Flügelgewicht

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Hallo,

ich habe das Glück spontan einen Steinway C zu bekommen (umsonst geliehen). Ich wohne in einer Berliner Altbauwohnung und da stellen sich mir nun die Fragen:
a) Muss ich den Vermieter fragen und darf der nein sagen? Hab irgendwie Angst, dass der darauf keine Lust hat, wir haben generell eher eine ziemlich konservative HVW, aber meine Nachbarn freuen sich immer wenn ich spiele.
b) Wie berechne ich was das Ding pro m² wiegt? Theoretisch liegt er ja mit 3 hohen Linienlasten auf, aber es gibt ja noch die Lastverteilungsdinger?
c) Muss ich das einen Statiker prüfen lassen? Im Internet stand Decken halten so ~100-200kg/m². wohne im ersten Stock

Irgendwie bin ich hin und hergerissen, ich bin ausgerastet vor Freude, aber jetzt kommen langsam so vernünftige Sorgen durch, auch wenn ich die gerne verdrängen will:redface:
Ich bin halt Musikstudent und könnte mir niemals so ein Teil leisten, aber halt auch nicht, wenn das Teil plötzlich durch die Decke kracht (geht sowas überhaupt???)

Grüße
Armin
 
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Moin,

a) *eigentlich* sollte er da nix gegen sagen dürfen, genau kann dir das aber wohl eher z.B. der Mieterschutzbund sagen. Ausnahme siehe c).

b) ein C-Steinway wiegt etwa 400kg. Das genaue Gewicht könnte ich in Erfahrung bringen, sollte aber nicht so wichtig sein. Verteil das einfach gleichmäßig auf drei Beine, zu viel Rechnerei macht aua im Kopp. Die Stellfläche von so nem Flügel ist groß genug, sodass man näherungsweise wohl durchaus sagen kann, dass pro m² 133kg als Punktlast aufliegen. Klingt viel, wenn sich ein Schwergewichtsboxer auf ein Bein stellt kommt aber die gleiche Last runter, und deswegen stürzen keine Häuser ein.

c) moderne Decken rechnet man so mit 150-200kg/m², wobei man da wenn ich mich richtig erinnere dann auch noch Verkehrslasten draufschlägt, denn wenn ein schwerer Schrank irgendwo steht und ich mich davor stelle, steigt die Belastung pro m² schnell mal auf >200kg an. Außerdem tragen Decken prinzipbedingt in Auflagernähe mehr als in Raummitte. Die Decken in meiner Berufsschule konnte man duch Hüpfen in Raummitte wunderbar in Schwingung versetzen, am Rand ging das aber nicht. ;)
Beim Altbau kann so ne Decke aber alles mögliche sein, von ner wackeligen Holzbalkendecke bis zu abenteuerlich dünnen Betondecken. Wenn statische Unterlagen vorhanden sind (Vermieter fragen), sollte es daraus ersichtlich sein, wofür die Decke berechnet ist, oder man kann aus den Angaben die mögliche Belastung berechnen, falls nicht...wirds kompliziert. Und genau dann darf der Vermieter dir die ganze Geschichte wohl auch verbieten. Denn ein Statiker kann das zwar nachträglich berechnen, leider kann der aber nicht hellsehen und müsste dafür erstmal in die Decke gucken, und das wird nicht ohne weiteres möglich sein.

Ganz unabhängig von irgendwelchen Berechnungen würd ich so ein Teil übrigens versichern lassen...vor allem wenn's ne Leihgabe ist. Man weiß nie, was passiert...

Beste Grüße,
shib
 
Danke für die schnelle Antwort!

Hab mitlerweile in Erfahrung bringen können, dass der Flügel wohl schon versichert ist. Das beruhigt mich.
Hausverwaltung versuche ich heute direkt mal anzurufen und das aus denen rauszuquetschen.
Hoffentlich sind das keine Pappwände, ein Flügel in meinem Zimmer ist schon mein Traum seit ich klein bin :)

Grüße
Armin
 
Er ist da und der Boden hält:great:

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Passt ja wunderbar in das Zimmer. Von wann ist denn das gute Stück?
 
Huhu,
er ist (wenn ich das richtig beurteile) 135 Jahre alt. Hier findest du noch mehr Infos zu dem Flügel.

