung der Zahl Pi: http://www.youtube.com/watch?v=io8mnNVsaqE
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Ich hab hier ein Buch rumliegen. Thesaurius of Scales of Melodic Pattern. Im Prinzip hat sich der Autor zwei drei mathematische Prinzipien ausgedacht und das ganze Buch voller Symetrischer Skalen gemalt. Ist ganz witzig und soll wohl John Coltrane bei seinen In-Out Übungen geholfen haben.
 
Gefühlsfrei... es gab mal irgendwo Studenten die ein Programm entwickelt haben, dass "täuschend echte" Bachchoräle schreiben konnte.
 
Warum sollte man versuchen Musik nur nach mathematischen Prinzipien zu schaffen, ohne auf den Klang zu achten, das will doch niemand hören. Es wäre genauso als wenn man ein Buch schreibt, indem man die Buchstaben durch einen Zufallsgenerator verteilt, das kauft auch niemand. Deswegen denke ich wird immer irgendwie auch ein musikalischer Gesichtspunkt dabei sein, schließlich wollen die Komponisten ja auch Geld verdienen.

Aber eine andere Frage, kann man das Notenbeispiel von zonquer wirklich spielen, oder ist das nur als Bild gedacht?
 
...Aber eine andere Frage, kann man das Notenbeispiel von zonquer wirklich spielen, oder ist das nur als Bild gedacht?
Schau auf meinen Link im Beitrag, da sind auch Clips von Aufführungen solcher Notationen hinterlegt.
Ich habe es hier aber zitiert, weil ausdrücklich nach "lustigen Mustern" gefragt wurde.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben