In der aktuellen Ausgabe der "KEYBOARDS" ist ein großes Special, wo fast alle namhaften Hersteller mit ihren aktuellen Modellen in der mittleren und gehobenen Preisklasse von professionellen Pianisten getestet werden.
Genau den Artikel hab ich mir heute im Laden durchgelesen, als ich auf meinen Zug wartete. Auf jeden Fall sehr lesenswert, da erfährt man wirklich mal handfeste Urteile über die DPs - wo ich sonst den Eindruck hab, daß die Fachzeitschriften eher unkritisch bewerten und irgendwie immer alle Modelle toll finden...
Die Auswahl der Tester war hier eine sehr bunte Mischung, von Jazzpianisten bis Popkeyboardern waren eigentlich alle Strömungen der Bühnenmusik vertreten und die Geschmäcker waren natürlich insgesamt sehr unterschiedlich. Auch zur Grundsatzfrage "Sind Digitalpianos akustischen Klavieren ebenbürtig" gingen die Meinungen auseinander, von Jürgen Dahmen z.B., der einem Stagepiano in einer lauten Formation immer den Vorzug gibt bis hin zu einem Jazzpianisten, der wie einige andere auch bei den Stagepianos die Nuanciertheit vermißt und in der Kategorie "Klang" keinem Instrument mehr als 5 von 10 Punkten geben wollte.
Bei all den unterschiedlichen Positionen ließen sich dennoch Gemeinsamkeiten herausstellen: Das MP8 kam wegen des Spielgefühls und der insgesamt als am flügelähnlichsten empfunden Mechanik mit Abstand am besten weg. Das RD700SX wurde besonders wegen seines soften, warmen Klangs wegen seiner Dynamik gelobt (besser als einer der Pianisten hätte ich das auch nicht ausdrücken können: das Roland hat einfach am meisten Soulfulness, wenn es darum geht, leise zu spielen
). Letzterer Aspekt wurde von manchen bei vielen SPs, gerade bei Yamaha (mehr dazu später), kläglich vermißt. Das RD zusammen mit dem Nord Stage bildete ein besonderes Pärchen unter den Bewerbern, denn beide, aber vor allem das Clavia, wurden wiederholt für ihre klangliche Lebendigkeit gelobt - heißt: es klingt eben nicht alles klinisch rein und digital, sondern hat Charakter und Eigenständigkeit. Einer der Tester kommentierte dazu, daß er beim Nord Stage immer das Gefühl habe, er sitze vor einem alten Flügel - bei den anderen Instrumenten wäre das nicht so, da merke man jeden Moment, daß man was digitales vor sich hat. Yamahas CP300 ist bei vielen wegen seiner Power und Durchsetzungskraft, gepaart mit einer ordentlichen Tastatur gut weggekommen, hat bei anderen Testern aber auch Minuspunkte bekommen, weil's gerade bei leisem Spiel, aber auch generell zu drahtig ist. Gewundert hat mich, daß das Promega 2 kaum ernstgenommen wurde. Auf den persönlichen Ranglisten rangierte es meistens irgendwo zwischen den Oberklasse- und den Mittelklassemodellen, nur einer der Tester hatte das Promega auch tatsächlich ausführlich kommentiert: Klang toll, wenn auch im oberen Bereich etwas künstlich, aber zu wenig Dynamik (echt?? :screwy: ).
Aus den persönlichen Ranglisten wurde am Ende eine Gesamtwertung erstellt. Ergebnis: Kawai vorne, dahinter RD700SX, Nord Stage, CP300, Promega 2. Die schriftliche Zusammenfassung des KEYBOARDS-Redakteurs konnte man sich getrost schenken, weil da Dinge behauptet wurden, die keiner von den Pianisten so explizit in seinem Meinungskasten formuliert hatte. In etwa z.B. daß das Nord Stage pianistisch nicht mit den anderen mithalten könne, weils nur 64 Stimmen und keine Seitenresonanz habe.
Aber eine existenzielle Grundwahrheit wurde da ausgesprochen: Man kann Stagepianisten grob in zwei Typen unterteilen - den Typ Yamaha, für den ein durchsetzungsfähiger, kraftvoller Sound Vorrang hat, und den Typ Roland, der auf Authentizität und charaktervollen Klang setzt.