Grüße
Armin
 
Cool!
Glückwunsch, da rückt man gern mal ein paar Möbelstücke zur Seite :)
 
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Huhu,
er ist (wenn ich das richtig beurteile) 135 Jahre alt. Hier findest du noch mehr Infos zu dem Flügel.

Hallo,

und hier in einem (sorry..) ultralangen Posting einige (u.U. weiterführende ) Informationen zu dem Flügel..

1878 gab es den „echten“ C noch nicht. Steinway hat die gewisse „Unsitte“, von der Länge her einigermaßen passende Flügel, auch viel ältere Flügel, nunmehr nach den neueren Buchstabenschemata zu bezeichnen. Das sorgt immer mal für einige Verwirrung. Im engeren Sinne bezeichnet man jedoch die Flügel nur dann als A, B, C, D, wenn sie der Konstruktion der heute noch gebauten Flügel entsprechen.

Just 1878 kam dieses Schema heraus, mit dem damals neuen A- und B-Flügeln. Man bezeichnete auch die älteren, verbleibenden Konstruktionen dementsprechend um, also kann es sogar sein, dass der 1878 fertiggestellte Flügel im Sinne Steinways Katalogbezeichnungen ein echter C sein solle – von der Konstruktion her ist der es noch nicht. ;-)

Aber, Trost: es ist ein wesentlich aufwendiger gebauter Flügel. Er nannte sich „Style II Parlor Grand“ und hat einige Eigenheiten, die ich im Folgenden noch näher beleuchten werde. Wichtigste Eigenheit: er ist einiges schwerer auch als ein heutiger C… ;-) Er düfte in der Gegend von 500-530 Kilo wiegen (d.h. schwerer als die heutigen KonzertflügelD, die ca. 480-485 Kilo haben..) , aber auch das ist in nahezu allen Häusern kein Problem, wenn es denn nicht ein Haus mit Holzdielenboden ist.

A-188 und B-211 (bzw. winzig kürzere) Flügel gleicher Konstruktion gab es ab 1878, als die ersten Flügel die „Rim“-Kontur erhielten, dass die Flügelform mittels verklebter Furnierstreifen „einmal herum“ gefertigt werden konnte. Der Konzertflügel D wurde in seiner heutigen Form erst 1884 herausgebracht, er hat dann statt vormals 17 Basstönen in der überkreuzten Version 20 Basstöne. Der heutige Flügel C-227 ist ein verkürztes Layout des D, also dto. 20 Basstöne, und erschien 1886.

Der hier abgebildete Flügel, Parlor Grand Style II, ist das Meisterstück der beiden Henrys gewesen, Vater Heinrich Steinweg, und Sohn Henry Jr. Der Junior war ein Genie des Klangbodenbaues. Dieser Flügel hat noch keinen Rim, man kann es an den hinteren Enden (weg vom Pianisten) der Seitenwände erkennen: dort befindet sich zum Übergang der geschwungenen Flügelplanke jeweils eine Eckleiste. Rim-Flügel (mit einteilig umlaufender Kontur) sind hier groß gerundet, dieser hier ist „zweifach scharfkantig“. Zu der Zeit, als dieser Flügel gebaut wurde, waren die beiden Henrys schon nicht mehr lebendig, Vater starb 1871, Sohn Jr. bereits 1865. An just diesem Flügelmodell schieden sich die Geister der Herren: der nach den beiden Henry technisch hauptverantwortliche, Theodor, hatte just 1875 für die kommende Weltausstellung in Philadelphia zur Jahrhundertfeier („Centennial“) der US-Verfassung ein neues Konzertflügelmodell, den „Centennial Concert Grand“ gebaut. Mit diesem Flügelmodell gewannen die Steinways den Ausstellungs-Wettbewerb, sie bauten mit ihm das beste Klavier der Erde…. Anschleßend widmete sich Theo der Skalierung aller Flügeltypen, um sie – unter Beibehalt der schon von Vater und Bruder erzielten herausragenden Klangeigentschaften – günstiger fertigen zu können, daher u.v.a. auch der Rim.

