Formale Methoden in der Musikanalyse

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Hallo :)

Ich hatte vor einer Weile entdeckt, dass Ray Jackendoff neben seiner eigentlichen Arbeit als Sprachwissenschaftler auch was zur Musiktheorie bzw. Musikanalyse geschrieben hat. Wenn ich das richtig verstehe, versucht er die Überlegungen der von ihm vetretenen generativen Grammatik (Menschen verfügen über eine angeborene Universalgrammatik, die für alle Sprachen auf der Welt gleich ist und diese Universalgrammatik kann mit formalen Methoden aus der Informatik und Mathematik beschrieben werden) auf die Musik zu übertragen.

Mich würde nun interessieren: Wurde Jackendoffs Ansatz auch in der Musikwissenschaft rezipiert, oder ist das ein "Ladenhüter", den "richtige Musikwissenschaftler" eher belächelt?
Kann man Musikstücke mit solchen Methoden, bzw. mit formalen Sprachen adäquat beschreiben und beispielsweise in Baumstrukturen darstellen? Gibt es in Musikwissenschaft Theorien, die ernsthaft davon ausgehen, dass es sowas wie eine "angeborene Musikgrammatik" gibt, die auch vertreten werden?

Danke für jede Antwort :)
 
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Hallo,
schon mal eins vorweg, ich bin kein Musikwissenschaftler, sondern Komponist. ;)

Ich habe das Buch A Generative Theory of Tonal Music vor einiger Zeit gelesen und war doch sehr angetan davon. Es ist zwar ultratheoretisch und deshalb streckenweise auch leider staubtrocken, inhaltlich aber mit Abstand eines der interessantesten Bücher über Musik, die ich seit langem gelesen habe.

Wichtig zu erwähnen scheint mir aber, daß die Theorie nicht ursprünglich von Jackendoff stammt, sondern hauptsächlich von Fred Lerdahl entwickelt wurde.
Der Einfluß des Linguisten sollte hier also demnach nicht überbewertet werden. Das Buch ist durch und durch aus musiktheoretischer Perspektive geschrieben.
Der auf Chomsky zurückgehende Ansatz generativer Grammatiken dient hier vor allem als Vehikel um sich dem strukturellen Hören und Verstehen tonaler Musik von einem primär wahrnehmungspsychologischen Standpunkt aus zu nähern. Und das ist, wie bereits gesagt, hochgradig interessant und vor allem auch überzeugend. Ich kann durchaus behaupten, daß die Lektüre mein Denken über Musik in einigen Punkten stark beeinflusst hat!

Wie es allerdings mit der wissenschaftlichen Rezeption gerade hierzulande aussieht kann ich leider nicht beurteilen. Ich kann mir aber gut vorstellen, daß sie wohl eher gering ausfallen dürfte. Aber dieses Schicksal teilen ja leider mehrere hochinteressante, vor allem in den USA populäre Ansätze wie Schenker-Analyse, Set-Theory und co, die man sich gerade auch in den Lehrplänen hiesiger Hochschulen wesentlich fundierter und flächendeckender wünschen würde.

Vielleicht noch interessant zu erwähnen, daß der deutsche Wikipedia-Artikel zum Thema Metrum in Teilen auf Lerdahls und Jackendoffs Theorie basiert.

Ich hoffe das konnte ein wenig weiterhelfen,
Grüße,
Hiatus
 
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