[...]wo es mir absolut nicht einleuchten will, warum da ein Doppelkreuz gesetzt. wurde. [...] Warum wurde hier nicht der
Anschlag g und his notiert?
Losgelöst von allem könnte man antworten: "Aus Konsistenzgründen!".
Wenn man ein fisis enharmonisch verwechselt als g schreibt, weil's einfacher ist, sollte man mit gleicher Begründung auch das his als c schreiben.
(Auch, wenn das am Grundproblem des konkreten Falls ein wenig vorbeigeht, siehe "Auflösung" unten):
Mögliche Gründe für -isis (allgemein)
Harmonisch
Rein musiktheoretisch kommt es für das harmonische Verständnis oft auf Intervalle an. Und diese basieren zunächst einmal nur auf dem Abstand der Stammtöne (d. h. der weißen Tasten). Die Feinheiten werden dann über Versetzungszeichen geregelt.
In einem Dur-Dreiklang hat kommt, bezogen auf den Grundton, eine reine Quinte vor. Bei H-Dur ist das ein fis: denn wenn man anhand der Stammtöne (nur weiße Tasten, schwarze ignorieren) mit dem h beginnend 5 Töne (Quinte) abzählt, kommt man zunächst zum f (h c d e f). Weil wir aber eine reine Quinte brauchen, muss das f zum fis erhöht werden. Ich erwähne das und es ist auch wesentlich, weil ges statt fis die selbe Taste wäre und auch regelmäßig Fragen aufkommen, warum man fis statt ges schreibt: einfach, weil ges zum Stammton g gehört, wir brauchen aber keine Sexte, sondern eine Quinte, also Stammton f.
Jetzt zum fisis: Bei einem übermäßigen Akkord braucht man eine übermäßige Quinte. Da beim Grundton h die reine Quinte fis ist, muss diese also nochmals um einen Halbtonschritt erhöht werden -
und schon ist man beim fisis!
Melodisch
Ein bisschen wachsweich ist die Vorgehensweise in Melodien, gerade bei Übergangstönen (passing tones), die unbetont sind und oft sogar der gespielten Akkordbegleitung "widersprechen" können.
Da gibt es Regeln wie "abwärts eher b verwenden, aufwärts eher Kreuz" u. ä., aber es gibt wie immer Ausnahmen. Dann zum Beispiel, wenn der Melodieverlauf im Notenbild dadurch deutlicher ersichtlich wird.
Prominentes Beispiel "Für Elise" - das kennen wohl alle. Die Melodie beginnt mit abwechselnden zwei Tönen im Halbtonabstand (es geht hier
ausschließlich um die notierten Töne):
Im linken Beispiel sieht man deutlich anhand der Notenkopfposition den Melodieverlauf, während im rechten Beispiel alle Notenköpfe auf einer Linie sitzen und man ständig zwischen Versetzungszeichen und Auflösungszeichen wechseln muss.
In extremeren Tonarten können auf diese Weise leicht Doppelkreuze oder Doppel-Bes entstehen.
Das vorliegende Beispiel könnte ein solcher "Für-Elise-Fall" sein und ich wollte in einem ersten Impuls Klangbutter widersprechen:
Das Fisis in Deinem Beispiel halte ich übrigens für einen Fehler.
Wenn man sich diese Stelle aber genauer ansieht oder anhört, kommt man sehr schnell auf die Idee, das könne nicht so gemeint sein, wie es dasteht.
Also einfach ein falscher Ton bzw. falsches Versetzungszeichen.
Falls wirklich spieltechnisch das g liegenbleibt, ist nicht ganz ersichtlich, warum man zwischen g und notiert fisis abwechseln sollte. Melodieverlauf wäre dann ja gerade kein Grund für fisis und bei einer Interpretation als A halbvermindert hätte man aus harmonischen Gründen erst recht ein g geschrieben.
Und noch zur notierten Begleitung:
Unter dem Akkord steht a7, die notierten Töne passen aber nicht dazu: g+
h+cis, das ist kein A7, sondern eher ein grundtonloser A9.
Klaus Kinski hätte gesagt: "Was soll das!!???"
Viele Grüße
Torsten