Die klangtechnischen Vorgaben machte der frisch gekürte Weltmeisterflügel Centennial Concert Grand D. Theo befasste sich danach zuerst mit den preiswerteren Flügeln A und B, dann war die Erneuerung des D-Konzerters an der Reihe, und zuletzt erneuerte er per Verkürzung aus dem D dann noch den heutigen C-Flügel. Aber das hielt ihn nicht ab, an der älteren , aufwendigen Konstruktion von Vater und Bruder immer mal kleinere Änderungen nachzutragen: auch der Style II PG erhielt noch die Stimmstock-Abdeckung („Vollpanzer“- Rahmen, „Cupola“ genannt), und ab 1880 sogar auch noch den einteiligen Rim. Auch in der Länge variierte er ein wenig. Der Style II Parlor Grand wuchs, von ursprünglich 220 cm über 223 cm zur letzten Ausbaustufe mit 225 cm – derweilen der „echte“ C-Flügel heutiger Konstruktion seither (1886) 227 cm lang ist. Alle Style II blieben jedoch bei 85 Tasten – zu jener Zeit hatte nur der Konzertflügel die 88 Tasten.

1877 oder 1878 war der S2PG der letzte Steinway-Flügel, der noch keine Stimmstock-Abdeckung hatte, genau das Foto von oben auf die Stimmwirbel fehlt hier allerdings .. ;-) Hat er noch die leicht geschwungene S-Kurve des offenene Stimmstockes in Holz, oder hat er schon die gerade Gussrahmenleiste quer vor der Nase des Pianisten?

Generell gibt es noch zweidrei Sachen , die man zu diesen Semikonzertern wissen sollte. Da nicht jedermann den Platz (und das Geld) hat, sich einen waschechten Neun Fuß langen Konzertflügel hinzustellen, ist des privaten Pianisten Traumflügel in aller Regel heute ein Siebenfüßer, und bei Steinway mehr der B-211 statt des C-227. Wenn man auf die selten nötigten drei Tasten im Diskant verzichten kann, ist auch ein 85-Tasten-Steinway ein herrliches Instrument.

Man sollte aber beim Kauf wissen (und im Preis berücksichtigen..), dass die 85er sich wesentlich schlechter weiterverkaufen lassen… denn alle Welt „weiߓ angeblich, dass ein Steinway-Flügel 88 Tasten zu haben hätte. Was bei den „kleineren“ Flügeln A und B erst nach 1892 der Fall war.

Und es gibt einen Unterschied beim Klangholz… Bis in die 1920er Jahre verwendeten Steinway und die andren US-Klavierbauer Fichtenholz der Appalachen-Weißfichte, quasi aus ihrem Hinterlandgarten… Durch die Schwemme an automatisierten Klavieren der Ragtime-Zeit aber waren in den 20er Jahren die Bestände plötzlich erschöpft. Das sehr hochwertige, eng gewachsene und gleichmäßige helle Holz war nicht mehr zu erhalten – alles abgeerntet.

Seither holt man sich das Holz aus Kanada und Alaska, die wesentlich dunklere Sitka-Fichte. Dieses Holz ist weniger haltbar, und das führte in den USA dann in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg zu einer Manie des Austauschens von Resonanzböden, sodass es heute kaum noch originale Klangböden aus dieser alten Zeit gibt.. Hat der Flügel das helle Holz, oder die mehr rötlichgelbe Färbung der heutigen Klangböden?

Die Appalachenfichte ist deutlich heller – und wertvoller! Die nach Europa gelieferten Flügel wurden, wenn sie einen Riss im Klangholz hatten, in der Regel repariert: ein V ausschneiden, einen Streifen einleimen, verschleifen. Während die US-Klavierbauer den Klangboden sehr gern komplett austauschen…

Darum haben die wenigen nach Europa gelieferten Flügel größere Chancen, dass ihnen der originale Klangboden erhalten geblieben ist.

Meiner hat auch noch seine Appalachenfichte drin.. :D

Freundliche Grüße

WEAS

Amateurklavierspieler
Hobby-Chronist an uralten Steinway-Flügeln
 
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Hallo und herzlich Willkommen im MB :)

sehr schöner und informativer Post und es ist überhaupt nicht schlimm, dass er lang ist. Ein wirklich gelungener Einstieg ins Forum :)
 
Hallo und danke zu den wirklich wunderbaren Infos zu dem Flügel!
Dass der Flügel kein "echter" C ist, dachte ich mir, aber ich dachte von der Länge kommt das am besten als Vergleich hin :)

Du schreibst der Style II Parlor Grand hatte nur 17 Basssaiten. Ich bin verwirrt - meiner hat auf jeden Fall 20 Basssaiten, davon 8 einzeln, 12 chorig.
Der Resonanzboden ist zwar etwas dreckig - vielleicht sollte ich da mal putzen, trotzdem sehr helles Holz. Hab gerade meine Kamera verliehen, aber ich reiche Bilder nach.

