Fingersatzfrage: 4-5 Übersatz

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Quentin Zirkel
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Nabend allerseits! Ich habe mal eine Frage zu einem speziellen Fingersatz. Und zwar geht es darum, kurze Läufe aufwärts mit den Fingern ...4545 zu spielen, in dem man an der hervorgehebenen Stelle den Ringfinger (4) über den kleinen Finger (5) setzt. Ich nenne das ganze einfach mal 4-5 Übersatz. Klingt professionell und beschreibt ganz gut was Sache ist. ;)

Meine Frage ist wie gewöhnlich oder ungewöhnlich diese Spieltechnik ist. Ist das gang und gäbe und bisher bloß an mir vorbei gegangen? Oder ist es eine schlechte Angewohnheit, die man gar nicht erst zu solcher werden lassen sollte?

Ich meine mich zu erinnern, dass ich entsprechende Fingersatzangaben zum ersten mal irgendwo handschriflich von Bach gesehen habe. Leider finde ich nicht mehr wo. Erst kam mir das ziemlich merkwürdig bis abstrus vor - zumindest hatte ich nie (bewusst) so gespielt - aber irgendwie funktioniert es manchmal gar nicht so schlecht, vor allem bei polyphonen Stücken wenn der Daumen mal liegen bleiben muss.

Ähnlich habe ich festgestellt, dass man nicht all zu schnelle parallele Terzläufe aufwärts ganz passabel mit 24-15-24-15-etc spielen kann, zumindest wenn die schwarzen Tasten günstig liegen. Sieht zwar aus wie ein Krebs auf den Tasten, aber dafür kann man relativ problemlos legato spielen, was ja nach 24-35 immer problematisch wird.

Ich warte gespannt auf eure Meinungen. :)
 
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Hallo,

das Entwicklung der Spieltechnik mit (weitgehend) gleichwertiger Nutzung aller fünf Finger je Hand ist eine Entwicklung, der in vollem Umfang erst nach der Barock-Zeit um sich gegriffen hat. Traditionell (Chembalo/Orgel) war es durch aus üblich, den Daumen weitestgehend zu vernachlässigen bzw. insbesondere Dinge wie den Daumenuntersatz nicht zu nutzen, sondern eher dem Prinzip zu folgen, längere Finger über kürzere zu kreuen. Also eine C-Dur Tonleiter aufwärts mit der rechten Hand etwa so zu spielen: 12343434.....

Neben der besonderen (ja auch heute noch herausfordernden) technischen Beherrschung des gleichmäßigen Spieles mit Daumen hat das soweit ich weiß durchaus auch 'Hardwaregründe': Die Tastaturen waren nicht wie heute weitgehend 'genormt', sondern es gab insbesondere Instrumente mit sehr kurzen (schmalen) Tasten, bei denen man die anderen Finger schon extrem krümmen muss, wenn man den Daumen gleichwertig mit nutzen will.

Insbesondere Bach lebte quasi an der Schnittstelle zwischen alter Tradition und neueren Ideen, wie eine effektive Spieltechnik aussehen kann. Daher kommt insbesondere bei Stücken aus seiner Zeit auch heute noch an entsprechenden Fingersatzvorschlägen vorbei. Nach meiner Erfahrung hat das aber jetzt nicht nur was mit historischer Aufführungspraxis zu tun, sondern diese Dinge liegen - wenn man sich mal drauf einlässt - zum Teil erstaunlich gut in der Hand.
 
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Nabend allerseits! Ich habe mal eine Frage zu einem speziellen Fingersatz. Und zwar geht es darum, kurze Läufe aufwärts mit den Fingern ...4545 zu spielen, in dem man an der hervorgehebenen Stelle den Ringfinger (4) über den kleinen Finger (5) setzt. Ich nenne das ganze einfach mal 4-5 Übersatz. Klingt professionell und beschreibt ganz gut was Sache ist.


Hallo Quentin Zirkel!

Also für mein Empfinden ist die Aufwärtsspielweise 4545 normal und auch anatomisch gegeben. Bildet der kleine Finger den letzten Ton, was ja nun mal rechts aufwärts und links abwärts der Fall ist, so ist der Ringfinger, jedenfalls für mein Verständnis, der anatomisch logische Folgefinger. Ich kann jedenfalls an Deinem "4-5-Übesatz" nichts ungewöhnliches finden.

Andreas :hat:
 
Zu diesen Problemen kann man sich mal die Chopin-Etüden anschauen:

Für 4545 etc. die chromatische Etüde:
Chopin Etude op. 10 Nr. 2
Für Terzen die Terzenetüde
Chopin Etüde op. 25 Nr. 6

Bei diesen Etüden sieht man, was an Fingersätzen so alles möglich ist. Für jede der Etüden gibt es neben den Original-Chopin-Fingersätzen noch andere von bekannten Pianisten.

