hack_meck
Lounge .&. Backstage
Ende Mai erreichte mich, mit nur 2 Tagen Vorlauf, die Frage, ob ich in Berlin bei der Produktvorstellung der aktuellen Focal Produkte anwesend sein möchte. Klar möchte ich - aber ... Kind, Pferd usw. . Was soll ich lange um den heißen Brei reden, die "aber" konnten gelöst werden - die Neugierde die bei der NAMM vorgestellten Produkte mal Live zu erleben und mit dem Entwickler zu Chatten, hat gesiegt.
Also einen gut getimten Abstecher nach Berlin .. (man achte auf die Zeiten des Parktickets)
- da oben im silbernen Kasten, verbirgt sich das Studio -
Vorher aber der Vortrag von Produktmanager und Entwickler. Mal wieder einiges gelernt - zu dem wir weiter unten kommen - und gute Gespräche geführt.
Und bevor ich was zur FOCAL Philosophie, der Geschichte und den Produkten sage ... hier die Video Schnipsel des Tages. (P.S. ganz am Ende sieht man die zweite Passion des Entwicklers)
Focal hat seinen Ursprung im HiFi Sektor und der Fahrzeugausstattung - sowohl als Nachrüstung, als auch als Erstausstatter. In St. Etienne haben sie unter anderem einen netten Hörraum eingerichtet, um ihre HIFI Sparte zu Gehör zu bringen.
Mein erster Kontakt zu FOCAL liegt bereits mehr als 20 Jahre zurück. Er befindet sich - und funktioniert trotz Witterungseinflüssen - in meinem Youngtimer immer noch hervorragend und macht Musikhören zum Genuss.
Bereits damals der Inverted Dome des Hochtöner. (P.S. bevor die Frage aufkommt - Jaguar XJS 12cyl. Cabrio ... 2 Tieftöner statt den Kindersitzen in der zweiten Reihe)
Die Philosophie der Professional Sparte: Hier unterscheidet FOCAL nach Sparte. Klar, unverfälscht, hoch aufgelöst ... die "absolute acoustic truth". Dabei wird in der Entwicklung bereits drauf geachtet, dass das Signal weder beschädigt, noch geschönt wird. Für mich, als im wesentlichen Musik-Konsument, erst mal etwas ungewohnt. Fertig im Mix, ist Musik doch oft wärmer und "fülliger" als in der ehrlich wiedergegebenen Rohfassung.
Im Nachsatz steht da auch noch was von "at any cost" - und so haben sie immer auch eine "unbezahlbare" Machbarkeitsstudie im Line-Up. Preistreiber an der Stelle dann gerne Beryllium, mit einem Preis der Gold um das 30zig-fache übersteigt.
Ein Prinzip welches für alle Sparten gilt, ist die Aussage den Entwicklungsprozess komplett in eigenen Händen zu halten. Die Ausführung zu großen Teilen. Daher hat man 2 Produktionsstätten in Frankreich. Eine Fabrik baut die Gehäuse, die andere beherbergt Administration, R&D und den Bau aller Übertrager. In der Ausrichtung bewegen sie sich "klassisch", denn sie erreichen ihre Soundvorstellungen nicht durch Sound Programmierung, sondern durch Sound Engineering. Damit unterscheiden sie sich sich - in meiner Wahrnehmung - massiv von teilweise Überhand nehmenden aktuellen Ansätzen, bei denen im wesentlichen der DSP so verbogen wird, dass aus den Lautsprechern das erwartete Frequenzband rauskommt. Das ist ok, aber immer wenn Dynamik dazu kommt, kann/wird das Rechenmodell seine Grenzen erreichen.
Geschichte: Gegründet wurde die Firma 1979. Seit dem ist man immer wieder mit Innovationen aufgefallen. An Patenten und Awards mangelt es definitiv nicht. Den ursprünglichen Antrieb hat man definitiv nicht verloren und auch an die nächste Generation weiter gegeben. Der anwesende Produktentwickler - als Pianist mit ausgebildetem Gehör - war definitiv nicht 1. Gen. (Ihr seht ihn oben im Video)
Ein wenig Technik:
Der Inverted Tweeter Dome hat FOCAL seit den absoluten Anfängen begleitet. Mit dieser Technologie kann die Sounddarstellung präziser erfolgen. Er ist an die Treiberspule mit weniger "Verlusten im Kraftschluss" angebunden. Dies bedeutet (ich kann nur wiederholen, zum Beweisen habe ich das falsche Studium ), dass es zu keinem "Bruch bei ca. 16 kHz" kommt - hier hat die Randaufhängung des normalen Dome seine Probleme. Ebenso wird eine bessere Streuung in der Abstrahlung erreicht, die z.B. bei Ribbon Tweeter ohne 16 kHz Senke der Kompromiss ist.
