Gedankengänge zur Dominanz/Aufgabe des Basses

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Hallo zusammen!

Seit fast 1 1/2 Jahren spiele ich nun Bass. Über das Spielen von einfachen Grundtönen kam ich langsam bei Akkorden und Tonleitern an. Am Slappen habe ich mich nur kurz versucht, da mir die Technik von der Soundentwicklung nur im Funk gefällt und ich diese Musikrichtung kaum spiele. Durch den Bass (vorher spielte ich 3 Jahre Gitarre) bekam ich dann sogar Zugang zum Jazz, da mich die Walking-Bass-Linien faszinieren. Also, musikalisch bietet mir das Instrument an sich sehr viel und ich komme auch mit den verschiedenen Techniken gut klar. Aber die Aufgabe des Instrumentes macht mir mitunter Schwierigkeiten.

Anfangs kaufte ich mir den Yamaha RBX A2 Bass und ich war von der Bespielbarkeit begeistert. Nach einem 3/4tel Jahr kam dann noch ein Preci von Vintage hinzu. Nun stellte ich erst fest, dass der Yamaha Bass stark eingeschränkt ist. Er bildet Höhen und Mitten sehr gut im Soundbild ab. Aber die Tiefen klingen nach meinem Empfinden nicht harmonisch bzw. sind kaum oder nur dumpf wahrnehmbar. Gegenüber der Akustikgitarre eines befreundeten Gitarristen hebt der Bass sich nicht ab. Vielleicht ist das sogar für die Aufgabe eines Bassisten in Ordnung?!? Während ich nach Aufnahmen der Meinung bin, dass ich ihn mit dem Yamaha überhaupt nicht begleiten muss (da nicht wahrnehmbar), denkt er, der Bass würde sich doch sehr gut einordnen. Typ. Gitarrist? :D

Hm, bin ich da vielleicht selbst noch zu sehr Gitarrist, da ich meinen Bass als Fundament heraushören möchte? Der Vintage Preci bietet mehr Druck und Tiefen. Nach einer Aufnahme mit diesem kann ich ganz klar meine Basstöne von seinen gezupften Gitarren-Basstönen unterscheiden. Mir gefällt das deutlich besser.

Daraufhin hörte ich bei verschiedensten Songs mal genauer auf die Dominanz des Basses. Mir fiel auf, dass in den 80iger Jahren (z.B. Duran Duran, Thomson Twins usw.) der Bass richtig bruzelte. Dann bekam wohl anfangs der 90iger Jahre immer mehr der Synthesizer Bedeutung und dessen Basstöne gelangten in den Vordergrund (Techno, House usw.). In aktuellen Musikstücken der Poplandschaft ist der Bass nun, nach meinem Empfinden, sehr untergeordnet. Kann man daraus ableiten, dass erlaubt ist, was gefällt? Ich dachte bisher, dass sich ein guter Bassist durch ein Fundament auszeichnet, welches Schlagzeug und Gitarre harmonisiert. Demnach sollte er schon wahrnehmbar sein, aber sich gleichzeitig auch in Zurückhaltung üben?!? Hmmm??? :gruebel: Wie seht ihr das?

Liebe Grüße

Andreas
 
Eigenschaft
 
Ich finde, es ist erlaubt was sich gut anhört:great:
Klar, es gibt da ja diese Sprüche von wegen, das ein guter Bassist erst auffällt, wenn er fehlt und so....ich glaube aber, dass man das nicht auf jede Musikrichtung (oder sogar auf die wenigsten...) übertragen kann. Ein Fundament muss sich ja auch dem Haus anpassen, das oben drauf steht. Oder hast du schonmal ein Fundament für ein Mehrfamilienhaus gegossen und dann 'ne Blockhütte drauf gebaut?:D
Wenn ich Rock à la AC/DC spiele muss ich extrem präzise meinen Part (und wenn er noch so einfach ist) spielen und elendig abgrooven, weil es sonst nicht hinhaut.
In anderen Musikrichtugnen sieht das mit straight spielen dann auch wieder ganz aus, denn Bootsy Collins spricht: "Just hit the one!";)
Ob der Bass sehr dominant ist hängt manchmal auch einfach mit der Zielgruppe die angesteuret werden soll zusammen. Man kann halt keinen Charthit mit 30 Basseffekten, 5/4 Takt und Justin Chancellor Basslauf schreiben, weil er für den Otto-normal Hörer zu anspruchsvoll ist.
Ausserdem ist Simplizität oft "das" Mittel zum Erfolg für gute Lieder in fast allen Musikrichtungen. Seien es nun Punk-Achtel oder Metal-Riffs mit halben Noten oder sich wiederholende Timmy C.-like Riffs/Hooks.

