Frage zu besonderer Spieltechnik in Video "The Flea Waltz", Notierung

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Bka24141
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Hallo Zusammen,

aufgrund des Zeit-Problems versuche ich mir das Gitarren-Spielen selbst beizubringen. Unter den bekannten Youtube Kanälen ist aus meiner Sicht Sky Guitar mit Abstand der beste. I komme momentan mit dessen Videos recht gut voran. Leider gibt es bei den Videos keine Erklärung. Aus diesem Grund kann ich momentan eine Frage selbst nicht beantworten, hoffe sehr, dass ihr mir helfen könnt.

Und zwar:
Konkret handelt es sich um dieses Video:


Im Zeitpunkt 1 Minute und 15 Sekunde wird gezeigt, dass man mit dem Ringfinger der linken Hand auf 3. Bund der 6. Saite drücken hält (Note G). Die Dauer der Note G entspricht dadurch 1,5 Male von einer 1/4 Note. Laut Note Sheet hätte diese Note aber nur die Länge einer 1/8 Note.

Meine 1. Frage ist: macht der Spieler an dieser Stelle einen Fehler bei der Erstellung des Note Sheets oder beim Spielen selbst? oder gibt es was, wovon ich nicht weiß? Ich glaube nicht, dass man dort versehentlich einen Fehler machte. Denn diese Spieltechnik/Spielart wiederholt sich im ganzen Video.

Meine 2. Frage hat nicht direkt mit diesem Video zu tun... Soweit wie ich weiß, man kann salopp sagen, dass ein Solo-Stück - gespielt auf einer Gitarre - aus zwei Teilen besteht: Melodie und Akkorden (Begleitung). Die beiden werden aber "gleichzeitig" von dem Soloist gespielt. Wenn ich ein Note Sheet für ein Solo-Stück anschaue, ohne es gespielt zu haben: wie kann ich herausfinden, welche Noten zu der Melodie und welche zu Akkorden (Begleitung) gehören?

Ich danke euch im Voraus - ein paar Worten von euch würden mir sehr viel helfen.

VG
 
Meine 1. Frage ist: macht der Spieler an dieser Stelle einen Fehler bei der Erstellung des Note Sheets oder beim Spielen selbst? oder gibt es was, wovon ich nicht weiß? Ich glaube nicht, dass man dort versehentlich einen Fehler machte. Denn diese Spieltechnik/Spielart wiederholt sich im ganzen Video.

Die Noten sind quasi permanent falsch.
Der Komponist/Arrangeur geht in diesem Fall wahrscheinlich davon aus, dass die Leute das eh erstmal nach der Tabulatur spielen, wo er sich sowieso alle Notenlängen geklemmt hat.
Er lässt den Basston im ganzen Stück einfach immer länger klingen, als er ausnotiert ist. Das ist tatsächlich gar nicht mal so wirklich unüblich. Noten sind letztlich eine Hilfe und ein wenig musikalisch mitdenken ist erlaubt.
Bei der akustischen Gitarre kann man durchaus öfter mal Basstöne länger klingen lassen, so lange sie passen.

Meine 2. Frage hat nicht direkt mit diesem Video zu tun... Soweit wie ich weiß, man kann salopp sagen, dass ein Solo-Stück - gespielt auf einer Gitarre - aus zwei Teilen besteht: Melodie und Akkorden (Begleitung). Die beiden werden aber "gleichzeitig" von dem Soloist gespielt. Wenn ich ein Note Sheet für ein Solo-Stück anschaue, ohne es gespielt zu haben: wie kann ich herausfinden, welche Noten zu der Melodie und welche zu Akkorden (Begleitung) gehören?
Wenn man das ordentlich aufschreibt, kann man das an den Notenhälsen sehen.
Ansonsten ist zu 90% die Melodie immer der höchste Ton.
Ansonsten: Hinhören ;-)
 
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Meine 1. Frage ist: macht der Spieler an dieser Stelle einen Fehler bei der Erstellung des Note Sheets oder beim Spielen selbst? oder gibt es was, wovon ich nicht weiß? Ich glaube nicht, dass man dort versehentlich einen Fehler machte. Denn diese Spieltechnik/Spielart wiederholt sich im ganzen Video.

Ja, diese Spieltechnik zieht sich durch das ganze Stück und es ist sicherlich auch beabsichtigt, dass man den Basston jeweils klingen lässt. An den gezeigten Noten ist dies jedoch tatsächlich nicht zu erkennen.

