Es kommt noch hinzu, daß Klarinetten (aber auch Saxophone, Oboen, etc.) sozusagen Verschleißteile sind - leider. Im Laufe der Jahrzehnte leiert die Mechanik immer mehr aus mit der Folge, daß Klappergeräusche immer mehr zunehmen und das Spielgefühl etwas weniger präzise werden kann. Je intensiver das Instrument genutzt wurde, desto höher ist dieser Verschleiß. Dem lässt sich mit einer sehr pfleglichen Behandlung zwar vorbeugen und bei einer Generalüberholung kann man dieses Spiel auch immer wieder nachstellen, aber ganz spurlos geht die Zeit nicht an der Mechanik vorbei.
Sehr gute alte Klarinetten mit sog. "hand-geschmiedeten" Klappen, deren Metalllegierung härter ist können auch nach 60 Jahren immer noch top sein. Im deutschen System genießen z.B. alte "Meister-Uebel" Klarinetten aus der 50-er Jahren des vorigen Jahrhunderts immer noch einen sehr guten Ruf, auch und gerade wegen ihres herrlichen Klangs (der letztlich immer des wichtigste Kriterium ist). Ebenso die schon von atrofent erwähnten Wurlitzer-Instrumente (Fritz und Herbert Wurlitzer), aber auch R. Müller (Bremen), Püchner.
Aber einen vergleichbaren Hype wie bei den Saxophonen, wo bestimmte Vintage-Instrumente (alte Selmer, hier besonders Mark-VI Tenor-Saxophone, alte Conn USA, Büscher aus den 30-er Jahren) z.Tl. weit über Neupreise gehandelt werden, gibt und gab es bei Klarinetten nicht.
Tatsächlich ist die Zeit und die Entwicklung auch nicht stehen geblieben und die Instrumente heutiger professioneller Klarinettenbauer (z.B. Hüyng, Leitner und Kraus, Foag u.a.) sind klanglich, hinsichtlich der Intonation und von der Ergonomie her "on top".
Selbst die preiswerten Schülerinstrumente von z.B. Yamaha, Schreiber, Uebel, Adler sind so gut, daß man schon sehr lange nach einer alten, gebrauchten Klarinette suchen muss, um preiswert an ein wirklich gutes Instrument zu kommen.
Nachvollziehbar wird für mich die gezielte Suche nach einem alten Instrument dann, wenn man nach einem ganz bestimmten Sound sucht. Da finde ich alte Saxophone aber tatsächlich ergiebiger, weil sich dort die Mensuren erheblich stärker geändert haben als in der gleichen Zeit bei den Klarinetten. Für einen möglichst authentischen Glenn Miller-Sound lohnt es sich eher, nach einem Sax aus dieser Zeit zu suchen. Oder wenn man ein Instrument sucht wie das mittlerweile nicht mehr produzierte C-Melody-Sax (das nicht transponiert).
Auch für den Wunsch, Musik auf Original-Klarinetten aus alter Zeit zu spielen, wird man bei echten historischen Instrumenten eher Frust ernten. Denn es gibt kaum historische Klarinetten, die vernünftig spielbar sind. Dazu wird man besser zu einer modernen historischen Kopie greifen.
Gruß, Jürgen
P.S.
Es gibt an den Musikschulen "schwarze Bretter", wo gebrauchte Instrumente angeboten werden. Manchmal sind es tatsächlich kaum gespielte Instrumente von Schülern, die das Interesse verloren und auch sonst kaum geübt haben. Oft nur ein paar Jahre alt sind die manchmal sehr günstig zu haben und dabei noch lange nicht fällig zur Generalüberholung.