Warum also totmachen, wenn es auch ohne Aufwand gut klingt?
Das ist meine Meinung!:great:
 
Ich habe mal für kurze Zeit in einer Band gespielt, in der die Gitarristen immer meinten sie wären zu leise, wenn sie meinen Bass gehört haben.
Das war mir dann schnell zu blöde :cool:

Zur Dominanz des Bass ist klar, dass es bei verschiedenen Musikstilen variiert. Bei Reggae zb ist der Bass ganz klar das dominate Instrument egal ob in den 70er, 80er, 90er oder heute.
Bei Blues, Jazz und Rock sollte mMn der Bass unbedingt deutlich hörbar sein, wobei er je nach Komposition dominant, gleichwertig, oder leicht untergeordnet sein kann. Jedoch immer identifizierbar als Basslinie.

Wenn man den Bass nicht hört, ja was bringt er dann :confused:
Richtig geil ist es eh erst, wenn man ihn nicht nur hört, sondern auch im Magen spürt :D

Gruß,
woody
 
Danke für eure Beiträge. :) Ja, mir wird mein Problem jetzt erst richtig bewußt. Zu sehr habe ich mich durch Meinungen aus Lehrbüchern und einer ehemaligen Diskussionen im Gitarrenforum verunsichern lassen. Für mich war es einfach Fakt, dass der Bass in den meisten Musikbereichen kaum wahrnehmbar sein sollte. Wie BrEmSnIx schon schrieb: "Klar, es gibt da ja diese Sprüche von wegen, dass ein guter Bassist erst auffällt, wenn er fehlt ..."

Mit der Zeit (und an dem Punkt scheine ich nun zu stehen), entwickelt man seine eigenen Soundvorlieben. Bei mir ist es der mittige, druckvolle Sound, der wohl am besten von einem Preci oder Aktivbass erzeugt wird. Von Musikrichtung zu Musikrichtung ist die Dominanz natürlich schon relativ vorgegeben, da stimme ich dir zu, woody. Jedoch ist es wohl auch eine Stilfrage und da bewundere ich z.B. Marcus Miller, wie er dominant Slappen kann und dann im nächsten Moment wieder kaum wahrnehmbar mit einem zarten Thumbing im Soundteppich verschmilzt. Nun, er ist allerdings auch ein Meister seines Faches, den man entsprechend Platz für seine Solis einräumt. Bei meiner Frage dreht es sich natürlich immer noch um den Bandkontext und die eigentliche Funktion des Bassisten.

Irgenwo hatte ich auch gelesen, dass es Bands, wie z.B. Dreamtheater wohl damit übetreiben sollen, dass jeder gerne das Alphatier in einer Band wäre (muss da selbst passen, da mich die Band nie interessierte). Gehe ich jedoch von RHCP aus, dann muss ich erwidern, dass hier die Genialität der einzelnen Musiker wirklich paßt und sich alles harmonisch einfügt.Also liegt es wohl eher an der Abstimmung zwischen den einzelnen Musikern, d.h. man handelt die eigene Funktion als Bassist nach sinnvollen und song- bzw. banddienlichen Gesichtspunkten aus? Macht das einen guten Bassisten aus? Dann wäre der oben angeführte Spruch, dass ein Bassist nur dann auffällt, wenn er nicht spielt, ziemlicher Käse? :gruebel: Bin mal gespannt, ob sich hier noch ein "konservativer" Bassist zu Wort meldet, der die Kontrameinung einnimmt und den angeführten Spruch mit Argumenten belegen kann.