Er lässt den Basston im ganzen Stück einfach immer länger klingen, als er ausnotiert ist. Das ist tatsächlich gar nicht mal so wirklich unüblich.

Die Notation wird auf diese Weise einfacher und ich würde sie auch nicht als "permanent falsch" bezeichnen, auch, wenn das in gewisser Weise zutrifft.

Es ist eher etwas nachlässig notiert, denn üblicherweise kennzeichnet man das durch polyphone Schreibweise, in der die Bassnote nochmals separat geschrieben wird (zur Unterscheidung mit Hals nach unten) und die "oberen Stimmen" mit dem Hals nach oben, wie es @Disgracer ja schon mit der Bemerkung "wenn man das ordentlich aufschreibt" angedeutet hat.

Die von Dir genannte Stelle sähe dann z. B. so aus:

1655068926883.png


Nun ist klar zu erkennen, dass die Basstöne länger klingen sollen.
Das erste G ist dann eine punktierte Viertel, weil ja die beiden Sechzehntel am Ende des Taktes wieder alleine klingen sollen. Deshalb dann auch explizit an der Stelle eine Achtelpause für die Bassstimme.
Im nächsten Takt sind beide Bassnoten jeweils Viertelnoten usw.

wie kann ich herausfinden, welche Noten zu der Melodie und welche zu Akkorden (Begleitung) gehören?

In der Regel hat man bei solchen "Fingerstyle"-Arrangements vom Konzept her sogar drei Stimmen: Bass, Akkorde und Melodie.
Da ist nicht immer alles auf einmal spielen lässt, müssen oft Stimmen geopfert werden.
Idealerweise werden die Stimmen wie gezeigt durch Halsrichtung voneinander abgehoben.

Grundsätzlich gilt (als Faustregel):
  • die tiefen Töne, meist mit dem Daumen angeschlagen, sind die Basstöne
  • Die Melodie liegt im höchsten Ton
  • Die Akkordtöne liegen dazwischen
Oft besteht ein "Akkord" dann sogar nur noch aus einem einzigen "Füllton", weil Bass und Melodieton den restlichen harmonischen Kontext schon beisteuern.
Dies ist natürlich alles grob vereinfacht dargestellt, sollte aber den Kern treffen.

Ein Beispiel, an dem dieses Prinzip gut sichtbar wird, ist der berühmte "Gran Vals" von Tárrega, der so beginnt:

1655069576119.png

Hier erkennt man schön oben (mit Hals nach oben) die Melodie, unten (mit Hals nach unten) den Bass und dazwischen sogar die dritte Stimme (na ja, es gibt eben nur zwei mögliche Halsrichtungen...) mit den Akkorden, die auch ihre "eigenen" Pausen hat.


Ich mag alte Notenbeispiele deshalb sehr, weil die Notenstecher früher noch ihr Handwerk gelernt haben und man im Internet so viel Mist oder zumindest mindere Qualität findet.

Viele Grüße
Torsten
 
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Hallo Zusammen,

vielen lieben Dank für die Antworten. Es hilft mir auf jeden Fall sehr viel weiter.

@Torsten: bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liege... In deinem Beispiel wie es richtiger aussähe: ich glaube, dass die Bass-Note (G) im ersten Takt so auch nicht dem entspricht, wie tatsächlich gespielt wurde. Die Bass Note G wurde gedrückt gehalten, sodass deren Dauer drei Mal der einer 1/8 Note war. Aus meiner Sicht kann man diese Note deshalb gar nicht so schreiben, muss als sie separat/getrennt von den restlichen zwei 1/8 Noten schreiben, zwar als eine 1/4 Note mit einem Pünktchen daneben (punktierte Note...?).
Stimmt das, was ich behaupte?

Oder spielt der Hals der G Note (der in diesem Fall wie der einer 1/4 Note aussieht) auch eine Rolle?

Darüber hinaus hätte ich noch eine weitere Frage:
Im 9. Takt des Stücks (siehe Foto) ist die Dauer der Note e (1. Saite) 1,5 Mal von einer 1/4 Note, zumindest laut Note Sheet. Da diese Note allerdings auf "leerer" Saite gezuupft wurde und die nächste Note auf derselben Saite erst im nächsten Takt vorkommt, beträgt ihre Länge tatsächlich 2 Mal einer 1/4 Note.
Ist dies normal bei Gitarre, insbesondere bei Noten auf leeren Saiten? Oder muss man richtigerweise den Ton irgendwie dämpfen, sodass sie die richtige Dauer haben?

