Die rechte Seite ist easy, wenn man die Reihenfolge der Töne im Kopf hat, aber die Bässe sehr gewöhnungsbedürftig
Liebe Jutta,
aufgrund Deiner Bemerkung habe ich mir die Bass-Seite mal bewusst angeschaut.
Und bin zu dem Schluss gelangt, dass der Aufbau durchaus einer Logik folgt und dass es für gewisse Unregelmäßigkeiten nachvollziehbare Gründe gibt.
Die wesentlichen Unterschiede zum Stradella-Bass eines Akkordeons ist darin begründet, dass eine Garmoschka diatonisch und somit nicht in allen Tonarten spielbar ist. Deshalb ist die Bass-Seite erstaunlich effizient auf die Diskant-Situation angepasst.
Da stets Akkord und zugehöriger Basston in der Reihe direkt nebeneinander liegen, möchte ich aus Gründen der Einfachheit und Übersichtlichkeit die Basstöne hier einfach ignorieren und nur die Akkorde angeben.
Garmoschka mit Diskantseite in C-Dur bzw. a-Moll
1. Bass-Reihe
Die äußere Bass-Reihe entspricht praktisch der
Dur-Grundtonart (C-Dur) und die Akkorde sind streng in Quint-Abständen angeordnet - genau wie im Quintenzirkel und beim Stradella-Bass :
f -> c -> g -> d7
Die fett gedruckten Akkorde entsprechen den älteren Garmoschkas.
Man sieht, dass die Tonika c erst an zweiter Stelle kommt, weil davor die Subdominante f benötigt wird. So sind (wie beim Stradella-Bass!) Subdominante und Dominante die beiden Nachbarn der Tonika.
Weil man im Diskant auch noch chromatische Hilfstöne fis, dis, gis hat, lässt sich auch (eingeschränkt) ein Stück in G-Dur spielen. F-Dur weniger, weil es kein b/a# gibt. Darum hat man auch keinen B-Dur-Akkord.
Deshalb wird die Quint-Logik bei neueren Instrumenten noch mit einem d7 fortgesetzt, so dass man auch g als Tonika nehmen kann, der dann wiederum als Nachbarn die Subdominante c und den Dominantseptakkord d7 hat.
Frage: Bleibt eine "unlogische" Abweichung: Warum d7 und nicht d? Beziehungsweise warum dann nicht auch g7?
Antwort: Aus bekannten Leitton-Gründen ist ein Septakkord als Dominante immer willkommen, aber bei g7 hätte man sich die Möglichkeit verbaut, auch mal auf die Tonart G-Dur ausweichen zu können.
Der "Randakkord" D liegt aber zu weit außerhalb, um als Grundakkord einer Tonart zu dienen, da kann man ruhig auch einen d7 als Dominantseptakkord einbauen.
2. Bass-Reihe
Alternativ zur Tonart C-Dur im Diskant kann man ebenso gut mit diesem Tonvorrat in der
parallelen Molltonart a-Moll spielen.
Was die 1. Bass-Reihe für C-Dur, ist die 2. Bass-Reihe für a-Moll:
dm -> am -> e7 -> h7
Fett ist wieder die kleinere Variante der älteren Garmoschkas hervorgehoben.
Genau wie der Akkord c für C-Dur in der 1. Reihe ist hier nun der Akkord am für a-Moll an zweiter Stelle, weil davor die Subdominante dm kommt und danach der Dominatseptakkord e7 (!).
Weil man in Moll-Tonarten üblicherweise die Dominante verdurt (wegen des Leittonprinzips), ist eben kein em, sondern ein e7 eingebaut.
Dur verdurten Dominante in a-Moll passt auch der chromatische Hilfston gis im Diskant.
Streng der Quintlogik folgend, kommt bei den neueren Modellen dann noch "etwas mit h", nämlich ein h7, denn durch den e7 ist die Moll-Serie ohnehin unterbrochen.
Verbindung von 1. und 2. Bass-Reihe
Notgedrungen hat man den übersichtlichen Nebeneffekt, dass zu jedem zu den Dur-Akkorden f und c der jeweils parallele Moll-Akkord (dm und am) direkt benachbart in der 2. Reihe liegt.
e7 und h7 sind dann zwar keine parallelen Moll-Akkorde mehr, aber immerhin folgen sie dem Quint-Abstandsprinzip.
Wechselbass zu einem Akkord lässt sich überall spielen, indem man innerhalb der Reihe die beiden benachbarten Basstöne des Akkords abwechselnd spielt (wie auf einer Steirischen).
3. Bass-Reihe
Die dritte Bass-Reihe gibt es bei den älteren Instrumenten noch nicht.
Sie enthält überhaupt keine Akkorde, sondern nur Einzel-Basstöne.
Dafür aber
eine komplette diatonische Tonleiter von A bis A plus einen chromatischen Hilfston Fis am Rand.
Somit hat man also alle Töne der Tonleiter auch als Basstöne zur Verfügung und deren Anordnung (der Reihe nach) ist auch sehr einfach.
Wenn man das so betrachtet und verinnerlicht, ist der auf den ersten Blick seltsame (und auch nach weiteren Blicken einzigartige) Aufbau durchaus ziemlich ideal an den diatonischen Diskant angepasst.
Viele Güße
Torsten
Edit: Besonders bei der einfacheren alten Bass-Auslegung wird das sehr einfache und sehr einleuchtende Grundprinzip klar: 1. Reihe C-Dur-Grundtonart, 2. Reihe parallele Moll-Tonart a-Moll.
Jeweils Tonika in der Mitte und Subdominante und Dominante als Nachbarn darunter und darüber:
Die neuere Variante ist nur noch um einen weiteren Quintschritt und durch eine komplette Bass-Tonleiter erweitert.