Liebe Grüße

Andreas
 
Die Genialität am Bass ist nicht nur wenn nötig leise, wenn nötig laut zu spielen, sondern zu erkennen, was man wann machen sollte. Wenn jeder versucht Alphatier zu sein ist Schluss mit Dynamik und guter Musik, da muss jeder sich irgendwie einfügen. Dazu kann es schon mal helfen die Meinung anderer Musiker zu hören und man muss dann auch in der Lage sein einstecken zu können. Einige unserer Songs haben ihre Dynamik erst nach Kritik von Aussen erhalten ("Ihr dröhnt alle den Sänger zu!") Auch wenn Kritik sachlich ist (und anders darf sie nicht sein), ist es nicht leicht mit ihr umzugehen. Das muss jeder für sich lernen. Deswegen flogen bei uns schon mal die Fetzen, aber das gehört für mich in einer Band auch dazu. Man muss sich "zusammenraufen". :D
Und natürlich ist es auch eine Geschmacksfrage, wie es klingen soll, die Beispiele hast du ja selbst genannt. Als ich begann Bass zu spielen habe ich begonnen die Musik die ich höre neu zu hören und siehe da: alle wirklich guten Stücke haben eine gute Bassline. Das heisst nicht das sie dominant sein muss, aber gut. Eines meiner Beispiele ist "Help" von den Beatles. Was Paul da am Bass macht hat irgendwie so gar nichts mit dem Rest zu tun, aber es verleiht dem Song seinen spielerischen Charakter. Eigentlich mag ich die Beatles nicht so sehr,, aber dieses Stück zu spielen macht immer wieder spaß. Wie man darauf kommt so eine Bassline zu schreiben ist mir bis heute ein Rätsel. :)
Experimentiere herum wo deine Vorlieben liegen, probiere dich in allen Stilen, weil man von jedem etwas zu seinem eigenen Stil mitbringen kann (wie mit dem walking Bass - ich liebe ihn!), aber lass dir nie von einem Gitarristen einreden "da reicht es wenn du achtelst"! Das hätten die Herren gerne, das man den roten Teppich für ihre Geigereien ausrollt, aber das ist der größte Schwachsinn. Das reicht nicht nur nicht, weil es spielerisch unbefriedigend ist (ja, klar, kann auch schonmal Spaß machen: schraddel, schraddel :) ), sondern weil dem Song nachher jeglicher Esprit fehlt. Das wird auch für den Zuhörer langweilig, weil das wo die Leute mitwippen sind weder Gitarre noch Schlagzeug: es ist der Bass.
Trotzdem darf man natürlich auch seine Rolle als Mittler nicht vergessen, das alles unter einen Hut zu bringen sind die Weihen des höhren Basspiels, denke ich. Gelingt mir aber auch nur selten, ein John Entwistle, Jeff Berlin, Paul McCartney oder Flea werde ich wohl auch nicht mehr werden. :)
 
...Gegenüber der Akustikgitarre eines befreundeten Gitarristen hebt der Bass sich nicht ab ... Nach einer Aufnahme mit diesem kann ich ganz klar meine Basstöne von seinen gezupften Gitarren-Basstönen unterscheiden....


Hallo Andreas,

wie hier schon richtig festgestellt wurde: gut ist was gefällt und ist vor allem auch bei verschiedenen Musikstilen unterschiedlich.
Auch den von Bremsnix genannte Spruch "Klar, es gibt da ja diese Sprüche von wegen, das ein guter Bassist erst auffällt, wenn er fehlt und so..." finde ich persönlich nicht ganz falsch.

ABER:
deswegen sollte man den Bass trotzdem von einer Gitarre unterscheiden können. Er darf zwar ruhig sehr unauffällig sein, aber ich denke spätestens wenn man sich auf den Bass konzentriert sollte man diesen schon eindeutig erkennen. Und wenn Du als Bassist das schon nicht kannst, dann ist da meiner Meinung nach was falsch. Deswegen muss aber nicht der Bass ungeeignet sein, vielleicht könnt Ihr durch bessere Einstellung der Amps ("Frequenzen aufteilen"), durch die Wahl anderer Saiten, durch Effekte (zB Equalizer).... viel verbessern.

Also meiner Meinung nach sollte der Bass dezent aber eigenständig sein. Und ich finde es auch geil, wenn der Bass ab und zu mehr in der Vordergrund kommt, oder sogar mal quasi das "Leadinstrument" ist. Wenn da das Verhältnis stimmt, kann das schon geil sein.
Vielleicht versuchst Du ja mal mit Deinem Gitarristen das zu klären und den Sound neu zu trimmen, da rentiert es sich mal ne komplette Probe zu "opfern".



Hoffe Ihr findet einen Sound, der Euch beiden gefällt
Gruß
MaWa
 
Also liegt es wohl eher an der Abstimmung zwischen den einzelnen Musikern
Es hängt halt von dem gewünschten Sound, der Besetzung der Band usw ab.

Die Peppers haben nur eine Gitarre, die dazu nur sehr selten wirklich nen verzerrtes Brett fährt. Damit bleibt tierisch viel Platz im Sound, so dass sich der Bass austoben kann. Als Gegenbeispiel mal Metallica: 2 Gitarre, eine davon die eigentlich immer "durchbrät"... da wird der Bass nie im Vordergrund stehen. Aber hör dir mal an was vor allem Herr Newstedt in dieser Position da für nen banddienlichen und geilen Sound hingelegt hat und dazu noch fette Basslines abgefahren hat...