Stimmwirbelabdeckung - gute Frage. Ich bin mir nicht genau sicher, ob der hier eine hat. Die Stimmwirbel selbst sieht man ja immer, außer meine Erinnerungen haben sich gesten im Club verabschiedet, als der Elektro mir das Hirn aus dem Kopp geprügelt hat... Fotos reiche wie gesagt nach, dann kannst du mir das ja verraten :D

Was ich auf jeden Fall bemerkenswert finde ist, dass sich der Flügel trotz Umzug nicht, bzw kaum verstimmt hat! Klar - 2-3 Töne sind nicht mehr ganz 100% sauber, allerdings brauch man da schon ein gutes Gehör (ich als Absoluthörer bin gerade bei Klavier sehr empfindlich, durch tägliche spielen) und ich stimm da selber nochmal nach, wozu lernt man das schließlich im Studium. Ich weiß noch, als der Blüthner von den Eltern eines Freundes transportiert wurde, war das anschließend eine Katastrophe - die haben den innerhalb eines halben Jahres sicherlich 3x nachstimmen lassen müssen, bis er dann stimmstabil war

Auf jeden Fall muss ein Klavierbauer da mal irgendwann die Mechanik nachjustieren, fetten oder was auch immer, die ist schon ein wenig ausgelutscht. Klanglich ist der Flügel allerdings auf jeden Fall erste Sahne und überhaupt nicht durchgespielt - auf der Unterseite klebt ein Sticker der DEFA Filmstudios. Warscheinlich musste der Flügel in letzter Vergangenheit nicht gespielt werden sondern in Filmen einfach nur gut aussehen haha :rofl:

Danke auf jeden Fall für die Infos und ich bin gespannt, was hier sonst so über den Flügel herrauskommt. Ich bin quasi momentan mit ihm verheiraten, sogar meine Freundin hat (traurigerweise, aber mitlerweile finde ich es auch irgendwie episch) mit mir schluss gemacht, weil ich mehr Zeit mit dem Flügel, als mit ihr verbrachte und verbringe. Und wenn wir uns unterhalten, könne wir nie über ernste und mal unschöne Themen reden, er lullt mich dann mit seiner wunderschönen Stimme ein und macht mich gefügig.

Grüße
Armin
 
Dass der Flügel kein "echter" C ist, dachte ich mir, aber ich dachte von der Länge kommt das am besten als Vergleich hin

So macht Steinway das auch.. ;)


Du schreibst der Style II Parlor Grand hatte nur 17 Basssaiten. Ich bin verwirrt - meiner hat auf jeden Fall 20 Basssaiten, davon 8 einzeln, 12 chorig.

Hm nein, das beozog sich auf die Konzertflügelgröße mit 88 Tasten – die D-Flügel und D- Vorläufer, die sich in 17 bzw. 20 Basstönen unterscheiden. Der Parlor Grand II hat 20 Bastöne, das ist bekannt. ;-)

Es gibt übrigens ein sehr detailliertes Buch von Steinway selber, „The Official Guide to Steinway Pianos“ von Roy Kehl, aber da muss man schon technisch sehr in die Tiefe interessiert sein, dann ist das einwunderbares Buch…


Der Resonanzboden ist zwar etwas dreckig - vielleicht sollte ich da mal putzen, trotzdem sehr helles Holz. Hab gerade meine Kamera verliehen, aber ich reiche Bilder nach.

Stimmwirbelabdeckung - gute Frage. Ich bin mir nicht genau sicher, ob der hier eine hat. Die Stimmwirbel selbst sieht man ja immer, außer meine Erinnerungen haben sich gesten im Club verabschiedet, als der Elektro mir das Hirn aus dem Kopp geprügelt hat... Fotos reiche wie gesagt nach, dann kannst du mir das ja verraten.