Vielen Dank im Voraus
Viele Grüße
Bka24141
 

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Die Bass Note G wurde gedrückt gehalten, sodass deren Dauer drei Mal der einer 1/8 Note war. Aus meiner Sicht kann man diese Note deshalb gar nicht so schreiben, muss als sie separat/getrennt von den restlichen zwei 1/8 Noten schreiben, zwar als eine 1/4 Note mit einem Pünktchen daneben (punktierte Note...?).
Stimmt das, was ich behaupte?

Du hast völlig recht - das sind aber nur unterschiedliche Schreibweisen:
  • man kann in solchen Fällen zwei separate Notenköpfe nebeneinandersetzen (wird auch manchmal gemacht)
  • Es gibt aber auch die Konvention, Notenköpfe mit verschiedenen Dauern in einem Notenkopf zu kombinieren:
    Sogar an so einer Stelle trotz Achtelbalken in einer der beiden Stimmen trotzdem einen "hohlen" Notenkopf schreiben, oder wie in dem Beispiel einen Punkt, der nur für die eine Stimme (hier die untere) gilt.
    Die beiden Hälse (Achtel mit Fähnchen oder Balken nach oben, "Viertelhals" nach unten) helfen da auch weiter.
Der Punkt gilt also für den "Viertelhals" nach unten und man hat - trotz kombiniertem Notenkopf im Bass dann einen punktierte Viertelnote (tatsächlich 1,5 mal so lang wie die Achtelnote der oberen Stimme).
Also alles korrekt und es gäbe wie gesagt aber auch die Alternative, zwei separate Notenköpfe zu schreiben, was aber - vor allem in dieser Regelmäßigkeit, weniger elegant aussieht.


Darüber hinaus hätte ich noch eine weitere Frage:
Im 9. Takt des Stücks (siehe Foto) ist die Dauer der Note e (1. Saite) 1,5 Mal von einer 1/4 Note, zumindest laut Note Sheet. Da diese Note allerdings auf "leerer" Saite gezuupft wurde und die nächste Note auf derselben Saite erst im nächsten Takt vorkommt, beträgt ihre Länge tatsächlich 2 Mal einer 1/4 Note.
Ist dies normal bei Gitarre, insbesondere bei Noten auf leeren Saiten? Oder muss man richtigerweise den Ton irgendwie dämpfen, sodass sie die richtige Dauer haben?

Die "offenen" Saiten sind gewissermaßen immer ein "Problem".
Am Anfang, wo das C im Bass nicht offen ist, hört es automatisch auf, zu klingen, wenn man den Finger von der Saite nimmt. Das würde ja passen.
Ansonsten muss man generell darauf achten, alle offen weiterklingenden Saiten abzudämpfen, wenn sie nicht mehr klingen sollen bzw. sogar nicht mehr klingen dürfen.
Zum Beispiel bei einem Akkord-/Harmoniewechsel sollen manche Töne nicht "falsch" weiterklingen und alles vermatschen.

Das ist wie beim Haltepedal des Klaviers, das man auch niemals durchgehend drückt, weil sonst "zu viel" ineinanderfließen würde, was nicht ineinanderfließen soll. Meist, ohne dass dies explizit notiert wird.

Bei der Gitarre wird man aber auch z. B. bei Akkorden, die man mit "Zupfmuster" spielt, die Saiten (außer bei Akkordwechseln) immer ausklingen lassen, obwohl das nicht so notiert ist, denn dann würde die Notation unnötig unübersichtlich.
Manchmal steht dann "let ring" mit dabei, in der Regel entscheidet das musikalische Empfinden.


Und: Bei der Notation gibt es oft keine "eindeutige" Lösung, sondern, je nach Fall und persönlichem Empfinden, mehrere Alternativen.

Ein schönes Beispiel ist die bekannte "Spanische Romanze", die neben den Basstönen eigentlich nur aus gebrochenen Akkorden (in Dreier-Gruppen/Triolen) besteht, bei denen aber der jeweils höchste Ton die Melodie darstellt.
Diese Dreiergruppen spielt man auch schön "zupfmustermäßig" und flüssig mit drei Fingern und schreibt das auch oft nur mit Achtelnoten:

1655105408163.png


Da stehen also überall Achteltriolen, man lässt die Töne jedoch weiter- und ineinanderklingen und hackt sie nicht ab.
Da spielt auch Intuition, musikalische Auffassung und - vor allem - "gängige Praxis" eine Rolle.