Ich bin in meiner Band auch nicht im Vordergrund. Allerdings ist der Bandsound so zusammengestellt das mir die Tiefen alleine gehören und sich die Gitarren da raushalten. Mit anderen Worten: Wenn ich aufhöre zu spielen, bricht die Soundwand zusammen... Aber man hört nicht zwingend jede meiner Noten.
Aber jetzt mal ganz realistisch: Auf welchem durchschnittlichen Rockkonzert hört man den Bassisten so gut, das man jeden Ton hört? Meist ists eh nur ein basswaberndes Gewummer live...So what! Bassistenschicksal.. macht nix, kopp hoch und rocken ;)
 
:D Klasse Link, den sKu in seiner Sig hat: JustChords besonders Basslinie basteln ist für das Thema durchaus interessant. Mach den Dave Brubeck dazu an (schönes Stück). :great:
Im ersten Kapitel "Gedanken zur Instrumentenauswahl" sagt er auch noch ein paar Worte zu dem Thema ("Aber auch wenn eine Kuh fliegen kann, sollte man das nicht als den Normalfall ansehen" :D).
Hat ein wenig vom "Bass hört man erst wenn er fehlt"-Theorie, geht aber weiter und fast alles davon würde ich unterschreiben.
 
Dave Brubeck ist natürlich genial - einer der ersten Song die ich vor 40 Jahren richtig toll fand (mein Vater hatte die LP).
Doll an dem Video ist, dass dass der Drummer sich am Anfang zweimal räuspern muss und sich dann mit dem Bassisten unterhält (um 0:30). Was er wohl sagt? "Trockene Luft hier im Studio!" ... :D

Wichtig im "Bassline bastelen" Text ist mMn die Hook Line.
Die muss in der Tat überhaupt nicht aufdringlich sein und kann im Hintergrund stehen. Sie muss auch vom Gesang nicht mit aufgenommen werden.
Da sind zwar ein paar Beispiele aufgeführt, mein Lieblingsbeispiel für eine Bass Hook Line ist "Bring it on home to me" von Eddie Floyd. Da schert sich der Bass in der Strophe nicht mal um den Akkordwechsel der anderen Instrumente, sondern spielt unbeirrt seinen Lauf durch. Selbst im Chorus wechselt er erst verspätet.
Weiteres gutes Beispiel ist "Without me" von Eminem. Hier macht das "Saxophon" ab 0:44 die Hook Line.

Dominanz hat auch im realen Leben nichts mit "laut" zu tun!
Das unterscheidet zum Beispiel gute von schlechten Vorgesetzte/Abteilungsleitern/Chefs. Schlechte Vorgesetzte müssen laut werden um sich Dominanz zu verschaffen. Gute Vorgesetzte schaffen das ganz leise und im Hintergrund mit ihrer Präsenz. Der Großteil ist gottgegeben und daran kann man auch nichts machen. Man kann aber zumindest besser werden, wenn man keine "positive natürliche Dominanz" hat.
Und oft ist es wichtig anzunehmen, dass man "unerkannt der wichtigste Mann" ist. Was wäre "Stir it Up" von Bob Marley ohne den Basslauf?

Gruß
Andreas
 
... Wichtig im "Bassline bastelen" Text ist mMn die Hook Line....
ich find diesen thread gut. irgendwie auch ´ne logische fortsetzung des ollen https://www.musiker-board.de/plaude...d-basslines-als-hook-alten-neuen-hits-17.html, wenn man "dominanz" nicht als "laut / im vordergrund" versteht. ich mag und schreibe z.b. gerne basslines, die sich als hook direkt in´s reptiliengehirn der hörer graben.
Den habe ich gerade gespielt! :) Ich versuche immer noch gleichzeitig dazu zu singen aber eins von beiden geht immer schief! :D
normal. bekomme ich schon bei paranoid nicht richtig hin :redface:. und das ist basstechnisch recht einfach-wirkungsvoll.
 