Mach mal Fotos, dann kann ich dir das sagen. Du kannst auch das Notenpult rausziehen und auf die Holzkante quer vor deiner Nase gucken: ist die Kante gerade, und ist direkt dahinter „in der Tiefe“ ebenso quer gerade der goldene Rahmen mit seiner verdickten Leiste, dann ist es schon ein sogenannter „Vollpanzer“; ein Flügel mit abgedecktem Stimmstock.

Die ältere Version bis ca. 1880 (ich müsste den Kehl befragen) hat noch eine S-förmig geschwungene Kontur in Holz, dass die Stimmwirbel der Bassaiten ganz nah an die Kante zum Pianisten heranrücken. Bei den Flügeln mit sichtbarem Stimmstock sind nahezu immer auch die US-amerikanischen Drahtstärkenmaße der Besaitungen auf dem Holz notiert, sowas wie „16“ und 14 ½“ etc.


Was ich auf jeden Fall bemerkenswert finde ist, dass sich der Flügel trotz Umzug nicht, bzw kaum verstimmt hat! Klar - 2-3 Töne sind nicht mehr ganz 100% sauber, allerdings brauch man da schon ein gutes Gehör (ich als Absoluthörer bin gerade bei Klavier sehr empfindlich, durch tägliche spielen) und ich stimm da selber nochmal nach, wozu lernt man das schließlich im Studium. Ich weiß noch, als der Blüthner von den Eltern eines Freundes transportiert wurde, war das anschließend eine Katastrophe - die haben den innerhalb eines halben Jahres sicherlich 3x nachstimmen lassen müssen, bis er dann stimmstabil war

Das spricht dafür, dass der Stimmstock noch OK ist.

Häufiges Nachstimmenmüssen ist sehr oft dann zu finden, wenn ein Flügel neue Saiten erhielt. Diese dehnen sich, und es braucht 6-8 Stimmvorgänge und nicht selten ca. 2 Jahre, bis neue Saiten stimmstabil werden.


Auf jeden Fall muss ein Klavierbauer da mal irgendwann die Mechanik nachjustieren, fetten oder was auch immer, die ist schon ein wenig ausgelutscht.



Fetten mal gar nicht.. ;-) Fette und Öle haben in einem Flügel nichts verloren. Schon das gewohnte Hirschtalgfett mancher Klavierbauer an den Tastenstiften kann man kritisch beäugen.

Lass mal einen kundigen Kalvierbauer nachsehen. Oft sollte ein sehr lange nicht richtig gewarteter Flügel einfach mal die Hammerköpfe „abgezogen“ bekommen (mit der Feile den Filz rillenfrei bearbeitet), vorausgesetzt, der Filz der Hammerköpfe bietet dafür noch das „Fleisch“ - und dann die Mechanik einmal komplett durchgereguliert werden. Köpfe abziehen, Hammersteighöhe justieren, Spieltiefe prüfen und per Unterlegen justieren, Klaviatur geradelegen, Auslösung einstellen, Abnicken einstellen. Das kostet ca. 4-6 Stunden Arbeit und dementsprechend Geld (irgendwas zwischen 400 und 700 Euro), aber dann ist es wieder auf lange Jahre fit.

Was man hierbei auch noch checken sollte, ob der Resonanzboden rissfrei ist. Man kann ihn dann nahezu immer „ausspänen“ und beischleifen.

Fernhalten sollte man sich von einem Teil der „sehr speziellen“ Steinway-Vertragshändler und Klavierbauer, die angesichts eines alten Flügels gleich ins schauspielernde Hände-überm-Kopf-Zusammenschlagen ausbrechen möchten, die einem dann eine „Generalsanierung“ aufschwatzen wollen, oder, die dreistete Masche, den Flügel quasi zu Schrott erklären möchten und einem dann „günstige Hilfe bei der Entsorgung“ anbieten…

Und paar Wochen später staunst du nur, dann findest du deinen Flügel beim Händler für 39.990,- Euro angeboten..

Alles schon vorgekommen.

Dass die Freundin auf einen sehr guten Flügel neidisch wurde, ist fast verständlich. Meine Dame und ich hatten betreffs des schwarzen dicken Drachens auch den einen oder anderen Disput.. Klar ist, dass ein klangstarker Flügel einen enormen Motivationsschub für das Klavierspielen liefert und eine sehr sehr viel Zeit "kostet" - aber es lohnt.

Hast Du denn einen guten Klavierbauer an der Hand?
 