Beryllium als Material hat eine unglaubliche "Härte" und damit Präzision - bei geringem Gewicht. In Verbindung mit dem Inverted Dome hat Focal einen Tweeter gebaut, der mehr als 5 Oktaven abdecken kann. (1000 Hz bis 40kHz). Und auch wenn das menschliche Gehör Frequenzen über 20kHz gar nicht mehr wirklich wahrnehmen kann, so wirken natürlich dort vorhandene und im Signal verarbeitete Transienten auch im Bereich den wir wahrnehmen.
Im realen Sound sind diese Frequenzen ja durchaus auch vorhanden ... mein persönliches Testobjekt ist da mein Hund. Er macht sich beim Geräusch des Staubsaugers aus dem Staub und verlässt unter Protest das Grundstück. Nehme ich mit dem iPhone (also einem absoluten Mittelmaß Mikro) den Sound auf und hämmere ihn durch die PA, so liegt der Hund zufrieden direkt vor der Box.
Die Steifigkeit von Beryllium ermöglicht aber nicht nur die extremen Frequenzen, sondern benimmt sich dabei auch extrem Linear. Beryllium ist das einzige Material welches in den 3 beeinflussenden Faktoren: Gewicht, Steifigkeit und Dämpfung Bestnoten erreichen kann. Bei gleichem Gewicht ist Beryllium 7 mal so steif/robust (rigid) wie Titanium oder Aluminium. Der Sound "steht" im Vergleich zu Titanium 3 mal so schnell nach der elektrischen Ansteuerung im Raum. Die Dämpfung sorgt aber dann auch dafür, dass der Impuls so schnell weg ist, wie er gekommen ist. Da "flattert" nichts.
Das Team hatte 3 Stimmgabeln aus den typischen Materialien dabei. Natürlich ist ein Tweeter deutlich kleiner und leichter, die Grundeigenschaften (wie direkt kommt der Klang, wie klar klingt er, wie schnell ebbt er ab) waren aber gut erkennbar.
Beryllium ist aber nich nur Teuer, es ist auch schwer zu verarbeiten. Als Staub ist es lebensgefährlich - und nein, beim Musik hören wird kein Staub freigesetzt auch wenn ihr voll aufdreht.
Der "W" composite sandwich cone erlaubt es genau die "Frequency Response" zu steuern. Durch Form und Materialien wird Einfluss genommen auf Gewicht, Robustheit/Steifheit und Dämpfung. Als Composite gibt es in der Focal Oberliga einen Mix aus Fiberglas (mit extrem langen Fasern) und Flies. Die Glasfaser hat dabei den Vorteil sich besser mit dem Harz zu verbinden, als es z.B. Kevlar kann. Dadurch wird die Struktur "fester/stabiler" und man erhält volle Kontrolle - durch Anpassung der Dicke der Schichten - über die Struktur. Focal nimmt also beim Bau der "Pappe" bereits Einfluss auf den Frequenzgang und hofiert damit das Zielprodukt. Dabei kann es auch sein, dass zwar zwei gleich große Lautsprecher zum Einsatz kommen, diese aber bereits durch den Cone unterschiedliche Aufgaben zugewiesen haben. Konsequenz der weiter oben beschriebenen Ausrichtung auf Sound Engineering - also den Sound durch die Bauteile bestimmen und komponieren.
Der Bass Port - Bei der Shape Serie wurde die Bassreflexöffnung durch den Passive Radiator ersetzt. Er erlaubt den Luftaustausch um im kleinen Gehäuse genug Bass zu erlauben, ohne den Weg der Membran zu beeinflussen. Außerdem wird die Box resistenter gegen Probleme mit dem Aufstellungsort, denn der seitliche Port suggeriert selbst bei nur 10 cm zur Seitenwand einen Abstand von 2 Meter. Im "engeren Homestudio" sicher ein relevantes Kriterium.
Bei der aktuellen Shape Serie sind dann wieder ein paar neue Technologien dazu gekommen. In der Kurzfassung:
Flax wird mit Glass Fiber kombiniert. Der Flax stammt dabei von Feldern ein der Nähe der Produktionsstätte. Ein Naturprodukt beweist seine Stärke . Bei der Shape Serie in Verbindung mit Fiberglas. Ausserdem sieht es cool aus .
P.S. FOCAL hatte auch mal "gelbe Färbung" in der "Pappe". Zu dieser Zeit hatte man als OEM unter anderem die Lautsprecher für die ersten KRK Monitore geliefert. Wer einen alten hat, sollte gut drauf aufpassen. die konnten was. Und zur Not hilft FOCAL auch bei der Reparatur der Lautsprecher - sie bauen aber keine "Neuen" mehr für KRK oder andere Hersteller.