Ich denke das man die Aufgabe des Basses nur selten pauschalisieren kann. Ich stimme in der Hinsicht sKu voll zu das das Bandumfeld dabei eine sehr große (wenn nicht die größte) Rolle spielt. Ein virtuoser Bassist der gerne slappt und richtig viel groovt hat in einer Band die mit min. 2 verzerrten Gitarren unterwegs ist keine guten Chancen noch Platz im Soundbild zu haben. Wenn wir jetzt von den Aspekten der theoretischen Frequenzverteilung einzelner Musiker im Gesamtwerk "Band" absehen bleibt immernoch die gewünschte Musikrichtung die durch beispielsweise einen sehr dominant-spielenden Bassisten positiv oder negativ beeinflusst wird. Die Band Mudvayne (mit einem Gitarristen und eher deutlich härter vom Stil her) zeigt meiner Meinung nach ein schönes Beispiel für einen sowohl klanglich als auch musikalisch sehr dominanten Bass: Beispiel -1. Aber soetwas funktioniert eben eher selten da sehr viele Faktoren für das Gelingen eines Bass-dominierten Bandprojektes stimmen müssen.

Natürlich beginnt das Ganze ja beim Bassisten, seinem Können, seinen musikalischen Vorlieben, seiner Einstellung und vor allem seiner Vorstellung davon wie die Musik die er spielen möchte am Ende im Gesamtbild klingen und wirken soll. Wer seine bevorzugte Musikrichtung hat und sich in dieser sehr wohl fühlt wird seltener stilistische Elemente einer anderen Musikrichtung in seine "so soll meine Bassline klingen"-Vorstellung einbauen. Deswegen ist Walking-Bass im Metal genauso selten wie durchgeachtelte Töne im Jazz. Natürlich gibt es auch hier irgendwo im Internet Ausnahmen von Jazz-Metal-Bands oder ähnlichem, aber darauf will ich nicht hinaus. Eher darauf das man selber in seiner Vorstellung schon vor Augen hat was man machen möchte und wie es klingen soll und daher eine Metal-Band eben häufig wie eine Metalband klingt. Zu unterstellen das der Bassist in den Hintergrund gedrückt wird weil er nur durchachtelt oder nicht so laut/dominant im Gesamtmix ist ist da vielleicht übertrieben, oft (oder sogar immer öfter) passt es einfach besser ein durchgehendes Fundament zu legen anstatt noch eine weitere Melodie in einen ohnehin schon sehr vollen Mix zu werfen. Auch hier gibt es natürlich Ausnahmen.

Als Bassist legt man natürlich die höchste Aufmerksamkeit auf die Bassfigur in einem Song und möchte beim Songwriting in dem Bereich seine Vorlieben ausleben genauso wie ein Gitarrist bevorzugt auf die Gitarre achtet und dort seine Ideen verwirklichen will. Natürlich muss man sich da 1. als Bassist darüber im Klaren sein was man möchte und 2. das in der Band besprechen und einen Weg finden wie jeder mehr oder weniger zufriedengestellt wird. In einer Band sollte sich jeder mit Kompromissen begnügen weil nie die Vorstellungen aller Mitglieder erfüllt werden können; je weniger Leute desto eher kommt man auf einen Nenner. Wenn man als Bassist gefallen an Walking-Bass oder bluestypischen Basslines hat und in einer Popband spielt führt das natürlich zwangsweise zu Konflikten genauso wie ein gerne-achtelnder Bassist in einer Prog. Band das "Klischee" welches man mit dieser Musikrichtung asoziiert nicht erfüllt. Das kann unter Umständen funktionieren, durchaus! Aber irgendwo muss man früher oder später Abstriche machen.

Ich denke das die Musikrichtung bzw. die Klischees (sprich typische musikalische Vorstellung) die mit einer Musikrichtung verbunden sind der stärkste Faktor in der Rollenverteilung des Bassisten ist. Wer gerne Funk spielt wird nicht in einer Death-Metal Band anfangen, wer gerne durchachtelt wird sich nicht eine Jazz-Gruppe suchen. Aber um so entscheiden zu können muss man sich natürlich bewusst sein was man will! Die Schuld bei der Band zu suchen wenn man "untypische" Elemente nicht einbringen darf ist in der Hinsicht falsch. Es sollte zwar schon eine gewisse Offenheit und ein Verständnis dafür herrschen aber zu erwarten das die ganze Band sich umstellt um den Slap-Geschichten Platz zu machen (sowohl soundtechnisch als auch musikalisch) wäre auch falsch. Und hier kommt wieder der Mittelweg ins Spiel den man finden muss...

Mal direkt an den Threadersteller, Andreas:
Gerade in der Zeit wo man eine musikalische Vorliebe auf dem Bass entwickelt oder man aktiv nach anderen, neuen Inspirationen sucht ist das schwieriger alles in einer Band unter einen Hut zu bringen. Ich hatte auch eine Phase wo ich eher geslappt habe, wo ich von Pickstyle auf Fingerspiel gewechselt bin, wo ich von durchachtel-Basslines auf ausgefalleneres umgestiegen bin. Das gehört dazu. Es ist absolut nichts verkehrt daran den Preci-Sound geil zu finden, den findest du seit Jahrzehnten in JEDER Musikrichtung, von Jazz bis Metal...