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:great:

Wieder ein sehr schöner und informativer Beitrag :)

Bei einigen Dingen, sollte man jedoch nicht Verallgemeinern und bei anderen etwas genauer hinsehen.

Fetten mal gar nicht.. ;-) Fette und Öle haben in einem Flügel nichts verloren. Schon das gewohnte Hirschtalgfett mancher Klavierbauer an den Tastenstiften kann man kritisch beäugen.
Die Liste der zur Verfügung stehenden Schmier- und Gleitmittel (in welcher Form auch immer) ist lang und wird von einem Klavierbauer nach Prüfung der betreffenden und zu behandelnden Stelle ausgewählt. Man kann z.B. Hirschtalg kritisch "beäugen" ;), aber es gibt durchaus Situationen, wo man es sinnvoll in einem Flügel anwenden kann.

Lass mal einen kundigen Kalvierbauer nachsehen. Oft sollte ein sehr lange nicht richtig gewarteter Flügel einfach mal die Hammerköpfe „abgezogen“ bekommen (mit der Feile den Filz rillenfrei bearbeitet), vorausgesetzt, der Filz der Hammerköpfe bietet dafür noch das „Fleisch“ - und dann die Mechanik einmal komplett durchgereguliert werden. Köpfe abziehen, Hammersteighöhe justieren, Spieltiefe prüfen und per Unterlegen justieren, Klaviatur geradelegen, Auslösung einstellen, Abnicken einstellen. Das kostet ca. 4-6 Stunden Arbeit und dementsprechend Geld (irgendwas zwischen 400 und 700 Euro), aber dann ist es wieder auf lange Jahre fit.
Soooo "einfach" ist das mit dem Hammerköpfe abziehen eines (vorallendingen alten) Instrumentes nun auch wieder nicht. Zum einen ist die Regulationsreihenfolge eine andere und sehr unvollständig und zum anderen muss man sich im klaren darüber sein, dass sich nach dem Abziehen zum einen der Klang verändert, was meist eine zusätzliche Intonation der Hammerköpfe zur Folge hat und zum anderen sich das Gewicht des Hammerkopfes verringert, was widerum eine Auswirkung auf die Spielart haben kann. Wenn Du die Geschichte von Steinway kennst, dann kannst Du Dich bestimmt auch an die Geschichten von Franz Mohr (speziell die über den Flügel von Glenn Gould) erinnern ;)
Was man hierbei auch noch checken sollte, ob der Resonanzboden rissfrei ist. Man kann ihn dann nahezu immer „ausspänen“ und beischleifen.
Das kann man zwar, wäre aber nicht "vor Ort" zu empfehlen. D.h. wenn man eine solche Arbeit vernünftig gemacht haben möchte (incl. Resonanzbodenwölbung erhalten, ausarbeiten, etc), dann wäre das eine Sache für die Werksatt und würde sicherlich den von Dir angegebenen Preisrahmen deutlich übersteigen. Desweiteren sollte man prüfen, ob die Risse (wenn überhaupt vorhanden) negative klangliche Auswirkungen haben. Es gibt Instrumente mit Resonanzbodenrissen, mit denen man durchaus "leben" kann :)
Fernhalten sollte man sich von einem Teil der „sehr speziellen“ Steinway-Vertragshändler und Klavierbauer, die angesichts eines alten Flügels gleich ins schauspielernde Hände-überm-Kopf-Zusammenschlagen ausbrechen möchten, die einem dann eine „Generalsanierung“ aufschwatzen wollen, oder, die dreistete Masche, den Flügel quasi zu Schrott erklären möchten und einem dann „günstige Hilfe bei der Entsorgung“ anbieten…
Und paar Wochen später staunst du nur, dann findest du deinen Flügel beim Händler für 39.990,- Euro angeboten..
Auch hier finde ich darf man nicht den Fehler machen Steinwayhändler mit windigen Klavierhändlern in einen Topf zu werfen.
Fernhalten sollte man sich vor Leuten, die sich Klavierbauer nennen und letztendlich keine sind. Es gibt wie in jedem Bereich empfehlenswerte und nicht so empfehlenswerte Leute. Und natürlich gibt es (leider) auch unter den Klavierbauern schwarzen Schafe.
Wichtig ist, dass man seinem Klavierbauer vertraut. Wenn man noch keinen hat, soll man sich einen empfehlen lassen. Es gibt ganz viele Wege an einen guten Klavierbauer zu kommen. Die Preise für entsprechende Leistungen schwanken und sind kein Qualitätsmerkmal.
 
