Hallo, ich möchte mich James' Meinung weitgehend anschließen.
Die Flöte sieht noch ganz gut aus.
Polster und allgemeines Aussehen:
Schon alleine, dass der Verkäufer die Klappen von unten fotografiert, zeigt eine gewisse Kenntnis der Materie, weil die Polsterqualität eine der wichtigsten Fragen bezüglich der Wiederverwendbarkeit darstellt. Wenn sehr tiefe, dunkle Rillen zu sehen sind (was hier nicht der Fall ist) könnte es ein Hinweis auf alte, schon viel bespielte Polster sein. Auch hat die Flöte wenig Anlaufspuren und glänzt relativ stark. Dies weist auch darauf hin, dass sie womöglich nicht oft gespielt wurde. Schlimm allerdings, wenn Laien wie verrückt an der Flöte rumpolieren, um das Ding besser verkaufsfähig aussehen zu lassen und damit Polster oder Mechanik beschädigt haben.
Hinweise auf Alter und häufigen Gebrauch:
Ein weiterer Hinweis ist auch das Ende des Kopfstücks, das in den Flötenkörper gesteckt wird. Wenn dieses Ende sehr zerkratzt aussieht, was nicht unbedingt der Qualität der Flöte abträglich sein muss, zeigt sich, dass sie viel gespielt wurde und dementsprechend etwas mehr beansprucht wurde. Um ein Bild aus dem Alltag zu gebrauchen: Jeder Gebrauchtwagenkäufer tut gut daran, zu sehen, ob das Gaspedal total abgeschabt aussieht, weil die Kilometerzähler ja nie verlässlich sind (kostet ja nur ein paar Euro in der Hinterhofwerkstatt und schon zeigt die Digitalanzeige 30 - 50.000 km weniger). Insofern ist es also kein Nachteil, dass eine Flöte keinen Zähler hat, weil das Vorhandensein einer Anzeige (die manipulierbar ist) eh keine Vorteile mit sich bringt.
Modellalter:
Was für mich nie relevant war, ist die Frage ob es sich um ein altes Modell handelt. Im Gegenteil: Ich habe vor ein paar Wochen für 350 € eine Silberkopf/Silberrohrflöte erworben von Pearl, die sehr alt ist und sie gerade deswegen gekauft. Die wurde nämlich noch direkt in Japan hergestellt und hat eine sehr robuste Mechanik in allen Teilen, was ich sehr schätze. Weil ich allerdings drei Tage später eine weitere Flöte geschenkt bekam, werde ich sie wieder abstoßen. Zufälle gibt's ...
Ringklappen vs. geschlossene Klappen
Da deine Tochter im 4. Unterrichtsjahr spielt, ist die Anschaffung einer Ringklappenflöte meiner Meinung nach sehr sinnvoll. Bin sogar überzeugt, dass die Schüler gleich von Anfang an, auf solchen Flöten lernen sollten. Stöpsel zum Verschließen kosten nur ein paar Euro. Je nach Leistungsstand entfernt man dann nur einzelne Stöpsel nach und nach und gewöhnt die Schülerin fließend an den Übergang. Die Präzision der Finger steigert sich immens und eine spätere Umgewöhnung wäre anstrengender. Es gibt Flötisten, die nie auf Ringklappen gespielt haben, die die G-Klappe (die meist eh schon "off-set" gestellt ist) praktisch nur auf 2 mm am Rande - quasi mit dem Fingernagel - spielen. Geschlossene Klappen fördern eben oft (nicht immer) eine gewisse Schlampigkeit.
Preis:
Wäre meiner Einschätzung nach und nach Sichtung der Bilder auch ok. Aber die Flöte sollte von erfahrenen Leuten vorab angetestet und begutachtet werden. Je nach erreichtem Niveau deiner Tochter würde ich mir wohl auch überlegen, evtl. mehr zu investieren, damit nicht nach einem Jahr wieder die gleiche Frage nach einer besseren Flöte auftaucht. Oder plötzlich wird doch plötzlich eine Reparatur nötig. Und dies wird dann meist teuer, oder sogar sehr teuer. Die Preise für Flötenreparaturen explodieren regelrecht. Meine Sankyo-Vollsilber wurde 2014 für 400 € generalüberholt, 2023 für 520 € und jetzt hatte ich angefragt, was gerade so verlangt wird (immer das gleiche Fachgeschäft) und bekam die Auskunft, dass sie in Zukunft 650 € nehmen werden. Das ist übrigens ein günstiger Preis - hier vor Ort wurden letztes Jahr 900 € verlangt, die ich nicht bereit war zu bezahlen.
Außerdem gibt es Fachwerkstätten, die keine Schülerflöten mehr annehmen.
Fazit:
Diese Flöte scheint auf den ersten, optischen Eindruck hin ok zu sein. Die Yamaha-Modelle sind bewährt im Schülerbereich (von Thomann-Eigenmarke oder Amazon-Billigflöten kann ich nur abraten) und der Preis ist zwar kein Schnäppchen aber wäre angebracht.
Wenn es das Budget hergibt, würde ich doch anraten, nochmals ein bisschen was draufzulegen und ein etwas höherwertiges Modell zu kaufen. Für ca. 1000 € kann man schon sehr gute, generalüberholte Flöten bekommen.
Anzuraten ist, nach Möglichkeit, gleich Silberkopfflöten zu nehmen.
Ich würde selbst nur noch gebrauchte Flöten kaufen, da der Wertverfall bei neuen Flöten rapide ist. Wenn man sich nicht so gut auskennt, sollte man unbedingt Fachleute fragen, bzw. im Fachgeschäft generalüberholte, gebrauchte Flöten kaufen. Da weiß man sicher, dass die Flöte wieder in einem praktisch neuen Zustand versetzt wurde und bekommt in der Regel ein Jahr Garantie.
Grüße vom Troubador
, der sich momentan Werkzeug und Wissen aneignet, um in Zukunft den horrenden Werkstattpreisen nach Möglichkeit zu entweichen
Ob man das gut lernen kann und/oder ob es sinnvoll ist, kann dann gerne in einem anderen Thread besprochen werden. Nicht dass
hier gleich Diskussionen aufpoppen a la "Wie kannst du nur?" "Das geht gar nicht" usw. Manche Mitmenschen sind sehr schnell, sehr meinungsfreudig