Also, wenn dir der Preci-Sound gefällt spielst du eben nen Preci. Das da jemand was gegen hat kann ich mir nicht vorstellen gerade weil der Bass unkompliziert genau das macht was er soll, nämlich im Mix funktionieren und untenrum schön voll zu klingen, ist ja nicht umsonst der elektrische "Ur-Bass" der in so vielen Genres Verwendung findet. Solange man keine bandvernichtenden Settings fährt (sprich Amp tödlichst aufgerissen, nur Bässe oder andere Extrem-Einstellungen) wird das immer gehen; mit der Frequenzverteilung während des Probens muss man wirklich mal experimentieren. Die Gitarristen sollten im Bassbereich Platz machen für den Bass, dann alles nochmal einpegeln; dann kann man schon mit ingesamt weniger Lautstärke fahren weil sich die Instrumente nicht gegenseitig niedermachen. Ich finde allerdings das die technische Seite der Aufgabe des Bassisten einfacher in den Griff zu bekommen ist als die menschliche, persönliche Seite im Umfeld Band.

Abschliessend:
Meiner Meinung nach ist der Sound eines Basses die Sache des Bassisten, die Rolle des Bassisten aber von vielen anderen Faktoren wie Musikrichtung und Bandumfeld abhängig. Erlaubt ist was gefällt solange man immer ein offenenes Ohr für die Ideen anderer hat solange das natürlich auch von den anderen Bandmitgliedern praktiziert wird.

So, das war jetzt ein Rundumschlag, hoffe ich hab nichs vergessen :D
MfG,
Flo
 
Schön, dass die Diskussion so vielseitig und tiefgehend geführt wird. :) Ein Missverständnis möchte ich jedoch aus dem Weg räumen: Unter Dominanz verstand ich von Anfang an nie ausschließlich "laut" (das kam bei meinem Beispiel mit Marcus Miller vielleicht falsch rüber).

Bei meinem Yamaha A2 Bass finden sich ähnliche Frequenzen, wie bei der Taylor meines Kumpels. Der Vintage Preci betont hingegen mehr die Mitten und Tiefen. Zur Entschuldigung des Gitarristen sei auch gesagt, dass er eigentlich nur Fingerstyle spielt und damit natürlich gwohnt ist, nur die Töne seiner Gitarre zu hören. Aber er fand die zweite Version mit dem Preci auch absolut in Ordnung - das ist also nicht das Problem. Ich fragte mich nur später, ob es überhaupt sinnvoll ist, bei der Qualität seiner Gitarre, noch zusätzliche Basstöne einzufügen und eben die Grundfrage des Threads, welche Funktion ich als Bassist nun übernehme bzw. wie dominant ich mich einbringen kann. Das bleibt aber am Ende wohl reine Geschmacksache. :)

Auch wenn ich Flea und Marcus Miller angeführt habe, gefallen mir persönlich die Basslininien von "Live from Daryl's house" - Zev Katz - richtig gut:
Live From Daryl's House with Daryl Hall :: Homepage

Zev Katz bringt seinen Einsatz als Bassist ,nach meinem Eindruck, hier perfekt in den Bandkontext ein, ohne selbst unter zu gehen.

Hier habe ich noch ein Beispiel, wie auch zwei Alphatiere (nach meinem Gefühl) perfekt zusammen harmonieren können (errorhead '99):
YouTube - Errorhead Live! "99"


Hooklines, die vom Bass ausgehen, können natürlich so richtig grooven. Im Moment spiele ich z.B. sehr gerne das Riff von Chic "good times".

Wenn ich für mich ein bisheriges Fazit aus dem Thread ziehe, dann kann ich folgende Faktoren für eine Dominanz des Basses erkennen:

1. Frequenzen meines Basses (z.B.. wie hebt sich mein Bass von den anderen Instrumenten ab)
2. die Lautstärke (also z.B. Technik, Slappen usw.)
3. durch die Basslinie (z.B. tonal untergeordnet durch Grundtöne oder harmonisch in Bewegung - walking Bass)
4. Zurückhaltung der anderen Instrumente (z.B. bei einem Bass-Solo übenimmt Gitarre den Rhythmuspart)
5. Hookline bzw. ein Riff (der bekannte Ohrwurm :D)