Nun könnte man noch anstreben, die Melodie hervorzuheben, und somit die jeweils höchste Note (die erste in jeder Dreiergruppe) separat als Melodie (und auch als volle Viertelnoten!) ausschreiben und die beiden "harmonischen Nachschläge" in einer komplett eigenen Stimme notieren (das macht nur niemand):

1655105663750.png


Das sieht auch ein bisschen blöd aus, spiegelt nicht den "wahren" Spielfluss wider und hier wäre es auch nicht so intuitiv klar, dass die "Akkord-Achtel" tatsächlich weiterklingen sollen.

Deshalb gibt es eine weitere oft praktizierte Möglichkeit, die Melodie durch eigene Stimme/Halsrichtung hervorzuheben, aber die Melodietöne auch in das "Zupfmuster" zu integrieren, indem man diese ersten Töne der Dreiergruppen zusätzlich auch in die Achteltriolen mit aufnimmt. Da kommt dann wieder das Phänomen der kombinierten gemeinsamen Notenköpfe ins Spiel:

1655105868962.png


Das wäre dann meine bevorzugte Schreibweise.
Aber trotzdem (auch, wenn es eigentlich nicht so dasteht!) wird man die "Akkordsaiten" weiterklingen lassen, also nicht nach ihrer notierten Achteltriolendauer abdämpfen.

Alle Dauern "exakt" zu notieren wäre extrem unübersichtlich und vor allem völlig unnötig, weil die Konventionen und der typische Spielstil ohnehin "klar" sind.

Aus solchen Gründen reichen oft auch Noten allein nicht aus, man muss auch die Konventionen der "üblichen" Spielweise kennen. Das ist bei historischen Noten nicht immer so klar und bietet viel Diskussionsstoff.
Da sind auch Verzierungen ein großes Thema, die man über die Jahrhunderte hinweg (bei gleichen Notensymbolen!) unterschiedlich gespielt hat.

Viele Grüße
Torsten
 
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Hi Torsten,

vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Das hilft mir als Anfänger sehr viel weiter. Ich bin froh, Hilfe von super Mitgliedern wie dir hier zu haben.

VG
bka24141
 
Guten Abend,

Entschuldigung, ich muss euch kurz nochmals stören...

Auf dem Foto im Anhang ist ein Takt des Stücks "Andantino in G" von dem Kanal Sky Guitar.
Laut Note Sheet ist die Taktart 2/4.
Ich glaube, hier ist ein Fehler entstanden. Zwar die "Doppelbalken" bei zwei Noten A und C sind aber falsch, stimmt das? Ich erwarte dort eigentlich einfache Balken. Nur so entspricht die Gesamtdauer der Noten auf Diskantsaiten 2 Takten (also 2 Mal 1/4 Note). Und die Balken bei Note D (Bass Saite) müssten auch einfach sein, stimmt das?

Vielen Dank im Voraus für das Feedback. Es wäre mir sehr hilfreich.
VG
 

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Zwar die "Doppelbalken" bei zwei Noten A und C sind aber falsch, stimmt das? Ich erwarte dort eigentlich einfache Balken. Nur so entspricht die Gesamtdauer der Noten auf Diskantsaiten 2 Takten (also 2 Mal 1/4 Note)

Die "Doppelbalken" (oder Doppelfähnchen) bedeuten Sechzehntelnoten. Eine Sechzehntelnote ist halb so lang wie eine Achtelnote (einfacher Balken/Fähnchen). Und eine Achtelnote wiederum ist halb so lang wie eine Viertelnote.

Da ein 2/4-Takt zwei Viertelnoten lang ist, entspricht das vier Achtelnoten oder acht Sechzehntelnoten.
Die obere Stimme (Hälse nach oben) hat in Deinem Beispiel immer genau 8 Sechzehntelnoten pro Takt - das passt perfekt.

Und die Balken bei Note D (Bass Saite) müssten auch einfach sein, stimmt das?

Die untere (Bass-)Stimme besteht in beiden Takten jeweils aus:
  • 1 Sechzehntelpause
  • 2 Achtelnoten (einfacher Balken)
  • 1 Sechzehntelnote (Doppelbalken)
  • 1 Achtelpause
Das ergibt nach den Regeln der Bruchrechnung
1/16 + 2/8 + 1/16 + 1/8 = (1 + 4 + 1 + 2)/16 = 8/16 = 4/8 = 2/4
Passt also auch genau.

Alles in bester Ordnung!

Viele Grüße
Torsten

[Edit: Aaaah, jetzt erkenn' ich die Stelle - das ist doch von Carulli? - War eines der ersten Stücke, das ich auf der Gitarre gelernt habe. :love:]
 
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