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Bei einigen Dingen, sollte man jedoch nicht Verallgemeinern und bei anderen etwas genauer hinsehen.

Die Liste der zur Verfügung stehenden Schmier- und Gleitmittel (in welcher Form auch immer) ist lang und wird von einem Klavierbauer nach Prüfung der betreffenden und zu behandelnden Stelle ausgewählt. Man kann z.B. Hirschtalg kritisch "beäugen" , aber es gibt durchaus Situationen, wo man es sinnvoll in einem Flügel anwenden kann.

Hallo Paul,

du scheinst dich selbst sehr gut mit Klavieren auszukennen. Bist selber Klavierbauer?

Nun, zu den verwendbaren Fetten, Ölen, Protec, Teflon usw. usf. gibt es so viele Ansichten wie Mittelchen, und wenn ein Jurist hier mitdiskutierte, auch noch eine (selbnstwidersprechende) Ansicht mehr.. ;-)

Ich selber bin Amateur, kein Klavierbauer, aber Techniker, Maschinenbau-Ingenieur. Als ich verschärft begann, mich für Geflügel zu interessieren (ist ca. knapp vier Jahre her…), da musste ich sehr sehr viel lernen.. ;-)



Soooo "einfach" ist das mit dem Hammerköpfe abziehen eines (vorallendingen alten) Instrumentes nun auch wieder nicht. Zum einen ist die Regulationsreihenfolge eine andere und sehr unvollständig
WEAS schrieb:
DAS war ein Test - bestanden.. :D
und zum anderen muss man sich im klaren darüber sein, dass sich nach dem Abziehen zum einen der Klang verändert,
WEAS schrieb:
was meist eine zusätzliche Intonation der Hammerköpfe zur Folge hat und zum anderen sich das Gewicht des Hammerkopfes verringert
WEAS schrieb:
, was widerum eine Auswirkung auf die Spielart haben kann.
WEAS schrieb:
yep - und eine Korrektur der Gewichtung der Tasten erforderlich machen kann, min. dien diesbezügliche Überprüfung..
Wenn Du die Geschichte von Steinway kennst, dann kannst Du Dich bestimmt auch an die Geschichten von Franz Mohr (speziell die über den Flügel von Glenn Gould) erinnern

WEAS schrieb:
Kenne ich; die leichtest machbare Spielart war ständige Grenzgängerei, unglaublich wartungsintensiv… und zum privaten Nachmachen keinesfalls zu empfehlen.. Ich habe zweimal eine Umgewichtung gehabt an meinem Flügel..

Das kann man zwar, wäre aber nicht "vor Ort" zu empfehlen. D.h. wenn man eine solche Arbeit vernünftig gemacht haben möchte (incl. Resonanzbodenwölbung erhalten, ausarbeiten, etc), dann wäre das eine Sache für die Werksatt
WEAS schrieb:
darüber ließe sich trefflich streiten - ich bin mir recht sicher, dass diejenigen Risse, die einen stören (die Ärger machen) sich auch fast immer vor Ort beheben ließen, da erst das Verschleifen eingeleimter Späne richtig Dreck macht, niht aber das V-förmige Rissaufziehen.
und würde sicherlich den von Dir angegebenen Preisrahmen deutlich übersteigen.
WEAS schrieb:
Wenn Transport erforderlich, na klar.
Desweiteren sollte man prüfen, ob die Risse (wenn überhaupt vorhanden) negative klangliche Auswirkungen haben. Es gibt Instrumente mit Resonanzbodenrissen, mit denen man durchaus "leben" kann
WEAS schrieb:

Auch hier finde ich darf man nicht den Fehler machen Steinwayhändler mit windigen Klavierhändlern in einen Topf zu werfen.