Viele Grüße,
McCoy
 
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An die beiden Chopin-Etüden habe ich auch gleich gedacht.
Oder Oktavenlinien im Legato wie in fast jedem zweiten Prelude von Rachmaninov. Da kann man sich auch mal ne Sehne abreißen....
 
Ich persönlich (mus also nicht viel heißen) kenne den "4-5 Übersatz" nur von Situationen, wo die anderen Finger halt beschäftigt sind und/oder es halt nicht anders geht. Oder anderes Beispiel: Man spielt aufwärts Oktaven und möchte wenigstens die Oberstimme legato spielen (deswegen nicht 1/5-1/5-1/5). Einen Lauf freiwillig mit 454545 spielen tue ich mir ungern an, wenn es nicht sein muss :).

Gruß,
taste89

Edit: etwas spät
 
Alles klar. Wenn der gute Frédéric diese Akrobatik sogar in seine Etüden einbaut kann es ja so verkehrt nicht sein. Also krebse ich bei Terzläufen fröhlich weiter wenn es sich anbietet. ;)

Traditionell (Chembalo/Orgel) war es durch aus üblich, den Daumen weitestgehend zu vernachlässigen bzw. insbesondere Dinge wie den Daumenuntersatz nicht zu nutzen, sondern eher dem Prinzip zu folgen, längere Finger über kürzere zu kreuen. Also eine C-Dur Tonleiter aufwärts mit der rechten Hand etwa so zu spielen: 12343434.....
Sehr interessant. Schon irgendwie komisch. Der Daumenuntersatz war definitiv eins der ersten Dinge, die ich damals gelernt habe. Hätte nicht gedacht, dass das noch so "neu" ist.

Bei diesen Etüden sieht man, was an Fingersätzen so alles möglich ist. Für jede der Etüden gibt es neben den Original-Chopin-Fingersätzen noch andere von bekannten Pianisten.
Weißt du zufällig, ob eine der bei IMSLP verfügbaren Ausgaben Chopins Fingersätze enthalten? (Hier die Links zu op. 10 und op. 25.)

Auf jeden Fall schon mal vielen Dank für die interessanten Antworten!
 
Weißt du zufällig, ob eine der bei IMSLP verfügbaren Ausgaben Chopins Fingersätze enthalten?
Ehrlich gesagt ist mir das gerade zu aufwendig, das nachzuprüfen. Ich habe die Urtext Edition von Paul Badura Skoda. Der hat akribisch alle verfügbaren Quellen (verschiedene Erstausgaben aus unterschiedlichen Ländern, Handschriften, z.T. von Schülern mit handschriftlichen Eintragungen von Chopin) ausgewertet und in der Urtext-Edition mit angegeben. Da jetzt herauszulesen, welches die Chopinsche Urfassung ist, ist etwas mühsam. Vor allem habe ich den Eindruck, daß er selbst schon verschiedene Fingersätze parat hatte und bei verschiedenen Schülern unterschiedlich unterrichtete.

Viele Grüße,
McCoy
 
die Frage nach dem Originalfingersatz ist nur schwer zu beantworten. Je nachdem, ob man nach den ERstausgaben, den ersten Stichen oder den später von Chopin selbst vorgenommenen Korrekturen geht, kommt man zu unterschiedlichen Angaben. Daher führt zumindest bei den Fingersätzen die Frage nach "richtigen" Fingern nicht weit.
 
Ehrlich gesagt ist mir das gerade zu aufwendig, das nachzuprüfen.
Das hatte ich auch gar nicht erwartet. Sorry falls das so rüber kam.

Ich habe die Urtext Edition von Paul Badura Skoda. Der hat akribisch alle verfügbaren Quellen (verschiedene Erstausgaben aus unterschiedlichen Ländern, Handschriften, z.T. von Schülern mit handschriftlichen Eintragungen von Chopin) ausgewertet und in der Urtext-Edition mit angegeben.
Das behalte ich mal im Hinterkopf. Vielleicht läuft mir diese Ausgabe mal in einer Bibliothek über den Weg.

NACHTRAG:
die Frage nach dem Originalfingersatz ist nur schwer zu beantworten. Je nachdem, ob man nach den ERstausgaben, den ersten Stichen oder den später von Chopin selbst vorgenommenen Korrekturen geht, kommt man zu unterschiedlichen Angaben. Daher führt zumindest bei den Fingersätzen die Frage nach "richtigen" Fingern nicht weit.
Mir geht es auch gar nicht um richtig oder falsch. Ich finde es nur immer interessant, Fingersätze der großen Komponisten zu lesen.
 
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Kommt schon öfter mal in der Klassik vor. Gibt sogar von Chopin eine Etüde die sich nur darauf konzentriert ;)

EDIT: Ah gerade gelelsen wurde bereits weiter oben von McCoy erwähnt.
 
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