hi,
jetzt mal ganz ab von dem leisen gefühl, das ich habe, dass hier doch irgendwie auch auf ne band aufmerksam gemacht werden soll und dass es eher darum geht, begeisterung zu teilen oder auszulösen als eine kritik - egal nun von wem gewünscht oder nicht gewünscht - auf songtexte zu bekommen, finde ich grade, dass die üblichen missverständnisse die runde machen ...
natürlich ist es legitim, dass ein autor zu der meinung stellung bezieht, dass er in authentischer pose sachen beschreibt, die er nur vom hören-sagen kennt, indem er sagt, dass er durchaus vor ort war, dort gelebt hat und erfahrungen gemacht hat etc. auf seiner web-site ist dies ja noch mal sehr ausführlicher dargestellt und hat für mich ziemlich unumwunden angepeilten hobo-touch von dylan oder woodie guthrie, die ja auch genannt werden. wenn wir das mal annehmen, und momentan habe ich keinen grund, das zu bezweifeln, ist es wohl so, dass der autor vor ort und auf der straße gelebt hat und das mitten in new york und für mehr als ein paar tage oder monate.
gut zu wissen. das macht zwar noch nicht aus, dass texte oder songtexte gut oder beachtenswert oder herausgehoben sind aber es sagt aus, dass der autor aus eigener erfahrung weiß, worüber er schreibt. aber was schreibt er? die kernfrage hat für mich tinitius gestellt: merkt man dem text an dass er von jemandem geschrieben wurde der weiß worüber er schreibt? meiner meinung nach: in diesem text leider nein. und wirklich: leider. vorausgeschickt: ich finde die texte in ordnung. ich finde sie nicht herausragend. aber ich finde sie in ordnung. ich kann mir auch vorstellen, dass jemand die texte richtig klasse findet und sie etwas in ihm auslösen. gerade den text, um den es geht, finde ich sehr stereotyp. und ja: jemand kann sehr lange irgendwo gelebt haben und trotzdem stereotype texte schreiben - das schließt sich absolut nicht aus.
zum text:
Citizen of the United States
He was born in the dumps of Harlem
Raised up in parts of the Bronx
His folks were supposed to be Hispanic
He had no idea to whom he belonged
intro, die szene wird quasi kurz mal ausgeleuchtet, die entsprechenden assoziations-birnen im hirn (harlem, bronx = new york, big apple, gettho, poor poor people, outcasts) angewärmt ...
How can you be proud to be…
A citizen of the United States
No president cares about you
No one will open the gates
To let you into the White House
während freilich in jedem anderen land sich der präsident direkt um jeden bürger kümmert, am sonntag auf einen kaffee vorbeikommt und die tore zu den regierungsgebäuden jedem anderen bürger jeden anderen staates sperrangeweit aufstehen ...
You are living in New York City
But no one will come to see you
während natürlich in jeder anderen stadt die bürger nicht enttäuscht werden, wenn sie den ganzen tag lang warten, endlich mal gesehen zu werden von irgendjemand, der kommt, um sie zu sehen ...
Maybe a couple of tourist people
Might take pictures out of a VW
gut - die beiden seiten der welt sind aufgezeigt: die einen stehen im licht und die anderen nicht und werden noch zu foto-objekten derer, die im licht stehen ... verstanden ...
How can you be proud to be…
I have written that song
More than 20 years ago
I can see a change is coming,
I think so
Mr. President has changed
He might rearrange a couple of things
That Mr. Bush has done
yes he can?
Take care of yourself
You might handle it
You are the king of the streets
Go straight ahead, don't look back
Let nobody know who your mother is
verstehe ich nicht
(even if your heart bleeds)
verstehe ich nicht
How can you be proud to be…
Mir ist noch nicht ganz klar, wer mit dem "you" angesprochen wird - der NY citizen oder der Hörer ...
auf der website der band wird erzählt, dass er bekanntschaft mit den armen und outlaws und hobos gemacht hat und die ihm ihre geschichten erzählt haben - und die hätte ich vermutlich spannender gefunden als einen Text, der in üblichen - um nicht zu sagen stereotypen - bildern NY als Symbol für Amerika bescheinigt, dass es dort arme und reiche gibt, dass die armen nicht gesehen werden sondern als foto-objekte von in VWs umherfahrenden touristen herhalten und darauf warten, dass der präsident ihnen das weiße haus aufmacht - und dass mit dem neuen schwarzen präsidenten neue hoffnung aufkeimt (was sich ja immer noch einreiht in die vorstellung, dass der amerikanische präsident der mächtigste mann der welt ist und tun und lassen bzw. ändern kann was er will) und dass die angesprochenen NY citizens gut auf sich aufpassen und nach vorne gucken sollen ...
ist ja auch nix falsches dran. aber das kann ich tatsächlich in fast jedem zweiten text so ähnlich lesen, von autoren, die sich auf eine bestimmte tradtion berufen, gegen die ich auch überhaupt nichts habe, die mir aber bei einer ebenso schnörkelosen sprache im original wesentlich besser gefällt.
wie gesagt - ich finde den text okay, kann man so machen und ist auch nix falsch dran - aber herausragend oder besonders finde ich den nicht. und das war ja mal die ausgangsfrage von diesem thread. von den anderen texten habe ich noch drei oder vier gelesen und da ging es mir ähnlich.
x-Riff