@Günter Sch:
Tendenziell stimmt ich mit euch überein das vier und fünf stimmige akkorde "jazzig" klingen, muss aber sagen das es alles nur von der Betrachtungsweise abhängt. Auch im Pop ist es durchaus gang und gebe teilweise Vierklänge zu benutzen ohne das es einen "jazzigen" Charakter kriegt (vielleicht nur leicht angehaucht). Aber wie gesagt, stimme ich da mit euch zu 80% zu, wollte aber nur darauf hinweisen das es auch von der Akkordprogression und Melodieführung (z.B. Erik Satie) abhängig ist.
Ich persönlich würde nicht so weit gehen und die heutigen Vierklänge aus der afrikanischen Kultur (und damit meine ich nicht die Afroamerikaner) heraus erklären, ist doch die Melodik diese Kulturkreises auf einfacher Pentatonik "beschränkt", die der Moll- und Dur-Pentatonik sehr ähnelt. Man höre sich den Gesang (ich meine bewusst nur den Gesang und nicht die Instrumente mit der "neuen" Spielweise) von Fela Kuti und seinem "Chor" an der überwiegend nur aus Pentatoniken besteht. Oder noch besser echte Traditionelle afrikanische Musik, da wird es sehr deutlich was ich meine.
Die Tonbeugungen sind dann wider schwieriger einzuordnen weil sie im zeitlichen Raster
sehr kurz sind und als "Durchgangston" (aber nicht einzeln angespielt, sondern gebeugt) zu nächsten Note hin zu deuten sind, die wider ein Ton aus der Pentatonik ist. Der Übergang durch Beugung zwischen Ton X und Y ist daher nicht als einzelne Note zu betrachten, weil sie nie Separat genutzt werden (also als Tonvorrat bzw. Bestandteil einer Skala) sondern immer im Kontext zwischen zwei Tönen steht, der durch die Beugung von Ton X nach Y entsteht.
So betrachtet wird es auch verständlich weshalb z.B. die "Moll-Bules"-Skala Eigentlich eine Pentatonik ist, weil die b5 eigentlich keinen wirklichen eigenständiger Ton darstellt sonder nur durch das oben beschrieben erzeugt wird. Das wir in der Westlichen Welt im Blues dennoch oft mit der verminderten Qunite anfangen die zur Quarte/reinen Quinte hin aufgelöst wird, ist einer anderen Sache geschuldet und hat wenig bis gar nichts bzw. ist nicht aus der afrikanischen Kultur heraus erklärbar.
Günter Sch.;3124941 schrieb:
Die klassische musik verwendet auch nicht mehr außer zwei vierklängen, dem dominantseptakkord und dem verminderten.
Naja, da ist die Frage wie man Klassische Musik definiert? Würde man Erik Satie und Franz Liszt auch dazu zählen, würde das nicht mehr ganz stimmen. Vor allem Satie hat einen sehr "orientalisch" anmutenden klang. Auch ist mir von Satie ein stück mit einem maj7-Akkorde bekannt, was ich übrigens sehr faszinierend empfinde, habe ich doch diese art der Harmonik mit maj7 der Neuzeit immer zugeschrieben:
http://www.youtube.com/watch?v=OixNnCt0Nv0
Ich benutze übrigens "Klassik" bei grober Betrachtung als zusammenfassenden Begriff. Ich weiß, die Sicht mag nicht ganz korrekt sein, wirft sie doch alles unter einer Schublade wie der Begriff "Progrock":
http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische_Musik
Günter Sch.;3124941 schrieb:
Anfangs ahmte man militärmärsche und europäische folklore nach, synkopierte und rhythmisierte sie, dann ging die "schwarze musik" in New Orleans und Chicago immer mehr eigene wege, nahm es mit der intonation nicht so genau, verschmierte die töne, bereicherte die dreiklänge mit zusätzlichen tönen.
Von "verschmieren von Tönen"/"nicht so genau bei der intonation nehemen" (was beides ja eine mangelnde Handwerkliche Fertigkeit impliziert) würde ich nicht reden wollen. Vielmehr sind Tonbeugungen, die flat 5 (b5) und andere chromatischen Nebennoten ein bewurst gewähltes Element!
so wenn ich jetzt aber gerne einen orientalischen sound möchte, also hungarisch moll harmonisch moll oder zigeuner moll benutze, gibts da keine markannten akkorde, die nicht jazzig klingen?
Du hast eine sehr eigenartige Sicht auf Zigeuner Musik (meine Vermutung zu Zigeuner Musik kommt wegen wegen der Erwähnung von Zigeuner-Moll). Zigeuner Musik ist fast Jazz und verwendet sehr "viele" "Jazz-Akkorde" nur mit "orientalisch" anmutenden Akkordprogressionen/Skalen
Septakkorde, alterierende Akkorde, symmetrische Skalen sind in Zigeuner Musik nichts außergewöhnliches, auch wenn der hauptsächliche orientalische Charakter durch die für die typischen "orientalisch"-Skalen erzeugt wird.
da ist dann die erhöhte septime dabei, also das gis aber wenn man das in einen akkord packt hört sich das vollkommen atonal dissonant grausam an...????
Das ist keine erhöhte Septime sondern eine normale Septime (maj7). Das hört sich alles andere als dissonant grausam an und ist kein ungewöhnlicher Akkord. Dieser Akkord ist ein Xm/maj7 (also ein Moll-Akkord mit großer Septime) und die Große Septime strebt entweder zur Oktave oder zu kleinen Septime hin. Strebend zu kleinen Septime ergibt sich ein Xm7, zu Oktave hin ein normaler Moll-Dreiklang mit oktavierter Prim. Spiel damit ein wenig rum um kennenzulernen was ich meine.
Dir fehlt also der richtige Kontext (=Akkordprogression) um dem Akkord einzuordnen. Du hörst also noch nicht im Kopf wie der Akkord einsetzbar ist (hat viel mit Hörgewohnheiten zu tun). Ich muss aber zugeben das du nicht der einzige bist (ich hatte ein Zeitlang ein ähnliches Verständnis Problem) und viele (nicht) Musiker den ich z.B. mal ein Akkord vorstelle auch nichts mit anfangen können. Wenn ich aber ein konterten Kontext herstelle (am besten wo man auch erkennt wo die töne hin streben), kommt dann ein aha Erlebnis.
Aber wenn du den Klang dieser "schrägen" Akkordes nicht magst, auch wenn du nachehr einen entsprechenden Kontext hast, dann ist es eben so. Wenn dir die Musik damit nicht gefällt dann mach doch nur das was du gerne hören magst
Gruß