TMD (Tuned Mass Damper) Eine Technologie die in Taiwan's Erdbeben gefährdeten Gebäuden Verwendung findet. Sie dient als Vorlage um die bewegte Masse beim Speaker rechtzeitig vor potentiellen Übersprechenden wieder in Ruhe zu bekommen. Leider habe ich da kein Bild, aber hier geht es zu WiKi ==> https://en.wikipedia.org/wiki/Tuned_mass_damper
NIC neutral inductive circuit .. sorgt dafür, dass sich das Feld nicht ausbremst.
Al-Mg inverted tweeter ... um mit Beryllium nicht den Preispunkt zu sprengen wird mit dem zusätzlich "gepimpten Aluminium" ein bereits recht optimales Gewicht/Stabilität Ratio erreicht. Knackig und Präzise mit dem Inverted Dome wird - Achtung Werbeaussage (die es aber trifft, man kann sich ganz gut bewegen, ohne Veränderungen im Klang wahrzunehmen) aus dem Sweet-Spot einen Work-Space macht. Besonders wichtig, wenn mehrere Menschen im Raum hören müssen. Mixer und Artist.
Hier die Shape Serie im Überblick ...
Hier der neue Spieler, die Shape Twin. Die beiden 5 er Speaker ergeben von der Membranfläche einen 8 er Bass. Sie sind aber auch unterschiedlich im Frequenzgang ausgelegt und daher am oberen Ende bis bis ca. 2,5 k ungewöhnlich gut. Im direkten Vergleich im Studio, kam mir und dem Vertreter aus Belgien die Shape 65 etwas kräftiger im Bass vor. Das werden aber unsere Sinne getäuscht, denn durch die größere Ausgewogenheit der Twin nehmen wir den Bass nicht als so prominent wahr. Er ist aber in der Frequenzanalyse voll da.
Wir waren uns trotzdem einig: Soll es Boom machen (Dance, House und Co.), dann ist die Shape 65 angesagt. Soll so alles dabei sein (Orchester, Jazz, Piano, Gesang) dann ist die Shape Twin voll in ihrem Element.
Ebenso vorgestellt und besprochen die 2 aktuellen Kopfhörer.
Der Listen Professional befindet sich dabei am Scheideweg des "every Day Kopfhörers" mit Anbindung an iPhone und Co. und dem "Studio und Mixing Anspruch". Im Vergleich zu den puren Studio Produkten klingt er etwas wärmer, hat aber trotzdem die volle und nötige Auflösung. Kein ausgewiesener Mixing-Spezialist, aber ein hervorragender Kopfhörer.
Der Listen Pro ist jetzt zwar nicht billig, aber er liegt in einem Bereich den man sich durchaus für den Hörgenuss leisten kann. Bis zum Clear Professional ist es aber definitiv mehr als ein Sprung und die Frage ob man die Lücke denn nicht doch noch schließen möchte, beantwortete man mit einem Schmunzeln.
Der Listen Pro ist Reisetauglich, da flexibel in den Kabeln und Anschlüssen, sowie biegsam und robust ...
Der Clear Professional ist ein ganz anderes Biest. FOCAL hat ihn gebaut, wie eine "offene Box". Die Schallquelle ist dabei etwas aus dem Zentrum gerückt, um der Sache mehr Räumlichkeit zu geben. Beim Hörtest im Studio war es wirklich absolut frappierend, wie sich der Klang beim Aufsetzen praktisch gar nicht verändert in Bezug auf die aufgestellten FOCAL Shape Monitore. FOCAL hat also genau ihre Soundvorstellung in einen Kopfhörer übertragen. Für den Profi ein Fest, denn mischt er "ausser Haus", kann er ohne FOCAL Monitore durch die Welt zu schleppen immer auf seine Hörreferenz zurückgreifen. Und auch wenn er sicher nicht komplett mit dem Monitor mischt, so kann er diesen immer mal hernehmen um zu kontrollieren, wie sich die Sache in der FOCAL Soundwelt anhören würde.
Der Clear Professional ist sicher nicht billig, FOCAL kann aber in der HIFI Sparte mit noch deutlich teureren Kopfhörern dienen. Sie haben an der Stelle das nötige HighEnd KnowHow.
Und weil in Berlin auch noch der Rest des LineUp am Start war, hier noch ein paar Bilder dazu.
Flaggschiff:
Dauerbrenner:
New Kid on the Block:
Einstieg:
Ausserdem war das Klavier ein Hingucker
Ich nehme an, ihr seid nach so viel Information auch durch und benötigt eine Abkühlung. Wir waren es auch und haben uns noch ne ganze Weile gut und angeregt auf der Dachterrasse unterhalten. Bis dann - etwas zu früh - der Wecker klingelte und ich mit Bus, S-Bahn und Flugzeug wieder zurück zu meinem Auto in der Tiefgarage am Frankfurter Flughafen bin. Genau im richtigen Augenblick um mit einfachem Tagessatz davon zu kommen.
Gruß
Martin
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