Liebe Grüße

Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Also auch wenn ich mit meinen knapp 2 1/2 Jahren Erfahrung jetzt bestimmt noch einen sehr begrenzten Horizont habe, so getraue ich mich jetzt doch einmal auch meine Sicht zu äußern :)

Von Anfang an spiele ich in einer Rock/Pop Band - und dort gehts querbeet durch alle Stilistiken und Jahrzehnte. Nun hat man bei Coverversionen nicht unbedingt die größten Freiheiten - immerhin erwarten die Bandkollegen, dass der Sound sich doch relativ nahe am Original bewegt. Von kleinen Variationen abgesehen bleibt da also nicht viel Raum für die vom TE gestellte Sinnfrage. Welche Rolle der Bass in einer Band spielt richtet sich in einem solchen Fall eher nach den gespielten Liedern. Aus meiner Erfahrung heraus gibts da alles: von einfachsten Achtel-Grooves bis dominant war alles dabei. Dabei kommt es interessanterweise auch darauf an, welche spezielle Richtung und welches Jahrzehnt man sich aussucht. Heutzutage scheint der Bass eher die Funktion des Vermittlers zwischen Schlagzeug und Gitarre zu spielen, während er früher eher für einen ausgeprägten Groove zuständig war zu dem die Leute im Takt wippten. So gesehen kann man - so denke ich - nicht pauschal beantworten welche Rolle man als Bassist denn nun spielt. Am besten dürfte sein - wie eigentlich immer - wenn man so flexibel wie möglich ist. Persönlich habe ich zum Beispiel überhaupt kein Problem in einem Song nur Achtel zu spielen, wenn es einem guten Sound dient. Dann muss man halt schauen, dass man gut groovt, auch wenn es nicht sonderlich anspruchsvoll ist. Auf der anderen Seite mag ich es aber auch sehr irgendwelche Läufe zu spielen bei denen die Leute abgehen. Für mich ist es perfekt wenn sich das die Waage hält. Aber das ist natürlich nur meine persönliche Einschätzung.

Bei unseren eigenen Songs zu denen ich die Basslinie entwerfe achte ich allerdings schon darauf, wie sehr die Melodie und die Leadgitarre im Vordergrund spielen. Je nachdem gibts dann etwas schlichtes oder etwas anspruchsvolleres als Fundament - wie es dem Sound eben am besten zu Gute kommt. Und ich finde das ist auch ein ganz entscheidender Punkt: auch wenn man als Musiker gerne zeigt was man kann, so sollte man doch daran denken, dass man zusammen auftritt und den Leuten einen guten Sound liefern will - und nicht vordergründig um das eigene Ego zu streicheln. Das hilft denke ich auch ganz gut die eigene Position im Bandkontext einzuschätzen.

Wie immer gilt auch: Kommunikation ist alles. Wenn alle finden, dass der Bassist mehr spielen soll und keiner sagt was und man selbst merkt es nicht - damit ist keinem geholfen. Gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall.
 
Heutzutage scheint der Bass eher die Funktion des Vermittlers zwischen Schlagzeug und Gitarre zu spielen, während er früher eher für einen ausgeprägten Groove zuständig war zu dem die Leute im Takt wippten.

Das schliesst sich fuer mich nicht aus! :)

Gruesse, Pat
 
Das schliesst sich fuer mich nicht aus! :)

Ja - das war auch gar nicht so gemeint, dass sich das ausschließt ;)
Auch heute gibts noch Lieder wo der Bass ohne Ende groovt und dabei Schlagzeug und Gitarre harmonisiert. Aber wenn ich mir so die Lieder anschaue, die wir bei uns in der Band spielen und dann mal so die Musikepochen vergleiche fällt mir das halt schon auf, dass das heute viel seltener ist. Vielleicht wird das bei modernen Songs auch einfach nicht mehr so gewünscht? :confused: Irgendwie habe ich sowieso den Eindruck, dass die Leute in Zeiten von Castingshows nur noch einfachste musikalische Kost vertragen ohne gleich überfordert zu sein und einen Song als uninteressant abzustempeln.
 