WEAS schrieb:
Ich habe leider die Erfahrung machen müssen, dass vereinzelt genau das eintritt: dass Steinway-Händler, die gewohntermaßen institutionelle Kunden betreuen, ihre Privatier-Kunden dann als "Melkkuh" anzusehen scheinen - Managemengt by Champignons, sie um Dunklen belassen wollen, ihnen mit "FUD" kommen, mit irrtieren sollendem Geraune, was bei alten Flügeln alles kaputt sein könne, die ihre Mitarbeiter ständig anhielten, nachzufragen, ob man dem Kunden nicht eine Generalsanierung verpassen könne… JAWOLL Steinway-Gebietshändler - üble Erfahrungen, die ich hier (min. momentan) noch nicht zu detaillieren und zu vertiefen geneigt bin, vor allem keine Namensnennungen… Ich kenne andersherum aber absolut seriöse, vertrauenswürdige Steinway-Händler, die ihr altes Handwerk wirklich top ehrbar, kompetent, freundlich und hilfreich betreiben zum wohlverstandenen Interesse auch des Geldbeutels der Kunden.
Fernhalten sollte man sich vor Leuten, die sich Klavierbauer nennen und letztendlich keine sind. Es gibt wie in jedem Bereich empfehlenswerte und nicht so empfehlenswerte Leute. Und natürlich gibt es (leider) auch unter den Klavierbauern schwarzen Schafe.
WEAS schrieb:
So ist das, leider.
Wichtig ist, dass man seinem Klavierbauer vertraut. Wenn man noch keinen hat, soll man sich einen empfehlen lassen. Es gibt ganz viele Wege an einen guten Klavierbauer zu kommen. Die Preise für entsprechende Leistungen schwanken und sind kein Qualitätsmerkmal.
WEAS schrieb:
Vollkommen richtig.

Ich persönlich beschäftige sehr gern einen reisenden Klavierbauer, mit dem zusammen (und mit meiner nicht ganz schlecht ausgestatteten Hobbywerkstatt) bis dato alles zu machen möglich war, ohne dass der Flügel (ein uralter Konzerter mit >>600 Kilo) seinen angestammten Platz im Wohnzimmer verlassen musste. Im Wesentlichen stimmte er hier nur, da mir der Flügel "generalüberholt" verkauft worden war.

Er überholte dann aber auch meine zu schwergängige Mechanik (mitsamt "Entbleiung"), was ihn zwei Tage Arbeit und mich >>1.000 Euro kostete. In einem weiteren Schritt wechselten wir auf einen leichteren, dem Original weit näher kommenden Hammersatz, mit dem sich der Flügel nun weitaus besser steuern lässt im Piano- und Pianissimo-Bereich, wiederum mitsamt Umgewichtung, Entbleiung. Mein Flügel ist noch nicht perfekt; die anderen Hammerköpfe brauchen auch noch teilweise eine Nachintonierung.

Aber der Riesenvorteil ist, dass ich keinen Tag meinen Flügel entberhren musste - ein Punkt, der die aufs Transportieren in die Klavierbauwerkstatt pochenden Klavierbauer in den Auswirkungen auf nahezu "fanatische" bis "süchtige" Klavierspieler vielleicht nicht immer richtig einschätzen - und einem allenfalls mit (meist kostenpflichtiger - Transporte, Stimmen etc.) Gestellung eines Leihflügels entgegenkommen.

Mir ist absolut klar, dass es Arbeiten gibt, die wirklich richtiger in der Werkstatt gemacht werden, gemacht werden MÜSSEN, aber dies hängt i.w. von der "Ausgangsbasis" ab - die bei mir gut war, indem der Flügel bereits saniert war (bis auf die Mechanik-Eigenschaften gar nicht schlecht).

Nochmals betonen möchte ich, dass Paul recht hat: man muss seinem Klavierbauer vertrauen. Insbesondere dann, wenn einem der Flügel auf Wochen entzogen ist, weil er in die Werkstatt muss.

Mein Klavierbauer ist ein absoluter Experte, ein Mann meines Alters, der in seinem 40 Jahre währenden Berufsleben, beginnend bei einer 1A Klavierfabrik in der Lehre, seither niemals etwas Anderes tat, als sich um Klaviere zu kümmern.

Ich persönlich jedesfalls werde niemals mehr ein Wohnzimmer akzeptieren, in dem mir KEIN Flügel verfügbar ist. ;) Zu sehr brauche ich es, mich in die Nocturnes von Chopin zu versenken. Jede Nacht beginnt damit, dass eines der Chopin-Stücke klingt, die Andante-Sätze op9-2, op27-2 oder die Berceuse op57.
 
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