... Vielleicht wird das bei modernen Songs auch einfach nicht mehr so gewünscht? :confused: Irgendwie habe ich sowieso den Eindruck, dass die Leute in Zeiten von Castingshows nur noch einfachste musikalische Kost vertragen ohne gleich überfordert zu sein und einen Song als uninteressant abzustempeln.
dass war "schon immer so". ich denke nur an meine großmutter, wenn die "gassenhauer" aus ihrer jugend (also um 1920) pfiff oder sang. und dann das m.e. unsäglich volkstümelnde. nixdestotrotz hat heino millionen von wohl überwiegend konservativ und/oder musikalisch einfach gestrickten fans freude bereitet ;).
manchmal sind wir (musiker) aber auch arrogant.

eigenes bsp. (könnte meine stieftochter sein, mag hiphop, xavier naidu, versucht sich am songwriting ... ) :
"was sagst du als bassist zu dem tollen bass in (ich habs vergessen)?"
stupide und dumpf!

das ding war spieltechnisch auf dem niveau der line von princess of the dawn. würde ich vll. inner kneipe für´n bier machen und spass dabei haben. den "tollen bass" aus ihrem beispiel nur für meinen stundenlohn als freiberufler einspielen. also 20,00 - 30,00. die frage stellt sich aber nicht. es gibt ja konserven ;).
 
Es ist ja auch erwiesen, dass die erfolgreichsten Songs nach sehr einfachen Mustern aufgebaut sind - einfach weils leichter ins Ohr geht und im Kopf bleibt. Dennoch macht es für mich den Anschein, dass man früher durchaus auch anspruchsvollere Sachen gut fand, während das heute sofort in der "Doof"-Schublade landet. Find' ich ehrlich gesagt sehr schade. Fällt noch extremer auf wenn man nicht nur ein paar Jahrzehnte sondern das eine oder andere Jahrhundert zurück geht. Liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass man heute Musik eher nebenbei hört und sich nicht voll und ganz drauf konzentriert/konzentrieren kann - in den seltensten Fällen zumindest.
 
.... Dennoch macht es für mich den Anschein, dass man früher durchaus auch anspruchsvollere Sachen gut fand, während das heute sofort in der "Doof"-Schublade landet...
auch wenn´s ot geht (der contrabasso da gamba als vorläufer unserer heutigen kontra- e- und a-bässe wurde m.w. zwar schon sechzehnhundertnuff erfunden, aber aufgrund der kosten nur in der damaligen e-musik eingesetzt) glaube ich das nicht.
in der eigentlichen volksmusik hat seit dem mittelalter die eher schlichte struktur dominiert. sei es beim lauschen der darbietung des moritatensängers (passive unterhaltung) oder dem aufspielen der spielleut (vgl. top-40 oder oldie-band) zum tanz (aktive unterhaltung). insofern haben die volksmusik und sonstige u-musik einen gemeinsamen nenner.
zur e-musik wurde das "gemeine volk" später eher zwecks einschüchterung "verdonnert" (wäre doch gelacht, wenn man mit bach-untermalung beim sonntäglichen gottesdienst nicht gottes-fürchtig werden würde ;)).
naja. und dann entwickelte sich aus der eher e-oper parallel die operette als seifenoper für das volk. massenware am fließband produziert ;).
der dritte stand, also das bürgertum, hat sich primär in der biedermeierzeit mit der "anspruchsvollen musik" beschäftigt. und reproduziert. um eben den lebenstil des adels zu kopieren.
ach, was schreibe ich hier ... das ist doch alles eher günters metier ;)
 
Ich bin musikalisch auch eher einfach gestrickt "1,2,3,4 Hey Ho Let's Go Dumm Tschick fertig". Nur so als Beispiel. Ich meine die Ramones sind ja nun auch nicht modern und der Bass hatte da bestimmt auch keine Dominanz. Es lassen sich einfach für jedes Musikjahrzeht Beispiele für und gegen eine bestimmte These finden.
Wenn ich an meine frühe Jugend zurückdenke kann ich nichtmal behaupten heute mit qualitativ schlechterer Mucke beschallt zu werden....Euro Dance ist so ziemlich das Grausamste, was jemals durch den Äther geschickt wurde.
Da gab's so gut wie gar keinen (natürlichen) Bass, vielleicht war das unterbewusst auch der Grund, warum ich später dann Bassist geworden bin...:D
Letztendlich sollte der Bass einfach songdienlich sein. Es gibt Stücke, da würde alles andere als stupides Achteln oder Vierteln den Song kaputt machen und es gibt Situationen, da hast du als Bassist einfach den Raum um auch mal weiter in den Vordergrund zu rücken.
Ist doch wie überall anders auch, die Mischung macht's. Mal musst du ich anderen unterordnen, mal musst du die Kontrolle übernehmen. Wenn du den Zeitpunkt immer optimal erwischst (und das ist in vielen Lebenslagen, nicht nur beim Bassspielen, eine große Kunst) machst du deine Sache zwangsläufig ziemlich gut.:)
 

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